705/AB XXIII. GP

Eingelangt am 22.06.2007
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BM für europäische und internationale Angelegenheiten

 

Anfragebeantwortung

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, Kolleginnen und
Kollegen haben am 27. April 2007 unter der Nr. 750/J-NR/2007 an mich eine schriftliche
parlamentarische Anfrage betreffend „Situation Center (SitCen) der Europäischen
Kommission" gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Vorweg ist festzuhalten, dass es sich beim SitCen um keinen „EU Geheimdienst", sondern
um eine im Ratssekretariat - und nicht der Europäischen Kommission - angesiedelte Lage-
und Analyseabteilung handelt.

Zu Frage 1:

Das „EU Joint Situation Center" (SitCen), auf deutsch auch „EU-Lage- und Analysezentrum",
ist eine Organisationseinheit des Generalsekretariats des Rates der Europäischen Union, die
den Generalsekretär / Hohen Vertreter der EU, seine Mitarbeiter sowie die EU-
Sonderbeauftragten durch Erstellung von Informationen unterstützt.

Das SitCen beobachtet rund um die Uhr potenzielle oder aktuelle Krisenregionen und schafft
durch politisch-strategische Analysen Entscheidungsgrundlagen für Maßnahmen der EU im
Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP).


Diese Analysen umfassen insbesondere die politisch-strategische Lage in Krisenregionen,
die Früherkennung potenzieller politischer oder bewaffneter Konflikte sowie Bedrohungen
und Risiken, die von Phänomenen wie dem internationalen Terrorismus oder der
organisierten Kriminalität ausgehen.

In der Folge der Terroranschläge in Madrid und London wurde die unmittelbare Bedrohung
der Europäischen Union durch den transnationalen Terrorismus offenbar. Im Haager
Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union,
welches vom Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs am 5. November 2004
gebilligt wurde, und entsprechend der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom
17. Dezember 2004, wurde der Aufgabenbereich des SitCen im Kontext der
Terrorismusbekämpfung wie folgt erweitert: „Ab 1. Jänner 2005 wird das SitCen dem Rat
eine strategische Analyse der terroristischen Bedrohung liefern, die auf Erkenntnisse der
Nachrichten- und Sicherheitsdienste der Mitgliedstaaten sowie gegebenenfalls auf
Informationen von Europol gestützt ist."

Zu den Fragen 2 und 6:

Das SitCen wird, wie jede andere Organisationseinheit des Generalsekretariats des Rates, aus
dem Budget der Europäischen Union finanziert und scheint nicht gesondert im Haushaltsplan
des Rates auf. Es gibt keine direkten finanziellen Zuwendungen der Republik Österreich.

Zu Frage 3:

Um Lageberichte und Analysen bereitstellen zu können, arbeiten im SitCen Analytiker aus
den EU-Mitgliedstaaten. Je nach Entsendungslage sind dies rund 20 Mitarbeiter.


Zu Frage 4:

Die im SitCen erstellten Analysen beruhen auf Informationen aus den Medien,
Lagebeurteilungen und Berichten von Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission
sowie Berichten und Analysen nationaler Nachrichtendienste aus allen EU-Mitgliedstaaten.

Zu den Fragen 5 und 7:

Zur erfolgreichen Durchführung von ESVP-Operationen und zur Erfüllung des Auftrags des
Europäischen Rates betreffend Terrorismusbekämpfung ist ein frühzeitiges, detailliertes und
adäquates Lage- und Bedrohungsbild von entscheidender Bedeutung. Angesichts der
Teilnahme von Österreicherinnen und Österreichern an ESVP-Operationen, deren Sicherheit
und Unversehrtheit ein vordringliches Anliegen der Bundesregierung sind, ist die Arbeit des
SitCen nicht nur von europäischem, sondern auch von unmittelbarem österreichischen
Interesse.

Was die Zusammenarbeit mit österreichischen Nachrichtendiensten betrifft, verweise ich
darauf, dass die Tätigkeiten dieser Stellen kein Gegenstand der Vollziehung des Bundes im
Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für europäische und internationale
Angelegenheiten sind.

Zu Frage 8:

Das SitCen ist in seiner Funktion als Lagezentrum für die Erstellung von strategischen
Bedrohungsanalysen für politische Entscheidungsträger zuständig. Nachrichtendienstliche
Tätigkeiten in EU-Mitgliedstaaten zählen nicht zum Aufgabenbereich des Lagezentrums.