4882/AB XXIII. GP

Eingelangt am 24.10.2008
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BM für Wirtschaft und Arbeit

Anfragebeantwortung

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                                                           Wien, am 23. Oktober 2008

 

                                                                                                                           Geschäftszahl:

                                                                                            BMWA-10.101/0198-IK/1a/2008

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 4945/J betreffend „Antipiraterieabkommen (ACTA) – Verhandlungen durch die Europäische Kommission (EK)“, welche die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen am 9. September 2008 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

 

Es ist ein Ziel des ACTA-Übereinkommens, systematischen Verletzungen geistiger Eigentumsrechte (IPR) und organisierter Kriminalität in diesem Bereich besser begegnen zu können. Immer häufiger auftretende Verletzungen der IPR führen heute schon zu gefährlichen Fälschungen (Medikamente, Nahrungsmittel, KFZ-Ersatzteile, Spielsachen etc.) und bedeuten damit ernsthafte Gefahren für den Konsumentenschutz und die öffentliche Gesundheit; nicht zuletzt führen sie zum Verlust qualifizierter Jobs sowie von Steuereinnahmen in den Ländern mit hohem IPR-Schutzniveau. Die EU als bedeutender Standort für Qualitäts- und Markenprodukte und innovative Industrien hat daher größtes Interesse daran, dass die Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte international verbessert wird, nicht zuletzt auch um ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Drittländern sicherzustellen.

 

Mit nationalen Vorschriften kann dieses Ziel vor dem Hintergrund einer globalisierten Marktsituation jedoch nicht erreicht werden. Da daher internationale Kooperation beim Kampf gegen Verletzungen von geistigen Eigentumsrechten unabdingbar ist, erscheint ein multilaterales Abkommen gleich gesinnter Länder als ein Schritt in die richtige Richtung.

 

 

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

 

Der Entwurf des Mandates wurde im Rahmen des EU-Ausschusses nach Art. 133 EGl beraten, und daher erfolgte die interministerielle Abstimmung im Rahmen der dafür üblichen Koordination, in die neben allen betroffenen Ministerien auch die Interessensvertretungen eingebunden sind. Das Parlament wird regelmäßig über die Beratungen im Rahmen des Ausschusses nach Art. 133 durch die Übermittlung der Tagungsberichte informiert. Die im Rahmen der Koordinierung der österreichischen Haltung für den Ausschuss nach Art. 133 erarbeiteten Positionen wurden jeweils in Brüssel in die Diskussionen eingebracht und sind in die Formulierung des Mandates eingeflossen.

 

 

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

 

Ziel ist es derzeit, die ACTA-Verhandlungen nach Möglichkeit bis Ende 2008 abzuschließen. Allerdings ist die Substanz wesentlicher als allfällige zeitliche Verhandlungsvorgaben.

 

 


Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

 

Da bei ACTA voraussichtlich sowohl Kompetenzen der EU als auch der EU-Mitgliedstaaten betroffen sein werden, wird letztendlich voraussichtlich eine Ratifikation sowohl seitens der EU als auch seitens der EU-Mitgliedstaaten erforderlich sein.

 

 

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

 

Die EU-Präsidentschaft und die EU-Mitgliedstaaten sind in der im Mandat vorgesehenen Form bei den Verhandlungen vertreten, wobei sowohl der Präsidentschaft als auch den EU-Mitgliedstaaten eine Teilnahme an den Verhandlungen offen steht.  Tatsächlich haben die Präsidentschaft und Vertreter von EU-Mitgliedstaaten bisher auch an den Verhandlungen teilgenommen.

 

 

Antwort zu den Punkten 6 bis 8 der Anfrage:

 

Bisher wurden die Bereiche der Maßnahmen an der Grenze und zivilrechtliche Aspekte behandelt. Die österreichische Haltung bei den Verhandlungen ist grundsätzlich, dass Regelungen angestrebt werden, die sich an den bereits bestehenden EU-Vorschriften orientieren.

 

 

Antwort zu den Punkten 9 bis 11 der Anfrage:

 

Diesbezüglich ist zuständigkeitshalber auf die Beantwortungen der parlamentarischen Anfrage Nr. 4650/J durch den Herrn Bundesminister für Finanzen sowie der parlamentarischen Anfrage Nr. 4651/J durch die Frau Bundesministerin für Justiz zu verweisen. Für patentrechtliche Belange ist das im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie angesiedelte Österreichische Patentamt zuständig.

 

 

Antwort zu Punkt 12 der Anfrage:

 

Es trifft nicht zu, dass die ACTA-Verhandlungen geheim sind. Zwar sind bei allen internationalen Verhandlungen mit wirtschaftlichem Inhalt die Verhandler an eine gewisse Diskretion gebunden, da von einer völligen Offenlegung aller Detailpositionen ja in erster Linie die Verhandlungspartner profitieren würden. Was die EU anbelangt, sind allerdings durch die Europäische Kommission schon seit Beginn der Verhandlungen regelmäßig Informationen auf der EU-Homepage und in Presseaussendungen öffentlich zugänglich gemacht worden, die den Stand und Inhalt der Verhandlungen darstellen; darüber hinaus hat die Europäische Kommission mehrfach das Europäische Parlament informiert und für alle beteiligten Kreise  (Industrie, Konsumenten, NGOs, Internet Service Providers etc.) offene Seminare abgehalten. Auch das österreichische Parlament wird regelmäßig über den Fortgang der Verhandlungen informiert. Näheres zu den Verhandlungen finden Sie unter http://ec.europa.eu/trade/issues/sectoral/intell_property/acta_en.htm.

 

Die ACTA-Verhandlungen stehen alle interessierten Staaten offen, niemand ist davon ausgeschlossen. An den ACTA-Verhandlungen nahmen zuletzt in Washington neben der EU folgende an verstärkten IPR-Rechtsschutz interessierte Länder teil: Australien, Japan, Kanada, Korea, Mexiko, Marokko, Neuseeland, Singapur, die Schweiz und die USA. Im Juni haben an der ersten Verhandlungsrunde in Genf zudem auch Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate teilgenommen. Die EU hofft, dass sich das Übereinkommen positiv auf den IPR-Rechtsschutz auswirken wird und dass noch weitere Staaten daran teilnehmen werden.

 

 

Antwort zu Punkt 13 der Anfrage:

 

In der G8 Gipfeldeklaration vom Juli 2008 findet sich der Hinweis, dass die Teilnehmer die Beschleunigung der ACTA-Verhandlungen unterstützen und deren Abschluss bis zum Jahresende anstreben.

 

 

Antwort zu Punkt 14 der Anfrage:

 

Die Möglichkeit, Verhandlungsergebnisse der Öffentlichkeit vorzustellen, hängt vom Fortgang der Verhandlungen ab.

 

 

Antwort zu Punkt 15 der Anfrage:

 

Am 23. Juni 2008 fand eine Informationsveranstaltung der EK mit Anhörung beteiligter Kreise statt, die jedoch nicht primär für Regierungsvertreter gedacht war. Ein Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit nahm nicht teil.

 

 

Antwort zu Punkt 16 der Anfrage:

 

Die Umsetzungserfordernisse werden von den konkreten Vertragsinhalten abhängen und auch davon, inwieweit die Kompetenzen der EU bzw. der EU-Mitgliedstaaten betroffen sind.