4858/AB XXIII. GP
Eingelangt am 18.09.2008
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. BMVIT-11.500/0018-I/PR3/2008 DVR:0000175
Präsidentin des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 W i e n
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4902/J-NR/2008 betreffend Aktivitäten für die Ratifizierung des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention durch die EU, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 17. Juli 2008 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Fragen 1 bis 9:
Warum ist es Ihnen nicht gelungen, die Ratifizierung des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention durch die EU auf das Arbeitsprogramm des slowenischen EU-Ratsvorsitzes im ersten Halbjahr 2008 zu bringen?
Was haben Sie im einzelnen in diesem Zusammenhang unternommen?
Warum ist es Ihnen nicht gelungen, die Ratifizierung des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention durch die EU auf das Arbeitsprogramm des französischen EU-Ratsvorsitzes im zweiten Halbjahr 2008 zu bringen?
Was haben Sie im einzelnen in diesem Zusammenhang unternommen?
Wie ist der aktuelle Stand bei der EU-Ratifizierung des Verkehrsprotokolls?
Was werden Sie im weiteren Verlauf des Jahres 2008 im einzelnen wann unternehmen, um einen Abschluss zu erreichen oder spürbar voranzutreiben?
Wie ist der aktuelle Stand bei der Ratifizierung des Verkehrsprotokolls durch andere noch ausständige Vertragsparteien der Alpenkonvention?
Was haben Sie im einzelnen in diesem Zusammenhang in den letzten Monaten unternommen?
Was werden Sie im weiteren Verlauf des Jahres 2008 im einzelnen wann unternehmen, um einen Abschluss zu erreichen oder spürbar voranzutreiben?
Antwort:
Das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention stellt ein wichtiges Instrument für eine nachhaltige und umweltgerechte Verkehrspolitik im Alpenraum dar, welches die wirtschaftlichen Interessen, gesellschaftliche Anforderungen und ökologische Erfordernisse im betroffenen Lebens- und Kulturraum miteinander in Einklang bringt. Da ein wesentlicher Mehrwert des Verkehrsprotokolls vor allem darin liegt, dass die bereits durch die Gesetzgebung der Europäischen Union festgeschriebenen Leitlinien und Zielsetzungen im Hinblick auf die Alpenregion unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieser sensiblen Region umfassend bestätigt werden, war es auch stets ein Anliegen meines Ressorts, die Unterzeichnung und Ratifizierung des Verkehrsprotokolls durch alle am Alpenkonventionsprozess beteiligten Staaten, aber auch durch die gesamte EU voranzutreiben. Die diesbezüglich zuletzt unter österreichischer EU-Ratspräsidentschaft gestartete Initiative hat schließlich dazu geführt, dass das Verkehrsprotokoll im Dezember 2006 durch den Rat Verkehr und die Kommission im Namen der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet wurde.
Die Ratifizierung des Verkehrsprotokolls durch die EU, welche zweifelsohne von wesentlicher verkehrspolitischer Bedeutung ist, steht zwar noch aus; angesichts der diesbezüglichen positiven Signale durch die EU, gehe ich aber davon aus, dass diese erfolgen wird. Jedenfalls hat auch der neue EU-Verkehrskommissar Antonio Tajani versichert, dass er sich persönlich für eine rasche Ratifizierung durch die EU einsetzt und die notwendigen internen Vorbereitungen hierfür bereits weit fortgeschritten seien. Darüber hinaus wird mein Ressort auch weiterhin alles im Bereich des Möglichen unternehmen, um die maßgeblichen politischen und administrativen Entscheidungsträger in der Schweiz und Italien von der Notwendigkeit und dem vorhandenen Mehrwert einer ehest möglichen Ratifikation des Verkehrsprotokolls durch diese beiden Signatarstaaten zu überzeugen.
Fragen 10 und 11:
Wie schätzen Sie die Berücksichtigung der Erfordernisse des Alpenraums und seiner BewohnerInnen im aktuellen Vorschlag der EU-Kommission für die Änderung der EU-Wegekostenrichtlinie ein?
Welche Aktivitäten werden Sie wann im einzelnen setzen, um eine signifikante Verbesserung dieses Vorschlags zu erreichen?
Antwort:
Österreich hat sich bereits im Vorfeld zur offiziellen Vorlage des Kommissionsvorschlags auf allen Ebenen intensiv um eine Berücksichtigung der wichtigsten österreichischen Anliegen im Rahmen des Vorlagetextes bemüht. Obwohl dies in gewissem Ausmaß gelungen ist (kurz vor der Veröffentlichung des Vorschlags wurden noch die von Österreich geforderten Faktoren zur Berücksichtigung der höheren externen Kosten im Alpenraum in den Vorschlag aufgenommen), müssen diese Bemühungen nun bezüglich der noch verbleibenden österreichischen Forderungen in den Verhandlungen über den Kommissionsvorschlag fortgesetzt werden.
So sollte es den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die notwendige Ökologisierung des Verkehrs insbesondere ermöglicht werden, nicht nur, wie im Kommissionsvorschlag vorgesehen, die externen Lärm-, Luftschadstoff- und Staukosten, sondern alle externen Kosten des Verkehrs, die im Rahmen des Handbuchs wissenschaftlich untersucht und mit entsprechenden Bandbreiten belegt wurden, anzulasten. Dies gilt vor allem für die Unfallfolgekosten, die Klimakosten etc.
