4455/AB XXIII. GP

Eingelangt am 23.07.2008
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0116-Pr 1/2008

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 4440/J-NR/2008

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Strafrechtliches Entschädigungsgesetz – Zahlen 2007“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 3:

Im Jahr 2007 wurden 9.595 Männer, 732 Frauen und 599 Jugendliche in Untersuchungshaft genommen.

Diese Anzahl der Untersuchungshäftlinge teilt sich auf die österreichischen Gerichtshöfe wie folgt auf:

Landesgericht Eisenstadt: 407, Landesgericht Feldkirch: 274, Landesgericht für Strafsachen Graz: 996, Landesgericht für Strafsachen Wien: 4.376, Landesgericht Innsbruck: 500, Landesgericht Klagenfurt: 408, Landesgericht Korneuburg: 441,  Landesgericht Krems: 117, Landesgericht Leoben: 266, Landesgericht Linz: 501, Landesgericht Ried: 86, Landesgericht Salzburg: 506, Landesgericht St.Pölten: 380, Landesgericht Steyr: 137, Landesgericht Wels: 298, Landesgericht Wiener Neustadt: 588.

Der Anteil der Österreicher, EU-Ausländer und Angehöriger von Drittstaaten stellt sich wie folgt dar:

 

Landesgerichte

Österreicher

EU-Ausländer

Drittstaaten

Eisenstadt

120

188

99

Feldkirch

123

46

105

Graz

469

245

282

Wien LGSt

1.478

918

1.980

Innsbruck

225

93

182

Klagenfurt

213

112

83

Korneuburg

121

209

111

Krems

40

36

41

Leoben

139

61

66

Linz

248

105

148

Ried

45

21

20

Salzburg

231

96

179

St. Pölten

140

143

97

Steyr

75

27

35

Wels

138

57

103

Wr. Neustadt

207

164

217

 

Im Übrigen verweise ich auf die der Anfrage beigeschlossenen tabellarischen Übersichten (Beilage A).

Zu 4a und 4b:

Ich darf auf die angeschlossenen Tabellen (Beilage B) verweisen.

Zu 4.1 bis 6, 7.1 bis 7.4, 8.1 bis 8.4 und 13:

Wie schon anlässlich der Beantwortung identer Anfragen in den Vorjahren ausgeführt, ist es für den Anspruch auf Haftentschädigung irrelevant, ob ein Ersatzwerber Inländer, EU-Bürger, Angehöriger eines Drittstaates, Asylwerber oder Konventionsflüchtling ist, weshalb diese Daten der Ersatzwerber statistisch nicht erfasst werden. Gleiches gilt auch uneingeschränkt für die Anwendungsfälle des StEG 1969 und nur sehr eingeschränkt für die Anwendungsfälle des StEG 2005 für die Unterscheidung, ob ein Ersatzwerber nach gesetzmäßig angeordneter Untersuchungshaft in der Folge außer Verfolgung gesetzt und das Verfahren eingestellt wurde, oder ob er nach gesetzmäßig angeordneter Untersuchungshaft oder in einem wieder aufgenommenen Verfahren freigesprochen wird.

Die angeschlossene Aufstellung (Beilage C) gibt die Anzahl der im Kalenderjahr 2007 an das BMJ herangetragenen Fälle wieder. Die Anerkennung und die Auszahlung der Entschädigungsbeträge erfolgten teilweise erst im Jahr 2008.

Weil im Kalenderjahr 2007 nur mehr vereinzelt Entschädigungsanträge, auf welche die Bestimmungen des StEG 1969 anzuwenden waren, im BMJ einlangten, wurden diese nicht mehr gesondert erfasst. Es ist daher nicht mehr möglich, Daten nach dem StEG 1969 und dem StEG 2005 aufzuschlüsseln. Ein Großteil der wenigen nach dem StEG 1969 zu beurteilenden Entschädigungsanträge musste – dies sei nur ergänzend vermerkt – wegen eingetretener Verjährung abgelehnt werden.

Insgesamt haben 280 Personen Anträge nach dem StEG gestellt. Vier dieser Anträge wurden aus formalen Gründen abgelehnt, weil sie zum BM.I ressortierten. Es waren daher 276  Anträge (2006: 281) inhaltlich zu bearbeiten. In 223  Fällen wurden die geltend gemachten Ansprüche ganz oder teilweise anerkannt (2006: 232), 53 Ansuchen mussten abgelehnt werden (2006: 49).

