4602/AB XXIII. GP
Eingelangt am 19.08.2008
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE
BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0142-Pr 1/2008
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 4639/J-NR/2008
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Albert Steinhauser, Dr. Kurt Grünewald, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Gerichtsmedizin Wien“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
Die Entwicklung der Anzahl der bei der Staatsanwaltschaft Wien angezeigten Fälle sowie der beantragten bzw. angeordneten Obduktionen in den Jahren 2005 bis 2008, jeweils für die Monate Jänner bis Juni, stellt sich wie folgt dar:
|
|
2005 |
2006 |
2007 |
2008 |
||||
|
|
angez. Fällle |
beantr. Obdukt. |
angez. Fälle |
beantr. Obdukt. |
angez. Fälle |
beantr. Obdukt. |
angez. Fälle |
angeord. Obdukt. |
|
Jänner |
56 |
35 |
58 |
36 |
60 |
28 |
61 |
30 |
|
Februar |
49 |
25 |
59 |
36 |
58 |
34 |
53 |
32 |
|
März |
62 |
39 |
76 |
48 |
69 |
42 |
45 |
22 |
|
April |
54 |
35 |
51 |
33 |
65 |
34 |
48 |
27 |
|
Mai |
55 |
34 |
72 |
43 |
60 |
41 |
43 |
28 |
|
Juni |
58 |
34 |
51 |
34 |
59 |
41 |
52 |
36 |
|
Summe Ø |
334 55,67 |
202 33,67 |
367 61,17 |
230 38,33 |
371 61,83 |
220 36,67 |
302 50,33 |
175 29,17 |
Zusammenfassend ergibt sich, dass im Jahr 2008 die Zahl der angezeigten Fälle und – damit verbunden – auch die Zahl der angeordneten Obduktionen leicht rückläufig sind.
Zu 2:
Diese Frage fällt nicht in meinen Vollziehungsbereich.
Zu 3:
Ein Neubeginn der Rechtsmedizin in Wien, der die nachhaltige Qualitätssicherung in den Bereichen Forschung, Lehre und Dienstleistung in diesem Bereich garantiert, ist auch aus meiner Sicht anzustreben. Ich bezweifle allerdings, dass dieses Ziel mit der bloßen Wiederaufnahme des Obduktionsbetriebs am Department für Gerichtliche Medizin (DGM) der Medizinischen Universität Wien ohne tiefgreifende strukturelle Änderungen erreicht werden kann. Die Einrichtung einer Zentralstelle, die einerseits den Bedürfnissen von Forschung und Lehre gerecht wird, andererseits aber auch Obduktionen für die Justiz auf hohem qualitativen Niveau, binnen angemessener Fristen und zu adäquaten Preisen anbieten kann, würde ich jedenfalls befürworten, zumal hierbei auch der Einsatz moderner Technologien und medizinischer Geräte möglich wäre, ohne dass diese eigentlich für den gewöhnlichen Spitalsbetrieb gedacht wären.
Ich verweise ferner darauf, dass es das Bundesministerium für Justiz war, das immer wieder versucht hat, die Gespräche zwischen allen Beteiligten in Gang zu bringen.
Zu 4:
Vorauszuschicken ist, dass aufgrund einer Änderung des Wiener Leichen- und Bestattungsgesetzes (LGBl. 34/2007) eine sanitätsbehördliche Obduktion nur noch dann anzuordnen ist, „wenn diese zur Klarstellung der Todesursache aus wichtigen Gründen der öffentlichen Gesundheitsvorsorge erforderlich ist und die Todesursache nicht auf andere Weise festgestellt werden kann“.
Die Beantwortung der Frage nach den Auswirkungen der Einstellung des Obduktionsbetriebes an der Wiener Gerichtsmedizin hat daher zwei Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Zum einen geht es um die Auswirkungen der Reduktion der sanitätsbehördlichen Obduktionen von jährlich 1.500 auf geschätzte 500 und zum anderen um die Auswirkungen des Wegfalls der Infrastruktur des Gerichtsmedizinischen Institutes.
