693/AB XXIII. GP

Eingelangt am 21.06.2007
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BM für Gesundheit, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ:BMGFJ-11001/0076-I/A/3/2007

Wien, am     19. Juni 2007

 

 

 

Sehr geehrter Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 812/J der Abgeordneten Anita Fleckl, Mag. Rosa Lohfeyer wie folgt:

 

 

Ganz allgemein möchte ich Folgendes vorauszuschicken:

 

Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen durch Personen, die in einem Mitgliedstaat der europäischen Union nach dem jeweiligen nationalstaatlichen System der Krankenversicherung anspruchsberechtigt sind, sind die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, sowie die hiezu erlassene Durchführungsverordnung VO (EWG) Nr. 572/72 anzuwenden. Im Anwendungsbereich dieser Verordnungen erhalten die in einem Mitgliedstaat anspruchsberechtigten Personen im Falle ihres Aufenthaltes in einem anderen Mitgliedstaat die erforderlichen medizinischen Leistungen als Sachleistung für Rechnung ihres zuständigen Versicherungsträgers vom Träger des Aufenthalts- oder Wohnortes nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften. Hierbei gilt für die in der Anfrage angesprochene stationäre Pflege in einer öffentlichen Krankenanstalt in Österreich der jeweilige Landesgesundheitsfonds als zuständiger (aushelfender) Träger. Für private Krankenanstalten gilt der Privatkrankennanstalten-Finanzierungfonds (kurz PRIKRAF) als zuständiger Träger. Die Verrechnung der Kosten dieser Spitalspflege erfolgt nach den angesprochenen europarechtlichen Bestimmungen zwischen dem zuständigen und dem aushelfenden Träger im

Wege der jeweiligen nationalen Verbindungsstellen (in Österreich ist dies der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger). Die Honorierung der in österreichischen Krankenanstalten erbrachten Leistungen erfolgt zwischen dem jeweiligen Landesgesundheitsfonds bzw. des PRIKRAF und der einzelnen Krankenanstalt nach dem LKF-System.

 

Daraus ergibt sich, dass schon begrifflich nicht von Außenständen österreichischer Krankenanstalten die Rede sein kann, weil als Gläubiger der vom ausländischen Versicherungsträger zu ersetzenden Kosten nur der jeweilige Landesgesundheitsfonds in Betracht kommt. Inwiefern der Landesgesundheitsfonds für die Behandlung ausländischer Patienten und Patientinnen auf die Refundierung der nach EU-Recht zustehenden Kosten durch den ausländischen Versicherungsträger Bedacht nimmt, liegt in der Gestion der Länder.

 

Zu den einzelnen Fragen führe ich Folgendes aus:

 

Frage 1:

 

Ich verweise auf die einleitenden Bemerkungen. Auch der Hauptverband stellt dazu fest, dass er über keinerlei Daten hinsichtlich Außenstände der einzelnen Krankenanstalten verfügt, weil aus den von den Landesgesundheitsfonds übermittelten Kostenforderungen nur der jeweils fordernde Landesgesundheitsfonds, nicht aber das die Leistung erbracht habende Krankenhaus hervorgeht.

 

Weiters macht der Hauptverband darauf aufmerksam, dass es sich bei den fälligen offenen Beträgen teilweise um vorerst abgelehnte Kostenforderungen handelt, bei denen von den Landesgesundheitsfonds Korrekturen oder diverse Erhebungen vorzunehmen sind.

 

Frage 2:

Der Hauptverband erstellt in seiner Funktion als österreichische Verbindungsstelle laufend aktuelle Auflistungen betreffend die offenen Kostenforderungen der österreichischen Gebietskrankenkassen sowie der Landesgesundheitsfonds.

 

Frage 3:

Die Zahlungsfrist für offene Forderungen richtet sich nach den einschlägigen europarechtlichen Regelungen und allfälligen bilateralen Vereinbarungen. Der Hauptverband hat dazu Folgendes mitgeteilt:

 

„Aufgrund der Empfehlung Nr. 20 der Verwaltungskommission der Europäischen Gemeinschaften für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer vom 31. Mai 1996 hat die Überprüfung der Rechnungen vor Ablauf eines Achtzehnmonatszeitraums nach Ende des Kalenderhalbjahrs, in dem sie eingereicht wurden, zu erfolgen. Diese 18-Monatsfrist war ein mühsam erzielter Kompromiss zwischen den einzelnen EU-Mitgliedstaaten bzw. EWR-Staaten. Es bestehen daher keine rechtlichen Möglichkeiten, die EU-Mitgliedstaaten bzw. EWR-Staaten zu kürzeren Zahlungsfristen zu verpflichten, weil die derzeitigen Regelungen der EG-Verordnungen keine Maßnahmen bei Zahlungsunwilligkeit enthalten.

 

Allerdings hat der Hauptverband bereits bei den Sitzungen des Rechnungsausschusses der Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer in Brüssel die Vertreter säumiger EU-Mitgliedstaaten mit Nachdruck aufgefordert, die zuständigen Träger zu einer rascheren Kostenerstattung zu veranlassen. Die Verbindungsstellen der Vertragsstaaten bzw. EU-Mitgliedstaaten sowie der EWR-Staaten werden auch immer wieder vom Hauptverband schriftlich aufgefordert, die offenen fälligen Beträge zu erstatten. Durch diese Vorgangsweise konnten die Zahlungseingänge bereits wesentlich beschleunigt werden.

