670/AB XXIII. GP
Eingelangt am 15.06.2007
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE
BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0047-Pr 1/2007
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 690/J-NR/2007
Der Abgeordnete zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Strafrechtliches Entschädigungsgesetz – Vollziehung im Jahr 2006 – Zahlen und Fakten“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
Im Jahr 2006 wurden 9.885 Personen in Verwahrungshaft/Untersuchungshaft genommen. Davon waren
|
- |
8.451 |
Männer |
|
- |
727 |
Frauen und |
|
- |
707 |
Jugendliche (665 männlich, 42 weiblich) |
Zu 2:
Eine Auswertung nach Gerichtshöfen liegt mir nicht vor und kann per Hand nicht mit vertretbarem Aufwand erstellt werden. Aus der nachstehenden Tabelle kann die Anzahl der männlichen und weiblichen Personen (jeweils inkl. Jugendlicher) entnommen werden, die im Jahr 2006 in Untersuchungshaft bzw. in Verwahrungshaft genommen wurden, gegliedert nach den sie aufnehmenden Justizanstalten. Eine an die Verwahrungshaft unmittelbar anschließende Untersuchungshaft wird als Verwahrungshaft gezählt.
Zugangsjustizanstalt |
Haftstatus |
Männer |
Frauen |
GESAMT |
|
EISENSTADT |
Untersuchungshaft |
38 |
|
38 |
|
|
Verwahrungshaft |
313 |
|
313 |
|
|
Ergebnis |
351 |
|
351 |
|
FELDKIRCH |
Untersuchungshaft |
7 |
|
7 |
|
|
Verwahrungshaft |
191 |
12 |
203 |
|
|
Ergebnis |
198 |
12 |
210 |
|
INNSBRUCK |
Untersuchungshaft |
4 |
|
4 |
|
|
Verwahrungshaft |
369 |
31 |
400 |
|
Ergebnis |
373 |
31 |
404 |
|
|
GRAZ-JAKOMINI |
Untersuchungshaft |
609 |
57 |
666 |
|
|
Verwahrungshaft |
150 |
11 |
161 |
|
Ergebnis |
759 |
68 |
827 |
|
|
WIEN-JOSEFSTADT |
Untersuchungshaft |
34 |
7 |
41 |
|
|
Verwahrungshaft |
4262 |
376 |
4638 |
|
Ergebnis |
4296 |
383 |
4679 |
|
|
KLAGENFURT |
Untersuchungshaft |
167 |
17 |
184 |
|
|
Verwahrungshaft |
232 |
22 |
254 |
|
Ergebnis |
399 |
39 |
438 |
|
|
KORNEUBURG |
Untersuchungshaft |
7 |
|
7 |
|
|
Verwahrungshaft |
353 |
1 |
354 |
|
Ergebnis |
360 |
1 |
361 |
|
|
KREMS |
Untersuchungshaft |
10 |
7 |
17 |
|
|
Verwahrungshaft |
75 |
21 |
96 |
|
Ergebnis |
85 |
28 |
113 |
|
|
LEOBEN |
Untersuchungshaft |
20 |
3 |
23 |
|
|
Verwahrungshaft |
220 |
12 |
232 |
|
Ergebnis |
240 |
15 |
255 |
|
|
LINZ |
Untersuchungshaft |
241 |
20 |
261 |
|
|
Verwahrungshaft |
227 |
31 |
258 |
|
Ergebnis |
468 |
51 |
519 |
|
|
RIED
|
Verwahrungshaft |
90 |
10 |
100 |
|
Ergebnis |
90 |
10 |
100 |
|
|
SALZBURG |
Untersuchungshaft |
19 |
2 |
21 |
|
|
Verwahrungshaft |
433 |
43 |
476 |
|
Ergebnis |
452 |
45 |
497 |
|
|
WIEN-SIMMERING
|
Untersuchungshaft |
6 |
|
6 |
|
Ergebnis |
6 |
|
6 |
|
|
ST.PÖLTEN |
Untersuchungshaft |
14 |
|
14 |
|
|
Verwahrungshaft |
245 |
|
245 |
|
Ergebnis |
259 |
|
259 |
|
|
STEIN
|
Verwahrungshaft |
1 |
|
1 |
|
Ergebnis |
1 |
|
1 |
|
|
STEYR
|
Untersuchungshaft |
6 |
|
6 |
|
Verwahrungshaft |
106 |
|
106 |
|
|
Ergebnis |
112 |
|
112 |
|
|
WELS |
Untersuchungshaft |
4 |
|
4 |
|
|
Verwahrungshaft |
294 |
23 |
317 |
|
Ergebnis |
298 |
23 |
321 |
|
|
WR.NEUSTADT |
Untersuchungshaft |
1 |
|
1 |
|
|
Verwahrungshaft |
368 |
63 |
431 |
|
Ergebnis |
369 |
63 |
432 |
|
|
Gesamtergebnis |
|
9116 |
769 |
9885 |
Der Anteil der Österreicher betrug 4.092 Personen, der EU-Ausländer 1.466 Personen und der Insassen aus nicht EU-Staaten betrug 4.327 Personen.
