4826/AB XXIII. GP
Eingelangt am 16.09.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
|
GZ. BMVIT-10.000/0042-I/PR3/2008 DVR:0000175
|
|
An die Präsidentin des Nationalrates Mag.a Barbara Prammer
Parlament 1017 W i e n
|
Wien, . September 2008
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4852/J-NR/2008 betreffend Gefährdungen für die Allgemeinheit durch „Vertrauenszüge“ im österreichischen Schienennetz, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 15. Juli 2008 an mich gerichtet haben, beehre ich mich, wie folgt zu beantworten:
Frage 1:
Sind Ihnen die geschilderten Probleme mit Vertrauenszügen im Schienennetz allgemein bekannt?
Antwort:
Gemäß Auskunft der ÖBB sind den ÖBB fallweise Probleme mit „Vertrauenszügen“ bekannt und werden zum Anlass für Gegensteuerungsmaßnahmen genommen.
Frage 2:
Sind Ihnen die konkreten Problemfälle a) in Steindorf, b) in Summerau bekannt?
Antwort:
Die ÖBB teilen mit, dass ihnen der geschilderte „Fall Steindorf“ bekannt ist. Der „Fall Summerau“ ist den ÖBB nur insofern bekannt, als davon ein fremdes Eisenbahnverkehrs-unternehmen betroffen war.
Die Bundesanstalt für Verkehr - Unfalluntersuchung Fachbereich Schiene (UUB/SCH) teilt mit, dass der „Fall in Steindorf“ bekannt ist. Da durch die ÖBB Maßnahmen hiezu erfolgten, wurden durch die UUB/SCH keine weiteren Untersuchungen veranlasst. Zum Vorfall in Summerau sind keine Meldungen eingelangt und daher keine konkreten Problemfälle bekannt.
Frage 3:
Können Sie ausschließen, dass im ÖBB-Konzern – vergleiche den geschilderten Fall in Steindorf – bei sicherheitsrelevanten Fragestellungen wirtschaftliche Argumente über Sicherheit stehen?
Antwort:
Gemäß Auskunft der ÖBB wird seitens der für die Sicherheit zuständigen Stellen ausgeschlossen, dass wirtschaftliche Argumente über der Sicherheit des Eisenbahn-betriebes stehen.
Fragen 4 und 5:
Welche Bahnhöfe bzw. Strecken sind darüber hinaus „Hot Spots“ bei Problemen mit Vertrauenszügen?
Worauf führen Sie diese Probleme zurück?
Antwort:
Gemäß
Auskunft der ÖBB gibt es keine „Hot
Spots“. Fallweise auftretende Probleme haben ihre Ursache in der Regel darin, dass vereinbarte Kontrollen
(im Ausland) nicht durchgeführt werden und dadurch schadhafte Fahrzeuge
nach Österreich gelangen.
Frage 6:
Aufgrund welcher Regelung(en) kommt es zum zunehmenden Stellenwert von „Vertrauenszügen“?
Antwort:
Für das Betreiben eines „Vertrauenszuges“ ist ein bilaterales Vertrauensübereinkommen (Vereinbarung) zwischen den jeweils beteiligten Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) über die technische Übergangsuntersuchung an Güterwagen im grenzüberschreitenden Güterverkehr gemäß den Bestimmungen des Merkblattes UIC 471-2 (Internationaler Eisenbahnverband) zugrunde zu legen.
Diese Vereinbarung gilt für die technische Übergangsuntersuchung an Güterzügen, welche von dem zugbildenden EVU durchgeführt und vom übernehmenden EVU als gültig betrachtet wird, ohne dass letzteres EVU eine technische Übernahmeuntersuchung in derjenigen Betriebsstelle, in welcher die Übernahme stattfindet, vornimmt.
Diese Vorgangsweise soll eine stärkere Integration des Eisenbahnsektors im europäischen Binnenmarkt ermöglichen und auch eine nachhaltige Mobilität gewährleisten. Wettbewerbsnachteile des Gütertransportes auf der Schiene (durch neuerliche Kontrollen an der jeweiligen Grenze - Grenzuntersuchung) gegenüber dem Straßengüterverkehr sollen somit durch einheitliche Regelungen verringert werden.
Frage 7:
Wie hat sich die Österreichische Bundesregierung zum Zustandekommen dieser Regelungen positioniert, sei es unmittelbar auf EU-Ebene oder sei es über die Aufsichtsräte bei Abmachungen unter den Bahnunternehmen?
Antwort:
Dies ist keine Frage der Bundesregierung.
Frage 8:
Wie hoch ist der Anteil von Vertrauenszügen am gesamten Güterverkehrsaufkommen, und wie viele Züge sind das am durchschnittlichen Werktag?
Antwort:
Gemäß Auskunft der ÖBB werden an den „Westgrenzen“ alle für derartige Vereinbarungen zugänglichen Verkehre, also nahezu alle Züge ohne Übernahmeuntersuchung über die Grenze gefahren.
An den „Ostgrenzen“ erreicht nach Auskunft der ÖBB erst ungefähr die Hälfte der Züge eine ausreichende Qualität, die den Entfall der Grenzuntersuchung zulässt.