Zum ersten Punkt berichtete die Staatsanwaltschaft Wien über eine Statistik des Departments für Gerichtliche Medizin (DGM), wonach zwischen dem 1. Jänner 2007 und dem 31. August 2007 an der Gerichtsmedizin 913 sanitätspolizeiliche Leichenöffnungen vorgenommen wurden. In 73 Fällen kam es zu einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien, wobei in 53 Fällen gerichtliche Leichenöffnungen angeordnet wurden. Von den 40 am DGM durchgeführten Obduktionen erwiesen sich 23 als sicherheitsrechtlich relevant: Konkret kamen ein Tötungsverdacht, drei Vergiftungen, drei Fälle ärztlichen Fehlverhaltens sowie Fälle unterlassener Hilfeleistung oder pflegerische Mängel zu Tage. Aufgrund der vom Wiener Landesgesetzgeber intendierten Reduktion sanitätspolizeilicher Obduktionen auf rund ein Drittel der bisherigen Zahl kann geschlossen werden, dass auch entsprechend weniger sicherheitsrechtlich relevante Fälle entdeckt werden.
Was den Wegfall der Infrastruktur des Gerichtsmedizinischen Institutes betrifft, so bestehen so lange keine sicherheitsrechtlichen Bedenken, als eine ausreichende Zahl an versierten Sachverständigen und entsprechende alternative Obduktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Mit einer auf zwei Jahre befristeten Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Justiz, der Gemeinde Wien und dem Krankenanstaltenverbund wurde provisorisch sichergestellt, dass die gerichtsmedizinischen Sachverständigen Obduktionen in bestimmten Spitälern durchführen können, was jedoch zweifellos einen organisatorischen und damit finanziellen Mehraufwand bedeutet, zumal das DGM nur den Obduktionsbetrieb eingestellt hat und erforderliche Spezialuntersuchungen weiterhin dort vorgenommen werden müssen.
Mittel- und langfristig stellt sich die Frage, wie die Ausbildung einer ausreichenden Zahl von Sachverständigen und deren Weiterbildung sichergestellt und der Gefahr eines Qualitätsverlustes vorgebeugt werden kann, wenn den Sachverständigen auf längere Zeit kein auf die speziellen Bedürfnisse der Gerichtsmedizin abgestimmtes und den technischen Entwicklungen Rechnung tragendes „Kompetenzzentrum“ zur Verfügung steht.
Zu 5:
Die Auswirkung der Schließung der Obduktionsräumlichkeiten am DGM Wien mit all ihren Implikationen auf die Kostenbelastung kann aus den im Rechnungswesen verfügbaren Daten nicht beziffert werden Eine manuelle Recherche auf Basis von Einzelakten kann ich aus verwaltungs-ökonomischen Gründen nicht anordnen.
Aus dem „Kostenersatz 2004“ der Medizinischen Universität Wien (MUW) hat sich ein Pauschalbetrag von 565 Euro pro Obduktion ergeben, wobei eine dem Gebührenanspruchsgesetz 1975 (GebAG) entsprechende Aufschlüsselung in der Regel nicht erfolgt ist. Nach dem Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 17. Dezember 2007 über die Ausweichlösung für Obduktionen aus Anlass der Einstellung des Obduktionsbetriebs am DGM Wien (Zl: BMJ-B11.851/0004-I 6/2007) hätten die Sachverständigen einen Betrag vom rund 274 Euro an die Krankenanstalten zu leisten, der nach dem GebAG ersatzfähig wäre. Geht man davon aus, dass die Sachverständigen zusätzlich die Beiziehung eines Prosekturgehilfen (im „Kostenersatz 2004“ der MUW mit 90 Euro ausgewiesen) als Beiziehung von Hilfskräften im Rahmen des § 30 GebAG geltend machen, wäre immer noch eine theoretische Einsparung von rund 200 Euro pro Obduktion im Vergleich zum Pauschalbetrag des „Kostenersatzes 2004“ zu erzielen. Dabei sind aber nicht die allenfalls verlängerten Anfahrtswege oder sonstige verlorenen Synergieeffekte berücksichtigt, die sich in einer erhöhten Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 32 GebAG) niederschlagen könnten.
