4489/AB XXIII. GP
Eingelangt am 28.07.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
JOSEF PRÖLL
Bundesminister
An die Zl. LE.4.2.4/0098 -I 3/2008
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer

Parlament
1017 Wien Wien, am 25. JULI 2008
Gegenstand: Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Petra Bayr, Kolleginnen
und Kollegen vom 29. Mai 2008, Nr. 4446/J, betreffend
Nachweis des gesetzlichen Beimischungsgrades von
Agrartreibstoffen
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen vom 29. Mai 2008, Nr. 4446/J, teile ich Folgendes mit:
Zu Frage 1:
In Österreich besteht nach den Regelungen der Kraftstoffverordnung derzeit keine Beimischquote sondern eine Substitutionsverpflichtung. Neben der Beimischung von Biokraftstoffen zu Diesel und Benzin können daher die Substitutionsziele auch durch den verstärkten Einsatz von reinen Biokraftstoffen, wie 100% Biodiesel in LKW-Flotten oder durch Kraftstoffe mit hohem Anteil an Biokraftstoff wie z.B. E85 – das ist ein Kraftstoff, der 85% Bioethanol enthält – erreicht werden.
Im Kraftfahrgesetz 1967 bzw. in der Kraftstoffverordnung 1999 sind Kontrollen des Anteils an Biokraftstoff im fossilen Kraftstoff nicht zwingend vorgeschrieben.
Stichprobenartige Untersuchungen im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) an den Tankstellen bestätigen jedoch eine flächendeckende Beimischung von Biokraftstoff in Österreich (Biodiesel und Bioethanol) von jeweils etwa 4,7 Volumsprozent.
In Österreich gibt es nach den Regelungen der Kraftstoffverordnung 1999 derzeit keine Quote, sondern eine Substitutionsverpflichtung. Demnach hat der Substitutionsverpflichtete jährlich einen Nachweis über die von ihm in Verkehr gebrachten oder verwendeten Mengen von Biokraftstoff und anderen erneuerbaren Kraftstoffen sowie von Otto- und Dieselkraftstoff zu erbringen. Dieser Nachweis muss für den Zeitraum eines Kalenderjahres spätestens am 1. Mai des darauf folgenden Jahres beim BMLFUW einlangen. Der Nachweis erfolgt in Form eines Formulars, welches die im Inland vom Substitutionsverpflichteten in Verkehr gebrachten Mengen von Kraftstoffen enthält.
Zu den Fragen 3, 5 und 6:
Beim Anbau von Ausgangsprodukten für Biotreibstoffe in Österreich sind – so wie beim Anbau von Ackerkulturen für Lebens- und Futtermittel – die Vorgaben nach der EU-VO 1782/03, Anhang III (u.a. Auflagen zur Vermeidung von negativen Umweltauswirkungen, zur Lebensmittelsicherheit etc.) und im Anhang IV (Auflagen zur Erhaltung des guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustandes) einzuhalten. Bei der Erzeugung von Ausgangsstoffen für Biotreibstoffe kommt es durch die genannten Vorgaben zu keiner Umweltbeeinträchtigung.
Die Bestimmungen der EU Biokraftstoff Richtlinie 2003/30 EG und die Regelungen der nationalen Umsetzung in Form des Kraftfahrgesetzes bzw. der KraftstoffVO beziehen sich in ihrer Regelungssystematik auf die Mengen und technischen Parameter der Kraftstoffe (entsprechend der EU CEN Normen bzw. der ÖNORMEN). In der österreichischen KraftstoffVO wird bei der Definition der Biomasse auf die in der EU gültigen Bestimmungen nach der EU-VO 1782/2003 und diesen dort verordneten Umwelt- und Nachhaltigkeitsstandards Bezug genommen.
Aus Sicht des BMLFUW ist die Produktion von Biokraftstoffen, die in den Tropen nach dem Roden von Regenwald durch Anbau der Biomasse auf diesen Flächen gewonnen werden, für Österreich jedenfalls keine Option. Ich schlage daher ein Öko-Label für Biokraftstoffe in Österreich vor, das derartige Produktionsmethoden ausschließt.