Frage 9:
Wie viele Fälle sicherheitsrelevanter Mängel bei Vertrauenszügen, in denen es zu offiziellen Meldungen kommt, sind 2007 bzw. im heurigen Jahr aufgetreten?
Antwort:
Gemäß Auskunft der ÖBB können die angesprochenen Zahlen mangels Verfügbarkeit nicht geliefert werden (im ÖBB-System gibt es keinen Unterschied zwischen „Vertrauenszügen“ und anderen Zügen).
Fragen 10 bis 12:
Wie viele Meldungen, Beschwerden, Hinweise etc. sind zu diesem Thema in den letzten Jahren (bitte wenn möglich um Angabe pro Jahr ab 2000) dem Verkehrs-Arbeitsinspektorat in Ihrem Ministerium zugegangen?
Welche Veranlassungen wurden bezüglich dieser Fälle getroffen?
Hat das Verkehrs-Arbeitsinspektorat wie auch immer geartete einschränkende oder ermunternde Vorgaben von Ihrer bzw. Ihres Kabinetts Seite, wie mit solchen einerseits eindeutig sicherheitsrelevanten, andererseits aber natürlich auch ökonomische für EVUs nicht irrelevanten Vorgängen umzugehen ist?
Antwort:
Die vorliegende schriftliche parlamentarische Anfrage betrifft ausschließlich Fragestellungen (Probleme mit Vertrauenszügen, Mängel bei Vertrauenszügen, Sicherheitskontrolle von Vertrauenszügen), die die Sicherheit und Ordnung des Betriebes der Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn und des Verkehrs auf der Eisenbahn betreffen. Dies unterliegt den Regelungen des Eisenbahngesetzes sowie der Zuständigkeit und Aufsicht der Eisenbahnaufsichtsbehörde und nicht der Arbeitsaufsichtsbehörde (Verkehrs-Arbeitsinspektorat). Zuständig ist die Oberste Eisenbahnbehörde meines Ressorts. Dieser liegen ebenfalls keine Meldungen vor.
Auf Grund der diesbezüglichen Zuständigkeit der Eisenbahnaufsichtsbehörde können daher darüber seitens der Arbeitsaufsichtsbehörde (Verkehrs-Arbeitsinspektorat) keine Unterlagen vorgelegt werden.
Frage 13:
Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, damit bei „Vertrauenszügen“ das Vertrauen nicht systematisch seitens der EVUs bzw. beteiligten Unternehmen im Sinne sicherheitsrelevanter Einsparungen missbraucht wird?
Antwort:
Sofern es meinen Verantwortungs- und Einflussbereich betrifft, wird auf den Aspekt der Sicherheit des Eisenbahnbetriebes größter Wert gelegt.
So haben z. B. im Rahmen der Ausstellung von Sicherheitsgenehmigungen und Sicherheitsbescheinigungen nach EisbG (gemäß Umsetzung der Richtlinie 2004/49/EG -Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit) Eisenbahnunternehmen den Nachweis über das Vorhandensein sicherheitsrelevanter Prozesse zu erbringen.
Frage 14:
Bestehen konkret definierte „Mindestkontrolldichten“ a) im Schienengüterverkehr im allgemeinen, b) bei „Vertrauenszügen“, und wenn ja, wie hoch sind diese in absoluten Zahlen und/oder in Prozent?
Antwort:
Entsprechende Kontrollen sind vorgesehen. So ist z.B. gemäß dem AVV (Allgemeiner Vertrag für die Verwendung von Güterwagen), vormals RIV (Übereinkommen über den Austausch und die Benutzung von Güterwagen zwischen Eisenbahnverkehrsunternehmen), das Qualitätsmanagementsystem (QMS) des jeweiligen EVU, in Form von stichprobenartigen Überprüfungen, anzuwenden.
Frage 15:
Welche
EU-Regelungen, die sicherheitsrelevante Inhalte für den Schienenverkehr
haben, sind, a) bereits beschlossen aber in Österreich noch nicht
umgesetzt, b) auf EU-Ebene in Beschlussvorbereitung oder in einem früheren
Stadium der Entstehung?
Antwort:
ad a): Sicherheitsrelevante Inhalte weist die Richtlinie 2004/49/EG des Rates und des Europäischen Parlaments vom 29. April 2004 über die Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft auf, deren Bestimmungen im Eisenbahngesetz 1957, BGBl I Nr 125/2006 vollinhaltlich umgesetzt worden sind.
ad b): Eine Änderung dieser Richtlinie im Rahmen des Konzeptes "Cross Acceptance" - gemeinschaftsweite Anerkennung von Genehmigungen für Eisenbahnfahrzeuge - ist noch dieses Jahr zu erwarten (Rat und Europäisches Parlament haben sich in zweiter Lesung auf einen gemeinsamen Text geeinigt).
Vor allem gemeinschaftliche Regelungen für die Zertifizierung von Wartungseinrichtungen für Güterwagen sollten weitere Fortschritte auf diesem Sektor bringen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Faymann