Zu 4 und 7:
Sowohl die Einstellungen als auch die Freisprüche in den folgenden Tabellen beziehen sich jeweils auf jenen Beschuldigten, über den die Untersuchungshaft verhängt wurde.
Verfahrenseinstellungen
im Jahr 2006
nach Untersuchungshaft
|
Dienststelle |
Anzahl |
|
LG für Strafsachen Graz |
3 |
|
LG für Strafsachen Wien |
22 |
|
LG Innsbruck |
1 |
|
LG Klagenfurt |
8 |
|
LG Korneuburg |
10 |
|
LG Krems |
1 |
|
LG Leoben |
1 |
|
LG Linz |
3 |
|
LG Salzburg |
1 |
|
LG St. Pölten |
1 |
|
LG Wels |
5 |
|
Gesamtergebnis |
56 |
Freisprüche
im Jahr 2006
nach Untersuchungshaft
|
Dienststelle |
Anzahl |
|
LG Eisenstadt |
8 |
|
LG Feldkirch |
4 |
|
LG für Strafsachen Graz |
29 |
|
LG für Strafsachen Wien |
235 |
|
LG Innsbruck |
11 |
|
LG Klagenfurt |
10 |
|
LG Korneuburg |
9 |
|
LG Krems |
3 |
|
LG Leoben |
5 |
|
LG Linz |
24 |
|
LG Ried im Innkreis |
2 |
|
LG Salzburg |
11 |
|
LG St. Pölten |
11 |
|
LG Steyr |
3 |
|
LG Wels |
10 |
|
LG Wiener Neustadt |
14 |
|
Gesamtergebnis |
389 |
Zu 4.1. bis 6. und 7.1. bis 8.4 und 13:
Wie schon anlässlich der Beantwortung der Anfragen Zl.3563/J-NR/2005 und Zl.4537/J-NR 2006 ausgeführt, ist es für den Anspruch auf Haftentschädigung irrelevant, ob ein Ersatzwerber Inländer, EU-Bürger, Angehöriger eines Drittstaates, Asylwerber oder Konventionsflüchtling ist, weshalb diese Daten der Ersatzwerber statistisch nicht erfasst werden. Gleiches gilt auch uneingeschränkt für die Anwendungsfälle des StEG 1969 und nur sehr eingeschränkt für die Anwendungsfälle des StEG 2005 für die Unterscheidung, ob ein Ersatzwerber nach gesetzmäßig angeordneter Untersuchungshaft in der Folge außer Verfolgung gesetzt und das Verfahren eingestellt wurde, oder ob er nach gesetzmäßig angeordneter Untersuchungshaft oder in einem wieder aufgenommenen Verfahren freigesprochen wird.
Die angeschlossene Aufstellung, Beilage A, gibt die Anzahl der im Kalenderjahr 2006 an das BMJ herangetragenen Fälle wieder. Die Anerkennung und die Auszahlung der Entschädigungsbeträge erfolgten teilweise erst im Jahr 2007.
