4881/AB XXIII. GP
Eingelangt am 23.10.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Bundeskanzler
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Maier, Kolleginnen und Kollegen haben am 24. September 2008 unter der Nr. 5004/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend EU-Innenminister und die 3. Säule - Datenaustausch mit den USA - Europäische Sicherheitspolitik gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 bis 3:
Ø Welche Position nimmt die Österreichische Bundesregierung zum zit. Bericht „Freedom, Security, Privacy - European Home Affairs in an open world" ein?
Ø In welchem Ministerrat wurde darüber berichtet? Gibt es dazu einen offiziellen Ministerratsbeschluss ?
Wenn ja, wann wurde dieser gefasst?
Wenn nein, gibt es dazu überhaupt eine offizielle Zustimmung der österreichi-schen Bundesregierung? Oder stellt die im Einleitungstext zitierte Zustimmung der Innenministerin nur deren persönliche Meinung dar?
Ø
Gab es hinsichtlich dieses zit. Berichts eine Koordinierung zwischen den
damit zuständigen
Bundesministerien (BMJ und BMI) und dem Bundeskanzleramt?
Wenn nein, warum nicht?
Im Rahmen der informellen Tagung der Justiz- und Innenminister wurde im Januar 2007 von der deutschen Ratspräsidentschaft und der Europäischen Kommission die Einrichtung einer „Zukunftsgruppe“ vorgeschlagen. Diese informelle Gruppe sollte Erkenntnisse und Empfehlungen als Beitrag und Anregung für die Vorschläge der Kommission für das nächste Mehrjahresprogramm (2010-2014) im Bereich Justiz und Inneres erarbeiten. Österreich gehörte dieser Gruppe, in der neben den Innen-ministern der laufenden und künftigen Präsidentschaften auch die Europäische Kom-mission und das Europäische Parlament vertreten waren, nicht an.
Der Bericht der Zukunftsgruppe „Freedom, Security, Privacy - European Home Affairs in an open world" wurde beim Rat der Justiz- und Innenminister am 24./25. Juli 2008 vorgestellt, von den Ministern zur Kenntnis genommen und im Sinne einer Informati-onsquelle und Ideensammlung an die Europäische Kommission weitergeleitet. Die EK wird ihre ersten Vorschläge zum künftigen Mehrjahresprogramm im Frühjahr 2009 vorlegen.
Wie vor derartigen Räten üblich, wurden im Rahmen einer interministeriellen Bespre-chung unter Vorsitz des Bundesministeriums für Inneres die Tagesordnungspunkte des Rates erörtert. Da der gegenständliche Bericht der Zukunftsgruppe bloß zur Kenntnis genommen werden sollte, erfolgte keine vertiefte inhaltliche Diskussion. Seitens des Bundesministeriums für Inneres wurde dazu kein Ministerratsvortrag ein-gebracht.
Zu den Fragen 4 bis 9:
Ø Werden die in der EMRK und in der österreichischen Bundesverfassung festgele-gten Grundsätze zu Datenschutz und Privatsphäre im Bericht „Freedom, Security, Privacy - European Home Affairs in an open world" eingehalten?
In welchem Umfang wird nach den Schlussfolgerungen in Grundrechte eingegrif-fen werden?
Ø In wie weit hätten die USA damit Zugriff auf Daten Europäischer Bürger? Welche Kontroll- und Rechtsschutzgarantien sind zum Schutz der Privatsphäre Europäi-scher Bürger vorgesehen?
Ø Hat bzw. wird Österreich der Aufnahme von Verhandlungen mit USA im Sinne der Schlussfolgerungen des Berichts „Freedom, Security, Privacy - European Home Affairs in an open world" zustimmen?
Wenn ja, wer hat dies in Österreich
formal zu beschließen?
Wann soll dies erfolgen?
Ø Teilen Sie die Antwort der Bundesministerin für Inneres zur 1.Frage - gerade in Anbetracht internationaler Medienberichte 2008 - in der AB 4593 vom 14.08.2008?
Wenn nein, welche Position vertritt das BKA ?
Wenn ja, welche Wünsche der USA zum Datenaustausch mit der EU wurden an die EU-Kommission bzw. die Mitgliedsstaaten (so auch an Österreich) herange-tragen?
