4973/AB XXIII. GP

Eingelangt am 25.11.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                   Wien, am    Dezember 2008

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0138-I/4/2008

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5055/J vom 25. September 2008 der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen, betreffend "Moltererbrief" mit angeblichen Steuergutschriften, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Bevor ich die Fragen im Detail beantworte, möchte ich festhalten, dass sämtliche Veranlassungen im Finanzressort – und damit auch die gegenständliche Aktion - immer auf Basis der gesetzlichen Rahmenbedingungen durchgeführt werden.

 

Zu 1. und 2.:

Die Adressdaten stammen von den Wohnsitzfinanzämtern.

 

Zu 3.:

Gemäß dem von der Bundesverfassung für die oberste Stufe der Bundesverwaltung vorgesehenen Ministerialsystem (Ressortsystem) werden die einzelnen Aufgaben der Bundesverwaltung von einem einzelnen Mitglied der Bundesregierung und dem diesem unterstellten Bundesministerium besorgt (vgl. Art. 77 B-VG). Hinzu kommt gemäß Art. 20 Abs. 1 B-VG die Bindung der unter Leitung und Aufsicht des Bundesministers stehenden Verwaltungsorgane an dessen Weisungen.

 

Der Bundesminister ist Leiter seines Ressorts und in dieser Eigenschaft befugt, Weisungen zu erteilen oder Akte zur Bearbeitung an sich zu ziehen; dazu gehört auch der Zugriff auf Daten.

 

In diesem Zusammenhang ist jedoch zu betonen, dass eine Einsichtnahme in die einzelnen Steuerdaten meinerseits oder durch Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter des Bundes­ministeriums für Finanzen nicht erforderlich war und dementsprechend auch nicht erfolgt ist.

Zur weiteren Erläuterung wird auf die Ausführungen zu Frage 6. verwiesen.

 

Zu 4. und 5.:

Zuschriften erfolgten an natürliche Personen mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, zu deren Person nur Lohnzetteldaten vorhanden waren. Angeschrieben wurden somit Personen, die für das Jahr 2007 noch keine Veranlagung durchgeführt hatten, unter der Maßgabe, dass die für sie vorläufig auf Grundlage der vorhandenen Daten errechnete Gutschrift den Betrag von € 5,- überstieg.

 

Zu 6.:

Abgesehen von der Zuständigkeit des Bundesministers als Ressortleiter ist anzumerken, dass aufgrund des gesetzgeberischen Auftrages gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH die Verarbeitung der Steuerdaten für alle Finanzämter zentral durch die BRZ GmbH vorgenommen wird. Auch die gegenständliche Briefaktion wurde über die BRZ GmbH abgewickelt, sodass eine Übermittlung der Daten in jenem engeren Sinn, dass Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter des Bundesministeriums für Finanzen die Berech­nungen vorgenommen hätten, nicht notwendig war. Es wurde lediglich die auch sonst ausführende Stelle angehalten, ein nach Ergänzung um den jeweils vorläufig errechneten Betrag für alle Empfänger gleich lautendes Informationsschreiben an jenen Personenkreis zu versenden, der bislang noch keine Veranlagung beantragt hatte.

 

Zu 7. und 13.:

Es handelt sich um ein Schreiben mit rein informativem Charakter.

 

Als Bescheid zu qualifizieren ist eine Erledigung, die ihrem Inhalt nach eindeutig eine rechtsverbindliche Entscheidung im Einzelfall darstellt. Dass im vorliegenden Fall keinesfalls über die Angelegenheit zur Gänze entschieden werden soll, folgt aus den detaillierten Anleitungen hinsichtlich der vom Bürger bzw. von der Bürgerin in weiterer Folge zu setzenden Schritte. Sowohl für das elektronische als auch für das schriftliche Verfahren wird klargestellt, dass noch Antragsformulare bzw. Erklärungen auszufüllen und im Falle der Geltendmachung von Sonderausgaben, Werbungskosten oder außergewöhnlichen Belas­tungen weitere Angaben zu machen sind, aufgrund derer dann die endgültige Gutschrift berechnet werden kann. Da zudem auch keine - gemäß § 58 Abs. 1 AVG gesetzlich geforderte - ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid erfolgte, kann angesichts des fehlenden normativen Charakters eine Qualifikation des gegenständlichen Schreibens als Bescheid ausgeschlossen werden.

