4525/AB XXIII. GP

Eingelangt am 04.08.2008
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                       Wien, am 4. August 2008

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0088-I/4/2008

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4482/J vom 4. Juni 2008 der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anhebung der behinderungs­bedingten Freibeträge und Einführung der Negativsteuer beehre ich mich Folgendes mitzu­teilen:

 

Vorausgeschickt sei, dass diese Entscheidungen einer künftigen Bundesregierung vorbe­halten bleiben. In der Sache ist aber Folgendes auszuführen:

 

Zu 1. und 2.:

Es ist korrekt, dass die Freibeträge gemäß § 35 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie die Freibeträge für die Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung seit Längerem nicht angehoben worden sind. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass es sich hier um Freibeträge handelt, die statt der tatsächlichen Kosten und ohne Nachweis dieser


tatsächlichen Kosten geltend gemacht werden können. Das bedeutet, dass statt dieser Freibeträge stets die tatsächlichen Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden können.

 

Darüber hinaus können diese Freibeträge bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen sogar dann in Anspruch genommen werden, wenn tatsächlich gar keine Mehrkosten ent­stehen.

 

Aus den genannten Gründen kann daher Menschen mit Mehraufwendungen aus einer Behinderung aufgrund des Umstandes, dass die genannten Freibeträge in den letzten Jahren nicht erhöht wurden, kein finanzieller Nachteil entstanden sein. Durch die Möglichkeit der steuerlichen Geltendmachung von Mehraufwendungen in vollem Umfang sind die Aufwen­dungen für Menschen mit Behinderungen bereits steuerlich entlastet.

 

Zu 3.:

Der Freibetrag für Mehraufwendungen für die Fahrten von Menschen mit einer Körper­behinderung gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen (BGBl. I Nr. 303/1996) soll Mehrkosten gegenüber der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abgelten, nicht jedoch die aus der Benützung eines eigenen Kraftfahrzeuges entstehenden Vollkosten (dies gilt sinngemäß auch für den Freibetrag nach § 3 Abs. 2 der Verordnung, der nur die Mehrkosten für die Taxifahrten abdecken soll). Zu beachten ist auch, dass sich die allgemeinen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Verwendung eines eigenen Kraftfahr­zeuges innerhalb der letzten 20 Jahre wesentlich geändert haben. Man kann in der heutigen Situation davon ausgehen, dass die überwiegende Anzahl der österreichischen Haushalte über ein privates Kraftfahrzeug verfügen und dieses auch entsprechend verwenden. Eine ausschließliche Verwendung auf Grund der Gehbehinderung wird zweifelsohne vorkommen, aber keinesfalls der allgemeinen Regel entsprechen.

 

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass gehbehinderte Pendler auch von den jüngsten Erhöhungen der Pendlerpauschalen sowie vom Pendlerzuschlag zur Negativsteuer für Pendler mit geringem Einkommen profitiert haben.

 

Zu 4.:

Steuerpflichtige, die unter der Besteuerungsgrenze verdienen, haben derzeit einen Anspruch auf Negativsteuer von bis zu 110 Euro pro Jahr. Dies gilt selbstverständlich auch für Menschen mit Behinderungen. Hinsichtlich einer zusätzlichen Negativsteuer für Menschen mit Behinderung ist zu bedenken, dass die Möglichkeit, die Mehrkosten aufgrund einer Behin­derung steuerlich geltend zu machen, lediglich den Zweck verfolgt, Einkommensteile, die für diese Mehrkosten verwendet werden, von der Besteuerung freizustellen. Bei Menschen, die ohnedies keine Steuer zahlen, ist auch keine solche Freistellung möglich, da sie die Kosten bereits aus ihrem unversteuerten Einkommen bestreiten.

 

Die Möglichkeit, die Mehrkosten aufgrund einer Behinderung steuerlich geltend zu machen, ist nur als steuerliche Ergänzung der bestehenden Palette an direkter Unterstützung (z.B. Pflegegeld) gedacht, nicht als Erhöhung der direkten Unterstützung. Die geforderte Negativsteuer würde aber im Ergebnis auf eine solche direkte Unterstützung hinauslaufen, die sich – da es sich bei den Freibeträgen um pauschale Größen ohne Nachweis tatsächlicher Kosten handelt – nicht einmal auf tatsächliche Mehraufwendungen gründen muss, die die direkten Unterstützungen übersteigen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Mag. Wilhelm Molterer eh.