Zu 6:
Eine umfassende Beantwortung dieser Frage ist mir nicht möglich, weil mir nur über einzelne Problemfälle berichtet wurde. So kam es insbesondere in der Anfangsphase der Umsetzung der Vereinbarung über Obduktionen an kommunalen Krankenanstalten zu Problemen bei der Lagerung von Faulleichen, zu Kapazitätsproblemen bei der Leichenlagerung in einzelnen Spitälern und zu anderen organisatorischen Reibungsverlusten, die dadurch bedingt waren, dass noch nicht alle in Betracht kommenden Sachverständigen entsprechende Verträge mit den zur Verfügung stehenden Krankenanstalten abgeschlossen hatten. Inzwischen hat sich der Umgang mit der neuen Situation nach den mir vorliegenden Informationen aus der Sicht der Staatsanwaltschaft Wien ohne nennenswerte Probleme eingespielt.
Zu 7:
Da im Begutachtungsverfahren zum BRÄG 2008 trotz Aufforderung keine nachvollziehbare Kalkulation für die reine Miete der Obduktionsräumlichkeiten vorgelegt wurde, wurden vom Bundesministerium für Justiz die marktüblichen Sätze durch stichprobenweise Nachfragen ermittelt. Zur Festsetzung des Pauschalbetrags wurde der Bundesdurchschnitt dieser Sätze errechnet. Von den marktüblichen Sätzen sei beispielhaft erwähnt, dass die Linz AG Bestattung & Friedhöfe den Sachverständigen üblicherweise 131 Euro (zzgl. USt.) in Rechnung stellt, was ziemlich genau dem Pauschalbetrag entspricht. In Salzburg werden den Sachverständigen von den Gemeindespitälern die Sezierräumlichkeiten kostenfrei zur Verfügung gestellt. In Wien verlangt das Kaiser-Franz-Joseph-Spital in Anlehnung an die Verordnung der Wiener Landesregierung über die Festsetzung der Ambulatoriumsbeiträge für die Wiener Städtischen Krankenanstalten (LGBl. 80/2006) 350 Euro für die gesamte Obduktion, wobei in diesem Betrag auch Personalkosten enthalten sind, die der Sachverständige nach § 30 GebAG verzeichnen kann. Die reine Miete für die Räumlichkeiten dürfte auch in diesem Fall unter 130 Euro liegen, wobei darauf hingewiesen wurde, dass für Faulleichen womöglich Sonderräumlichkeiten bzw. Sonderreinigungsaufwand, Geräte und Infrastruktur erforderlich sein können.
Zu 8:
Im Stadium des Begutachtungsverfahrens zum BRÄG 2008 war noch keine Pauschale vorgesehen, weil bis zu diesem Zeitpunkt keine nachvollziehbaren Kalkulationen für die reine Saalmiete von Obduktionsräumlichkeiten vorgelegt wurden. Im Ministerialentwurf, der an alle Universitäten, an das BMWF und an die am DGM tätigen Sachverständigen ausgesandt wurde, ist (nochmals) auf Folgendes hingewiesen worden: „Sollte die Gebühr für Mühewaltung (…) in einem Tarif keine hinreichende Deckung für bestimmte Fixkosten mehr bieten können, so wäre dies im Begutachtungsverfahren aufzuzeigen und an Hand geeigneter Rechnungsunterlagen nachzuweisen, sodass die Preissteigerung statistisch ermittelt werden kann, um eine Neuberechnung dieses Tarifs zu rechtfertigen.“ Das BMWF hat in seiner Stellungnahme (36/SN-113/ME) darauf verwiesen, dass sich die „Gebühren des GebAG mit der Höhe des von den Universitäten zu verrechnenden Vollkostenersatzes nachvollziehbar nicht“ decken würden. In welcher Höhe ein solcher Kostenersatz betriebswirtschaftlich angemessen wäre, wurde aber nicht ausgeführt. Der Facharzt für gerichtliche Medizin Dr. Wolfgang Denk führt in seiner Stellungnahme (44/SN-113/ME) aus, dass „die für Obduktionsräume in Rechnung gestellten Beträge (...) zwischen derzeit € 0,-- bis zu einigen Hundert Euro“ schwanken würden (ein Befund, der sich mit den Erhebungen des BMJ deckt, siehe dazu Punkt 7.).
Zu 9:
Die gesetzliche Grundlage für eine Obduktion im Rahmen eines Strafverfahrens, die entweder im Auftrag der Staatsanwaltschaft oder gemäß § 210 Abs. 3 StPO im Auftrag des Gerichts durchzuführen ist, stellt ausschließlich § 128 StPO dar. Danach ist eine Obduktion zulässig, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Tod einer Person durch eine Straftat verursacht worden ist. Mit der Durchführung ist ein Sachverständiger aus dem Fachgebiet der gerichtlichen Medizin zu beauftragen.
Zu 10 bis 14:
Die „Verordnung der Ministerien des Inneren und der Justiz vom 28. Jänner 1855“, mit welcher die Vorschriften für die Vornahme der gerichtlichen Totenbeschau erlassen wurden (Reichsgesetzblatt 26/1855), ist grundsätzlich bis heute nicht formell außer Kraft getreten, hat jedoch nur Verordnungscharakter inne. Die in den Fragen 9. und 10. zitierten Regelungen des § 9 treffen insoweit zu.
Die sanitätsbehördliche Obduktion ist hingegen im Wiener Leichen- und Bestattungsgesetz (WLBG, LGBl. für Wien Nr. 38/2004) geregelt.
Da mit Obduktionen für die Justiz ausschließlich Sachverständige aus dem Fachgebiet der gerichtlichen Medizin beauftragt werden dürfen, kommen selbstverständlich auch die Vorschriften des Sachverständigen- und Dolmetschgesetzes (SDG) zur Anwendung, wonach Sachverständige eine „ausreichende Ausstattung mit der für eine Gutachtenserstattung im betreffenden Fachgebiet erforderlichen Ausrüstung“ (§ 2 Z 1a SDG) aufzuweisen haben. In der Strafprozessordnung selbst finden sich keine formellen Vorschriften über die Infrastruktur oder die Fachkenntnis des Sachverständigen, die über die obgenannten Anforderungen hinausgehen. Jedenfalls haben Sachverständige nach § 127 Abs. 2 StPO den Befund und das Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen und nach den Regeln ihrer Wissenschaft oder Kunst oder ihres Gewerbes abzugeben.
Zu 15:
Aus meiner Sicht sollte sichergestellt werden, dass künftig auch bei der Wiener Gerichtsmedizin bildgebende Verfahren, also Computertomographie oder Magnetresonanztomographie zum Einsatz gelangen. Ein entsprechender Probebebetrieb am neuen Grazer Ludwig-Boltzmann-Institut für Klinische Forensische Radiologie, das in Anbindung an das Institut für Gerichtliche Medizin an der Universität Graz errichtet wurde, hat sich – nicht nur im Zusammenhang mit der Untersuchung von Leichen, sondern auch im Rahmen der neuen Gewaltopferambulanz – bewährt.
Zu 16:
Biologische Asservate sind, sofern ihre Sicherung im Zusammenhang mit einem Strafverfahren für einen längeren Zeitraum notwendig ist, gerichtlich zu beschlagnahmen und bei den Verwahrstellen der Gerichte aufzunehmen. Sollten besondere Lagerbedingungen erforderlich sein, kann sich das Gericht gegen Kostenersatz externer Anbieter bedienen. Bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Beendigung eines Strafverfahrens werden die im Rahmen einer Obduktion zur Untersuchung gelangten Asservate von den beauftragten Sachverständigen bis zur Freigabe der Leiche verwahrt.
