4399/AB XXIII. GP

Eingelangt am 16.07.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0112-Pr 1/2008

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 4398/J-NR/2008

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Anwendung des Verbandverantwortlichkeitsgesetz“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Ich schicke voraus, dass für alle Strafverfahren, auf die das am 1. Jänner 2006 in Kraft getretene Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) anzuwenden ist, im elektronischen Register der Verfahrenautomation Justiz (VJ) ein eigener Statistikschritt eingeführt wurde, um diese Verfahren für statistische Auswertungen zu kennzeichnen. Die der Anfrage zu Grunde liegenden Auswertungen beruhen auf diesen Eintragungen, sodass nur jene Verfahren ausgewertet werden konnten, die im Register auch als Verfahren nach dem VbVG erfasst wurden.

Zu 1 bis 4, 6, 8 bis 10:

Nach dieser Auswertung gab es in den Jahren 2006 und 2007 keine Verurteilung eines Verbandes nach dem VbVG.

Zu 5 und 11:

In den Jahren 2006 und 2007 erfolgte jeweils eine diversionelle Erledigung in Form einer Geldbuße nach § 19 Abs. 1 Z 1 VbVG.

Zu 7 und 12:

Im Jahr 2006 wurden österreichweit 137.217 Fälle gemäß § 90 Abs. 1 StPO eingestellt, davon bezogen sich 105.467 Strafsachen auf bekannte und 31.750 Fälle auf unbekannte Täter.

Im Jahr 2007 erfolgten 141.992 Verfahrenseinstellungen gemäß § 90 Abs. 1 StPO, davon betrafen 108.814 Fälle bekannte Täter und 33.178 Fälle unbekannte Täter. 

Von den Verfahrenseinstellungen in Verfahren gegen bekannte Täter waren im Jahr 2006 insgesamt 121.239 Personen und im Jahr 2007 124.577 Personen betroffen.

Im Jahr 2006 wurden 7 Verfahren und 2007 22 Verfahren nach dem VbVG gemäß § 90 Abs. 1 StPO eingestellt.

Zu 13 bis 15:

Die statistisch erfassten Fallzahlen für Strafverfahren nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz liegen unter den Erwartungen, wobei im Jahr 2007 im Vergleich zum Jahr 2006 bereits eine deutliche Zunahme der Verfahren festzustellen war. Die relativ geringen Anfallszahlen sind zum Einen darauf zurückzuführen, dass – wie einleitend erwähnt – in die Auswertung nur jene Verfahren einbezogen werden können, bei denen die zur statistischen Erfassung vorgesehene Kennzeichnung im VJ-Register erfolgt ist. Zum Anderen ist insbesondere für das Jahr 2006 zu berücksichtigen, dass das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz nur auf Sachverhalte angewendet werden kann, die ab dem 1. Jänner 2006 verwirklicht werden.


Ich halte es daher für verfrüht, den allfälligen Reformbedarf eines noch so jungen Gesetzes heute zu beurteilen. Das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz wurde (auch) in Erfüllung internationaler Verpflichtungen – einerseits zahlreiche Rechtsakte der EU, andererseits völkerrechtliche Verpflichtungen – beschlossen. Der Nationalrat hat anlässlich der Beschlussfassung des VbVG in einer Entschließung ersucht, dem Nationalrat nach Ablauf von vier Jahren nach dem In-Kraft-Treten des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes einen Bericht über die praktische Anwendung dieses Gesetzes sowie über die Wirksamkeit des Sanktionensystems vorzulegen. Ich beabsichtige daher, das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz im Lauf des Jahres 2009 einer Evaluierung zu unterziehen. Es zeigt sich aber schon jetzt, dass die Anzahl der Verfahren und der staatsanwaltschaftlichen Erledigungen im Jahr 2007 zugenommen hat.

. Juli 2008

 

(Dr. Maria Berger)