Insgesamt haben 299 Personen 294 Anträge nach dem StEG gestellt. 13 dieser Anträge wurden aus formalen Gründen abgelehnt, weil sie zum BM.I ressortierten, Ansprüche nach dem MedG oder nach § 506a ASVG geltend gemacht wurden oder Ansprüche bereits in Vorjahren entschädigt worden waren. Es waren daher 281 Anträge zu bearbeiten. In 232 Fällen wurden die geltend gemachten Ansprüche ganz oder teilweise anerkannt, 49 Ansuchen mussten abgelehnt werden.
Nach dem StEG 1969 wurden 60 Anträge gestellt, von denen 44 positiv behandelt wurden. Nach dem StEG 2005 wurden 221 Anträge gestellt, von denen 188 positiv beurteilt werden konnten.
Bei den nach dem StEG 1969 angefallenen Fällen wurde ein Gesamtentschädigungsbetrag in der Höhe von Euro 264.691,72, bei den Fällen nach dem StEG 2005 ein Gesamtbetrag von Euro 1,445.986,93 anerkannt. Insgesamt wurden daher Forderungen in der Höhe von Euro 1,710.678,65 anerkannt, wobei hievon ein Betrag von Euro 1,571.760,23 bereits zur Auszahlung gelangte.
In 99 der insgesamt 188 nach dem StEG 2005 positiv erledigten Fälle wurde vom Mäßigungsrecht des Bundes Gebrauch gemacht, wobei in fünf dieser Fälle zusätzlich von einem Mitverschulden des Entschädigungswerbers ausgegangen wurde.
Wie sich die Zahlen auf die Landesgerichte aufteilen, ist aus der angeschlossenen Übersicht Beilage A ersichtlich.
Zu 9:
Nach einer Abfrage aus der Verfahrensautomation Justiz wurden vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien und dem Landesgericht Leoben 2 Personen, vor den Landesgerichten Korneuburg und Salzburg jeweils eine Person nach bewilligter Wiederaufnahme freigesprochen.
Zu 10:
Gestützt auf das Strafrechtliche Entschädigungsgesetz, Amtshaftungsgesetz und Art. 5 Abs. 5 der EMRK waren Ende 2006 zehn Verfahren gegen die Republik anhängig.
Zu 11:
Zum Stichtag 31.1.2.2006 waren vor dem EGMR keine Menschenrechtsbeschwerden aus Anlass strafgerichtlicher Verfahren wegen Verletzung von Artikel 5 Abs. 5 EMRK anhängig.
Zu 12:
Nach den bisherigen Erfahrungen ist eines der Hauptziele des StEG 2005, nämlich einem Ersatzwerber rasch und unbürokratisch die Durchsetzung seines Anspruches zu ermöglichen, erreicht worden. Aufforderungsschreiben werden in der Regel unmittelbar nach Beendigung eines Strafverfahrens an die Finanzprokuratur gerichtet, über den Anspruch wird in den allermeisten Fällen innerhalb der Frist des § 9 Abs.1 StEG positiv – sehr oft im Vergleichsweg – entschieden.
Im Zuge der Bearbeitung der Entschädigungssachen musste festgestellt werden, dass es im Zuge der Gesetzwerdung des StEG 2005 verabsäumt wurde, die Bestimmung des § 506a ASVG und damit verwandter Regelungen an die neue Gesetzeslage anzupassen. Dies wurde durch das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2005, BGBl I 132/2005, rückwirkend mit 1. Jänner 2005 nachgeholt.
Der berechtigte Pensionsversicherungsträger wurde von allen Fällen, in denen Ansprüche nach dem StEG 2005 zwischenzeitig anerkannt wurden, in Kenntnis gesetzt und darum ersucht, die Höhe der für die Haftzeiten nachzuentrichtenden Pensionsversicherungsbeiträge bekannt zu geben.
Zu 14:
In keinem Fall.