Zu 17:
Ordnet das Gericht oder die Staatsanwaltschaft die Aufbewahrung an, so wären die Kosten von der Justiz zu tragen. Sollten für die anlässlich einer „gewöhnlichen“ Obduktion notwendige Zwischenaufbewahrung Kosten in Rechnung gestellt werden, so wären diese ebenfalls von der Justiz zu begleichen.
Zu 18:
Diese Frage kann aus den im Rechnungswesen verfügbaren Daten nicht beantwortet werden. Eine Erhebung aus den Einzelakten ist aus verwaltungs-ökonomischen Gründen nicht möglich.
Zu 19:
Sowohl vor dem In-Kraft-Treten der Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Justiz, der Gemeinde Wien und dem Krankenanstaltenverbund als auch seit dem 1. Jänner 2008 wird der Leichentransport von der Bestattung Wien GmbH durchgeführt.
In den Fällen gerichtlich angeordneter Obduktionen wurden in den Vorjahren die Kosten der Leichentransporte quartalsweise den anordnenden Gerichten verrechnet, während für die Fälle der sanitätspolizeilichen Obduktionen mit der MA 15 eine Jahrespauschale vereinbart war. Durch die Änderung des Wiener Leichen- und Bestattungsgesetzes kam es zu einer Umstrukturierung und zum Wegfall der Pauschalverrechnung. Mangels Einigung über die Abrechnungsmodalitäten wurden nach den mir vorliegenden Informationen bislang noch keine Transportkosten verrechnet. Eine Nachverrechnung der Leichentransporte der letzten sechs Monate soll demnächst erfolgen.
Nach der seit 1. Jänner 2008 bestehenden Vereinbarung wäre der Abtransport der Leiche vom Auffindungsort zum Zwischenlagerungsort oder unmittelbar zum Obduktionsort sowie der spätestens am Tag vor der Obduktion angemeldete Transport vom Zwischenlagerungsort zum Obduktionsort mit jeweils 45 Euro zu verrechnen. Für kurzfristig, das heißt innerhalb eines Tages, angemeldete Transporte vom Zwischenlagerungsort zum Obduktionsort stehen 90 Euro zu. Spezialtransportsäcke für Faulleichen werden gesondert verrechnet.
Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich die konkrete Abrechnung an dieser Vereinbarung orientiert. Nach den mir von der Staatsanwaltschaft Wien vorgelegten Informationen geht die Bestattung Wien GmbH offenbar davon aus, dass der erste Transport der Leiche vom Auffindungs- zum Aufbewahrungsort von der MA 15 und der Weitertransport vom Aufbewahrungs- zum Obduktionsort von der Justiz bezahlt wird.
Zu 20:
Nach der Systematik des SDG und des GebAG ist es Sache des Sachverständigen, für die zur Gutachtenserstattung notwendige Ausstattung zu sorgen (§ 2 Z 1a SDG, siehe oben zu 12. – 14.; § 31 GebAG). Ein Vertrag der Justiz mit dem Betreiber der Obduktionsräumlichkeiten würde die Sachverständigen zwingen, die Ausstattung dieses Betreibers zu verwenden, was dem Grundsatz widerspräche, wonach sich der Sachverständige das für seine Arbeit notwendige Arbeitsumfeld selbst gestaltet. In der Regel sind Sachverständige nicht nur für die Gerichte tätig. Es ist prinzipiell erwünscht, dass sie über eine entsprechende Erfahrung auch im außergerichtlichen Erwerbsleben verfügen (dies bringt etwa § 34 GebAG zum Ausdruck). Daher soll es ihnen möglich sein, die Infrastruktur, die sie für Gutachtensaufträge von anderen Stellen verwenden, auch im Rahmen ihrer Tätigkeit als Gerichtssachverständige zu benützen. Nun ist aber völlig unbestritten, dass Sachverständige dem Gericht nicht die Fixkosten in Rechnung stellen können, die sie für die notwendige Ausstattung ohnedies zu tragen hätten (so nun ausdrücklich § 31 Abs. 1 GebAG idF BRÄG 2008). Aus diesem Grund ist die Abgeltung für Fixkosten Bestandteil der Gebühr für die Mühewaltung (so nun ausdrücklich § 31 Abs. 2 GebAG).
