4638/AB XXIII. GP

Eingelangt am 28.08.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Frauen, Medien und Regionalpolitik

Anfragebeantwortung

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Franz Morak, Kolleginnen und Kollegen haben am 10. Juli 2008 unter der Nr. 4799/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend die "Ausschreibung des öffentlich-rechtlichen Auftrags für den Rundfunkbereich" gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Ø    Wie beurteilen Sie als zuständige Ressortministerin die duale Medienlandschaft in Österreich nach 10 Jahren Privatradio und 4 Jahren PrivatTV?

Als Medienministerin bin ich erfreut, dass sich der duale Rundfunkmarkt in Österreich in den letzten Jahren sehr erfolgreich entwickelt hat. Selbstverständlich gibt es aber weiterhin Aufholbedarf bei der Stärkung des Wettbewerbs. Zwei konkrete Maßnah-men in naher Zukunft werden dazu beitragen: Zum einen wird man im Wege der Schaffung der Medienförderung den privaten Rundfunkveranstaltern einen Ausgleich für die Kosten der Produktion qualitativ hochwertiger Inhalte ermöglichen. Zugleich wird es im Zuge der Umsetzung der Mediendiensterichtlinie bedeutende Erleichte-rungen im Bereich der Werbebestimmungen für Private geben; ein entsprechender Gesetzesentwurf liegt ja beschlussreif vor. Die Sicherstellung der Qualität und Fi-nanzierbarkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an sich steht für mich außer Zweifel. Insbesondere ist eine ausschließlich an Marktanteilen orientierte Betrach-tungsweise des Funktionierens von privatem oder öffentlich-rechtlichem Rundfunk kein wünschenswertes Szenario.

Zu Frage 2:

Ø    Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass der Erwerb von Senderechten sowie die Ausstrahlung von Programmen für private Fernsehveranstalter (z.B. US-Serien wie CSI" oder Sex and the City") derzeit auch mit Programmentgelt finanziert werden?


Es ist weder meine Aufgabe, noch wäre es angesichts der bereits im BVG-Rundfunk grundgelegten Unabhängigkeit der ORF-Führung tragbar, wenn ich zu einzelnen Pro-grammentscheidungen des ORF meine Meinung abgebe. Das ORF-G sieht vor - und das ist eine Entscheidung des Gesetzgebers, nicht der ORF-Führung -, dass der ORF im Rahmen seines umfassenden Programmauftrags ein breites Angebot anzubieten hat. Dieses Angebot muss ein differenziertes Gesamtprogramm von Information, Kul-tur, Unterhaltung und Sport für alle sein und hat sich an der Vielfalt der Interessen aller Hörer und Seher zu orientieren. Der ORF darf daher nach der Rechtslage auch mas-senattraktive Angebote ausstrahlen.

Zu den Fragen 3 bis 5:

Ø      Wie in der Einleitung dargelegt, erfüllen gerade auch die kommerziellen Privatra-dios und Fernsehveranstalter in vielen Themengebieten (z.B. österreichisches kreatives Schaffen und Kultur- Puls4 mit dem Amadeus-Award, lokal-regionale Informationen - Radio Osttirol, Förderung österreichischer Musik - ATV mit der Show Sing and Win") Aufgaben, die gemäß dem Programmauftrag des ORF-G dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukommen, aber von diesem offenbar nur unzureichend erfüllt werden. Ist es für Sie vorstellbar, die Wahrnehmung öffent-lich-rechtlicher Programmaufträge  durch  private  Rundfunkveranstalter durch einen Teil des Programmentgeltes entsprechend abzugelten?

Ø      Wie könnte Ihrer Meinung nach ein derartiges Vergabesystem der Programment- gelte aussehen?

Ø      Welche Prozentanteile sind für Sie hierbei denkbar?

Wie Ihnen hinlänglich bekannt ist, ist es meine Absicht, ein Fördermodell für private Rundfunkveranstalter zu erarbeiten, wonach die Förderung an die Ausstrahlung von Inhalten anknüpfen soll, die durch ihr Thema und ihre Qualität dem öffentlichen Inter-esse an einer pluralen Medienlandschaft dienen. Die wesentliche, derzeit noch offe-ne rechtliche Fragestellung ist aber, inwieweit eine derartige Privatrundfunkförderung nach dem europäischen Beihilfenrecht durch die Europäische Kommission genehmi-gungsfähig ist. Entsprechende Gespräche sind im Gange.