 

Erst nach Abgabe der Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2007 durch die informierte Bürgerin bzw. den informierten Bürger wird das zuständige Finanzamt tätig. Die dort beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter handeln dabei nicht auf spezielle Weisung von mir oder von Bediensteten des Bundesministeriums für Finanzen, sondern kommen ihren vorgesehenen Aufgaben nach.

 

Zu 8.:

Ein Anspruch ergibt sich erst, wenn ein entsprechender Antrag seitens des bzw. der Steuerpflichtigen beim Finanzamt eingebracht wird, auf dessen Grundlage sodann das Guthaben im Einzelfall errechnet wird. Dem im Schreiben genannten Betrag kann lediglich der Informationsgehalt entnommen werden, dass für den Fall der Abgabe einer Erklärung ohne Bekanntgabe zusätzlicher Abschreibepositionen mit einem Guthaben in Höhe dieses Betrages gerechnet werden kann.

 

Zu 9. und 10.:

Es bestehen keine divergierenden Rechtsmeinungen. Wie bereits erläutert, erfolgt die Berechnung der Steuergutschriften nicht durch das Bundesministerium für Finanzen, sondern durch das zuständige Finanzamt. Ein Anspruch besteht in der seitens des Finanzamtes ermittelten Höhe.

 

Zu 11.:

Die Rechtsgrundlage ist in Gestalt der ministeriellen Leitungs- und Weisungsbefugnis gegeben. Zu den Art. 77 und 20 Abs. 1 B-VG tritt hinsichtlich der Wahrnehmung des Leitungs- und Weisungsrechtes gegenüber nachgeordneten Verwaltungsbehörden, Ämtern und sonstigen Verwaltungseinrichtungen die Fachaufsicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 lit a iVm Teil 1 Z 8 der Anlage zu § 2 Bundesministeriengesetz 1986 hinzu. Wie bereits ausgeführt, ist eine Einsichtnahme in die einzelnen Steuerdaten meinerseits oder durch Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter des Bundesministeriums für Finanzen aber gar nicht erfolgt.

 

Zu 12.:

Die Tatbestände des § 48a BAO werden durch das Offenbaren oder Verwerten von Verhältnissen oder Umständen verwirklicht. Keine dieser Begehungshandlungen wird durch den gegenständlichen Brief erfüllt. „Offenbaren“ setzt voraus, dass Tatsachen Dritten mitgeteilt werden und nicht wie in den vorliegenden Fällen dem Betroffenen selbst. „Verwerten“ bezeichnet das Ausnützen zu fremdem oder eigenem Vorteil. Der einzige unmittelbare Vorteil ist aber im Informationsgewinn auf Seite des bzw. der Steuerpflichtigen zu erkennen. Davon abgesehen dient die Verwertung im vorliegenden Fall der Durchführung eines Abgabenverfahrens und erfüllt damit die Voraussetzung des § 48a Abs. 4a BAO.

 

Zu 14.:

Das Bundesministerium für Finanzen wird die Rückmeldungen und Ergebnisse der gegenständlichen Aktion nutzen, um die Serviceorientierung weiter auszubauen. Eine Aussage, ob der Forderung der Arbeiterkammer Salzburg gefolgt werden kann, kann erst nach Auswertung der Daten und Prüfung aller Möglichkeiten sowie unter Wahrung der rechtlichen Rahmenbedingungen getroffen werden.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Mag. Wilhelm Molterer eh.