Zu 21:
Eine Erhebung, ob über den Zeitraum der vergangenen zwei Jahre bei Bestellung von Angehörigen des wissenschaftlichen Personals einer Universitätseinheit als Sachverständige auch stets eine Ausfertigung des Auftrags auch dem Leiter der Einheit zugestellt wurde, ist registertechnisch nicht möglich. Das Bundesministerium für Justiz wird jedoch unter einem mit der Beantwortung dieser Anfrage die RechtsanwenderInnen im Bereich des Strafrechts auf dem Erlassweg nachdrücklich auf diese gesetzliche Verpflichtung hinweisen.
Zu 22:
Für die Eintragung in die SDG-Liste für den Fachbereich „Gerichtsmedizin“ ist die Facharzt-Zulassung gemäß den Bestimmungen der Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2006 (BGBl. II Nr. 286/2006) und die Erfüllung der Eignungskriterien des § 2 SDG erforderlich, wobei die Kenntnisse über die wichtigsten Verfahrensvorschriften und über Gutachtensmethodik von einer Kommission (§ 4a SDG) geprüft werden (§ 4 Abs. 2 SDG).
Zu 23:
Diese Frage fällt nicht in meinen Vollziehungsbereich.
Zu 24:
Die Verbindung der gerichtsmedizinischen Praxis mit Forschung und Lehre sowie der gegenseitige Erfahrungsaustausch sind aus meiner Sicht unabdingbar für die Weiterentwicklung dieser Sparte und die im Wege der Gutachtenserstellung davon betroffenen Strafverfahren. Dies muss jedoch nicht unbedingt in Form einer Einbettung der Institute in die einzelnen Universitäten erfolgen, wenngleich dies durchaus gewünscht ist. Es könnten die gewünschten Synergien aber auch im Zuge von Kooperationsmodellen erreicht werden.
Zu 25 bis 27:
Die Unabhängigkeit von Sachverständigen wird primär durch den Einsatz freiberuflich tätiger Fachärzte wie auch durch die persönliche Beauftragung einer bestimmten Person gesichert. Im Übrigen besteht für die Verfahrensbeteiligten, die über eine beabsichtige Sachverständigenbestellung zu benachrichtigen sind (vgl. § 126 Abs. 2 StPO) im Ermittlungsverfahren die Möglichkeit, binnen einer angemessen festgesetzten Frist begründete Einwände gegen die ausgewählte Person zu erheben. Schließlich gelten auch für Sachverständige die Befangenheitsgründe des § 47 Abs. 1 StPO sinngemäß. Im Rahmen von Strafverfahren erfolgt überhaupt nur die molekulargenetische Untersuchung von biologischen Tatortspuren im Auftrag der Kriminalpolizei durch Universitätsinstitute, mit welchen entsprechende Rahmenverträge abgeschlossen wurden, wohingegen die Bestellung zum Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht stets gegenüber einer konkreten natürlichen Person erfolgt. Auf diesem Weg können allfällige Haftungsansprüche exakt zugeordnet bzw. das persönliche Erscheinen der verantwortlichen Person zur Hauptverhandlung sowie insgesamt die für das Strafverfahren nötige Transparenz gesichert werden.
Zu 28:
Diese Frage fällt nicht in meinen Vollziehungsbereich.
. August 2008
(Dr. Maria Berger)