462/AB XXIII. GP

Eingelangt am 04.05.2007
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 
Anfragebeantwortung

 

 

 

 

JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

An die                                                                                    Zl. LE.4.2.4/0017 -I 3/2007

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 3. MAI 2007

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,

            Kolleginnen und Kollegen vom 6. März 2007, Nr. 457/J, betreffend

            Antibiotika-Einsatz zur Bekämpfung des Feuerbrandes

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen vom 6. März 2007, Nr. 457/J, betreffend Antibiotika-Einsatz zur Bekämpfung des Feuerbrandes, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Nach Befassung der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit wird nachstehend folgende Stellungnahme abgegeben:

 

Zu Frage 1:

 

Diese Informationen können nur seitens der zuständigen Amtlichen Pflanzenschutzdienste der Bundesländer erteilt werden.

 

 

Zu Frage 2:

 

Von 289 untersuchten Verdachtsproben aus den Feuerbrandschutzgebieten waren 37 Proben Feuerbrand-positiv. In den Bundesländern ohne Schutzgebietsstatus waren von 261 untersuchten Verdachtsproben 136 Proben Feuerbrand-positiv.

 

Der Bericht ist auch in Kurzform auf der Homepage der AGES einsehbar:

http://www.ages.at/servlet/sls/Tornado/web/ages/content/3D47587FBF33A2F0C1256ED10038FFE7

 

Zu Frage 3:

 

In Österreich wird eine Strategie zur Feuerbrandbekämpfung ohne Antibiotikaeinsatz verfolgt. Neben umfangreichen Informationsmaßnahmen der Bevölkerung und der praktizierenden Bäuerinnen und Bauern sowie ImkerInnen über die Gefährlichkeit und Kontrollmöglichkeiten des Feuerbranderregers werden alle derzeit zur Verfügung stehenden Präventionsmaßnahmen unter Einbindung der zuständigen Landesstellen sowie ein Bündel von Bekämpfungsmaßnahmen je nach Angemessenheit der Befallssituation gesetzt.

 

Besondere Anstrengungen werden im Hinblick auf die Erforschung und Erprobung alternativer Pflanzenschutzmaßnahmen und die Prüfung der Feuerbrandanfälligkeit von Apfel- und Birnensorten gegenüber Blüten- und Triebinfektionen gesetzt.

 

In diesem Zusammenhang unterstützen sowohl das 2006 abgeschlossene Projekt der AGES "Risikoabschätzung und Strategien zur Bekämpfung von Feuerbrand" als auch das mit Jahresende 2006 neu bewilligte Projekt "Untersuchungen ausgewählter Parameter im Hinblick auf die Verbesserung der Möglichkeiten zur Vorbeugung und Bekämpfung von Feuerbrand (Erwinia amylovora)" sowohl den präventiven als auch den bekämpfungstechnischen Ansatz.

 

Zu den Fragen 4, 10, 21 und 22:

 

Als wichtigste nichtchemische Bekämpfung gegen Feuerbrand sind mechanische Maßnahmen anzusehen. Stark geschädigte Pflanzen müssen gerodet und an Ort und Stelle verbrannt werden. Bei weniger geschädigten Pflanzen genügt unter Umständen das Ausschneiden erkrankter Äste.

 

Als alternative Bekämpfungsmaßnahme wäre ein Aussetzen von Pflanzen mit geringerer Anfälligkeit gegenüber Feuerbrand anzusehen. In Österreich laufen derzeit sechs interdisziplinäre und interinstitutionelle Forschungsprojekte zum Thema Feuerbrand, die sich einerseits mit längerfristigen Strategien zur Verringerung der Anfälligkeit hauptsächlich angebauter Obstsorten und andererseits mit der kurz- bis mittelfristigen Entwicklung und Erprobung alternativer Kontrollmöglichkeiten des Erregers befassen. Vier Forschungsprojekte befassen sich direkt oder indirekt mit der Züchtung von feuerbrandtoleranten Obstsorten.

 

Bekämpfungsversuche mit Blossom Protect fb®  umfassten 2006 im Rahmen eines Projektes einerseits Versuche zur Ausbringung des Präparates (bzw. der darin enthaltenen Hefe-Stämme)  durch Bienen unter Freilandbedingungen und andererseits Versuche zur Wirksamkeit der Hefeausbringung mit Bienen unter kontrollierten Umweltbedingungen im Quarantäneglashaus.

 

Weitere Informationen können auf der Homepage der AGES eingesehen werden:

http://www.ages.at/servlet/sls/Tornado/web/ages/content/3D47587FBF33A2F0C1256ED10038FFE7

 

Zu Frage 5:

 

Beim Bundesamt für Ernährungssicherheit wurde die Zulassung von Streptomycin wie in den Vorjahren für eine Anwendung in Vorarlberg beantragt. Der Antrag erfolgte seitens der Pflanzenschutzmittelindustrie.   

 

Zu Frage 6:

 

Die Zulassung von Streptomycin wurde ausschließlich für die streng begrenzte Fläche des besonders feuerbrandgefährdeten Rheintals in Vorarlberg mit der Auflage der weiteren substanziellen Reduktion der Fläche im Vergleich zum Vorjahr und des vergleichenden Einsatzes mit Alternativprodukten erteilt. Aufgrund der Witterungssituation 2007 und des Einsatzes verschiedener Alternativprodukte wurde Streptomycin 2007 in Österreich nicht angewandt. Die Anwendung der Alternativprodukte wird in Zusammenarbeit mit den örtlichen Stellen durch die AGES wissenschaftlich begleitet.

 

 

 

 

Zu Frage 7:

 

Bei sachgerechter Ausbringung bzw. konsequenter und lückenloser Beachtung und Anwendung der im Zulassungsbescheid für Streptomycin vorgeschriebenen Auflagen sind aus toxikologischer Sicht keine gesundheitlichen Gefahren zu erwarten. Die vorläufige Einschätzung des Verbleibs und des Verhaltens in der Umwelt und der ökotoxikologischen Eigenschaften von Streptomycin anhand der Literatur gibt Grund zu der Annahme, dass bei sachgerechter Anwendung keine unannehmbaren Auswirkungen zu erwarten sind.

 

Aufgrund dieser Einschätzungen wurde die Anwendung von Streptomycin nur punktuell und nicht flächendeckend, mit begrenzten Mengen sowie zeitlich enger Begrenzung und unter Genehmigung und Aufsicht der Landesbehörden gestattet. Die betroffenen Imker mussten vor dem jeweils geplanten Einsatz verständigt werden, Abstandsauflagen zu Wohngebäuden bzw. zu Gewässern wurden vorgeschrieben.

 

Zu Frage 8:

 

Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln bei „Gefahr im Verzug“ kann nach § 13 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 idgF nur in sehr eingeschränkter Form erteilt werden, nämlich für eine beschränkte und kontrollierte Anwendung in einer bestimmten Menge unter Berücksichtigung von Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie auf die Umwelt, wenn dies auf Grund  einer unvorhersehbaren Gefahr notwendig ist, die mit anderen Mitteln nicht eingedämmt werden kann.

 

Seitens der Bundesbehörde (Bundesamt für Ernährungssicherheit) wird damit die  Möglichkeit  für den Einsatz des Pflanzenschutzmittels unter strengen Bedingungen und Auflagen geschaffen, sodass die Landesbehörde auf den Anlassfall rasch reagieren kann. Die Freigabe der Anwendung durch die Landesbehörde erfolgt jedoch erst, wenn die Infektionsbedingungen tatsächlich gegeben sind. Diese sind nicht vorhersehbar  und hängen von verschiedenen Faktoren, wie z.B. den Witterungsbedingungen, ab.

 

Siehe auch Antworten zu den Fragen 4, 10, 21 und 22.

Zu Frage 9:

 

Der Wirkungsgrad hängt von verschiedenen Einflussgrößen wie Befallsdruck, Witterung, etc. ab. Um einzelne Wirksamkeitsdaten daher sinnvoll interpretieren zu können ist es notwendig, diese Begleitumstände zu kennen und zu berücksichtigen. Mit einer Wirksamkeit von  durchschnittlich etwa 70 % kann jedenfalls derzeit gerechnet werden.

 

Zu Frage 10:

 

Bezüglich Nachbarländer darf auf den Bericht_2006_BRD_AT_CH gemäß Frage 20 verwiesen werden. Anzumerken ist, dass eine umfassende und großräumige Anwendung von Streptomycin in Deutschland für das Jahr 2007 erfolgte.

 

Zu Frage 11:

 

Für allfällige Entschädigungsleistungen sind die Länder zuständig.

 

Zu Frage 12:

 

Die Zulassung von Streptomycin erfolgte unter strengsten Auflagen und für einen kurzen Zeitraum:

Das In-Verkehr-Bringen wurde auf die nachweisliche Abgabe an die einzelnen angeführten Betriebe per Bescheid gegen Vorlage eines Berechtigungsscheines der zuständigen Behörde eingeschränkt. Die Abgabe des Pflanzenschutzmittels war ausschließlich nach Erteilung einer Be­rechtigung durch die örtlich zuständige Behörde zulässig.

 

Die Anwendung des Pflanzenschutzmittels durfte nur bei unmittelbar akuter Gefahr des Feuerbrandauftretens und Bestätigung der Notwendigkeit der Bekämpfungsmaßnahme durch den zuständigen amtlichen Pflanzenschutzdienst erfolgen, wobei eine Beschränkung auf die festgelegte Befallszone erfolgte. Die Anwendung durfte im Kernobstbau nur in Erwerbsanlagen erfolgen. Vor der Anwendung des Pflanzenschutzmittels mussten die betroffenen Imker rechtzeitig informiert werden.

