615/AB XXIII. GP

Eingelangt am 30.05.2007
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

 

 

An die                                                                                    Zl. LE.4.2.4/0043 -I 3/2007

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 29. Mai 2007

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Petra Bayr, Kolleginnen

und Kollegen vom 30. März 2007, Nr. 617/J, betreffend

Biokraftstoffentwicklung in Österreich

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen vom 30. März 2007, Nr. 617/J, betreffend Biokraftstoffentwicklung in Österreich, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu den Fragen 1, 2, 4 und 13:

 

Im Rahmen der Berichtspflicht des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) an die EK gemäß Art. 4, Abs. 1 der Richtlinie 2003/30/EG „Biokraftstoffe im Verkehrssektor“ wird die Produktionskapazität und seit dem Bericht für das Berichtsjahr 2005 der Absatz von Biokraftstoffen jährlich erfasst, nicht aber der Mix an Quellpflanzen zur Herstellung der Biokraftstoffe. Nach Informationen der Biodieselhersteller besteht der weitaus überwiegende Anteil an Quellpflanzen zur Produktion von Biodiesel nach wie vor aus Raps.

 

In der Mitteilung der Kommission vom 10.01.2007 „Fortschrittsbericht Biokraftstoffe“ wird festgestellt, dass nach den Daten der EK die Bedeutung von Palmöl für die Biokraftstoffproduktion derzeit in Europa deutlich überschätzt wird: „Als Beispiel aus jüngerer Zeit anzuführen ist die weit verbreitete Auffassung, Europas Verbrauch an Biodiesel habe dazu geführt, dass in Indonesien und Malaysia Wälder abgeholzt und natürliche Habitate zerstört worden seien, um Anbauflächen für die Palmölproduktion zu schaffen. Tatsächlich werden in der Biodieselproduktion geringe Mengen Palmöl eingesetzt; im Jahr 2005 waren es schätzungsweise 30.000 t. Die weltweite Palmölproduktion hingegen ist im Zeitraum 2001/2002 bis 2005/2006 um fast 10 Millionen Tonnen gestiegen. Treiber dieser Entwicklung war der Nahrungsmittelmarkt, nicht der Biokraftstoffmarkt.“

 

Zu Frage 3:

 

Jährliche Aufzeichnungen über die Entwicklung der Produktionskapazitäten bzw. über den Absatz von Biokraftstoffen werden im BMLFUW im Rahmen der Berichtspflicht an die EK ab dem Berichtsjahr 2003 geführt (siehe zu Frage 1). Der einzige Biokraftstoff, der in nennenswerten Mengen in den letzten Jahren in Österreich produziert und verwendet wurde, ist Biodiesel (Die folgenden Angaben zu den Produktionskapazitäten stammen aus den im Internet veröffentlichten Berichten der jeweiligen Jahre).

 

·        2003 und 2004 wurden in Österreich laut Auskunft der Produzenten 55.000 t Biodiesel hergestellt; von dieser Menge wurden etwa 90 % im Ausland verkauft.

·        Im Jahr 2005 wurden in Österreich laut Auskunft der Produzenten bzw. Schätzungen etwa 70.000 t Biodiesel hergestellt; von dieser Menge wurden etwa 50 % im Ausland verkauft. Insgesamt wurden etwa 75.000 t beigemischter und 17.000 t purer Biodiesel in Verkehr gebracht.

·        Der Bericht für 2006 ist derzeit in Bearbeitung.

 

Zu Frage 5:

 

Die Verwendungszwecke von Palmöl sind sehr vielseitig. Diese umfassen die Verwendung in der Lebensmittelindustrie als Speisefett, aber auch die Herstellung von Margarine und Fertigspeiseprodukten. Weiters können aus Palmöl Waschmittel und Seifen, sowie Kerzen und Kosmetika erzeugt werden; Palmöl kann aber auch technisch verwendet werden. 


 

Zu Frage 6:

 

Das Importvolumen von Palmöl nach Österreich verzeichnete in den letzten Jahren einen Anstieg, wobei eine genaue Zuordnung auf die einzelnen Verwendungszwecke nicht vorgenommen werden kann. Die Importe lagen im Wirtschaftsjahr 2003/2004 bei 15.300 t und haben sich im Wirtschaftsjahr 2004/2005 etwa verdoppelt (32.800 t). Im Wirtschaftsjahr 2005/2006 betrugen die Importe an Palmöl 37.800 t.

 

Zu den Fragen 7 bis 9:

 

Derzeit verfügt Österreich bereits über eine genügend hohe Kapazität zur Herstellung von Biodiesel um den heimischen Markt zu versorgen. Diese Kapazität soll sich in den nächsten Jahren noch weiter erhöhen. Mit dem Start der Beimischung von Bioethanol bzw. Bio-ETBE zu Benzin wird nach Angaben der AGRANA das Bioethanolwerk in Pischelsdorf die nötigen Mengen an Bioethanol für Österreich ab 1.10.2007 liefern können.

 

Prognosen über die zukünftigen Mengenströme und Arten von Biokraftstoffen, Ölsaaten bzw. Pflanzenölen sind jedenfalls in größerem Rahmen zumindest auf EU-Ebene zu betrachten und vor allem von einer Reihe von Entscheidungen auf europäischer Ebene abhängig, die voraussichtlich in nächster Zeit getroffen werden und die Rahmenbedingungen vorgeben werden. So wird derzeit die Kraftstoffqualitäts-Richtlinie verhandelt und die Novellierung zur Biokraftstoff-Richtlinie für Herbst d. J. erwartet, mit möglichen Aussagen über verpflichtende Biokraftstoffziele bzw. über das erwünschte Verhältnis zwischen in der EU produzierten und importierten Rohstoffen und Biokraftstoffen. Darüber hinaus wird es auch zu einer möglichen Überarbeitung der Qualitätsnorm für Biodiesel EN 14214 kommen, die einen Einfluss auf die möglichen einsetzbaren Rohstoffe haben kann.

