4855/AB XXIII. GP

Eingelangt am 18.09.2008
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

 

GZ.BMVIT-10.000/0044-I/PR3/2008                                                                    DVR:0000175

 

 

 

An die

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a  Barbara Prammer

 

Parlament

1017   W i e n

 

Wien,      . September 2008

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4899/J-NR/2008 betreffend Vermischung von privaten und dienstlichen Angelegenheiten beim Lainzer Tunnel, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 17. Juli 2008 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Fragen 1 bis 4:

Halten Sie es weiterhin für erforderlich, dass im Sinne des geltenden Rechts auf europäischer und innerstaatlicher Ebene jeder Eindruck vermieden werden sollte, dass die ÖBB-Infrastruktur Bau AG im Vergleich zu anderen Unternehmen in irgendeiner Form bevorzugt behandelt wird?

 

Während in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage vom 24.7.2007 entsprechende Fragen noch in einem kleinen Nebensatz abgewimmelt wurden, gab es in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage vom 25.4.2008 doch noch Informationen über die Karriere der beiden Söhne Ihres im Lainzer-Tunnel-Genehmigungsverfahren federführend tätigen Ressortmitarbeiters bei der ÖBB-Infrastruktur Bau AG.

Welche Informationen lagen Ihnen bei der Beantwortung am 24.7.2007  noch nicht vor, die Ihnen bei der Beantwortung am 25.04.2008 endlich vorlagen?

Weshalb konnte nicht schon am 24.7.2007 eine vollständige Beantwortung übermittelt werden?

 

Zum ersten Sohn des erwähnten Ressortmitarbeiters geht aus Ihrer nunmehrigen Beantwortung hervor, dass dieser zeitnah zur Wiedererstellung des eisenbahnrechtlichen Genehmigungsbescheides Ende 2002 erfolgt ist.

Halten Sie das für eine gute Optik oder meinen Sie, dass derartige zeitliche (fast zeitgleiche) Verknüpfungen zwischen Verfahrensgegnern gegenüber Dritten wohl eher kein gutes Bild machen?

 

Zum zweiten Sohn des federführend involvierten BMVIT-Spitzenbeamten geht aus Ihrer

Beantwortung hervor.

a)      Im März 2007 wurde für den zweiten Sohn des federführend involvierten BMVIT-

Spitzenbeamten ein Dienstvertrag bei der ÖBB-Infrastruktur Bau AG abgeschlossen.

b)      Im  Mai 2007 wurde der zweite Genehmigungsbescheid aufgehoben und

anschließend vom federführend involvierten BMVIT-Spitzenbeamten gleich übers

Wochenende wieder neu erlassen.

c)      Im Sommer 2007 hat der zweite Sohn des federführend involvierten BMVIT-

Spitzenbeamten seinen Dienst bei der ÖBB-Infrastruktur Bau AG aufgenommen.

Halten Sie das für eine gute Optik oder meinen Sie, dass derartige zeitliche (fast

zeitgleiche) Verknüpfungen zwischen Verfahrensgegnern gegenüber Dritten wohl eher kein gutes Bild machen?

 

Antwort:

Dazu darf grundsätzlich auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfragen Nr. 1033/J-NR/2007 vom 23. Juli 2007 und Nr. 3617/7-NR 2008 vom 25. April 2008 verwiesen werden. In diesen Beantwortungen ist auf alle gestellten Fragen ausführlich eingegangen worden und werden in der nunmehrigen Anfrage keinerlei neuen Fragen gestellt.

 

Grundsätzlich sei aber noch einmal darauf hingewiesen, dass sämtliche Genehmigungsbescheide in den Verfahren Lainzer Tunnel aufgrund erschöpfender und ordnungsgemäßer Ermittlungsverfahren erteilt worden sind und es keinesfalls im Ermessen eines Einzelnen steht, derartige Genehmigungen zu erteilen. Dass die Ermittlungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurden, ergibt sich wohl schon alleine aus der Tatsache, dass sämtliche Bescheide der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof unterzogen und von diesem bestätigt wurden. Es ist jedenfalls nicht anzunehmen, dass der Verwaltungsgerichtshof Bescheide des BMVIT nur deshalb bestätigt, weil die Söhne eines leitenden Mitarbeiters des Ministeriums bei der ÖBB-Infrastruktur Bau AG beschäftigt sind.