Die derzeit laufenden Überlegungen sehen vor, Einnahmen aus den Rundfunkge-bühren - und nicht aus dem Programmentgelt - für eine Förderung privater Rund-funkveranstalter heranzuziehen. Das Ausmaß der zur Verfügung stehenden Mittel ist dabei von künftigen Verhandlungen mit dem Finanzminister abhängig. Da bislang von diesem leider nur wenige positive Signale zu vernehmen waren, wäre ich für je-de Unterstützung bei meinem Ziel, eine ausreichende Finanzierung dieses Vor-habens zu erreichen, sehr dankbar.

Zu den Fragen 6 und 7:

Ø      In absehbarer Zeit wird es - bedingt einerseits durch die abschließende Prüfung der EU-Kommission, Generaldirektion Wettbewerb und anderseits durch die er-forderliche Umsetzung der Audiovisuellen Mediendienste Richtlinie - zu einer Novellierung des ORF-Gesetzes kommen müssen. Viele Teile des Programm-auftrages, wie Kultur, abseits der klassischen Hochkultur,  Volksgruppen oder Bildung,  werden derzeit anscheinend nur ungenügend durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erfüllt. Werden Sie den derzeit nur unzureichend erfüllten

Programmauftrag des ORF in der nächsten Novelle des ORF-Gesetzes präzi-sieren?

Ø      Wenn nein, warum nicht?

Die Europäische Kommission untersucht derzeit die Finanzierung des ORF unter bei-hilfenrechtlichen Aspekten. In ihren bisherigen Stellungnahmen verlangt sie insbe-sondere eine Konkretisierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags in den Bereichen Online und Sport-Spartenprogramm. Ich bin prinzipiell bereit, eine solche Konkreti-sierung gegenüber der Kommission zuzusagen und sehe auch die Vorteile einer sol-chen Lösung. Dadurch könnte nämlich die Unverwechselbarkeit des öffentlich-recht-lichen Angebots des ORF sichergestellt und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit des dualen Rundfunksystems bestmöglich gewährleistet werden.

Zum laufenden Beihilfeverfahren will ich aber darauf hinweisen, dass der von mir an-gestrebte beihilfenrechtliche Kompromiss mit der Kommission ja nur die äußerste Grenze für die zukünftigen Tätigkeiten des ORF markiert und die nationale Diskus-sion darüber, was der ORF sinnvoll leisten kann und soll, nicht behindern wird. Ich halte es für notwendig, der nationalen Politik entsprechende Spielräume für die Aus-gestaltung der Medienlandschaft vorzubehalten und diesbezüglich gegenüber der EU das Subsidiaritätsprinzip zu betonen.

Zu Frage 8:

Ø      Werden Sie Maßnahmen setzen, um die Leistungen der privaten Rundfunkange-bote im Verhältnis zu den ORF-Programmangeboten in Hinblick auf den erbrach-ten öffentlich-rechtlichen Mehrwert zu evaluieren?

Die Idee, eine qualitative Bewertung der Angebote privater Rundfunkveranstalter ein-zuführen, ist aus meiner Sicht schon wegen deren - auch durch Art. 10 EMRK ga-rantierten - Programmfreiheit abzulehnen. Da der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF ein ausgewogenes Gesamtprogramm verlangt, während private Rundfunkver-anstalter in ihrer Programmgestaltung primär den Interessen des Marktes gehorchen und öffentliche Interessen nur gleichsam miterfüllen, wäre eine solche Vorgangswei-se auch wenig sinnvoll. Ein isolierter Vergleich bestimmter Programmteile des ORF und Privater würde weder den gesetzlichen Vorgaben an die unterschiedlichen Ver-anstalter gerecht werden, noch wäre er im Sinne des dualen Rundfunksystems sach-gerecht. Auch die von Ihnen zitierten Untersuchungen, welche ORF-Programme mit in- und ausländischen Veranstaltern vergleichen, sind stark quantitativ orientiert und sagen wenig über die Programminhalte aus. Derartige Vergleiche können selbstver-ständlich sinnvolle Gegenstände rechtspolitischer und medienwissenschaftlicher Un-tersuchungen sein.

Zu den Fragen 9 bis 11:

Ø      Verfügen Sie über Kenntnisse bzw. Erfahrungen wie die Vergabe von Rundfunk-gebühren und Programmentgelten - also öffentlichen Beihilfen - in anderen euro-päischen Ländern praktiziert wird?

Ø      Wenn ja, wie sind aus der Sicht Ihres Ressorts Ihre Schlussfolgerungen?

Ø      Wenn nein, warum wurden diese innovativen Konzepte bisher nicht beachtet?


Eindeutige Entwicklungen, die zu einem neuen Modell öffentlich-rechtlicher Medien in Europa und vor allem deren Finanzierung führen könnten, sind derzeit noch nicht ersichtlich. Die spezifische Struktur des dualen Rundfunksystems in Österreich und die insgesamt geringe Marktgröße sowie die Konkurrenz durch ausländische Privat-fernsehveranstalter, lassen eine eins-zu-eins-Übertragung ausländischer Modelle auf Österreich ohnehin nur selten zweckmäßig erscheinen. Selbstverständlich ist es aber eine zentrale Aufgabe der Medienpolitik, alle Entwicklungen auf den Medienmärkten zu beobachten und erforderlichenfalls entsprechende Schritte zu setzen.

Zu Frage 12:

Ø      Welche Chancen werden Sie privaten Radios im Zusammenhang mit einer all-fälligen Digitalisierung der Radiofrequenzen eröffnen?

Die Digitalisierung des Hörfunks steckt europaweit (mit Ausnahme von Großbritan-nien) noch in den Kinderschuhen. Bei der letzten Vollversammlung der Digitalen Plattform Austria im Juni 2008 wurde das Thema in Österreich intensiv mit den betei-ligten Kreisen diskutiert und auch eine Studie von RTR und BKA vorgestellt, wonach derzeit noch keine klaren Trends erkennbar sind. Zur Anfrage ist vordringlich richtig-zustellen, dass an eine "Digitalisierung" der bestehenden analogen Radiofrequenzen in keiner Weise gedacht ist, sondern vielmehr digitales Radio auf anderen, auch der-zeit schon verfügbaren Frequenzen im Band III bzw. im L-Band ausgestrahlt werden kann. Grundsätzlich besteht meinerseits die Bereitschaft, gesetzliche Grundlagen für die Veranstaltung von digitalem Radio in Österreich zu schaffen. Inwieweit die priva-ten Rundfunkveranstalter von dieser Möglichkeit dann Gebrauch machen werden, ist eine Frage der wirtschaftlichen Beurteilung durch die jeweiligen Eigentümer.

Zu Frage 13:

Ø      Selbst nach 10 Jahren Privatradio haben die ORF-Radios nach wie vor einen

Marktanteil von rund 80%. Wie beurteilen Sie aus der Sicht Ihres Ressorts diese

langsame Entwicklung?

Ich vertrete die Auffassung, dass eine rein an Marktanteilen orientierte Betrachtungs-weise ein wenig geeigneter Indikator für die Beurteilung von Erfolg oder Nicht-Erfolg eines dualen Hörfunksystems ist. Die Programme des österreichischen Rundfunks erbringen in Ihrer Gesamtheit eine den Hörerinnen und Hörern schon aufgrund der Gebührenfinanzierung geschuldete Vollversorgung mit unterschiedlichsten Inhalten für sämtliche Altersgruppen. Schon definitionsgemäß bringt dieser Auftrag daher eine breitenwirksame Rezeption mit sich. Wie zahlreiche Beispiele zeigen, kann parallel dazu aber auch privates Radio, insbesondere durch Lokalität und Spezialisierung, höchst erfolgreich sein. Insoweit meine ich, dass sich der österreichische Privathör-funkmarkt auf einem guten Weg befindet und letztlich auch im Hörfunk das publizistische und programmliche Angebot für die Gunst der Hörerinnen und Hörer ausschlaggebend ist.


Zu Frage 14:

Ø      Welche Maßnahmen werden Sie als zuständige Ressortministerin setzen, um die Entwicklung der dualen Rundfunklandschaft zu unterstützen?

Ich habe, wie oben bereits ausgeführt, jedenfalls vor, das von meiner Amtsvorgänge-rin begonnene und im noch geltenden Regierungsprogramm verankerte Projekt einer Medienförderung weiter zu betreiben. Kernstück der gegenwärtigen Überlegungen ist eine Förderung für bestimmte Kategorien von Sendungen bzw. Inhalten in Hörfunk und Fernsehen. Ich bin der Überzeugung, dass durch diese Förderung die Produkti-on und Ausstrahlung qualitativ hochwertiger österreichischer Inhalte nachhaltig ge-stärkt werden und damit insgesamt das duale System profitieren wird. Auch die Libe-ralisierung der Werbebestimmungen im Rahmen der Umsetzung der Mediendienste-richtlinie wird sich positiv auf die privaten Rundfunkveranstalter auswirken.

