4917/AB XXIII. GP
Eingelangt am 07.11.2008
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möglich.
BM für Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Frau (5-fach)
Präsidentin des Nationalrates
Parlament
1010 Wien
GZ: BMSK-20001/0048-II/2008 Wien,
Betreff: Parlament
Parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Maier u. a. betreffend Krankenstand: Entgeltfortzahlung oder Krankengeldbezug, Nr. 4977/J.
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4977/J der Abgeordneten Mag. Maier u. a. wie folgt:
Frage 1:
Der von mir diesbezüglich befragte Hauptverband hat mir mitgeteilt, dass diese Frage generell seitens der Krankenversicherungsträger nicht beantwortet werden kann, da entsprechende Datenübermittlungen nicht vorgesehen sind.
Weiters wurde mir mitgeteilt, dass auf den jährlich von den Dienstgebern zu erstellenden Beitragsgrundlagennachweisen der Entgeltfortzahlungsanspruch ununterscheidbar zusammen mit dem Arbeitsentgelt nur in einer Summe ausgewiesen ist. Außerdem ist das fortgezahlte Entgelt nur bis zur Höchstbeitragsgrundlage bzw. erst in Höhe von 50 % des vor der Arbeitsunfähigkeit bezogenen Entgeltes und darüber sozialversicherungs- und meldepflichtig.
Frage 2:
Siehe diesbezüglich die beiliegende mir seitens des Hauptverbandes übermittelte Aufstellung.

Frage 3:
Zu dieser Frage habe ich folgende Antwort des Hauptverbandes erhalten:
„Die Burgenländische GKK (BGKK) teilt dazu mit, dass sie für das Kalenderjahr 2003 über kein gesichertes Datenmaterial verfügt.
In den Folgejahren stellt sich für die BGKK die Situation wie folgt dar:
2004:
· Fünf Dienstgeber haben je einen Dienstnehmer (also insgesamt fünf Dienstnehmer) wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ab-, und innerhalb von drei Monaten wieder angemeldet.
· Innerhalb von sechs Monaten wurden im Kalenderjahr 2004 von keinem Dienstgeber Dienstnehmer ab- und wieder angemeldet.
· Auch innerhalb von zwölf Monaten hat kein Dienstgeber einen oder mehrere seiner Dienstnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit abgemeldet und nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit angemeldet.
2005:
· Drei Dienstgeber haben je einen Dienstnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit abgemeldet und innerhalb von drei Monaten wieder angemeldet.
· Zwei Dienstgeber haben je zwei Dienstnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit abgemeldet und innerhalb von drei Monaten wieder angemeldet.
· Ein Dienstgeber hat einen Dienstnehmer wegen Krankheit abgemeldet und innerhalb von sechs Monaten wieder angemeldet.
· Ein Dienstgeber hat diese Vorgangsweise bei einem Dienstnehmer innerhalb einer Frist von zwölf Monaten praktiziert.
2006:
· Acht Unternehmen haben je einen Dienstnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit abgemeldet und innerhalb von drei Monaten wieder angestellt.
· Zwei Dienstgeber haben je einen Dienstnehmer wegen Krankheit abgemeldet und innerhalb von sechs Monaten wieder angemeldet.
2007:
· Ein Dienstgeber hat seinen Dienstnehmer wegen Krankheit abgemeldet und innerhalb von drei Monaten wieder angemeldet.
· Zwei Unternehmen haben je einen Dienstnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit abgemeldet und innerhalb von sechs Monaten wieder angemeldet.
Die Steiermärkische GKK (STGKK) teilt mit, dass es keine auswertbaren Daten gibt. Aufgrund einer manuellen Erhebung in den Jahren 2003 bis 2005 konnten für diesen Zeitraum folgende Fallzahlen ermittelt werden:
einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses mit Wiedereinstellung
im Jahr 2003 344 Fälle 18 Fälle
im Jahr 2004 283 Fälle 25 Fälle
im Jahr 2005 423 Fälle 45 Fälle
Nachdem die betroffenen Versicherten aufgrund der Wiedereinstellungszusage nicht bereit waren, im Verfahren gegen die Dienstgeber auszusagen, führten Erhebungen zu keinen rechtlichen Konsequenzen.
Seitens der Salzburger GKK (SGKK) werden folgende Daten bekannt gegeben:
|
Jahr |
Anzahl/Fälle |
Unterbrechung bis 3 Mon. |
Unterbrechung bis 6 Mon. |
Unterbrechung bis 12 Mon. |
Unterbrechung mehr als 12 Mo |
|
2003 |
346 |
248 |
27 |
43 |
28 |
|
2004 |
321 |
223 |
37 |
38 |
23 |
|
2005 |
315 |
213 |
41 |
34 |
27 |
|
2006 |
324 |
231 |
34 |
39 |
20 |
|
2007 |
322 |
269 |
24 |
28 |
1 |
Bei der Oberösterreichischen GKK (OÖGKK) hat eine Auswertung der Datenbank für das erste Halbjahr rund 33.000 Fälle ergeben, bei denen der Abmeldegrund „einvernehmliche Lösung“ oder „Wiedereinstellungszusage“ vorkommt. Bei einer Verknüpfung dieser Fälle mit Barleistungsbezügen verbleiben noch rund 2.200 Fälle. Jeder weiteren Auswertung sind dann aber klare Grenzen gesetzt, weil einvernehmliche Lösungen während einer Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich zulässig sind und Missbrauchsfälle nur aufgrund von Recherchen im Einzelfall erkannt werden können.