 

Frage 5:

Trifft es zu, dass die beiden Söhne des federführend involvierten BMVIT-Spitzenbeamten in der ÖBB-Infrastruktur Bau AG besoldungsrechtlich besser gestellt sind als zu etwa der gleichen Zeit angestellte gleichqualifizierte andere Mitarbeiter bei der ÖBB-Infrastruktur Bau AG, und über Dienstverträge verfügen, die zusätzlich noch ein kleines finanzielles Zubrot zum sonst üblichen Gehalt sichern?

Halten Sie das für eine gute Optik oder meinen Sie, dass dadurch ein noch schlechteres Bild entstehen könnte?

 

Antwort:

Gemäß Auskunft der ÖBB wurden mit keinem der beiden Mitarbeiter vom Regelvertrag abweichende Vereinbarungen getroffen, auch besoldungsrechtlich sind sie nicht besser gestellt.

 

Frage 6:

Trifft es zu, dass der erste Sohn des federführend involvierten BMVIT-Spitzenbeamten von der ÖBB-Infrastruktur Bau AG in jener Rechtsabteilung eingesetzt wird, die Rechtsstandpunkte für Genehmigungsverfahren der ÖBB-Infrastruktur Bau AG formuliert, sodass die Rechtsstandpunkte des Sohnes dann praktischerweise gleich vom Vater in der Eisenbahnbehörde behandelt werden?

Halten Sie das für eine gute Optik oder meinen Sie, dass dadurch ein noch schlechteres Bild entstehen könnte?

 

Antwort:

Gemäß Auskunft der ÖBB behandelt der in dieser Frage angesprochene Mitarbeiter der ÖBB-Infrastruktur Bau AG in erster Linie projektbezogene Aufgaben des allgemeinen Zivilrechts. Darunter ist hauptsächlich die Konzipierung von projektspezifischen Vereinbarungen zu verstehen. Daneben vertritt dieser Mitarbeiter die ÖBB-Infrastruktur Bau AG in Verwaltungsverfahren, die mit diesem Aufgabengebiet regelmäßig verbunden sind. Dazu zählen wasserrechtliche, naturschutz- und forstrechtliche Verfahren, sowie Verfahren deren Gegenstand die Gewährung öffentlicher Kostenbeiträge und Förderungen ist. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Verfahren im Zuständigkeitsbereich des BMVIT nicht zum Aufgabenbereich dieses Mitarbeiters zählen.

 

Frage 7:

Trifft es zu, dass der zweite Sohn des federführend involvierten BMVIT-Spitzenbeamten von der ÖBB-Infrastruktur Bau AG in einer technischen Abteilung eingesetzt wird, die für die Erstellung von Projekten zuständig ist, die dann praktischerweise gleich von seinem Vater in der Eisenbahnbehörde behandelt werden?

Halten Sie das für eine gute Optik oder meinen Sie, dass dadurch ein noch schlechteres Bild entstehen könnte?

 

Antwort:

Der in dieser Frage angesprochene Mitarbeiter der ÖBB-Infrastruktur Bau AG wirkt gemäß Auskunft der ÖBB im Rahmen eines Projektteams an der Projektplanung und –abwicklung von Bahnstromprojekten mit. In seiner Funktion ist dieser Mitarbeiter als einer von mehreren für die Erstellung diverser Projektunterlagen tätig. Die Freigabe solcher Unterlagen, die nicht nur der Eisenbahnbehörde sondern auch diversen anderen Behörden vorgelegt werden, erfolgt jedoch nicht durch Projektmitarbeiter, sondern durch die zuständigen Projektleiter. Der genannte Mitarbeiter ist daher nicht für die Vorlage von Unterlagen an das BMVIT zuständig.

