727/AB XXIII. GP

Eingelangt am 25.06.2007
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Anfragebeantwortung

 

 

GZ. BMVIT-10.000/0012-I/PR3/2007     DVR:0000175

 

 

 

An die

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017  Wien

Wien, am   22.  Juni 2007

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 704/J-NR/2007 betreffend ÖBB-Beinaheunfall in Steyregg und Weichenwartung, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 25. April 2007 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Frage 1:

Welches Wartungsintervall für die Überprüfung der Weichen und Stellwerke besteht bei Regionalstrecken, beispielsweise auf der Summerauerbahn im Bahnhof Steyregg?

 

Antwort:

Die Prüf- und Wartungsintervalle  erfolgen gemäß den ÖBB-Dienstvorschriften  S70 (Prüfvorschrift) und S80 (Erhaltungsvorschrift) und sind streckenunabhängig. Es gibt gegenwärtig keine auflockernden Bestimmungen betreffend Prüf- und Wartungsintervalle bei Regionalstrecken. Bei der Eisenbahnsicherungsanlage Bahnhof Steyregg werden daher z.B. die Erdschlussprüfeinrichtung monatlich, die Weichenantriebe alle 2 Monate, die Signale alle 3 Monate und die Gleisfreimeldeanlage alle 6 Monate überprüft bzw. gewartet.

 

Frage 2:

Wie dicht erfolgten Kontroll- und Wartungsarbeiten in der Vergangenheit? Seit wann werden sie zeitlich gedehnt? In welcher Frequenz und welchem Ausmaß werden sie derzeit vorgenommen?

 

Antwort:

Eine zeitliche Dehnung fand nicht statt.  Es wurden und werden die gemäß den oben angeführten Dienstvorschriften S70 und S80 geforderten Prüf- und Wartungsintervalle eingehalten. Gemäß  der Prüfvorschrift ist alle zwei Jahre eine Routineuntersuchung und alle sechs Jahre eine Hauptuntersuchung durchzuführen. Die letzte Routineuntersuchung fand  am 16./17. Jänner 2007 statt, die letzte Hauptuntersuchung im Jahre 2001 und wird daher heuer wieder vorgenommen.

 

Frage 3:

Wodurch kam es eigentlich am 27.2. zu dem Beinahe-Unglück im Bahnhof Steyregg?

 

Antwort:

Die Untersuchungen der Bundesanstalt für Verkehr, Unfalluntersuchungsstelle des Bundes, Fachbereich Schiene zum gegenständlichen Vorfall sind abgeschlossen und der Untersuchungsbericht befindet sich derzeit in Ausarbeitung. Aus heutiger Sicht ist als Ursache von einem technischen Gebrechen an der Eisenbahnsicherungsanlage auszugehen. Infolge der mechanischen Abnützung des Fahrstraßensperrmagnetbolzens des zuständigen Fahrstraßensperrmagneten, war das vorzeitige Zurücklegen des Fahrstraßenfestlegeknebels möglich und in weiterer Folge wurde dadurch der mechanische Verschluss der Weichen 1 und 2 freigegeben und die Umstellung der Weiche 1 und somit das vorzeitige Auflösen der Zugstraße des Regionalzuges ermöglicht.

Der Unfallbericht wird nach Fertigstellung veröffentlicht werden.

 

Frage 4:

Welche Vorkehrungen werden getroffen, dass solche Vorfälle in Zukunft vermieden werden?

 

Antwort:

Das Stellwerk der Eisenbahnsicherungsanlage Bahnhof Steyregg und die verwendeten Fahrstraßensperrmagneten sind in dieser Bauform einzigartig in Österreich. Für den verursachenden Fahrstraßensperrmagnetbolzen ist es aus technischer Sicht nicht möglich Abnützungsgrenzwerte festzulegen.

 

Die für den Vorfall relevante Fahrstraßensperrmagneteinheit wurde bereits erneuert, die zweite Fahrstraßensperrmagneteinheit, die für den anderen Bahnhofsteil zuständig ist, wird bei der nächsten Hauptuntersuchung 2007 getauscht.  Weiters hat die ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG festgelegt, dass bei der Eisenbahnsicherungsanlage Bahnhof Steyregg monatlich die korrekte Funktion der beiden Fahrstraßensperrmagneten zu prüfen ist.