Von den verbleibenden Gebietskrankenkassen (GKK) bzw. von der VA für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) kann die Frage nicht beantwortet werden, da die notwendigen Daten nicht verfügbar sind bzw. entsprechende Auswertungsmöglichkeiten fehlen.
Es ist auch zu bedenken, dass gerade bei Saisonbeschäftigten (z.B. Bauwesen, Gastgewerbe) An- und Abmeldungen beim selben Dienstgeber durchaus üblich sind und mit der beschriebenen Vorgangsweise nichts zu tun haben.“
Frage 4:
Zur Beantwortung dieser Frage verweise ich auf die mir seitens des Hauptverbandes wie folgt bekannt gegebenen Daten:
„Die BGKK verfügt für das Jahr 2003 über kein Datenmaterial. Für die Folgejahre wird die Frage wie folgt beantwortet:
2004: Fünf Unternehmen
2005: Neun Unternehmen (zwei davon haben die betroffenen Dienstnehmer nicht wieder eingestellt)
2006: 13 Unternehmen (drei Unternehmen haben die betroffenen Dienstnehmer nicht wieder angemeldet)
2007: Zehn Unternehmen (sieben Unternehmen haben die betroffenen Dienstnehmer nicht wieder angemeldet)
Die SGKK teilt Folgendes mit:
|
Jahr |
Anzahl/DG |
|
2003 |
237 |
|
2004 |
241 |
|
2005 |
247 |
|
2006 |
241 |
|
2007 |
234 |
Die übrigen GKK bzw. die VAEB können die Frage mangels entsprechender Datenverfügbarkeit nicht beantworten.“
Frage 5:
Hiezu wurde mir seitens des Hauptverbandes Folgendes mitgeteilt:
„Die BGKK teilt mit, dass im Jahr 2008 bereits drei Fälle bescheidmäßig entschieden wurden und in vier Fällen in den nächsten Tagen ein Bescheid erstellt wird.
Es lässt sich also ein Trend dahingehend erkennen, dass im Jahr 2008 wahrscheinlich mehr Unternehmer als im Kalenderjahr 2007 die beschriebene Praxis anwenden werden.
Die SGKK übermittelt die im Folgenden dargestellten Zahlen und teilt mit, dass derzeit keine wesentlichen Änderungen erkennbar sind. Die Zahl der Dienstgeber, welche die beschriebene Praxis anwenden, beläuft sich für das Jahr 2008 auf 82 Unternehmen.
|
Jahr |
Anzahl/Fälle |
Unterbrechung bis 3 Mon. |
Unterbrechung bis 6 Mon. |
Unterbrechung bis 12 Mon. |
Unterbrechung mehr als 12 Mo |
|
2008 |
91 |
90 |
1 |
0 |
0 |
Die OÖGKK geht davon aus, dass aufgrund der Rechtsprechung des VwGH das Problem weiter um sich greifen wird.
Seitens der übrigen GKK bzw. der VAEB ist eine Beantwortung dieser Frage nicht möglich.“
Frage 6:
Diesbezüglich wurde mir seitens des Hauptverbandes folgende Antwort übermittelt:
„Die OÖGKK teilt mit, dass eine Aufsummierung, welche Kosten sich die Unternehmen insgesamt erspart haben, mangels Kenntnis der genauen Daten nicht vorgenommen werden kann.
Ein Dienstgeber erspart sich - hypothetisch berechnet - bei einer unmittelbar nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit vorgenommenen einvernehmlichen Lösung auf Basis eines Bruttomonatsverdienstes von € 2.000,-- und einer angenommenen Arbeitsunfähigkeit - Dauer von 10 Wochen (sechs Wochen volle und vier Wochen halbe Bezüge) Lohnaufwendungen (Nettolohn, Dienstgeberbeiträge, DB, DZ, Kommunalsteuer) in Höhe von € 3.874,97.
Die Sozialversicherung hingegen verliert Beiträge in Höhe von € 1.554,28 und zahlt Krankengeld für die gesamte Dauer der Arbeitsunfähigkeit von € 2.831,40 brutto.
Seitens der übrigen GKK bzw. der VAEB ist eine Beantwortung dieser Frage nicht möglich.“
Frage 7:
Seit 1. Jänner 1971 ist der Bezug von Krankengeld eine Versicherungszeit in der Pensionsversicherung. Seit dem In-Kraft-Treten des Allgemeinen Pensionsgesetzes (APG) mit 1. Jänner 2005 gilt folgende Regelung:
a) Krankengeldbezug ab 1. Jänner 1971 von Versicherten mit Geburtsdatum bis 31. Dezember 1954
Die Dauer des Krankengeldbezuges ist eine Ersatzzeit in der Pensionsversicherung. Die Zuordnung zu einem Zweig der Pensionsversicherung ist nach der letzten vorangegangenen Beitragszeit vorzunehmen (§ 227 Abs. 1 Z 6 ASVG).