 

Darüber hinaus wird das Problem der offenen Forderungen auch anlässlich von Verbindungsstellenbesprechungen erörtert. So konnte beispielsweise bei der Besprechung in der Zeit vom 22. bis 23. Oktober 2002 mit den Vertretern der niederländischen Verbindungsstelle vereinbart werden, dass die Erstattungen nach den Art. 93 und 96 der VO (EWG) Nr. 574/72 innerhalb von 9 Monaten nach Einreichung der Forderungen vorzunehmen sind, was dazu geführt hat, dass im Verhältnis zu den Niederlanden derzeit keine fälligen Forderungen mehr aufscheinen. Die Verbindungsstellenbesprechungen mit Griechenland vom 19. bis 21. September 2006 haben zu einer Zahlung von € 512.307,26, mit Frankreich vom 21. bis 22. November 2005 zu einer Kostenerstattung von € 96.654,03 und mit Italien vom 9. bis 10. November 2006 zu einer Überweisung von € 680.098,42 geführt.

 

Der Hauptverband als Verbindungsstelle strebt auch an, durch den Abschluss von bilateralen Kompensationsvereinbarungen einen rascheren „Kostenausgleich“ herbeizuführen. Am 12. Oktober 2005 wurde zwischen dem Hauptverband und dem Gesundheitsministerium der Republik Italien eine Vereinbarung abgeschlossen, wonach ab 1. Jänner 2006 die gegenseitigen Forderungen aufgerechnet werden; mit der portugiesischen Verbindungsstelle werden derzeit die Möglichkeiten zum Abschluss einer solchen Vereinbarung geprüft. Allerdings darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass eine Kompensationsvereinbarung nur dann den vollen gewünschten Effekt bringt, wenn die gegenseitigen Forderungen in etwa gleich hoch sind oder ein Saldo zu Lasten Österreichs besteht.“

 

Frage 4:

 

Wie schon zu Frage 3 ausgeführt ist auch mir bekannt, dass für die Überprüfung der zur Erstattung übermittelten Rechnungen ein Zeitraum von 18 Monaten eingeräumt ist. Wenngleich für die notwendige Überprüfung der Rechnungen ein gewisser Bearbeitungszeitraum eingeräumt werden muss, scheint eine Verkürzung der derzeitigen Fristen wünschenswert.

 

Frage 5:

 

Der Hauptverband hat dazu Folgendes ausgeführt:

 

„Im Verhältnis zu den bilateralen Vertragsstaaten Österreichs (Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Serbien, Montenegro und der Türkei) werden schon jetzt die österreichischen Forderungen aufgerechnet, wodurch eine Beschleunigung des Erstattungsverfahrens für die österreichische Seite erreicht werden konnte. Hinsichtlich der diesbezüglichen Bemühungen des Hauptverbandes zum Abschluss von Kompensationsvereinbarungen wird auf die Ausführungen in Punkt 3 verwiesen.

In diesem Zusammenhang soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass vom Hauptverband als Verbindungsstelle Zahlungen nur „Zug um Zug“ an säumige Länder geleistet werden, d.h. es werden nur die Beträge für jene Zeiträume angewiesen, für die der ausländische Träger seinerseits eine Überweisung vorgenommen hat.“

 

Frage 6:

 

Der Hauptverband hat hiezu Folgendes ausgeführt:

 

„Grundsätzlich ist festzustellen, dass der Hauptverband alle Initiativen begrüßt, die zu einer Verkürzung der Zahlungsfristen führen. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, dass jeder Mitgliedstaat als Schuldner auch die Verpflichtung hat, die Forderungen der aushelfenden Träger zu überprüfen. Auf Grund der dezentralen Struktur der Krankenversicherung in vielen Mitgliedstaaten ist für eine derartige Überprüfung jedoch ein ausreichender Zeitraum erforderlich. So sind beispielsweise für die Überprüfung von ausländischen Forderungen in Österreich bis zum Abschluss der Prüfung durch die zuständigen österreichischen Krankenversicherungsträger zwischen 3 und 9 Monate – abhängig vom Umfang der eingereichten Formulare – erforderlich. Eine signifikante Verkürzung dieses Zeitraums ist allerdings durch den in Aussicht genommenen elektronischen Datenaustausch zu erwarten.“

 

Frage 7:

 

Dazu hat sich der Hauptverband wie folgt geäußert:

 

„Von den einzelnen Mitgliedstaaten werden die offenen Forderungen grundsätzlich innerhalb eines Zeitraums von 3 bis 30 Monaten erstattet. Während einige Mitgliedstaaten (z.B. Slowenien) innerhalb von 3 Monaten erstatten, benötigen andere Mitgliedstaaten länger (z.B. Großbritannien ca. 30 Monate). Der für Österreich bedeutendste Mitgliedstaat, die Bundesrepublik Deutschland, nimmt die erste Überweisung im Regelfall innerhalb von 6 Monaten ab dem Zeitpunkt der Geltendmachung der Forderung durch Österreich vor, während der endgültige Ausgleich dann innerhalb von 30 Monaten erfolgt.“

 

Frage 8:

 

Dazu teilt der Hauptverband mit, dass eine untragbare Situation im Verhältnis zu Italien gegeben ist, wo alleine für die Landesgesundheitsfonds zum Stand 24. Mai 2007 der Betrag von € 19,145.112,25 fällig aufscheint und trotz intensivster Bemühungen des Hauptverbandes keine Zahlungen erfolgt sind.

 

Diese Situation habe ich auch zum Anlass genommen, in einem Schreiben an meine italienische Amtskollegin Livia Turca vom 23.4.2007 nachdrücklich eine rasche Begleichung der offenen Forderungen zu verlangen.

 

Darüber hinaus ist auch das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten mit dem Thema befasst worden und wird auf diplomatischem Weg mit der italienischen Seite in Kontakt treten, um eine Verbesserung der Situation zu erreichen.

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Dr. Andrea Kdolsky

Bundesministerin