Weiters ist auch festzuhalten, dass gemäß Auskunft der ÖBB an keinem jener Projekte, an denen dieser Mitarbeiter bisher beteiligt war, dessen Vater als Sachbearbeiter im BMVIT zuständig war.

 

Frage 8:

Im Herbst des Vorjahres hat der Vorgesetzte des federführend tätigen Spitzenbeamten im Genehmigungsverfahren, der Leiter der Eisenbahnbehörde im Verkehrsministerium, überhaupt gleich die Fronten gewechselt und noch während des laufenden Genehmigungsverfahrens für den Lainzer Tunnel einen fliegenden Wechsel von der Genehmigungsbehörde zum Genehmigungswerber ÖBB-Infrastruktur Bau AG als Generalmanager für den Wiener Zentralbahnhof vorgenommen.

Trifft es somit zu, dass daher seit einigen Monaten der ehemalige Leiter der

Eisenbahnbehörde bei seinen ehemaligen Untergebenen, Kollegen und Freunden von

der Eisenbahnbehörde das wichtigste Eisenbahnprojekt der ÖBB-Infrastruktur Bau AG federführend vertritt?

Halten Sie das für eine gute Optik oder meinen Sie, dass derartige zeitliche (fast zeitgleiche) Verknüpfungen zwischen Verfahrensgegnern gegenüber Dritten wohl eher kein gutes Bild machen?

Antwort:

Zu dieser Frage verweise ich auf meine übermittelte Antwort auf Frage 10 Ihrer parlamentarischen Anfrage 3617 J vom 25. April 2008, dass kein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem mit Bescheid vom 4. Juni 2007 erfolgten Abschluss des Verfahrens zum Lainzer Tunnel und dem in der gegenständlichen Anfrage angesprochenen Übertritt besteht.

 


Fragen 9 bis 18:

In der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage vom 25.04.2008 fällt auf, dass Sie in einigen Fragen offensichtlich die Distanz zu Ihrem Ressort und zur ÖBB-Infrastruktur Bau AG suchen. So schränken Sie Ihre Antworten sehr auffällig immer wieder durch diesbezügliche Vorbehalte ein („wie mir mein Ressort und die ÖBB mitteilt…“, „wie mir mein Ressort mitteilt“).

Halten Sie das für eine gute Optik oder meinen Sie, dass dadurch ein noch schlechteres Bild entstehen könnte?

Ist die sprachliche Distanz in Ihren Antworten zufällig entstanden oder wollen Sie sich

damit von Vorgängen distanzieren, die Sie nicht für richtig halten?

Teilen Sie den Standpunkt, dass unabhängig davon, wer Ihnen etwas mitgeteilt hat, eine unteilbare Ministerverantwortlichkeit für die angeführten Vorgänge in Zusammenhang mit Ihrem Ressort besteht?

 

Zur Optik, dass es im Rahmen der Genehmigung des Lainzer Tunnels zeitnahe zu heiklen Genehmigungsbescheiden gute Jobs bei der Antrag stellenden ÖBB- Infrastruktur Bau AG für Familienmitglieder des federführend involvierten BMVIT-Spitzenbeamten und für dessen Vorgesetzten gibt, verweisen Sie auf das Recht eines jeden Menschen auf freie Berufswahl und meinen, dass eine Restriktion aus der Anstellung der Eltern für einen jungen Menschen nicht verständlich wäre.

Teilen Sie die Auffassung, dass hier wohl das genaue Gegenteil einer „Restriktion“ vorliegt und diese Argumentation daher völlig unverständlich ist?

Teilen Sie die Auffassung, dass diese Argumentation für Dritte, die keine Verwandten bei der Eisenbahnbehörde haben und keine so guten Jobs bei der ÖBB-Infrastruktur Bau AG (mit Zusatzvereinbarung) ergattern können, eine glatte Provokation darstellen muss?