 

Zu den Fragen 10 und 14:

 

Das BMLFUW wird sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass der in den beiden Mitteilungen der Kommission zum „Biomasse Aktionsplan“ und zur „EU-Strategie für Biokraftstoffe“ genannte Vorschlag über eine Regelung, die sich auf ein Zertifizierungssystem stützt, umgesetzt wird. Danach sollen in der EU nur jene Mengen an Biokraftstoffen angerechnet werden, deren Rohstoffe nach den Mindestnormen für Nachhaltigkeit angebaut werden.

 

Diese beiden Mitteilungen der Kommission sehen vor, dass sowohl die in der Gemeinschaft erzeugten als auch importierten Rohstoffe für Biokraftstoffe und Biokraftstoffe nach den Mindestnormen für Nachhaltigkeit erzeugt sein müssen. Für importierte Biotreibstoffe wird ein Zertifizierungssystem vorgeschlagen. In der EU erzeugte Biotreibstoffe unterliegen hinsichtlich der landwirtschaftlichen Rohstoffe der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, die die dahingehenden Anforderungen sicherstellen.

 

Österreich hat diese Festlegungen im Rat klar unterstützt, wie unter anderem auch in den „Schlussfolgerungen des (österreichischen) Vorsitzes - Aktionsplan für Biomasse und EU-Strategie für Biokraftstoffe“ vom 20.02.2006 (Dokument SN 1573/06) klar zum Ausdruck kommt.

 

Im Übrigen dürfte es allgemeiner Wissensstand sein, dass die Gewinnung und Verwendung von fossilen Treibstoffen im Verkehrssektor bei weitem weniger den Grundsätzen der Nachhaltigkeit entspricht als die von Biokraftstoffen.

 

Zu den Fragen 11 und 12:

 

Informationen zum kolportierten Projekt der OMV sind dem BMLFUW nur soweit bekannt, als dass es laut Pressemeldungen ein Memorandum of Understanding zwischen der finnischen Neste Oil und der OMV über den Bau einer Biodieselanlage der zweiten Generation gibt. Weiters hat das Ressort davon Kenntnis, dass die OMV die Durchführung einer Machbarkeitsstudie über die Errichtung einer Produktionsanlage für Biodiesel der 2. Generation in der Raffinerie Schwechat beauftragt hat. Die Anlage soll auf Basis der von Neste Oil entwickelten NExBTL-Technologie umgesetzt werden. Mit dem Ergebnis der Machbarkeitsstudie wird Ende 2007 gerechnet, wobei die Ergebnisse als Entscheidungsgrundlage für eine Bauentscheidung dienen sollen.

 

Generell kann bei diesem Verfahren zur Biodieselherstellung jedes native Öl und Fett als Rohstoff eingesetzt werden. Die Wahl des Rohstoffs wird demnach von den qualitativen Eigenschaften in Verbindung mit dem Preis abhängen. Nach den dem BMLFUW vorliegenden Informationen ist noch keine positive Entscheidung für einen Bau der OMV-Anlage gefallen. Es liegen daher auch keine Informationen über den geplanten Einsatz an potentiell verwendbaren Rohstoffen vor.

 

Zu Frage 15:

 

In der Mitteilung der Kommission vom 10.01.07 „Fortschrittsbericht Biokraftstoffe“ wird festgestellt, dass nach den Daten der EK die Bedeutung von Palmöl für die Biokraftstoffproduktion derzeit in Europa deutlich überschätzt wird (siehe auch zu Frage 1).

 

Unter der Voraussetzung einer nachhaltigen Produktion und Verwendung von Palmöl könnte sich eine steigende Nachfrage nach Palmöl vor allem für die produzierenden Länder der dritten Welt auch durchaus positiv auswirken.

 

Zu den Fragen 16 bis 18:

 

Das Entwicklungszusammenarbeitsgesetz (EZA-G), BGBl. I Nr. 49/2002 idgF, überträgt der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten die federführende Zuständigkeit und in § 28 die Koordinationsbefugnis für die internationale Entwicklungspolitik. Das  EZA-G  enthält in § 1 Abs. 5 ein für die gesamte Vollziehung des Bundes verpflichtendes Kohärenzgebot, wonach „der Bund … die Ziele und Prinzipien der Entwicklungspolitik bei den von ihm verfolgten Politikbereichen, welche die Entwicklungsländer berühren können …“ berücksichtigt. Das zentrale Instrument zur Umsetzung dieses Kohärenzgebotes ist die gemäß § 23 EZA-G jährlich erfolgende Fortschreibung des Dreijahresprogramms, das mit den anderen mit Entwicklungszusammenarbeit befassten Ressorts abgestimmt und im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen der Bundesregierung vorgelegt wird. Weiters werden sämtliche Gesetzesvorschläge mit EZA-relevanten Inhalten vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten unter dem Gesichtspunkt der entwicklungspolitischen Kohärenz überprüft. Zum Thema Kohärenz finden regelmäßig Gesprächsrunden statt.

 

 

Der Bundesminister: