720/AB XXIII. GP
Eingelangt am 22.06.2007
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. BMVIT-10.000/0010-I/PR3/2007 DVR:0000175
An die
Präsidentin des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer
Parlament
1017 W i e n
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 675/J-NR/2007 betreffend City-Shuttle-Garnituren im Fernverkehr als „Schoko-Expreß“, die die Abgeordneten Zwerschitz, Moser, Freundinnen und Freunde am 23. April 2007 an mich gerichtet haben, beehre ich mich nach Auskunft bei der ÖBB wie folgt zu beantworten:
Frage 1:
Waren Sie über die ÖBB-Aktion, Schokolade an City-Shuttle-geplagte Fernverkehrskund-Innen der Südbahnstrecke auszuteilen, vorher informiert?
Antwort:
Diese „ÖBB-Aktion“ fällt in den operativen Geschäftsbereich des ÖBB-Konzerns und obliegt daher der aktienrechtlichen Verantwortung des Managements der ÖBB. Den Vertretern der Anteilsrechte an der ÖBB-Holding AG wird dabei kein wie immer geartetes Auskunfts- oder Weisungsrecht an eine Tochter- oder Enkelgesellschaft der Holding AG eingeräumt.
Frage 2:
Ist Ihnen bekannt, wie viel diese Aktion kostet?
Antwort:
Die ÖBB-Holding AG berichtete, dass diese Aktion inklusive Folder, Schokolade und Verteilung rd. 20.000 Euro kostete.
Frage 3:
Halten Sie es für richtig, dass die Südbahnstrecke benachteiligt wird, obwohl auch hier tausende potentielle StammkundInnen eines zeitgemäßen ÖV-Angebots leben und arbeiten?
Antwort:
Der Einsatz des Wagenmaterials orientiert sich unter anderem an den Höchstgeschwindig-keiten der einzelnen Wagen. Um auf der Westbahn die vorhandene Infrastruktur optimal ausnutzen zu können, werden dort vorwiegend Wagen mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 200km/h eingesetzt. Auf der Südbahn ist auch mit Fahrzeugen mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 160km/h (und darunter) das Auslangen zu finden. Es gibt jedoch auch auf der Südbahn eine Vielzahl an ÖBB EC mit völlig identer Qualität wie auf der Westbahn.
Unterschiede in der Angebotsqualität erklären sich zudem auch aus der differenten Gesamtnachfrage.
Frage 4:
Können Sie sicher stellen, dass der
„railjet“ 2011 wirklich auch in der Steiermark fährt? Wenn ja,
auf welchen Strecken?
Antwort:
Die entsprechenden Beschlüsse im Aufsichtsrat
der ÖBB- Holding AG und der ÖBB- Personenverkehr AG, die der
Beschaffung zugrunde liegen, beinhalten auch den Einsatz auf den Strecken Wien
-Bruck/Mur -Graz sowie von Wien -Bruck/Mur -Leoben -Klagenfurt -Villach (-
Venedig).
Fragen 5 und 8:
Können Sie ausschließen, dass für den „ÖBB Eurocity Standard“ – also ein zeitgemäßes und komfortables Angebot incl. Speisewagen etc. – für „Normalkunden“ der 2. Klasse künftig Aufpreise fällig werden?
Halten Sie eine City-Shuttle-Garnitur für eine Schnellzugstrecke wie etwa zwischen Graz und Wien (2,5 Stunden Fahrzeit) für den regulären Fahrpreis für zulässig? Wenn ja, wie erklären Sie die nicht ausnahmsweise, sondern offenbar über Jahre geplante regelmäßige Ungleichbehandlung von Reisenden zB zwischen Salzburg/Linz und Wien einerseits und Graz und Wien andererseits trotz identer Tarife?
Antwort:
Die Frage der Preisgestaltung liegt im Verantwortungsbereich des operativen Managements der ÖBB.
Frage 6:
Halten Sie es für zumutbar, dass Fahrgäste statt entsprechend hohem Fahrkomfort mit Schokolade abgespeist werden?
Antwort:
Nachdem allgemein bekannt ist, dass aufgrund von in der Vergangenheit gelegenen Beschaffungslücken derzeit die ÖBB nicht ausreichend hochqualitatives Rollmaterial zur Verfügung hat, muss, bis zur entsprechenden Nachbestellung, leider mit dem bestehenden Rollmaterial das Auslangen gefunden werden. Als kundenorientiertes Dienstleistungsunternehmen sind Mittel und Wege zu suchen, Nachteile aus faktischen technischen Zwängen durch Maßnahmen im Servicebereich so weit als möglich zu beseitigen.
