4915/AB XXIII. GP

Eingelangt am 07.11.2008
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                            Wien, am           November 2008

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0128-I/4/2008

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4934/J vom 9. September 2008 der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Bundesforsteverkauf im Tennengebirge – Streitwerterhöhung durch die Finanzprokuratur" beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1., 2. und 5.:

Die Finanzprokuratur hat die von der Klägerin Land Salzburg ohne jegliche Angabe von Gründen vorgenommene Bewertung des Streitgegenstandes mit € 100.000,-- in der Klagebeantwortung als zu niedrig bemängelt. Eine solche Streitwertbemängelung durch den Beklagten ist in § 7 Abs. 1 des Rechtsanwaltstarifgesetzes (RATG) ausdrücklich vorgesehen. Sie erfolgte mit der sachlichen Begründung, dass das Klagebegehren auf Feststellung der Nichtigkeit zweier Kaufverträge mit einem Kaufpreis von rund € 5 Millionen gerichtet ist und aufgrund vollumfänglicher Anfechtung beider Kaufverträge die Summe der Kaufpreise als Streitwert anzusehen ist.

 

Folge einer Streitwertbemängelung ist gemäß § 7 Abs. 2 RATG die – ohne weitere Erhebungen und Verzögerungen vorzunehmende – Streitwertfestsetzung durch das Gericht, die gegenständlich bereits in der vorbereitenden Tagsatzung vom 6. Mai 2008, und zwar den Wünschen der Klägerin folgend mit € 100.000,-- erfolgt ist. Dieser Beschluss ist gemäß § 7 Abs. 2 RATG unanfechtbar, sodass der Streitwert seit 6. Mai 2008 für das gesamte Verfahren unabänderlich mit € 100.000,-- feststeht.

 

Zu 3.:

Eine Weisung, eine Streitwertbemängelung vorzunehmen, wurde seitens des Bundesministeriums für Finanzen nicht erteilt.

 

Zu 4.:

Die pauschale Annahme, dass durch eine Streitwerterhöhung gemäß § 7 RATG das Honorar der Rechtsanwälte steigt, ist unzutreffend, weil gemäß § 2 Abs. 1 RATG durch den Tarif das Recht der freien Vereinbarung nicht berührt wird.

 

Es ist zutreffend, dass mit einer Streitwerterhöhung nach RATG auch die streitwert­abhängigen Gerichtsgebühren und die Kosten steigen, die die unterlegene Partei dem obsiegenden Prozessgegner zu ersetzen hat.

 

Zu 6.:

Die Beurteilung von Verkäufen der Bundesforste AG betrifft keinen in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Finanzen fallenden Gegenstand der Vollziehung.

 

Hinsichtlich der angesprochenen Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Bund und den Ländern wird auf die aktuelle Rechtslage verwiesen:

 

-          In VfSlg. 16.587 wies der Verfassungsgerichtshof die verfahrensgegenständlichen Anträge der Salzburger Landesregierung als unbegründet ab, hielt aber fest, dass die in § 11 Abs. 2 des Übergangsgesetzes 1920 (ÜG 1920) angekündigte Vermögensauseinandersetzung zwischen Bund und Ländern noch nicht erfolgt ist.


 

­          Nach den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in dem zitierten Erkenntnis kann § 11 Abs. 2 ÜG 1920 nicht dahingehend interpretiert werden, „dass die Länder bei einer solchen Vermögensauseinandersetzung Anspruch auf Übertragung des seinerzeit auf ihrem Landesterritorium befindlichen ehemals staatlichen Liegenschaftsvermögens in vollem Umfang in natura hätten“. Einer Berücksichtigung von Liegenschaftsverkäufen bei einer späteren Vermögensauseinandersetzung stehe laut Verfassungsgerichtshof offenbar nichts im Wege.

 

-          Der VfGH zitiert weiters Ausführungen von Kelsen/Froehlich/Merkl zu § 11 Abs. 2 zweiter Halbsatz ÜG 1920: "Das gesamte bisherige Staatsvermögen ist unmittelbar durch diese Bestimmung vorläufig auf den Bund übertragen worden. Die zu Staaten erhobenen Länder erhalten an Vermögen nicht mehr, als sie schon bisher als autonome Gebietskörperschaften besaßen. Unter Vermögen sind selbstverständlich Aktiven und Passiven, Rechte wie Pflichten zu verstehen." (Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Verfassungsgesetze der Republik Österreich, V, 312;). Es werden daher bei der endgültigen Vermögensauseinandersetzung auch die 1920 vom Bund übernommenen Passiva zu berücksichtigen sein.

 

Zu 7.:

Auch diese Fragestellung betrifft keine in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Finanzen fallenden Gegenstände der Vollziehung.

 

 

Mit freundlichen Grüßen