Zu Frage 15:

Ø      Der ORF benutzt österreichweit rd. 800 Frequenzen. Sämtlichen privaten und freien Radios, also rd. 50 Privatradios, stehen lediglich 270 Frequenzen zur Ver-fügung, also nur rund ein Drittel der Anzahl der vom ORF belegten Frequenzen. Sind Sie der Meinung, dass es sich hierbei um einen gesunden und fairen Wett-bewerb handelt?

Die Anzahl der genutzten Frequenzen" (richtigerweise geht es um Übertragungska-pazitäten) ist ein gänzlich unbrauchbarer Indikator für die Bewertung des Wettbe-werbs im dualen Systems. Dies erschließt sich schon aus dem Beispiel, dass etwa mit einer einzigen Übertragungskapazität (Frequenz) im Großraum Wien rund 3 Mio. Menschen versorgt werden können, während etwa in dünn besiedelten Gebieten mit einer einzelnen Übertragungskapazität (Frequenz) oft nur wenige hundert oder tau-send Personen erreicht werden. Da der ORF bekanntermaßen einen (auch in tech-nischer Hinsicht qualitativ gleichwertigen) bundesweiten Vollversorgungsauftrag zu erbringen hat, muss er eine Vielzahl von kleinen" Übertragungskapazitäten betrei-ben, die von ihrer technischen Reichweite für private Rundfunkveranstalter weder interessant sind noch wirtschaftlich vernünftig betrieben werden könnten.

Zu Frage 16:

Ø      Der ORF unterliegt der Rechtsaufsicht durch den Bundeskommunikationssenat, dem 5 nebenberufliche Mitglieder angehören. Glauben Sie, dass der Bundeskom-munikationssenat strukturell geeignet ist, das Milliardenunternehmen ORF" effi-zient und umfassend zu kontrollieren?

Der Bundeskommunikationssenat hat sich seit seiner Einrichtung im Jahre 2001 mei-ner Auffassung nach hervorragend bewährt, insbesondere was die Raschheit der Entscheidungen, ihre inhaltliche Qualität und die Anzahl der Erledigungen betrifft. Dieses Ergebnis lässt sich auch aus den Rückmeldungen der Branche im Zuge der Gespräche um eine Reform der Medienbehörde ableiten. Dass der Bundeskommuni-kationssenat aus nebenberuflichen Mitgliedern besteht, scheint insoweit kein Kriteri-um zu sein, als bekanntermaßen auch vergleichbare Behörden (z.B. die Telekom-Control-Kommission oder die Datenschutzkommission) Milliardenunternehmen" in zufriedenstellender Weise kontrollieren". Die Frage der Effizienz und der umfassen-


den" Kontrolle des Österreichischen Rundfunks ist in meinen Augen weniger an der Struktur der Rechtsaufsichtsbehörde festzumachen, sondern an den ihr gesetzlich übertragenen Kompetenzen. Hier sind durchaus Erweiterungen aber auch Verschie-bungen zwischen KommAustria und BKS denkbar; ich verweise dabei auch auf die in Aussicht genommene Reform der Medienbehörde und Überlegungen im Zuge des Beihilfeverfahrens.

Zu Frage 17:

Ø      Im Telekommunikationswesen werden jene Betreiber, die eine marktbeherrschen-de Stellung einnehmen oder sich dieser annähern, einer asymmetrischen Regu-lierung und entsprechenden Kontrolle durch die Telekom-Control-Kommission unterzogen. Wie stehen Sie zu einer entsprechenden Regulierungsstrategie für den Rundfunkbereich?

Die Regulierung ist für jenen Bereich, in dem der ORF oder seine Tochtergesellschaf-ten als Infrastrukturbetreiber eine marktbeherrschende Stellung einnehmen, bekann-termaßen bereits heute mit jener im Telekombereich ident und damit ebenso asym-metrisch". Eine Umlegung dieses Regulierungsmodells auf die Erbringung eines öf-fentlich-rechtlichen Programmauftrages im dualen System ist schon insoweit abwegig, als im Telekombereich keine vergleichbaren inhaltlichen Aufträge existieren. Die de-mokratie- und gesellschaftspolitische Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Medienlandschaft kann meiner Auffassung nach auch nicht über aus dem Bereich der Infrastrukturregulierung bekannte Maßnahmen definiert werden.