Das BMLFUW unterstützt auf EU-Ebene die Verhandlungen zur Einführung von ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitskriterien für den nachhaltigen Anbau der Rohstoffe zur Produktion der Biokraftstoffe. Der EU-Richtlinienvorschlag soll sicherstellen, dass nicht nur für die Rohstoffe innerhalb der EU, sondern auch für die Importware Nachhaltigkeitskriterien gelten müssen.
Zu Frage 4:
Derzeit wird auf EU-Ebene ein Vorschlag zu Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe in Form einer ad hoc Arbeitsgruppe diskutiert. Diese Nachhaltigkeitskriterien enthalten Bestimmungen zu Kriterien für den Anbau der verwendeten Biomasse bzw. Vorschläge hinsichtlich der Erfassung und Überwachung derartiger Kriterien. Österreich unterstützt die Einführung von Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe und setzt sich für gleiche Standards bei den Anbaubedingungen innerhalb der EU und für Drittstaaten ein.
Nach Abschluss der Verhandlungen zu den Nachhaltigkeitskriterien sollen diese sowohl in der Richtlinie zur Erneuerbaren Energie als auch in die Richtlinie zur Kraftstoffqualität implementiert werden.
Nach erfolgter Einigung zu den beiden RL werden die Bestimmungen
der entsprechenden
EU-RL in nationales Recht implementiert werden. Nach den Inhalten des
derzeitigen Vorschlags zu den Nachhaltigkeitskriterien werden damit Daten
über Art und Zusammensetzung der Biokraftstoffe zur Verfügung stehen.
Zu Frage 7:
Der derzeit auf EU-Ebene diskutierte Vorschlag zu Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe enthält auch einen Vorschlag bezüglich zumindest notwendiger Einsparung an Treibhausgasemissionen, im derzeitigen Vorschlag in der ersten Stufe 35%, die zumindest erreicht werden muss, damit diese Biokraftstoffe auf die nationalen Ziele der Mitgliedstaaten angerechnet werden können.
Nach der Einigung zu den Nachhaltigkeitskriterien auf EU-Ebene und Implementierung in nationales Recht wird somit ein Treibhausgasvorteil der Biokraftstoffe nachweislich sichergestellt. Bereits jetzt weist die Luftschadstoffinventur 2006 des Umweltbundesamtes eine CO2-Reduktion von 0,9 Mio. Tonnen im Verkehrsbereich durch den Einsatz von Biotreibstoffen aus.
Zu Frage 8:
Österreich hält an der bisherigen gentechnikkritischen Position fest. Dies belegt auch die von allen Fraktionen beschlossene Entschließung betreffend die Erhaltung des GVO-freien Anbaus in der österreichischen Landwirtschaft vom 8. Juli 2008. Somit ist der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in Österreich weiterhin unmöglich. Auch auf europäischer Ebene werden diese Bemühungen auf allen Ebenen intensiv vorangetrieben.
Zu Frage 9:
Das BMLFUW geht davon aus, dass es für die Herstellung von Biodiesel zu keinem Anstieg der Importe von Sojaöl bzw. Palmöl aus Drittländern kommt, da nach Ansicht vieler Experten genügend pflanzliche Öle, insbesondere Rapsöl, aber auch Sojaöl z.B. aus Serbien, innerhalb Europas produziert werden können.
Durch den Einsatz von Bioethanol, das in Pischelsdorf produziert wird, kommt es im Gegenteil sogar zu erheblichen Reduktionen bei den Treibhausgasemissionen, da das als Nebenprodukt anfallende wertvolle Futtermittel DDGS eine Reduktion des Imports großer Mengen an Sojaschrot nach Österreich zur Folge hat.
Zu Frage 10:
Die Emissionen aus der Biokraftstofferzeugung (aus Anbau und Verarbeitung) werden bei der Erstellung der Emissionsinventur jenem Land zugerechnet, in welchem die Emissionen anfallen. Eine derartige Zurechnung ist auch sinnvoll, da die Emissionen aus der Produktion der Biokraftstoffe, im Gegensatz zu jenen, die durch den Tanktourismus entstehen, tatsächlich im jeweiligen Land entstehen.
Der Bundesminister: