4859/AB XXIII. GP

Eingelangt am 18.09.2008
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

 

GZ. BMVIT-11.000/0010-I/PR3/2008     DVR:0000175

 

An die

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a  Barbara Prammer

 

Parlament

1017   W i e n

 

 

Wien, 17. September 2008

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4903/J-NR/2008 betreffend Geschenke an die LKW-Lobby, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 17. Juli 2008 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Fragen 1 bis 3:

Warum haben Sie die Spielräume nach Artikel 7 Abs. 11 der EU-Wegekostenrichtlinie von 2006 für einen Zuschlag zur LKW-Maut z.B. im Unterinntal oder auf anderen Strecken in Bergregionen ab-seits des Brenners von 15% bislang nicht umgesetzt?

 

Warum haben Sie die rechtlich außer Streit gestellten Spielräume nach Artikel 9 Abs. 1a derselben Richtlinie für zusätzliche Anti-Stau-Gebühren und Umweltgebühren in luftbelasteten Regionen für LKW nicht umgesetzt?

 

Halten Sie das Nichtnutzen von Spielräumen der derzeit geltenden EU-Wegekostenrichtlinie für Mautzuschläge und weitere sachbezogene LKW-Gebühren für zweckdienlich, um Österreichs Glaubwürdigkeit bei Forderungen zur Verbesserung des Vorschlags für die nächste Fassung der


Wegekostenrichtlinie zu unterstützen, oder teilen Sie die Ansicht, dass derartiges Nichtnutzen von EU-Spielräumen Österreichs Glaubwürdigkeit bei weitergehenden Forderungen massiv schwächt, was unter dem Strich nur der LKW-Lobby nützt, Mensch und Umwelt in den verkehrsbelasteten Regionen hingegen massiv schadet?

 

Antwort:

Ich vertrete grundsätzlich die Auffassung, dass im Hinblick auf eine nachhaltige, auf die Reduzie-rung von Belastungen für die Menschen und die Umwelt ausgerichtete Verkehrspolitik - im Rah-men der bestehenden Möglichkeiten - die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden müssen, die zu einer stärkeren Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene und einer Steigerung der Umweltfreundlichkeit des verbleibenden Straßengüterverkehrs beitragen.

 

Österreich nützt daher auf der A 13 Brennerautobahn bereits die im Rahmen der letzten Änderung der EU-Wegekostenrichtlinie geschaffene Möglichkeit der Querfinanzierung von Infrastrukturvor-haben von europäischem Interesse mittels Einnahmen aus Mautzuschlägen in vollem Umfang. Die Einnahmen aus diesem 25%igen Zuschlag wurden bereits ab 1. Jänner 2006 zum Zwecke der Querfinanzierung des Brenner Basistunnels rückgestellt. Inzwischen wurde der österreichische Antrag vom Dezember 2006 von der Kommission und den Mitgliedstaaten in der ersten Sitzung des gemäß EU-Wegekostenrichtlinie eingerichteten Expertenausschusses, die am 3. März dieses Jahres in Brüssel stattfand, positiv beurteilt.

 

Im Rahmen des am 10. Juli 2007 in Wien von mir und meinem italienischen Amtskollegen Antonio Di Pietro unterzeichneten Memorandum of Understanding haben sich Italien und Österreich im Sinne einer optimalen Ausnutzung der auf europäischer Ebene bereits bestehenden verkehrspoli-tischen Rahmenbedingungen und Maßnahmen verpflichtet, die Querfinanzierung als Finanzie-rungsquelle für die Brennerachse zu optimieren und das Instrument der Eurovignetterichtlinie Nr. 2006/38/EG voll zu nutzen. Darüber hinaus enthält dieses Memorandum die Verpflichtung, alle Initiativen zur Bereitstellung der notwendigen Finanzierung, insbesondere aus den Autobahnein-nahmen und der vollständigen Ausschöpfung der Eurovignetterichtlinie, für die Errichtung der Ei-senbahninfrastrukturen im Abschnitt München – Verona, mit besonderem Augenmerk auf den Brenner Basistunnel umzusetzen.

 

Was die Möglichkeit der Festlegung zeitlich und örtlich begrenzter Stau- und Umweltlenkungsge-bühren betrifft, so verbleibt diese gemäß der geltenden EU-Wegekostenrichtlinie im autonomen Kompetenzbereich der EU-Mitgliedsstaaten. Diese Bestimmung wurde im Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 umgesetzt, indem die Bestimmungen über die Mauttarifbildung dahingehend ergänzt wurden, dass auf Grund einer besonderen gesetzlichen Regelung die Festsetzung erhöh-ter Mauttarife nach Maßgabe von Artikel 9 Absatz 1a der Richtlinie grundsätzlich möglich sein soll.

 

Mein Ressort hat im Hinblick auf diese besondere gesetzliche Regelung mehrere Gespräche mit der Kommission geführt und schließlich auch ein entsprechendes Rechtsgutachten in Auftrag ge-geben, in dem die konkreten gemeinschafts- und verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung der Stau- und Umweltlenkungsgebühren gemäß Artikel 9 Absatz 1a der EU-Wegekostenrichtlinie als Mautzuschläge untersucht wurden. Dieses Rechtsgutachten kommt zum Ergebnis, dass die mögliche Einführung derartiger Gebühren sowohl gemeinschaftsrechtlich als auch verfassungsrechtlich mit sehr großen Unsicherheiten behaftet wäre. Auch die Kommission selbst räumt im Rahmen der Begründung ihres Vorschlags zur Änderung der geltenden EU-Wegekostenrichtlinie vom 8. Juli 2008 ein, dass im Zusammenhang mit der Einhebung der Gebüh-ren gemäß den Bestimmungen des Artikel 9 Absatz 1a Rechtsunsicherheiten bezüglich Ort und Zeit der Erhebung bestehen und schlägt daher eine entsprechende Änderung und Klarstellung von Artikel 9 vor.


Frage 4: 

Warum wollen Sie und Ihre Parteifreunde von der SPÖ gemeinsam mit der ÖVP der LKW-Lobby noch vor der Nationalratswahl 2008 mit der Verschiebung der 2008 gesetzlich vorgesehenen LKW-Maut-Valorisierung auf 2009 nach der LKW-Kfz-Steuer-Halbierung etc. ein weiteres Geschenk machen?

 

Antwort:

Die im Bundesstraßenmautgesetz jährlich wiederkehrend mit 1. Mai verpflichtend vorgesehene Anpassung der Tarife der fahrleistungsabhängigen Maut an die Veränderung des Verbraucher-preisindex (VPI) ist mit 1. Mai 2008 erstmals wirksam geworden. Die Tarife wurden mit diesem Datum mit Mauttarifverordnung BGBl. II/124/2008 um 2,2% erhöht, von einer Verschiebung der Valorisierung auf 2009 kann somit keine Rede sein. Die nächste Anpassung wäre gemäß BStMG erst wieder mit 1. Mai 2009 fällig. Die Transportwirtschaft hat jedoch den Wunsch geäußert, den Termin für die Valorisierung auf jeweils den 1. Jänner zu ändern, da die mit 1. Mai vorgesehene Valorisierung der Tarife der fahrleistungsabhängigen Maut für die Transportwirtschaft die Preiskal-kulation und damit zusammenhängend die Verhandlungen mit den Verladern über den Abschluss von Jahresverträgen erschwere. Vorbehaltlich einer entsprechenden Änderung des Bundesstra-ßenmautgesetzes könnte der nächste Termin für die Anpassung der Tarife der fahrleistungsab-hängigen Maut somit bereits der 1. Jänner 2009 sein. Ein entsprechender Initiativantrag wurde von den Regierungsparteien am 10. Juli 2008 im Parlament eingebracht.

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Werner Faymann