Zu Frage 18:

Ø      Wie stehen Sie als zuständige Ressortministerin zu der Tatsache, dass im Rund-funkbereich nicht der Monopolist, sondern lediglich jene privaten Rundfunkveran-stalter der Rechtsaufsicht der Medienbehörde KommAustria unterliegen, die da-mals neu in den Markt eintraten?

Dass der ORF nicht ebenso der erstinstanzlichen Kontrolle durch die KommAustria unterliegt wie die privaten Rundfunkveranstalter, ist mit der besonderen Sensibilität eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks und insbesondere seines Objektivitätsgebotes zu erklären, welche eine direkte Rechtsaufsicht durch eine de iure einem Minister wei-sungsgebundene Behörde nicht sachgerecht erscheinen lässt. Festzuhalten ist, dass in der Quantität der Rechtsaufsichtsmaßnahmen, gerade im Bereich der Werbeaufsicht, keine Unterschiede vorhanden sind.

Zu Frage 19:

Ø      Laut Aussagen von Vertretern des ORF ziehen die Österreich-Werbefenster der Privatsender deutschen Ursprungs nur einen geringen Wertschöpfungsanteil in Österreich nach sich. Wie beurteilen Sie als zuständige Ressortministerin dieses Problem?

Ich bin mir natürlich des grundsätzlichen Problems bewusst. Festzuhalten ist aber, dass erfreulicherweise die Mehrheit der „Österreich-Fenster" der deutschen Privat-sender auf Basis einer österreichischen Zulassung senden, somit in Österreich nie-dergelassen sind und sich ihr Programm keineswegs auf bloße Werbefenster" be-


schränkt, sondern im Gegenteil bezogen auf die Sendezeit auch aus eigens für den österreichischen Markt produzierten Formaten besteht. Damit werden österreichische Arbeitsplätze in beträchtlicher Zahl gesichert und findet auch eine entsprechende Wertschöpfung samt Abgabenpflicht statt. Es ist auch jedoch festzuhalten, dass die Mediendiensterichtlinie - so wie zuvor die Fernsehrichtlinie - den Grundsatz der freien Empfangbarkeit von Fernsehprogrammen innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes garantiert. Gepaart mit dem Grundprinzip der Niederlassungsfreiheit bestehen gemeinschaftsrechtlich keine Möglichkeiten, ausländische Fernsehveranstalter mit Fensterprogrammen" für Österreich zu einer Niederlassung oder zu einer bestimmten Wertschöpfung" in Österreich zu verpflichten.

Zu Frage 20:

Ø      Wie stehen Sie als zuständige Ressortministerin zu der Tatsache, dass der ORF mit kommerziellem Programm im internationalen Vergleich hohe Werbeeinnah-men lukriert, andererseits Privatrundfunkveranstaltern mit öffentlichrechtlichem Programmanteilen Mittel aus dem Programmentgelt verwehrt bleiben?

Der Umstand, dass der österreichische Rundfunk im internationalen Vergleich zu einem größeren Anteil aus kommerziellen Einnahmen finanziert wird, ergibt sich aus der hinlänglich bekannten Tatsache, dass die Kosten der Programmproduktion nicht in direktem Verhältnis zur Bevölkerungsgröße stehen. Insoweit ist es einleuchtend, dass etwa im Vergleich in Deutschland mit einer rund zehnmal größeren Zahl an Haushal-ten auch eine weniger stark auf kommerzielle Einnahmen angewiesene Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Programms möglich ist. Bezüglich der Finanzierung von An-geboten der privaten Rundfunkveranstalter aus dem Programmentgelt verweise ich auf die Ausführungen zu den Fragen 3 bis 11.

Zu den Fragen 21 bis 30:

Ø      Wie stehen Sie als zuständige Ressortministerin zur Institution der freien Radios?

Ø      Wie beurteilen Sie die Leistungen der freien Radios für eine demokratische Öf-fentlichkeit, insbesondere für die Partizipation und Integration von gesellschaftli-chen Randgruppen und Minderheiten?