Insgesamt wurden Forderungen in der Höhe von Euro 1.636.208,14 (2006: Euro 1.710.678,65) anerkannt und bis auf wenige Ausnahmen bereits liquidiert.


In 123 der nach dem StEG 2005 positiv erledigten Fälle (2006: 99) wurde vom Mäßigungsrecht des Bundes Gebrauch gemacht, wobei in vier dieser Fälle zusätzlich von einem Mitverschulden des Entschädigungswerbers ausgegangen wurde.

Zu 7a und 7b:

Ich darf auf die angeschlossenen Tabellen (Beilage D) verweisen.

Zu 8a und 8b:

Mir steht zur Beantwortung dieser Frage mangels statistischer Erfassung kein Datenmaterial zur Verfügung.

Zu 9:

Im Jahr 2007 wurden in fünf Fällen strafrechtlich verurteilte,  nicht in Strafhaft befindliche Personen in einem wiederaufgenommenen Verfahren freigesprochen, und zwar:

·        Bezirksgericht Innere Stadt Wien: 1 Person, Österreich;

·        Landesgericht für Strafsachen Wien: 2 Personen, Österreich, Kroatien;

·        Bezirksgericht Peuerbach: 1 Person, Österreich;

·        Bezirksgericht Linz: 1 Person, Österreich;

·        Bezirksgericht Leibnitz: 1 Person, Österreich.

 

Zu 10:

Gestützt auf das Strafrechtliche Entschädigungsgesetz, Amtshaftungsgesetz und Art. 5 Abs. 5 der EMRK waren Ende 2007 siebzehn Verfahren gegen die Republik anhängig. Davon betrafen aber nur vier Verfahren Ansprüche, die im Jahr 2007 gestellt wurden.

Zu 11:

Zum Stichtag 31. Dezember 2007 waren vor dem EGMR keine Menschenrechtsbeschwerden aus Anlass strafgerichtlicher Verfahren wegen Verletzung von Artikel 5 Abs. 5 EMRK anhängig.


Zu 12:

Nach den bisherigen Erfahrungen ist eines der Hauptziele des StEG 2005, nämlich einem Ersatzwerber rasch und unbürokratisch die Durchsetzung seines Anspruches zu ermöglichen, erreicht worden. Aufforderungsschreiben werden in der Regel unmittelbar nach Beendigung eines Strafverfahrens an die Finanzprokuratur gerichtet, über den Anspruch wird in den allermeisten Fällen innerhalb der Frist des § 9 Abs.1 StEG positiv – sehr oft im Vergleichsweg – entschieden.

In Einzelfällen war eine Verzögerung in der Bearbeitung dadurch bedingt, dass Entschädigungsanträge wenige Tage nach der Urteilsverkündung eingebracht, der Bezug habende Strafakt aber noch von den Gerichten zur Urteilsausfertigung benötigt wurde oder auf Grund von Rechtsmitteln Mitangeklagter der Rechtsmittelinstanz vorzulegen war.

Zu 14.

Es gab bisher keinen derartigen Fall.

Zu 15 und 16:

Berücksichtigt man die Probleme und den Aufwand im Verfahrensrecht Harmonisierung bzw. Rechtsangleichung zu erreichen, so muss man erkennen, dass für einen europäischen Rechtsakt auf dem Gebiet der Haftentschädigung nach wie vor noch nicht die Zeit gekommen ist. Dabei ist insbesondere ins Kalkül zu ziehen, dass Bemühungen um eine Analyse der Bestimmungen über das Untersuchungshaftrecht in den Mitgliedstaaten der EU – als Grundlage für weitere Überlegungen – durch die Europäische Kommission erst im Jahr 2006 in Gang gesetzt wurden und derzeit noch diskutiert werden. Eine Initiative auf diesem Gebiet wäre ohne jede Erfolgsaussicht, zumal nicht einmal Einigung darüber erzielt werden konnte, ob Artikel 31 EUV für die Gewährleistung grundlegender Verfahrensrechte eine taugliche Rechtsgrundslage bietet.

Zu 17 und 18:

Diese Fragen wären aus meiner Sicht der Entscheidung internationaler Gerichtshöfe vorzubehalten, die für den Fall einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung auch über eine angemessene Entschädigung entscheiden sollten (nach dem Vorbild des Artikel 41 EMRK – gerechte Entschädigung).


 

. Juli 2008

 

(Dr. Maria Berger)

 

 

Anmerkung der Parlamentsdirektion:

 

Die vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image (siehe Anfragebeantwortung gescannt) zur Verfügung.