Außerdem darf es aus österreichischer Sicht keine Gegenrechnung von Querfinanzierungszuschlag und Gebühren für die Anlastung der externen Kosten im Alpenbogen, wie dies derzeit im Kommissionsvorschlag vorgesehen ist, geben, da sonst die Möglichkeit der Anlastung externer Kosten auf der Brennerstrecke für Österreich kaum Entlastungen bringt. Es sollte vielmehr die Möglichkeit geschaffen werden, Gebühren für die Anlastung externer Kosten zusätzlich zu den Querfinanzierungszuschlägen einheben zu können, um den Lenkungseffekt zu erzielen, der notwendig ist, damit alternative, umweltfreundlichere Infrastrukturen auch tatsächlich genützt werden.
Dem bestehenden Missverhältnis in der Gebührenhöhe zwischen der Gesamtstrecke München - Bozen über den Brenner und der dazu vergleichbaren, nahezu doppelt so teuren Strecke Basel - Chiasso über den Gotthard in der Schweiz kann nur begegnet und dem damit verbundenen Umwegverkehr über den Brennerkorridor entgegengewirkt werden, wenn die restriktiven Bedingungen für die Internalisierung der externen Kosten auf EU-Ebene, wie sie der Richtlinienvorschlag derzeit vorsieht, entsprechend geändert und dadurch sichergestellt wird, dass die betreffenden EU-Mitgliedstaaten im Verhältnis zu Drittstaaten, wie insbesondere der Schweiz, im Bereich der Anlastung von Gebühren an den Straßengüterverkehr nicht schlechter gestellt werden.
Ziel der österreichischen Position muss es somit sein, durch konsequente Verhandlungen, zielgerichtetes Lobbying und intensive Überzeugungsarbeit, sowohl auf EU- als auch auf bilateraler
Ebene mit den interessierten Mitgliedstaaten zu erreichen, dass zu den dargestellten Problemstellungen Verbesserungen am vorliegenden Kommissionsvorschlag vorgenommen werden, die dazu beitragen können, die vom Straßengüterverkehr - insbesondere auch in den sensiblen Alpenregionen - verursachten negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung und die Umwelt spürbar und nachhaltig zu reduzieren.
Frage 12:
Bei welchen aktuellen Straßenbauprojekten in Österreich ist im Hinblick auf die – in Österreich bereits seit längerem verpflichtenden und direkt anwendbaren – Festlegungen des Verkehrsprotokolls Sensibilität geboten?
Antwort:
Grundsätzlich ist bei allen Straßenbauprojekten im alpinen Bereich in Österreich Sensibilität geboten und deren Vereinbarkeit mit den Festlegungen des Artikel 11 der Alpenkonvention zu überprüfen.
Fragen 13 und 14:
Welche Fortschritte des Umsetzungsprozesses der Alpenkonvention sind unter der französischen Vorsitzführung in der Alpenkonferenz 2006-2008 konkret zu verzeichnen?
Teilen Sie die Einschätzung, dass diese Fortschritte grob unzureichend sind?
Antwort:
Bei der 9. Konferenz der Vertragsparteien am 9. November 2006 in Alpbach/Tirol übernahm Frankreich den zweijährigen Vorsitz der Alpenkonferenz von Österreich. Bei dieser Gelegenheit legte die Arbeitsgruppe „Verkehr“ den Ministern einen Bericht zur „Kooperation auf Schienenkorridoren der Alpen“ vor, der die Übertragung der positiven Erfahrungen des „Aktionsplans Brenner“ auf sieben andere Schienenkorridore der Alpen untersucht. Wesentliche Ziele sind die Beschleunigung des Schienen-Güterverkehrs und die Verlagerung von der Straße auf die Schiene. Ein weiteres wichtiges Thema dieses Treffens war auch der vorläufige Entwurf zum ersten Alpenzustandsbericht „Verkehr und Mobilität“. Dieser umfassende, zwischen allen Signatarstaaten abgestimmte Bericht wurde unter französischem Vorsitz finalisiert und ist seit Januar 2008 auch in deutscher Sprache veröffentlicht.
Des weiteren wurde die bereits vor der Konferenz in Alpbach unter französischem Vorsitz stehende Verkehrsgruppe von den Ministern im Herbst 2006 ersucht, die Arbeiten in den Bereichen Kosten und Tarifberechnung des Verkehrs im Alpenraum, Optimierung der bestehenden Schienenkorridore und Verkehrseinfluss auf die Luftqualität im Alpenraum weiterzuführen. Der Endbericht zum Thema Kosten und Tarifberechnung wurde bereits vorgelegt. Außerdem widmet sich die Verkehrsgruppe gemäß dem Mandat der Umweltminister dem Thema der nachhaltigen alpinen Mobilität, insbesondere was den städtischen und den Touristenverkehr betrifft. Als Grundlagen für die laufenden Arbeiten werden vor allem die bei der Konferenz „Umweltfreundlich Reisen“ in Wien verabschiedeten Empfehlungen sowie die für den Alpenzustandsbericht gesammelten Daten herangezogen.
Wunschgemäß sollen bei der kommenden Alpenkonferenz, bei welcher der Vorsitz an Slowenien übergeben wird, den Ministern vor allem drei Ergebnisse präsentiert werden. Erstens sollen die entsprechenden „Good Practices“ im Zusammenhang mit nachhaltiger Mobilität im Alpenraum (Verbindungen zwischen alpinen Ortschaften und umweltfreundliche Erreichbarkeit der großen alpinen Touristengebiete) gesammelt und verbreitet werden. Das Serviceangebot des öffentlichen Verkehrs im Fernverkehr in den Alpenraum (z. B. in die touristischen Gebiete und Ballungsgebiete) und deren Verknüpfung mit allen Formen des lokalen umweltverträglichen Verkehrs, um die eventuellen Schwachpunkte des Serviceangebots und der Infrastruktur (grenzüberschreitende Linien, Anschluss an die regionalen Netzwerke, usw.) wären zu untersuchen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Faymann