Zu 15 und 16:
Berücksichtigt man die Probleme und den Aufwand, im Verfahrensrecht Harmonisierung bzw. Rechtsangleichung zu erreichen, so muss man erkennen, dass für einen europäischen Rechtsakt auf dem Gebiet der Haftentschädigung nach wie vor noch nicht die Zeit gekommen ist. Dabei ist insbesondere ins Kalkül zu ziehen, dass Bemühungen um eine Analyse der Bestimmungen über das Untersuchungshaftrecht in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – als Grundlage für weitere Überlegungen – durch die Europäische Kommission erst letztes Jahr in Gang gesetzt wurden. Eine Initiative auf diesem Gebiet wäre ohne jede Erfolgsaussicht, zumal nicht einmal im Fall der Gewährleistung grundlegender Verfahrensrechte Einigung darüber erzielt werden konnte, ob Artikel 31 EUV dafür eine taugliche Rechtsgrundlage bietet.
Zu 17 und 18:
Diese Fragen wären aus meiner Sicht der Entscheidung internationaler Gerichtshöfe vorzubehalten, die für den Fall einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung auch über eine angemessene Entschädigung entscheiden sollten (nach dem Vorbild des Artikel 41 EMRK – gerechte Entschädigung).
. Juni 2007
(Dr. Maria Berger)
Beilage A
Anträge nach dem Strafrechtlichen Entschädigungsgesetz (StEG 1969 und StEG 2005) im Jahr 2006
|
Landesgericht |
Anträge nach StEG 1969 |
Anträge nach StEG 2005 |
positiv nach StEG 1969 |
positiv nach StEG 2005 |
anerkannt nach StEG 1969 in Euro |
anerkannte nach StEG 2005 in Euro |
ausbezahlt gesamt in Euro |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
LG St Wien |
37 |
160 |
30 |
136 |
169.114,26 |
1.007.439,24 |
1.072.635,26 |
|
LG Eisenstadt |
0 |
3 |
0 |
3 |
|
30.600,01 |
30.600,01 |
|
LG Korneuburg |
0 |
6 |
0 |
6 |
|
56.346,48 |
56.346,48 |
|
LG Krems |
3 |
1 |
3 |
1 |
33.886,50 |
4.000,00 |
37.886,50 |
|
LG Wr.Neustadt |
2 |
9 |
0 |
6 |
|
70.389,47 |
60.389,47 |
|
LG St.Pölten |
0 |
3 |
0 |
2 |
|
4.714,40 |
4.714,40 |
|
LG Linz |
0 |
1 |
0 |
1 |
|
3.800,00 |
3.800,00 |
|
LG Wels |
2 |
3 |
0 |
2 |
|
2.359,11 |
2.359,11 |
|
LG Ried i.I. |
0 |
0 |
0 |
0 |
|
0,00 |
0,00 |
|
LG Leoben |
5 |
1 |
5 |
1 |
25.322,54 |
2.263,17 |
27.585,71 |
|
LG Steyr |
0 |
1 |
0 |
1 |
|
8.500,00 |
8.500,00 |
|
LG Salzburg |
3 |
4 |
2 |
3 |
2.606,42 |
19.260,00 |
21.866,42 |
|
LG St Graz |
4 |
21 |
2 |
18 |
8.675,17 |
187.242,95 |
179.917,94 |
|
LG Klagenfurt |
0 |
7 |
0 |
7 |
|
24.654,43 |
15.654,43 |
|
LG Innsbruck |
3 |
1 |
1 |
1 |
10.725,65 |
24.417,67 |
35.143,32 |
|
LG Feldkirch |
1 |
0 |
1 |
0 |
14.361,18 |
|
14.361,18 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Summe 1 |
60 |
221 |
44 |
188 |
264.691,72 |
1.445.986,93 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Summe 2 |
Anträge gesamt |
281 |
davon positiv |
232 |
anerkannt insgesamt |
1.710.678,65 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
davon ausbezahlt |
1.571.760,23 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|