520/AB XXIII. GP

Eingelangt am 11.05.2007
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

 

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

 

Frau                                                                               Geschäftszahl:          BMUKK-10.000/0029-III/4/2007

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                                                Wien, 10. Mai 2007

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 524/J-NR/2007 betreffend Förderung gesunder Ernährung bei Kindern und Jugendlichen an den Schulen, die die Abg. Ing. Kurt Gartlehner und GenossInnen am 15. März 2007 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Fragen 1 und 2:

Dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur wurden in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Forschungsprojekten, bekannten Ergebnissen schulärztlicher Unter­suchungen und Berichten der Schulaufsicht die Fragenkomplexe Über- bzw. Untergewicht, fehlende gesunde Ernährung und mangelnde Bereitschaft für Bewegung und Sport bekannt.

 

Das Ressort unterstützt daher im Rahmen der schulischen Gesundheitsförderung Projekte und Initiativen, die die Gefahren des Über- bzw. Untergewichtes aufzeigen, das Bewusstsein für gesunde Ernährung sowie für die Bedeutung von Bewegung und Sport stärken. Das Unter­richtsprinzip „Gesundheitserziehung“, das als zentraler Bestandteil jeglichen pädagogischen Handelns in allen Schularten und Unterrichtgegenständen zu verwirklichen ist, verfolgt als Ziel­setzung, die Förderung der persönlichen Kompetenzen und Leistungspotentiale der Schüle­rinnen und Schüler im Hinblick auf ein gesundheitsbewusstes, eigenverantwortliches Handeln und Wissen.

 

Im internationalen Raum zeigt sich aufgrund der ähnlichen Entwicklungen die zunehmend deut­licher werdende Forderung nach verändernden Maßnahmen. Österreich ist über das Ressort Mitglied im „European Network of Health Promoting Schools (ENHPS)“, der Nachfolge­organisation des „Internationalen Netzwerkes Gesundheitsfördernder Schulen“ der Weltgesund­heitsorganisation/des Europarates und daher am Erfahrungsaustausch und am Informations­stand durch internationale Projekt und Studien direkt beteiligt.

 

Zu Fragen 3 und 4:

Aufzeichnungen zum Gesundheitszustand der Schülerinnen und Schüler werden derzeit durch die Schulärztinnen und Schulärzte am jeweiligen Schulstandort vorgenommen und die Ergeb­nisse (auch der längerfristigen Beobachtung am Schulstandort) werden in den Schul- und Klassenkonferenzen berücksichtigt und münden in die einzelnen Schulplanungen und Schulpro­gramme. Darüber hinaus unterstützt bzw. ermöglicht das Ressort die Feldforschung unter­schiedlicher Einrichtungen, die die Gesundheitsförderungsstrategie des Ressorts maßgeblich beeinflussen (siehe die Beantwortung der Frage 5).

 

Zu Frage 5:

Bei der Frage nach wissenschaftlichen Studien und Forschung wäre Folgendes zu bemerken:

 

1. Österreichweite Feldstudie zur Erhebung der Prävalenz von Übergewicht bei 6- bis 14-jährigen Schülerinnen und Schülern:

Im Schuljahr 2006/2007 wurden im Rahmen einer Studie des Österreichischen Grünen Kreuzes (Österreichische Liga für Präventivmedizin; Vereinigung zur Gesundheitsaufklärung und Gesundheitsvorsorge; Leitung: Prim. Univ.-Prof. Dr. Karl Zwiauer als Leiter der Kinderabteilung im Zentralklinikum St. Pölten sowie als Vorsitzender der Ernährungskommission in der Gesell­schaft für Kinder- und Jugendheilkunde) Messungen fast ausschließlich von Schulärztinnen und Schulärzten vorgenommen und die Mitwirkung den Schulen durch einen Erlass des Ressorts empfohlen. Die Erhebungen wurden in ganz Österreich durchgeführt und insgesamt etwa 125 000 Kinder (pro Bundesland ca. 15% der Schülerinnen und Schüler) erfasst. Die Vorstellung der Auswertung ist für Mai 2007 geplant.