Frage 7:
Werden Sie auf die ÖBB einwirken, um a) eine rasche bessere Versorgung des Südens Österreichs mit Wagenmaterial und b) häufigere Anbindungen zu erreichen?
Antwort:
Grundlage für Aufsichtsratsbeschlüsse zur
Beschaffung von hochqualitativem Rollmaterial ist Folgendes: Das Wagenmaterial
wird mit fortschreitendem Upgrading sukzessive auf die ÖBB-EC-Garnituren
der Westbahn angehoben. 2009 werden dann ausnahmslos diese Garnituren auf der
Südbahn zum Einsatz gelangen. Bei der häufigeren Anbindung von Graz
nach Wien ist ab 2009 eine Verdopplung der Direktverbindungen (von 2h-
auf 1h-Takt) vorgesehen.
Frage 9:
Wie werden Sie Vorkommnissen wie diesen auf Ebene der Fahrgastrechte Rechnung tragen, zB durch entsprechende Entschädigungsregelung?
Antwort:
Zur angesprochenen Ebene der Fahrgastrechte ist allgemein voranzustellen, dass die Servicequalität und allfällige Entschädigungen bereits im Interesse der Eisenbahnunternehmen selbst liegen. Die ÖBB-Personenverkehr AG hat, internationalen Beispielen folgend, auch eine eigene „Passagiercharta“ mit Qualitätsversprechen und Entschädigungsleistungen für Fernverkehrskunden festgeschrieben und veröffentlicht.
Darin hat sie sich verpflichtet, Entschädigungsleistungen
bei Verspätung von nationalen und internationalen Fernverkehrszügen
dann zu leisten, wenn Tageszüge mehr als 60 Minuten und Nachtzüge
mehr als 120 Minuten Verspätung aufweisen. Der Fahrgast erhält 20
Prozent des Fahrkartenwertes (bei Nachtzügen auch Liegewagen- und
Schlafwagenzuschläge) in Form von Gutscheinen rückerstattet. Die EU-
weit einheitlich für internationale Fernverkehrszüge praktizierte Regelung
wurde freiwillig auf den nationalen Fernverkehr ausgeweitet.
Darüber hinaus sollen konsumentenschützerische Mindeststandards an Fahrgastrechten in Form einer Rechtsvorschrift vorgegeben werden. Der Entwurf zu einer EG-Verordnung über Rechte und Pflichten der Fahrgäste wird gerade im Vermittlungsverfahren über das sogenannte „dritte Eisenbahn-Paket“ verhandelt. Diese Vorschrift soll einen Katalog von allgemeinen Qualitätskriterien vorschreiben und die Unternehmen verpflichten, Qualitätsstandards festzulegen. Der Katalog enthält insbesondere die Sauberkeit des Fahrzeugmaterials, Befragungen zur Zufriedenheit der Kunden sowie Erstattungen und Ausgleichszahlungen bei Nichterfüllung der Qualitätskriterien.
Fragen 10 und 11:
Halten Sie angesichts des offenbar dringenden Mittelbedarfs der ÖBB für zeitgemäßes Rollmaterial die Umleitung von Mineralölsteuereinnahmen in die ASFINAG und somit für Straßenbau für zielgerecht?
Wie erklären Sie, dass im Bereich der Zahlungen des Bundes an die ÖBB für gemeinwirtschaftliche Leistungen die Zahlungen für Güterverkehrszwecke in den nächsten Jahren in Relation weit stärker angehoben werden sollen als im Bereich Personenverkehr, obwohl doch sichtlich dringender Mittelbedarf der ÖBB für zeitgemäßes Rollmaterial im Personenverkehr besteht?
Antwort:
Die ÖBB werden aus eigener Finanzkraft das Invest
für 67 Railjetzügen tätigen. Die in der Budgetplanung
vorgesehene Steigerung der Zahlungen für gemeinwirtschaftliche Leistungen
sollen ungeachtet der vorläufigen Budgetierung zum allergrößten
Teil in den Personennah- und –regionalverkehr fließen. Eine
direkte Förderung von rollendem Material, aus welchen Finanzierungsquellen
auch immer, ist aufgrund des EU-rechtlichen Diskriminierungsverbotes nicht
zulässig.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Faymann