 

Eine wichtige Funktion zur Wahrung sauberer Verhältnisse in der öffentlichen Verwaltung haben die Vorgesetzten und die Dienstbehörde (Dienstaufsicht) der betroffenen Beamten. Dessen ungeachtet ist gerade das eine jener Fragen, die auch noch bei der parlamentarischen Anfrage am 24.7.2008 überhaupt nicht beantwortet wurde, sodass diese Frage wiederholt werden muss.

Wie weit wussten die zuständigen Vorgesetzten des federführend involvierten BMVIT-Spitzenbeamten über die Job-Avancements der Söhne Bescheid?

Wie viel wusste der unmittelbare Vorgesetzte, nämlich der Leiter der Eisenbahnbehörde?

 

Was hat der unmittelbare Vorgesetzte, nämlich der Leiter der Eisenbahnbehörde, unternommen, sobald ihm der Sachverhalt bekannt wurde?

Wie viel wusste der nächste Vorgesetzte, nämlich der zuständige Sektionschef für diesen Aufgabenbereich?

 

Was hat der nächste Vorgesetzte, nämlich der zuständige Sektionschef, unternommen, sobald ihm der Sachverhalt bekannt wurde?

Was wurde Ihnen in dieser Angelegenheit bisher vom zuständigen Sektionschef für diesen Aufgabebereich berichtet?

 

In der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage vom 25.4.2008 weisen Sie nur darauf hin, dass das Büro Ihres Vorgängers seit August 2004 informiert war. Spätestens seit der parlamentarischen Anfrage des Vorjahres sind aber auch Sie darüber informiert.

Haben Sie seither etwas in der Angelegenheit unternommen?

Falls ja, was haben Sie unternommen?

Falls nein, sind Sie der Auffassung, dass ohnehin alles in bester Ordnung ist?

 

Haben Sie die diesbezüglichen Vorgänge überprüfen oder untersuchen lassen?

Falls ja, welches Ergebnis ergaben diese Überprüfungen/Untersuchungen?

 

Haben Sie der Dienstbehörde in der Angelegenheit irgendwelche Anweisungen gegeben?

Falls ja, was haben Sie angewiesen?

Falls nein, sind Sie der Auffassung, dass ohnehin alles in bester Ordnung ist?

 

Wurde eine mögliche, oben dargestellte Befangenheit des federführend involvierten BMVIT-Spitzenbeamten geprüft?

 

Falls die Befangenheit des federführend involvierten BMVIT-Spitzenbeamten geprüft wurde, was hat diese Überprüfung ergeben?

 

Falls die Befangenheit des federführend involvierten BMVIT-Spitzenbeamten nicht geprüft wurde, weshalb halten Sie das für nicht erforderlich?

 

Antwort:

Dazu ist anzumerken, dass auch auf diese Fragen in den bisherigen Beantwortungen ausführlich eingegangen wurde und kann hiezu aus meiner Sicht nur noch einmal auf die grundsätzlichen Ausführungen verwiesen werden, denen nichts hinzuzufügen ist, ausgenommen folgende Feststellung:

 

Der in Ihrer Anfrage angesprochene Beamte hat nicht nur das Verfahren zum Lainzer Tunnel  ordnungsgemäß und gesetzeskonform abgewickelt - wie auch letztendlich der VwGH erkannt hat -, sondern auch eine Vielzahl anderer eisenbahnrechtlicher Verfahren ohne dass seine Vorgesetzten irgendeinen Anlass gehabt hätten, seine Objektivität in Frage zu stellen. Der angesprochene Beamte übt diese seine Tätigkeit im BMVIT seit nahezu 20 Jahren ordnungsgemäß und gesetzeskonform aus, was auch ausschlaggebend für seine Bestqualifikation für die ausgeschriebene Leitung der betreffenden Abteilung war. Seine Vorgesetzten haben im Rahmen ihrer Dienstaufsicht auch nach der Einstellung seiner Söhne bei HL-AG bzw. ÖBB keinen Zweifel daran, dass er seine Tätigkeit unbeeinflusst ausübt.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Werner Faymann