 

2. International vergleichendes Forschungsvorhaben „Health Behaviour in School-aged Children (HBSC)“:

Das Ludwig Boltzmann-Institut für Medizin– und Gesundheitssoziologie führt die „HBSC-Studie“ im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend durch. Die österreichi­sche Studie ist Teil eines international vergleichenden Forschungsvorhabens, welches alle vier Jahre unter Schirmherrschaft der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchgeführt wird. An der Studie nehmen 35 Staaten aus Europa und Nordamerika teil. Mit Hilfe eines Fragebogens werden Schülerinnen und Schüler im Alter von 9 bis 17 Jahren zum Gesundheitsverhalten im Kindes- und Jugendalter befragt (Themen: Gesundheitszustand, Lebenszufriedenheit und Lebensqualität, Psychisches Wohlbefinden, Körperliche Aktivität, Ernährung und Essverhalten, Schule und Unterricht, Freizeitverhalten, Soziale Unterstützung in der Familie und im Freundes­kreis, Unfälle, Mobbing, Risikoverhalten - Alkohol, Rauchen etc.). In der Studie wurden die Beziehungen zwischen dem Gesundheitsverhalten und der subjektiv berichteten Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Alter von 9 bis 17 Jahren untersucht. Dabei wird ein besonde­rer Schwerpunkt auf die Identifikation von Präventionsmöglichkeiten in dieser Alterklasse gelegt. Weiterhin geben die Ergebnisse Auskunft über die gesundheitliche Lage von Kindern und Jugendlichen im nationalen und internationalen Vergleich. Die ersten Ergebnisse werden derzeit durch das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend veröffentlicht.

 

3. Die „HELENA-Studie“ (EU-Projekt „Healthy Lifestyle in Europe by Nutrition in Adolescence“):

Die „HELENA-Studie“ (Studienleitung in Österreich: Prof. Dr. Kurt Widhalm/Medizinische Uni­versität Wien) wurde durch das damalige Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur gefördert und wird von Mai 2005 bis April 2008 in zehn verschiedenen EU-Ländern durchgeführt. Der Ernährungs- und Gesundheitszustand von 3 000 13- bis 16-jährigen Jugend­lichen wurde erfasst. Es sollen Kenntnisse über die komplexen Zusammenhänge zwischen Zivi­lisationskrankheiten, Lebensstil der Jugendlichen, physiologischen Faktoren, Genetik und Umweltfaktoren gewonnen werden. Weiters sollen „Gesunde Lebensmittel“ sowie ein „Lifestyle Education Programme“ entwickelt werden, um die Gesundheit von Jugendlichen zu verbessern. In der dreijährigen Laufzeit der Studie werden drei Schwerpunkte gesetzt:

-     Erfassung des Ernährungs- und Gesundheitszustandes mittels Untersuchungen (auch Blut­untersuchungen), Tests und Fragebögen;

-     Entwicklung eines interaktiven Interventionsprogrammes am Computer, das auf Verbesse­rung der Lebensgewohnheiten, besonders Ernährung und Bewegung, abzielt;

-     In Zusammenarbeit mit der Industrie Entwicklung von gesundheitsfördernden Lebensmitteln, die auf den Geschmack der Jugendlichen abgestimmt sind.

In Wien wurden 300 Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Schulformen und Bezirken in das Projekt miteinbezogen. Zwischenergebnisse werden mit Ende des Schuljahres 2006/2007 zur Verfügung stehen.

 

4. PRESTO – „Prevention Study of Obesity“:

Das Projekt PRESTO (2004: Studienleitung in Österreich: Prof. Dr. Kurt Widhalm/Medizinische Universität Wien) wurde vom Ressort und dem Fonds „Gesundes Österreich“ unterstützt. Durchgeführt wurde es an sechs allgemein bildenden höheren Schulen und sechs Hauptschulen sowie 12 Kontrollschulen, bei jeweils ca. 300 Kindern. Die Ernährungsgewohnheiten der Kinder waren deutlich verbesserungswürdig, ganz besonders bei den Hauptschülerinnen und -schülern. Die Ernährungsgewohnheiten wurden durch das Projekt signifikant und nachhaltig verbessert, insbesondere bei den Schülerinnen und Schülern der allgemein bildenden höheren Schulen. PRESTO soll als erfolgreiches Präventionsprojekt in einem weiterentwickelten Ansatz fortgeführt werden, mit einer neuerlichen Intervention in den teilgenommenen Schulklassen sowie einer Ausweitung auf andere Schulen in Österreich.

 

Zu Frage 6:

Die Bundesregierung will über „Prävention, Gesundheitsförderung und Public Health“ mit einer ausgeweiteten Prävention und Gesundheitsförderung auf inhaltlicher, struktureller und finan­zieller Ebene die Menschen in ihren Lebensumwelten, wie Arbeit, Kindergarten, Schule oder Gemeinde erreichen. Das aktuelle Regierungsprogramm benennt neben der Ernährung auch den „Sport“ als Gesundheitsfaktor und will Bewegung und Sport als anerkannte Säulen der Prä­vention im Gesundheitssystem verankern.

 

Gesundheitsförderung in der Schule bedeutet, Einflüsse so zu gestalten und zu verändern, dass sie sich möglichst positiv auswirken. Im Mittelpunkt stehen Veränderungen bei einzelnen Perso­nen und Gruppen („Empowerment-Ansatz“) und die gesundheitsförderliche Gestaltung von Situ­ationen und Umwelten („Setting-Ansatz“). Die im Ressort neu entwickelte „Strategie zur Gesundheitsförderung in den österreichischen Schulen“ hat die hauptsächliche Zielsetzung in der Kompetenzentwicklung im Umgang mit Gesundheit und mit Wissenszuwachs und Entwick­lung von persönlicher Handlungskompetenz sowie gesundheitsförderliche Gestaltung von Situa­tionen bzw. Umwelten, in denen sich Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer sowie Eltern oder Erziehungsberechtigte aufhalten. Schulische Gesundheitsförderung geht von der Schulgemeinschaft selbst aus und wird natürlich von außerschulischen Einrichtungen und Rahmenbedingungen wesentlich mit gestaltet. Zielgruppen in der Schule sind Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer einschließlich Schulleiterinnen und Schulleiter, nicht unter­richtendes Personal, Eltern oder Erziehungsberechtigte. Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sind zB. Schulärztinnen und Schulärzte, Schulpsychologinnen und Schulpsychologen und/oder die Schulaufsicht in den einzelnen Fachbereichen.

 

Der Aktionsplan umfasst die Förderung gesunder Lebensumwelt und Lebensstile (Bewegung, Ernährung, Suchtverhalten, Mental Health und Unfallgefährdung), das Bereitstellen von Finan­zierungslösungen und Unterstützungsmodellen (Kooperation, Vernetzung), sowie die öffentlich­keitswirksame Vorstellung von Best-Practice-Lösungen. Notwendig war daher die Etablierung einer „Servicestelle für Gesundheitsbildung“ (GIVE) mit (auch) niederschwelligen Informations­angeboten, insbesondere zu dem Thema „Ernährung“ („Gesunde Jause“ - www.give.or.at ).

 

Einzelne Schulprojekte auch zum Thema Ernährung werden über den „Fonds zur Förderung und Finanzierung von Bildungsinitiativen zur Nachhaltigkeit in den Bereichen Umwelt und Gesundheit“ unterstützt: Entsprechende, innovative Projektideen von Schulen können pro Pro­jekt bis zu € 1 500, außerschulische Organisationen bis zu € 10 000 an Förderung erhalten.

 

Das Ressort hat gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend sowie dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger das Projekt „Gesunde Schule“ ins Leben gerufen und die Finanzierung sichergestellt (2006/07 – 2007/08), das als Teilziele vorsieht:

-        Aufbau einer Organisationsstruktur zur schulischen Gesundheitsförderung in Österreich;

-        Darstellung der aktuellen wissenschaftlichen Evidenz zur schulischen Gesundheitsförderung;

-        Entwicklung eines Ablaufmodells zur Definition von Zielen für den Bereich der schulischen Gesundheitsförderung;

-        Generierung eines bedarfsorientierten und qualitätsgesicherten Dienstleisterpools für Schulen zum Themenfeld Gesundheitsförderung;

-        Entwicklung eines Modellprojektes zur Neugestaltung der Gesundheitsbetreuung in Schulen;

-        Entwicklung und Erprobung von Qualitätssicherungsinstrumenten (Commitmenturkunde, Güte­siegel) für die schulische Gesundheitsförderung;

-        Entwicklung eines Instrumentes zur Messung des gesundheitlichen Outcomes von Maß­nahmen der schulischen Gesundheitsförderung.

 

Das Ressort hat über die Koordination des Schulärztlichen Dienstes gemeinsam mit Schul­ärztinnen und Schulärzten und in Zusammenarbeit mit Ernährungswissenschafterinnen und Ernährungswissenschaftern Informationsmaterialien entwickelt, die sich mit dem Ess- und Ernährungsverhalten von Kindern und Jugendlichen beschäftigen und auf der Website www.schularzt.at einen Schwerpunkt Adipositias bei Kindern gesetzt. Ebenso wurden in den beiden letzten Jahren regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen für Schulärztinnen und Schul­ärzte zum Thema „Ernährung und Bewegung“ abgehalten (jüngst Mai 2007 in Linz).

 

Zu Fragen 7 bis 9:

Im Rundschreiben Nr. 53/1997 des Ressorts (Richtlinie für Buffetbetriebe, Lehrmittelverkaufs­stellen, Automaten und Kopiergeräte) ist unter Punkt 7 neben dem Mindestangebot des Waren­korbes (ua. Vollkornbrot, Knäckebrot, Milchgetränke, Mineralwasser, Fruchtsaftgetränke, Joghurt, Obst je nach Jahreszeit und verschiedenste Formen von Müsli) auch die ausdrückliche Empfehlung für die Verwendung von Produkten aus biologischem Anbau enthalten. Diesem für die Ausschreibung bzw. Vergabe zur Führung von Finalküchen und Buffets an Bundesschulen relevanten Rundschreiben ist ein Musterpachtvertrag beigelegt, in welchem unter Punkt V.5 das Mindestangebot sowie das Mitspracherecht des Schulgemeinschaftsausschusses und des Schularztes hinsichtlich eines darüber hinausgehenden Zusatzangebotes festgelegt sind. Der diesbezügliche Einsatz von Bio-Produkten bzw. eine „gesunde Ernährung“ liegt somit auch in deren Einflussbereich und wird durch die daraus resultierende Nachfrage geregelt.

 

Im Bereich Umweltbildung wird seit Jahren auf „Gesunde Ernährung“ - vor allem vom „FORUM Umweltbildung“ (vor 1996 ARGE Umwelterziehung) - hingewiesen: zB. in der aktuellen Nummer der Zeitschrift „umwelt & bildung“, Nr. 1/2007, Thema „Neu essen lernen“. Im Schwer­punkt­programm „Ökologisierung von Schulen – Bildung für Nachhaltigkeit ÖKOLOG“ ist Ernährung eines der Hauptthemen und war Jahresthema der Jahre 2004/2005. In der web site www.oekolog.at Themenbereich „Ernährung“ ist eine gut aufbereitete, reichhaltige Information für Schulen – von der Check-Liste über einen Leitfaden zur Integration von biologischen Produkten in die Schulverpflegung bis hin zur Grundsatzliteratur (http://www.umweltbildung.at/cgi-bin/cms/af.pl?navid=19) – bereitgestellt.

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.