Diese Zeiten sind für die Prüfung der Wartezeit und bei der Pensionsberechnung für den Steigerungsbetrag zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage bleiben diese Ersatzmonate außer Betracht.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Zeiten des Krankengeldbezuges sich pensionserhöhend auswirken.
b) Krankengeldbezug von 1. Jänner 1971 bis 31. Dezember 2004 von Versicherten mit Geburtsdatum ab 1. Jänner 1955
Es gelten die Ausführungen zu Pkt. a vollinhaltlich.
c) Krankengeldbezug ab 1. Jänner 2005 von Versicherten mit Geburtsdatum ab 1. Jänner 1955
Der Bezug von Krankengeld ist gemäß § 8 Abs. Z 2 lit c ASVG eine Zeit der Pflichtversicherung gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 APG.
Diese Beitragszeiten sind der im § 44 Abs. 1 Z 14 ASVG festgelegten Beitragsgrundlage (grundsätzlich das 30-fache der Bemessungsgrundlage nach § 125 ASVG) zugeordnet. Mit dieser Beitragsgrundlage ist eine Teilgutschrift gemäß § 12 APG für das Pensionskonto zu berechnen und gutzuschreiben.
Diese Beitragszeiten sind bei der Prüfung der Wartezeit zu berücksichtigen. Die Kontogutschriften werden bei der Berechnung der APG-Leistung berücksichtigt.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass sich die Beitragszeiten grundsätzlich positiv auswirken.
Frage 8:
Eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses während des Krankenstandes, verbunden mit einer späteren Wiedereinstellung durch den gleichen Dienstgeber, ist jedenfalls objektiv geeignet, eine Umgehung des Gesetzes bzw. der Absicht des Gesetzgebers darzustellen.
Im Sinne des § 539a Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) können durch missbräuchliche Vereinbarungen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz nicht umgangen oder gemindert werden. Es ist jedoch in jedem Fall auf die tatsächliche Absicht und den Willen beider Parteien zu achten.Nach Ansicht des Hauptverbandes ist für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer einvernehmlichen Auflösung im Krankenstand als rechtsmissbräuchliche Vereinbarung, das Vorliegen einer Wiedereinstellungszusage ein entscheidungsrelevantes Kriterium.
Wird ein Dienstverhältnis einvernehmlich aufgelöst und gleichzeitig eine Wiedereinstellungszusage durch den Dienstgeber (für die Zeit nach dem Krankenstand) ausgesprochen, ist nach Ansicht des Hauptverbandes vorrangig von einer Umgehung auszugehen. Kommt es jedoch ohne eine solche Wiedereinstellungsvereinbarung zur einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses im Krankenstand und zu einem späteren Zeitpunkt ohne rechtliche Verpflichtung zur Wiederaufnahme der gleichen Beschäftigung, muss nach Meinung des Hauptverbandes nicht notwendigerweise eine Umgehung des Gesetzes bzw. der Absicht des Gesetzgebers vorliegen. Der Hauptverband vertritt die Auffassung, dass eine gesonderte Betrachtung des jeweiligen Einzelfalles und der konkreten Absicht von Dienstnehmer und Dienstgeber hier notwendig sein wird, um eine entsprechende Beurteilung vornehmen zu können.
Grundsätzlich stellt auch nach meiner Ansicht die in der vorliegenden Anfrage beschriebene Vorgehensweise eine Umgehung der Absicht des Gesetzgebers dar. Es ist jedoch ausdrücklich auch von mir darauf hinzuweisen, dass auch diesbezüglich Fälle auftreten, die äußerlich klar den Eindruck einer entsprechenden Umgehung erwecken können, nach den tatsächlichen Verhältnissen beurteilt, jedoch einen sozialversicherungsrechtlich korrekten Vorgang darstellen.
Frage 9:
Diesbezüglich wurde mir seitens des Hauptverbandes Folgendes mitgeteilt:
„Die Möglichkeit einen Antrag auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension (Invaliditätspension) einzubringen, steht allen Versicherten offen. Gesetzliche Einschränkungen gibt es nicht.
Für den Anfall der Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit ist es jedoch grundsätzlich erforderlich, dass die Tätigkeit, aufgrund der Berufsunfähigkeit (Invalidität) festgestellt worden ist, beendet wird (§ 86 Abs. 3 Z 2 ASVG). Das Dienstverhältnis muss also beendet werden.
Von der Sozialversicherung werden mangels Relevanz keine detaillierten Statistiken geführt, ob der (die) AntragstellerIn im Zeitpunkt der Antragstellung in Beschäftigung, arbeitslos, in Bezug von Krankengeld, in Bezug von Sozialhilfe oder erwerbslos ist.
Es werden auch keine Statistiken geführt, aus denen ein kausaler Zusammenhang zwischen Beendigung der Erwerbstätigkeit und Antragstellung auf Invaliditäts-(Berufsunfähigkeits-)pension hergestellt werden kann.“
Mit freundlichen Grüßen
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