4373/AB XXIII. GP
Eingelangt am 14.07.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Gesundheit, Familie und Jugend
Anfragebeantwortung

Frau
Präsidentin des Nationalrates
Maga. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMGFJ-11001/0105-I/A/3/2008
Wien, am 10 . Juli 2008
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 4602/J der Abgeordneten Grünewald, Pirklhuber, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Frage 1:
Rindertuberkulose ist in Österreich immer wieder festgestellt worden. Für Mycobacterium bovis erhielt Österreich im Jahr 1999 die amtlich anerkannte Freiheit, damit wurden auch Zusatzgarantien zuerkannt.
Der erste Fall von Tuberkulose der Rinder im Jahr 2008, hervorgerufen durch den Erreger Mycobacterium caprae, wurde am 7.2.2008 festgestellt. Im Rahmen der Fleischuntersuchung stellte der Fleischuntersuchungstierarzt Veränderungen an Lunge, Pleura und Peritoneum fest. Das Tier wurde vorläufig beanstandet, eine bakteriologische Fleischuntersuchung eingeleitet und das Tier untauglich beurteilt. Der Amtstierarzt der Tierkörpersammelstelle Weißenbach veranlasste am 7.2.2008 die Sektion des Tierkörpers auf Grund eines telefonischen Ersuchens der AGES IVET Innsbruck. Die Sektion ergab Verdacht auf Lungentuberkulose in Verbindung mit Perlsucht an Pleura und Peritoneum.
Das Funktionieren der Tbc-Überwachung zeigt sich daher auch darin, dass der Verdacht betreffend den o. zit. Fall im Rahmen der Schlachttier- und Fleischuntersuchung festgestellt wurde.
Frage 2:
Auf Grund des amtstierärztlichen Befundes erfolgte der Entzug der Anerkennung der Tuberkulosefreiheit des Herkunftsbetriebes und es wurden weitere Maßnahmen eingeleitet, so z.B. wurde bereits am 8.2.2008 eine Tuberkulinisierung im Bestand durchgeführt und auf Grund der darauf
festgestellten Durchseuchung des Bestandes (Ablesung am 11.2.2008) mittels ho. Erlass vom 12.2.2008 (GZ 74100/0014-IV/B/5/2008) die Tötung der Rinder angeordnet.
Auf die Einhaltung der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 (besondere Vorgangsweise für Milch aus solchen Betrieben) sowie der Bestimmungen gemäß Erlass GZ 39.624/24-IX/A/8/2000 (Maßnahmen im Rahmen der Überwachung), wurde auch in GZ 74700/0065-IV/B/5/2008 vom 14.3.2008, hingewiesen.
Im Rahmen der Untersuchung von Kontaktbetrieben wurden in weiteren vier Betrieben Reagenten festgestellt (Mitteilung an das BMGFJ am 31.3.2008). Diagnostische Tötungen wurden eingeleitet, eine Bestandstötung wurde durchgeführt. Weitere Untersuchungen in Kontaktbetrieben wurden angeordnet.
Mit e-Mail vom 2.4.2008 wurde u. a. erneut auch auf die Milchhygienebestimmungen hingewiesen und um Kontaktaufnahme mit der Lebensmittelaufsicht ersucht.
Am 10.4.2008 (GZ 74100/0033-IV/B/5/2008) erfolgte ein Erlass über die weitere Vorgehensweise gemäß dem Tierseuchengesetz, inklusive Verweis auf die Verordnung (EG) Nr. 853/2004 betreffend die Rohmilch. Im Erlass ist auch enthalten, dass alle Rinder in der Gemeinde Steeg (ausgenommen im Betrieb geborene weniger als sechs Wochen alte Kälber) sowie alle Ziegen im Alter von über sechs Monaten, welche gemeinsam mit Rindern gehalten werden, einer Tuberkulinprobe bis spätestens 31.5.2008, jedoch jedenfalls vor einer Verbringung zur Alpung, zu unterziehen sind. Die Vorgangsweise bei Kontaktbetrieben wurde ebenso neuerlich in Einem geregelt.
Mit GZ 74700/0135-IV/B/5/2008 vom 11.6.2008 wurden seitens meines Ressorts regelmäßige Berichte über den aktuellen Stand vom Amt der Tiroler und Vorarlberger Landesregierung angefordert.
Mit Beginn des Jahres 2008 ist das Veterinärrechtsänderungsgesetz 2007, eine Änderung des Tierseuchengesetzes, in Kraft getreten. Damit unterliegt die Tuberkulose der Rinder in allen ihren Formen dem Tierseuchengesetz (TSG). Somit ist auch für Reagenten das TSG anwendbar, wobei § 25 die Tötung seuchenkranker und verdächtiger Tiere des Gehöftes vorsieht, wenn dies im Interesse einer raschen Seuchentilgung geboten ist.
Derzeit befindet sich der Entwurf für eine Verordnung zur Verhinderung der Einschleppung und Verbreitung der Tuberkulose der Rinder (Rindertuberkuloseverordnung) in Begutachtung.
Frage 3:
Mit Stand 23.6.2008 sind in Tirol 12 Betriebe gesperrt, in Vorarlberg sind aktuell keine Betriebe von TBC betroffen.
Frage 4:
Ein Schreiben betreffend den aktuellen Stand der Erhebungen an die Europäische Kommission erfolgte am 21.5.08 (GZ 74700/0052-IV/B/5/2008), ebenso wurde am 21.5.08 die zuständige deutsche Behörde benachrichtigt. Zwei nach Deutschland verbrachte Kontakttiere (aus einem Kontaktbetrieb zu einem positiven Betrieb im Lechtal) wurden ebenso der deutschen Behörde gemeldet.
Der jeweilige Stand der Seuchenentwicklung (nicht nur die Tbc betreffend) ist auch den regelmäßig veröffentlichten Amtlichen Veterinärnachrichten, in der Homepage meines Ministeriums, zu entnehmen.
Frage 5:
In Steeg bzw. oberem Lechtal wurden in den letzten 5 Jahren in ca. 50 Betrieben ca. 1000 Rinder auf Tuberkulose getestet; es wurden 2 Bestandstötungen mit insgesamt 31 Rindern durchgeführt, weitere 27 Rinder aus 13 Betrieben wurden der diagnostischen Tötung zugeführt. Nur bei 4 von diesen Tieren konnte Tuberkulose festgestellt werden. Die Bezeichnung des Bregenzerwaldes als Endemiegebiet ist nach Ansicht meines Ressorts nach nicht zutreffend. Es wurden in dieser Region bei 796 Untersuchungen an Lebendtieren durchwegs negative Befunde erhoben. Es gibt nur einen einzigen Schlachtbefund aus dem Jahre 2004, erhoben bei einem Vorarlberger Rind in Baden-Würtemberg, Deutschland. Nachuntersuchungen in beiden Beständen (Geburtsbetrieb und Herkunftsbetrieb des Rindes vor dem Verbringen nach Deutschland) verliefen negativ. Die do. Behörde vermutet, dass sich das Tier möglicherweise die Infektion im Rahmen der Alpung zugezogen hat.
Fragen 6 bis 8:
Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 idgF mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs, muss Rohmilch, was Tuberkulose anbelangt von Kühen oder Büffelkühen stammen, die einem amtlich anerkannt tuberkulosefreien Bestand angehören.
Rohmilch von Tieren die diese Anforderung nicht erfüllen darf – mit Genehmigung der zuständigen Behörde - zum menschlichen Verzehr verwendet werden, wenn es sich um Kühe handelt, die auf Tuberkulose getestet wurden und kein Anzeichen dieser Krankheit zeigen, sofern die Milch so wärmebehandelt wurde, dass der Phophatasetest negativ ausfällt (z. B. bei Pasteurisierung).
Die Milcherzeugnisse, die aus Rohmilch hergestellt wurden, die vor Infektionsverdacht an Molkerei angeliefert worden war, wurden nicht vom Markt genommen.
Dazu wird auf die wissenschaftlichen Ausführungen z.B. des Robert Koch Institutes (Studie von Jay et al., 2005; Collins, Encyclopedia of Dairy Sciences, 2002) hingewiesen.
Laut diesen Ausführungen ist durch die Anwendung eines vorschriftsmäßigen Pasteurisierungsverfahrens eine ausreichende Sicherheit für den Konsumenten gewährleistet.
Von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit wird derzeit an einer neuerlichen Beurteilung gearbeitet.
Frage 9:
Es ist nirgendwo vorgesehen, dass Rinder, die in die Schlachthöfe geliefert werden, vorher auf Tuberkulose getestet werden; vielmehr wird im Zuge der Fleischuntersuchung die Überwachung durchgeführt. Gemäß der Richtlinie 64/432/EWG erfolgt in Österreich die Tbc-Überwachung im Rahmen der Schlachttier- und Fleischuntersuchung. Wie in Frage 1 ausgeführt, wurde ein entsprechender Verdacht im Rahmen der Schlachttier- und Fleischuntersuchung festgestellt.
Frage 10:
Im April 2008 wurde eine Informationsveranstaltung in der Gemeinde Steeg für die Bevölkerung von der Bezirkshauptmannschaft Reutte in Tirol durchgeführt, bei der alle Experten der Landesveterinärbehörde und der AGES eingeladen wurden. Weiters wurde ein Merkblatt zur Tuberkulose auf der Homepage der BH Reutte veröffentlicht.
Frage 11:
Nach Kenntnis der zuständigen Behörden gelangen keine Schweizer Rinder auf Alpen im Tiroler Lechtal. Der Bregenzerwald ist kein Endemiegebiet. Somit ist aus meiner Sicht auch keine Veranlassung für eine offizielle Information der Schweizer Behörden gegeben. Es fanden jedoch bilaterale Gespräche zwischen den Leitern der Veterinärverwaltungen der Schweiz und Österreichs statt, wobei unter anderem auch dieses Thema erörtert wurde.
Frage 12:
Aus den bereits genannten Gründen ist keine TBC-Untersuchung vor der Alpung der Tiere erfolgt.
Frage 13:
Es ist nicht üblich, einzelne Betriebe der Kommission zu melden. Die Meldungen erfolgen im Rahmen des Jahresberichts gemäß Art. 8 der Richtlinie 64/432/EWG. Deadline für den Jahresbericht ist der 31.5. des jeweils auf das Berichtsjahr darauf folgenden Jahres. Hingegen hat eine Meldung jedoch umgehend zu erfolgen, wenn sich die Seuchenlage in einem amtlich anerkannt tuberkulosefreien Mitgliedstaat nachweislich wesentlich verändert oder der Status der Freiheit von Rindertuberkulose in Österreich oder einer Region Österreichs, damit auch die Zusatzgarantien, gefährdet ist. Das trifft im gegenständlichen Fall jedoch nicht zu.
Frage 14:
Die Kritik trifft zu. Sie stützt sich aber auf eine Momentbeurteilung in einem Schlachthof und kann keineswegs für diesen Schlachthof oder für die gesamte Schlachttier- und Fleischuntersuchungstätigkeit in Österreich verallgemeinert werden. So wurde auch der gegenständliche Fall im Rahmen der Schlachttier- und Fleischuntersuchung aufgedeckt.
Frage 15:
Es wurden genaue Durchführungserlässe für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung erarbeitet und veröffentlicht. Weiters erfolgt ein breit angelegtes Nachschulungsprogramm für alle in der SFU tätigen Personen, welches mit einer Prüfung abgeschlossen wird und welches zusammen mit einer Evaluierung der Tätigkeit am Arbeitsplatz, Voraussetzung für eine weitere Verwendung ist. Die Länder haben für alle Schlachthöfe mit einer jährlichen Schlachtleistung von über 1000 GVE ortsangepasst genau festzulegen mit welcher Geschwindigkeit wie viele UntersucherInnen die Untersuchung durchzuführen haben.
Frage 16:
Siehe Feststellungen zu Frage 14. Es ist davon auszugehen, dass keine Tierkörper in den Verkehr gelangt sind, die durch das Fleisch eine Übertragungsgefahr von Tuberkulose für die Konsumenten darstellten.
Frage 17:
Keine; siehe auch Antwort zu Frage 15. Der betreffende Untersucher wurde sofort nachweislich eingehend belehrt.
Frage 18:
Laut den Erhebungen der zuständigen Behörde wurden in der Molkerei Steeg Milcherzeugnisse aus pasteurisierter Milch und Bergkäse (gebrannter Hartkäse mir Reifzeit über 60 Tage) hergestellt.
Bei dem Bergkäse handelt sich um einen gebrannten Hartkäse mit einer Reifzeit von mindestens 60 Tagen.
Gleichzeitig wird in der oben genannten Literatur darauf hingewiesen, dass bei gebranntem Hartkäse Mycobacterium tubercoluosies/bovis durch die Herstellungsbedingungen und die lange Reifzeit inaktiviert wird und somit keine Gesundheitsgefährdung durch den Konsum reifer Bergkäse gegeben ist.
Aus der fachlichen Literatur (Brandl et al., 1990; Johnson et al.; 1990; Donelly, 2001) liegen keine Daten einer Tuberkuloseinfektion durch Hartkäse vor.
Zur Gefahr einer Tuberkuloseinfektion durch pasteurisierte Milch, sowie zu den im Molkereibetrieb Steeg durchgeführten Probennahmen und dem in Bezirk Reutte durchgeführten Monitoring wird auf die Antwort zu Frage 6 hingewiesen.
Frage 19:
Im o. zit. Verordnungsentwurf (derzeit in Begutachtung) ist auch die Möglichkeit für den Einsatz des y-Interferontests vorgesehen. Der alte Hauttest gilt international nach wie vor als „golden standard“. Mit diesem Test gelang es Österreich, als „amtlich anerkannt frei von der Rindertuberkulose“ erklärt zu werden, Zusatzgarantien wurden Österreich zuerkannt. Der y-Interferontest ist als Zusatztest anzusehen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andrea Kdolsky
Bundesministerin