Ø      Wie in der Einleitung dargelegt, erfüllen freie Radios in vielen Themengebieten (z.B. Kultur, Volksgruppen, Frauen, Bildung, Konsumenten) Aufgaben, die gemäß dem Programmauftrag des ORF-G dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukom-men, aber offenbar nur unzureichend erfüllt werden. Ist es für Sie vorstellbar, die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags durch die freien Radios im Wege der Finanzierung aus einem Teil des Programmentgelts abzudecken und einen Teil des Programmentgelts für freie Radios zweckzubinden?

Ø      Eine wichtige Leistung der freien Radios liegt insbesondere im Herstellen einer Öffentlichkeit für Menschen mit Migrationshintergrund und deren Lebenssitua-tionen. Wie beurteilen Sie die Leistungen der freien Radios in diesem Bereich im Vergleich zu den Leistungen des ORF?

Ø      Während viele freie Radios österreichische Kunst und Kultur im Programm the-matisieren, finden Kunst- und Kulturthemen derzeit im öffentlich-rechtlichen Fern-sehen nur Sonntag früh und Montagnacht einen fixen Platz. Sollte Österreich als Kulturnation Ihrer Meinung nach kulturelle Inhalte nicht auch verstärkt im einzigen öffentlich-rechtlichen Sender positionieren?


Ø    Aus dem Programmauftrag des ORF ist abzuleiten, dass dieser verpflichtet ist, durch seine Programmgestaltung zur Integration beizutragen. Wie stehen Sie als zuständige Ressortministerin der Tatsache gegenüber, dass der ORF für die vie-len in Österreich lebenden Menschen mit Migrationshintergrund kein ausreichen-des Angebot zur Verfügung stellt?

Ø    Wie stehen Sie zu einer Partizipation jener freien Rundfunkveranstalter am Pro-grammentgelt, die ebenso diese öffentlich-rechtlichen Programmleistungen er-bringen?

Ø    Werden Sie Maßnahmen setzen, um die Leistungen der freien Radios im Verhält-nis zu den ORF Programmangeboten zu evaluieren?

Ø    Wie stehen Sie als zuständige Ressortministerin zu einer Förderung freier Radi-os?

Ø    Welcher Betrag ist aus Ihrer Sicht dafür geeignet?

Es freut mich zunächst, dass mittlerweile auch die Anfragesteller offenbar zu Unter-stützern des nichtkommerziellen Sektors im Rundfunkbereich geworden sind, wenn Sie im Wege der vorliegenden Anfrage den Wert der freien Radios betonen.

Freie Radios schaffen durch ihren bewusst offen gehaltenen Zugang eine Plattform für alle jene gesellschaftlichen Gruppen und Themen, die von klassischen Medien zumeist nur am Rande wahrgenommen werden. Dieser Vielfaltsbeitrag wird ja auch durch zahlreiche Entscheidungen der Rundfunkregulierungsbehörden bestätigt.

Damit auch die Integrationsfunktion, die Freie Radios wahrnehmen, zu einem noch stärker hörbaren" und die österreichische Medienlandschaft insgesamt bereichern-den Faktor wird, bemühen wir uns ja auch, durch finanzielle Maßnahmen zu einer Absicherung der Freien Radios beizutragen. Gleichzeitig haben wir uns aber darauf verständigt, auch den Ausbau und die Entwicklung des kommerziellen Sektors der Radiolandschaft innerhalb der uns durch das Gemeinschaftsrecht gesetzten Grenzen zu fördern. Erfolgreich können wir dabei meines Erachtens aber nur sein, wenn wir diese Maßnahmen als Gesamtpaket verstehen und forcieren.

Schon im Sinne der von Art. 10 EMRK geschützten Rundfunkfreiheit dürfen wir vom privaten Sektor nicht jenen umfassenden (teilweise bundesweiten) Leistungsauftrag erwarten, wie er für den ORF definiert ist. Die Anforderungen und die Leistungen der unterschiedlichen Sparten können wir daher nicht miteinander vergleichen.

Wie Sie wissen, müssen wir bei der Erarbeitung eines Modells der Medienförderung" auf die europarechtlichen Vorgaben Rücksicht nehmen, weil die Förderungsrichtlini-en im Sinne des Europäischen Beihilfenrechts der strengen Überprüfung durch die Europäische Kommission unterliegen. Außerdem sind wir - was die Finanzierung be-trifft - auf die Zustimmung des Bundesministers für Finanzen angewiesen. Leider ha-ben wir bisher keine diesbezügliche Zusage.