Ø Wie beurteilen Sie dann die Medienberichte aus Großbritannien (z.B. Guardian) und den USA (z.B. Washington Post, nytimes) in denen übereinstimmend von einem zukünftigen Abkommen zum Datenaustausch zwischen der USA und der EU die Rede ist? Über welche Informationen verfügen sie darüber?
Wenngleich diese Fragen nicht in den Vollzugsbereich des Bundeskanzleramtes fal-len, wird aus datenschutzrechtlicher Sicht generell Folgendes angemerkt:
Nach dem - bereits abgeschlossenen - EU/US-Abkommen zur Weitergabe von Flug-gastdaten (PNR-Abkommen) sind die USA im Zusammenhang mit den derzeit laufen-den Verhandlungen zum „Visa Waiver Program“ sowohl an die EU als auch an die Mitgliedstaaten herangetreten, um Vorschläge für einen verstärkten Austausch von u.a. personenbezogenen Daten zu verhandeln.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht wird ein Regelungswerk zum Datenschutz, welches einem Datenaustausch zwischen der EU und den USA zugrunde liegt, generell als erforderlich angesehen. Um eine solche Basis zu schaffen, wurde auf europäischer Ebene die Hochrangige Kontaktgruppe EU-USA zu Datenschutz und Datenaus-tausch ins Leben gerufen, die das gegenseitige Vertrauen stärken und damit eine In-tensivierung des Datenaustausches zwischen den europäischen und amerikanischen Behörden ermöglichen soll. Nach den derzeitigen Informationen des Bundeskanzler-amtes hat die Hochrangige Kontaktgruppe in einem Bericht vom Mai 2008 zwölf "ge-meinsame Datenschutzgrundsätze" festgelegt. Allerdings bestehen nach wie vor et-liche offene Punkte, wie etwa die Durchsetzung von Datenschutzrechten von EU-Bürgern in den USA, weshalb noch nicht feststeht, ob und wann dem Rat ein Ver-handlungsmandat zum Abschluss eines EU/US-Datenschutzabkommens vorgelegt wird. Unabhängig davon könnte ein solches Datenschutzabkommen auch nicht die Prüfung der Datenschutzkonformität eines internationalen Abkommens über Daten-austausch im Einzelfall ersetzen.
Zu den Fragen 10 bis 17:
Ø Ist es richtig, dass die EU-Innenminister grünes Licht für Verhandlungen der EU-Kommission mit den USA über die Abschaffung der Visapflicht für alle EU-Bürger gegeben haben, wobei gleichzeitig personenbezogene Daten ausgetauscht werden sollen?
Ø In welchem
Ministerrat wurde über diese Verhandlungen berichtet?
Gibt es dazu einen offiziellen Ministerratsbeschluss?
Wenn ja, wann wurde dieser gefasst?
Ø Ist es in diesem Zusammenhang richtig, dass die USA für die „Visa-Freiheit" aller EU-Bürger Zugriff auf Polizeidatenbanken der EU bzw. die Mitgliedsstaaten ver-langt haben?
Ø Ist es richtig, dass allein die Europäische Kommission mit der US-Regierung über visafreie Reisen für alle EU-Bürger verhandeln soll?
Wenn nein, in welcher Form sind die Mitgliedsstaaten eingebunden?
Ø Sind Sie der Auffassung, dass eine gemeinsame Datenschutz-Richtlinie zwischen der EU und den USA, notwendig ist?
Wenn ja, wie ist der Stand der Verhandlungen bzw. der Gespräche mit den USA? Welche Informationen liegen dem BKA und dem BMI vor?
Ø Ist es richtig, dass die Zoll- und Grenzschutzbehörde der Vereinigten Staaten oh-ne deutliche öffentliche Ankündigung begonnen haben, Pass-Ausweisdaten aller einreisenden Personen so auch Österreicher zu registrieren?
Welche Informationen liegen den BKA und dem BMI dazu vor?
Ø Wie beurteilen Sie bilaterale Abkommen, die zwischen den USA und einzelnen EU-Mitgliedsstaaten zum Datenaustausch abgeschlossen werden (z.B. Deutsch-land)?
Halten Sie dies aus europäischer Sicht für sinnvoll?
Ø Ist es richtig, dass dabei in den USA die Daten von Ausländern 75 Jahre lang ge-speichert werden sollen?
Wenn ja, gibt es dafür eine Zustimmung der Europäischen Union?
Diese Fragen betreffen keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundeskanzleramts.