601/AB XXIII. GP

Eingelangt am 29.05.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für europäische und internationale Angelegenheiten

Anfragebeantwortung

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen haben
am 29. März 2007 unter der Nr. 593/J-NR/2007 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage
betreffend „gezielte Tötung des österreichischen UN-Offiziers Major Hans-Peter Lang durch einen
israelischen Angriff“ gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zunächst ist festzuhalten, dass auf Grundlage aller verfügbaren Informationen Bezeichnungen wie
„gezielte Tötung" und „Anschlag" auf den vorliegenden tragischen Unglücksfall nicht zutreffen.
Die Bezeichnung „Täterland Israel" halte ich darüber hinaus - wie jede andere Form einer
Kollektivschuldvermutung - für unakzeptabel.

Zu den Fragen 1 und 2:

Es liegen drei Berichte vor:

a)       Bericht der Untersuchungskommission der Vereinten Nationen (UN) über den Vorfall an der
UN-Patrouillenbasis (PB) Khiam am 25. Juli 2006.

b)  Bericht der Israelischen Streitkräfte, basierend auf einer schriftlichen Zusammenfassung eines
mündlichen Briefings der israelischen Streitkräfte an die Botschafter und Militärattachés von
Kanada, China, Finnland und Österreich über die Geschehnisse an der PB Khiam aus israelischer
Sicht.


c) Bericht einer von der Staatskanzlei des finnischen Ministerpräsidenten eingerichteten
Expertengruppe, die die Untersuchungsberichte der Vereinten Nationen sowie Israels analysiert hat.

Zu den Fragen 3 bis 5:

Der UN-Bericht beinhaltet neben einer umfassenden Darstellung des UN-Einsatzes im Libanon
allgemein und der Entwicklung der Lage im Südlibanon eine Analyse der Geschehnisse am 25. Juli
2006 einschließlich der geplanten Evakuierung des Personals aus der PB Khiam. Der UN-Bericht
enthält auch konkrete Empfehlungen, um Ereignissen dieser Art hinkünftig bestmöglich
vorzubeugen.

Der Bericht Israels befasst sich im Wesentlichen mit den Vorgängen innerhalb der im Raum Khiam
eingesetzten Streitkräfte. Insbesondere wird erörtert, wie es zu dem verhängnisvollen Irrtum, der
zum Tod der vier UN-Beobachter führte, kommen konnte.

Dem finnischen Bericht liegen keine eigenen Untersuchungsergebnisse zugrunde, er beschränkt
sich auf eine Analyse der Untersuchungsberichte der Vereinten Nationen sowie Israels. Folglich
kommt der finnische Bericht auch zu keiner neuen Beurteilung der Vorfälle in Khiam.

Alle vorliegenden Berichte kommen zu dem Ergebnis, dass der Abwurf der Fliegerbombe nicht Teil
eines gezielten Angriffs auf die PB Khiam war, sondern auf einem schweren operativen Fehler der
Israel Defense Forces (IDF) beruhte.

Darüber hinaus enthalten der UN-Bericht sowie jener Finnlands konkrete Empfehlungen zur
Verbesserung der Sicherheit von UN-Personal im Friedenssicherungseinsatz. Vorgeschlagen wird
jeweils die Verbesserung der Kommunikation der UN-Truppen mit den Streitkräften der
Konfliktparteien, um in Notsituationen eine rasche und wirksame Kommunikation sicherzustellen.
Auch die Forderung, den Aufenthalt illegaler bewaffneter Gruppen in der unmittelbaren Nähe von
UN-Einrichtungen künftig in Mandaten des Sicherheitsrates für Friedensoperationen ausdrücklich
zu ächten, wird in beiden Berichten erwähnt, genauso wie der verbesserte Schutz unbewaffneter
UN-Beobachter.


Zu den Fragen 6 und 7:

Am 26. Juli 2006 morgens hat die israelische Außenministerin Tzipi Livni mir telefonisch ihr
Bedauern ausgedrückt sowie eine gründliche Untersuchung des Vorfalles zugesichert. Kurz vor der
Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse der israelischen Streitkräfte hat sich die israelische
Außenministerin am 11. September 2006 in einem Telefongespräch mit mir formell im Namen der
israelischen Regierung für den Vorfall in Khiam entschuldigt.

Am 14. September, anlässlich des Briefings durch die israelischen Streitkräfte zu den Ergebnissen
der israelischen Untersuchungen des Vorfalls in Khiam, sprach Brigadegeneral Udi Deckel im
Namen der israelischen Streitkräfte eine formelle Entschuldigung aus und erklärte, dass die
israelischen Streitkräfte die volle Verantwortung für den Vorfall in Khiam übernehmen.

Der israelische Premierminister Ehud Olmert drückte darüber hinaus in einem Schreiben vom 19.
September 2006 an Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel sein tiefes Bedauern über die tragische
Tötung der Blauhelme in Khiam aus.

Zu den Fragen 8 und 9 sowie 18 bis 20:

Laut Auskunft des israelischen Außenministeriums erfolgen Zahlungen an Hinterbliebene von im
Einsatz getöteten Blauhelmen durch die Vereinten Nationen. Gemäß Auskunft der Vereinten
Nationen wird die Frage der Stellung von Schadensersatzansprüchen durch die Vereinten Nationen
an Israel noch geprüft. Allfällige Leistungen Israels hängen wohl vom Ergebnis dieser
Überprüfungen ab und können zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden.

Zu den Fragen 10 und 11:

Die entsprechenden Lehren, die Österreich aus dem Tod von Major Lang ziehen kann, betreffen die
Steigerung der Sicherheit der österreichischen UN-Soldaten.


Der Untersuchungsbericht der Vereinten Nationen gibt diesbezüglich konkrete Empfehlungen ab
(siehe auch Antwort auf Frage 3). Dies betrifft insbesondere die Verbesserung der Kommunikation
zwischen UN-Truppen und den Streitkräften des Gastlandes bzw. der Streitparteien, um in
Notsituationen eine rasche und wirksame Verbindung sicherzustellen sowie die Forderung, den
Aufenthalt illegaler bewaffneter Gruppen in der unmittelbaren Nähe von UN-Posten künftig in
Mandaten des Sicherheitsrates für Friedensoperationen ausdrücklich zu ächten.

Österreich setzt sich nachdrücklich für die konsequente Umsetzung dieser Empfehlungen ein. Über
die wichtigsten der Forderungen konnte mittlerweile auf Arbeitsgruppenebene bei den Vereinten
Nationen Konsens erzielt werden.

Zu den Fragen 12 bis 14:

Das diesbezüglich federführende Bundesministerium für Landesverteidigung hat eine
Entschädigungsleistung für die Familie von Major Lang als Hilfeleistung an Hinterbliebene gemäß
Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz in der Höhe von € 109.009,30 im Jänner 2007
ausbezahlt. Für weitere Informationen verweise ich auf die Anfragenbeantwortung des
Bundesministers für Landesverteidigung unter Zahl 596/J-NR/2007.

Zu den Fragen 15 bis 17:

Im Schreiben vom 19. September 2006 an Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ersuchte der
israelische Premierminister Ehud Olmert auch darum, der Familie von Major Lang sein tief
empfundenes Beileid auszudrücken.


Zu den Fragen 21 bis 23, 25 und 26:

Ich habe mich nach Bekanntwerden des Todes von Major Lang am 26. Juli 2006 mit der
israelischen Außenministerin Livni telefonisch in Verbindung gesetzt und eine umfassende
Aufklärung der Vorfälle im Zusammenhang mit dem Tod der 4 UN-Beobachter in Khiam
eingefordert. Am 27. August habe ich bei einem Zusammentreffen mit der israelischen
Außenministerin in Wien diese Forderung eindringlich erneuert.

Darüber hinaus wurde der israelische Botschafter Ashbel mehrmals in das Bundesministerium für
europäische und internationale Angelegenheiten zitiert und auch ihm gegenüber gegen den
Beschuss der PB Khiam protestiert und eine umfassende Aufklärung des Vorfalls eingefordert.

Zudem hat sich Österreich gemeinsam mit den anderen betroffenen Staaten (China, Finnland und
Kanada) mit Nachdruck dafür eingesetzt, dass am 27. Juli 2006 eine Präsidentschaftserklärung des
UN-Sicherheitsrats mit einer klaren Forderung nach einer umfassenden Untersuchung des Vorfalls
verabschiedet wurde.

Israel ist den Forderungen Österreichs, der anderen betroffenen Staaten sowie der Vereinten
Nationen nachgekommen und hat Auskunft über die Geschehnisse in Khiam erteilt sowie sich für
den Vorfall formell entschuldigt.

Zu Frage 24:

Es gibt keine einheitliche Staatenpraxis.