 

Darüber hinaus wurden von ho. Sachverständigen für Eisenbahnsicherungstechnik und für eisenbahnbetriebliche Fragen am 21. März 2007 ein Ortsaugenschein bei der Eisenbahnsicherungsanlage Bahnhof Steyregg durchgeführt, in dessen Rahmen festgelegt wurde, dass die beiden Fahrstraßensperrmagnetbolzen im Rahmen der Hauptuntersuchungen, d.h. spätestens alle sechs Jahre, zu erneuern sind.

 

Frage 5:

Durch welche Routinen wird verlässlich ausgeschlossen, dass bei Unfällen bzw. Beinaheunfällen aufgrund von Wartungsintervallstreckungen bei Infrastruktur oder Rollmaterial die Schuld auf die vor Ort betroffenen Personen, z.B. Lokführer oder Fahrdienstleiter, abgewälzt wird?

 

Antwort:

Hinsichtlich der Schienenfahrzeuge darf ich ausführen, dass die Wartung und Instandhaltung von Eisenbahnrollmaterial  zum Teil auf nationalen Dienstvorschriften, vor allem M60 (für Triebfahrzeuge) und M61 (für Reisezugwagen), zunehmend jedoch auf internationalem Regelwerk basiert, wobei die Wartungszyklen und Prüftiefe vor allem bei Triebfahrzeugen bauartbezogen sind und unter der im Eisenbahngesetz verankerten Verantwortung des Betreibers bei Neubaufahrzeugen in enger Kooperation mit dem Hersteller erfolgen.

Eine Erstreckung von Nachschauintervallen findet nur in jenen Fällen statt, in denen sich nach vorliegenden Betriebserfahrungen erwiesenermaßen kein Bedarf für engere Zeitintervalle ergibt. Durch eine vernünftige Abstimmung von vorbeugender und korrektiver Wartung ist es in den letzten Jahren gelungen, die technische Zuverlässigkeit des Rollmaterials generell zu steigern, sodass trotz Kostenreduktion bei Beschaffung und Wartung des Rollmaterials weder die Betriebsqualität und schon gar nicht die Sicherheit des Rollmaterials beeinträchtigt werden.

 

Hinsichtlich der eisenbahnsicherungstechnischen Einrichtungen darf ich auf meine Ausführungen zu den Fragepunkten 1 und 2 verweisen.

 

Darüber hinaus ist durch die neu geschaffenen Bestimmungen des Unfalluntersuchungsgesetzes gesetzlich verankert, dass durch die Bundesanstalt für Verkehr, Unfalluntersuchungsstelle des Bundes, Fachbereich Schiene eine unabhängige Vorfalluntersuchung erfolgt.

 

Frage 6:

Was sagen Sie zur Tatsache der Verharmlosung dieses Vorfalles – der leicht hätte tragisch enden können – seitens der ÖBB-Öffentlichkeitsarbeit, vgl. z.B. das Statement im auf diesen Vorfall in Steyregg bezogenen Artikel der „Mühlviertler Rundschau“? Werden Sie bzw. Ihre Vertreter in ÖBB-Gremien auf einen seriöseren Umgang mit solchen gravierenden Vorfällen drängen, wenn nein, warum nicht?

 

Antwort:

Die diesbezügliche Stellungnahme der ÖBB lautet: „Eine Verharmlosung des Vorfalls durch das Statement im Artikel der „Urfahrer Rundschau“ kann keineswegs abgeleitet werden, da sich die Aussage über den Vorfall zum Zeitpunkt der Medienanfrage auf den damaligen Letztstand der Ursachenforschung bezog und somit aus Gründen der Seriosität und Professionalität selbstverständlich keine spekulative Aussagen über Szenarien getroffen wurden, die eventuell hätten sein können, ohne zum Zeitpunkt der Aussage einen Hinweis darauf gehabt zu haben.“

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

 

Werner Faymann