4758/AB XXIII. GP

Eingelangt am 08.09.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Weinzinger, Freundinnen und Freunde haben am 10. Juli 2008 unter der Zahl 4778/J eine schriftliche Anfrage betreffend „Opferschutzeinrichtungen für Betroffene von Zwangsehe“ an mich gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu den Fragen 1, 2 und 10:

Vom Bundesministerium für Inneres werden Präventionsprogramme zum Themengebiet „Gewalt in der Familie“ durchgeführt. Weitere Maßnahmen die sich ausschließlich mit dem Thema „Zwangsehe/Zwangsverheiratung“ beschäftigen wurden im Rahmen der Integrationsplattform analysiert. Insgesamt werden 2008 für den Themenkomplex „Gewalt in der Familie“ Budgetmittel in der Höhe von € 3.022.000,-- aufgewendet.

 

Zu Frage 3:

Die bundesweite Betreuung von Opfern im Sinne familiärer Gewalt wird durch vertraglich gebundene Fachstellen (Interventionsstellen gemäß § 25 Abs 3 SPG) durchgeführt. Es wird dort eine muttersprachliche Betreuung angeboten. 

 

Einer der Hintergründe für die Regelungen der § 27 und auch § 47 Abs. 5. Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) war es, Schutznormen für Familienangehörige zu garantieren.

 

Die Rechtslage stellt sich im NAG nun folgendermaßen dar:

 

Vorausgeschickt sei, dass Partei des Verfahrens jede/r Antragsteller/in selbst ist. Nur durch sie sind Verfahrenshandlungen zulässig. Dies ist deshalb von Bedeutung, als etwa Handlungen des Ehegatten (etwa Zurückziehung des Antrages) nur mit Zustimmung zulässig sind. Dieser Rechtsgrundsatz schafft daher eine Unabhängigkeit von Ehegatten.

 

Nach § 27 Abs. 1 ist das Niederlassungsrecht von Familienangehörigen mit einer Niederlassungsbewilligung bis zum Ablauf des fünften Jahres vom Zusammenführenden abgeleitet. Nach Ablauf von fünf Jahren ab Erteilung der ersten Niederlassungsbewilligung haben sie ein originäres Aufenthaltsrecht (Grundlage: EU-RL zur Familienzusammenführung).

 

Grundsätzlich gibt es aber mehrere Möglichkeiten, nach denen betroffene Familienangehörige, trotz Scheidung oder Tod oder aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen auch innerhalb dieser 5 Jahre einen (nicht abgeleiteten) Aufenthaltstitel erhalten:

 

Bei Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen ist ein eigenständiger Aufenthaltstitel zu erteilen (vgl. § 27 Abs. 2 NAG).

 

Darüber hinaus verlieren Betroffene die Voraussetzungen für den Aufenthaltszweck ihrer Niederlassungsbewilligung nicht und somit ihr Aufenthaltsrecht nicht bei (§ 27 Abs. 3 Z. 1 und 2 NAG):

·         Tod des Ehegatten

·         Scheidung wegen überwiegenden Verschulden des anderen Ehegatten

 

Selbiges gilt, wenn besonders berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen (§ 27 Abs. 3 Z. 3 NAG). Solche liegen nach § 27 Abs. 4 insbesondere vor, wenn der Familienangehörige Opfer von Gewalt in der Familie wurde und eine einstweilige Verfügung nach § 282b EO erlassen wurde oder wenn der Zusammenführende auf Grund rechtskräftiger Verurteilung wegen Begehung von vorsätzlichen Straftaten ausgewiesen oder mit einem Aufenthaltsverbot belegt wird und dadurch sein Aufenthaltsrecht verliert. Selbstverständlich können auch andere, schwerwiegende Gründe als besonders berücksichtigungswürdig qualifiziert werden.

 

Für Inhaber des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ (d.h. für Angehörige von Österreichern) besteht eine entsprechende Regelung in § 47 Abs. 5 NAG.

 

Zu den Fragen 4 und 6:

Die maßgeblich betroffenen strafrechtlichen Bestimmungen im Zusammenhang Zwangsehe/Zwangsheirat sind integrierter Bestandteil der Grundausbildung. Weiters werden dem Themenbereich mittelbar sowie unmittelbar zurechenbare Inhalte bzw. Schwerpunkte, beispielsweise in den Unterrichtsgegenstände Menschenrechte, Gesellschaftslehre und Privatrecht mit dem Ziel einer entsprechenden Bewusstseinsbildung bzw. Sensibilisierung für dieses Themenfeld auch fächerübergreifend behandelt.

 

Zu Frage 5:

In der Kriminalstatistik werden lediglich Offizialdelikte nicht jedoch Antragsdelikte bzw. Ermächtigungsdelikte gespeichert. Das Delikt gemäß § 193 StGB wird daher in der Kriminalstatistik nicht geführt. Aufgrund fehlendem statischen Datenmaterial ist eine Beantwortung nicht möglich.

 

Zu den Fragen 7 und 8:

Die Beantwortung der Fragen fällt nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Inneres.

 

Zu Frage 9:

Die vom Bundesministerium für Inneres und dem Bundeskanzleramt geförderten Interventionsstellen sind österreichweit kostenlos rund um die Uhr unter der Telefonnummer 0800/222 555 erreichbar.

 

Zu Frage 11:

Vom Bundesministerium für Inneres werden über Vereine wie z.B. Männerberatung Wien, Männerwelten Innsbruck, Männerwelten Salzburg Trainingsangebote für Männer, die in der Familie gewalttätig wurden, unterstützt. Diese Trainings werden nach Bedarf auch in der Muttersprache des Täters angeboten.

 

Zu Frage 12:

Gemäß den Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) besteht ein eigenständiges Aufenthaltsrecht für Männer und Frauen, die im Rahmen des Familiennachzugs nach Österreich kommen.

Mit In – Kraft – Treten des NAG am 01.01.2006 wurde in § 27 NAG ein Niederlassungs- und Bleiberecht von Familienangehörigen mit Niederlassungsbewilligungen geregelt.

 

Selbst wenn keine der eben angeführten Regelungen greifen sollte, aber dennoch ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall vorliegt, hat die Behörde nach den §§ 72 ff NAG vorzugehen und einen humanitären Aufenthaltstitel zu erteilen.

 

Aufgrund der vorliegenden Schutznormen sind weitere Regelungen derzeit nicht vorgesehen.