Überdies wurden Abstandsauflagen zu Wohngebäuden bzw. zu Gewässern vorgeschrieben.

 

Zu Frage 13:

 

Um die gesetzlich geforderten Voraussetzungen für die Verwendung von Streptomycin zu gewährleisten, durfte das Pflanzenschutzmittel nur unter Überwachung durch die amtliche Pflanzenschutzstelle verwendet werden.

 

 

Zu den Fragen 14 bis 17:

 

Für die Bekämpfung des Feuerbrandes mit Streptomycin im Obstbau wurde seitens des Bundesamtes für Ernährungssicherheit eine Risikoabschätzung vorgenommen. In Folge einer toxikologischen Bewertung konnte in erster Sicht gefolgert werden, dass – unter Einhaltung bestimmter Auflagen und Anwendungsbestimmungen – eine Gefährdung für den Anwender und den Konsumenten nicht wahrscheinlich ist.

 

Zur Risikoabschätzung für den Konsumenten ist anzumerken, dass auf Basis der vorgelegten Daten ersichtlich war, dass zum Erntezeitpunkt der Früchte (Äpfel, Birnen) keine Rückstände von Streptomycin über der analytischen Bestimmungsgrenze zu finden waren. In den untersuchten Pollen (behandelte Apfelbäume) waren ebenfalls keine Rückstände über der angegebenen Bestimmungsgrenze vorhanden.

 

Eine Risikoabschätzung ergab auch, dass unter zusätzlicher Einbeziehung der möglichen Rückstände von Streptomycin in Lebensmittel tierischer Herkunft aus der Tierarzneianwendung der ADI-Wert nicht überschritten wird. Basis für diese Risikoabschätzung ist eine lebenslange durchschnittliche Aufnahme des fraglichen Wirkstoffes über alle Lebensmittel, die potentiell Streptomycin enthalten können (international gängiger Standard zur gesundheitlichen Bewertung von Pflanzenschutzmittel-Rückständen in/an der Nahrung).

 

Für die Einhaltung der geltenden Höchstwerte ist grundsätzlich das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend zuständig. Es kann mitgeteilt werden, dass bei den Honiguntersuchungen in den Jahren 2004 bis 2006 im Land Vorarlberg in keiner der untersuchten Proben eine Belastung durch Streptomycin festgestellt wurde.

 

Zu den Fragen 18 und 19:

 

Die gegenständlichen Fragen wären an das für die Erteilung der Bewilligung zuständige Land Vorarlberg zu richten.

 

Zu Frage 20:

 

Seitens der AGES wurde eine Website auf der Homepage der AGES unter http://www.ages.at, Stichwort: Feuerbrand, eingerichtet, auf der alle Informationen zum Thema Feuerbrand zu finden sind. Nähere Angaben sind auch unter Feuerbrand/Protokolle_Infos/Bericht_2006_ BRD_AT_CH enthalten.

 

Darüber hinaus wurde seitens der AGES gratis ein Informations-Folder aufgelegt, von dem im Zeitraum Herbst 2003 bis Ende 2004 35.000 Stück über die Landespflanzenschutzdienste in Umlauf gebracht und 2005 mindestens ca. 10.000 Stück verteilt wurden.

 

Neue Erkenntnisse aus den in Österreich laufenden Forschungsprojekten und aktuelle internationale Entwicklungen werden in den regelmäßig abgehaltenen Round Table Meetings der AGES, an denen alle Interessenvertreter in Österreich eingebunden sind und teilnehmen, vorgestellt und diskutiert.

 

Seitens der zuständigen Amtlichen Pflanzenschutzdienste der Länder wurden entsprechende Informationsveranstaltungen abgehalten.

 

Die Imkervertreter sind einerseits im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Feuerbrand-Round-Tables zur Teilnahme eingeladen und erhalten so Informationen aus erster Hand, die diese an Verbände und Mitglieder weitergeben können. Zusätzlich wurden in den letzten Jahren im Rahmen von Imkerveranstaltungen immer wieder Informationen zum Thema Feuerbrand in Form von Vorträgen und Diskussionsbeiträgen von Mitarbeitern des Instituts für Bienenkunde der AGES an die Imkerschaft weitergegeben.

 

Auch werden seitens der Landesverbände für Bienenzucht im Rahmen der Mitgliederversammlungen und in Beiträgen in den Fachzeitschriften entsprechende Informationen für die Imker bereitgestellt. Diese betreffen sowohl die Verbreitung von Feuerbrand, die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen und Meldepflichten für die Imkerei und Bienenwanderung – sofern solche in Feuerbrandverordnungen oder Bienenzuchtgesetzen etabliert worden waren, aber auch das Wirtspflanzenspektrum von Feuerbrand und die typischen Befallssymptome.

 

Inwieweit die zuständigen Behörden der Länder die ImkerInnen über das Auftreten von Feuerbrand und den möglichen Umgang damit informieren, wäre durch diese Stellen zu beantworten.

 

Der Bundesminister: