754/AB XXIII. GP
Eingelangt am 26.06.2007
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BM für Wissenschaft und Forschung
Anfragebeantwortung
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GZ: BMWF-10.000/0065-C/FV/2007 |
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Frau Präsidentin des Nationalrates Mag. Barbara Prammer Parlament 1017 Wien
Wien, 24. Juni 2007
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Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 739/J-NR/2007 betreffend Forschungsentwicklung in Österreich und Prioritäten im EU-Kontext auf Grundlage des Europäischen Entwicklungsplans für Forschungseinrichtungen des ESFRI (ESFRI Report 2006), die die Abgeordneten Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen am 26. April 2007 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
Zu Frage 1: Von meinem Ressort wurden keine Informationen an „die Österreich-Expert/innen des ESFRI“ übermittelt, weil es solche bei ESFRI nicht gibt; sollten die Ressortvertreter/innen selbst gemeint sein, so vertreten diese selbstverständlich die Interessen Österreichs, aber im gegebenen Kontext im Hinblick auf die Ziele und den Nutzen der Europäischen Union.
Zu Frage 2: Die Zuständigkeit für Grundlagenforschung und damit auch für die hiermit verbundene Infrastruktur ist durch das Bundesministeriengesetz gegeben. Den Expert/innen des Wissenschaftsressorts sind durch feste Verankerung in der Wissenschaftsgemeinschaft sowohl die europäischen Projekte als auch die österreichischen Forschungsinteressen und deren mittel- und langfristige Entwicklung detailliert bekannt. Darüber hinaus wurde mit den anderen Ressorts bei Bedarf auf Abteilungsebene Rücksprache gehalten; ein Bedarf für eine darüber hinausgehende, aufwändige interministerielle Koordination war zu keinem Zeitpunkt erkennbar und wurde, nicht zuletzt wegen der grundsätzlich offenen Informationspolitik des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, auch nie gefordert.
Zu Frage 3: Die Beteiligung beruhte auf wissenschaftlicher Exzellenz und der Bereitschaft, ohne zusätzliche finanzielle Entschädigung am ESFRI-Prozess teilzunehmen. Die Expert/innen sind sinnvoller-weise auf Dauer der Existenz der entsprechenden Arbeitsgruppen nominiert. Für die Expert/innen und die Ressortvertreter/innen sind abgesehen von deren Gehalts- nur Reisekosten angefallen.
Zu Frage 4: Nein. Die Expert/innen sollten ihre persönliche Expertise einbringen und nicht Sprecher/innen nationaler Beratungskomitees sein. Die österreichischen Vertreter/innen in ESFRI sollten helfen, den Prozess der europäischen Meinungsbildung zu moderieren, nicht jedoch spezifischen, technisch/wissenschaftlichen Input liefern.
Zu Frage 5: Die Projekte wurden von etwa 1000 Expert/innen aus der EU und aus allen Wissensbereichen geprüft, wobei die damit verbundenen Aufgaben eben nicht von einem, ja auch nicht von mehreren Staaten übernommen hätten werden können. Die letztlich in die Liste aufgenommenen Projekte werden sich – soweit dies im Wissenschafts- und Forschungsbereich vorhersehbar ist – nur bei einer gesamteuropäischen Anstrengung umsetzen lassen.
Zu Frage 6: Diese
Projekte sind von einer Größenordnung, die zumeist jenseits der
nationalen Möglichkeiten liegt. Ziel war und ist es, die
europäische Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Angesichts der
Zu Frage 7: Der Bericht ist Basis für zukünftiges
Handeln. Die Kosten wurden für alle Projekte sehr sorgfältig
abgeschätzt. Es bleibt jedem Mitgliedstaat selbst überlassen, zu
beurteilen, wo er genügend kritische Masse und die notwendigen
finanziellen Ressourcen hat, sich an einem Projekt zu beteiligen. Der Nutzen
besteht in nichts weniger, als Europa zum weltweit führenden
Forschungraum zu machen. Eine regelmäßige Überprüfung der Roadmap ist zwar vorgesehen, um auf neue Entwicklungen reagieren zu können, jedoch kein jährliches Update. Die Frage der Wissensbilanz lässt sich jedenfalls dahingehend beantworten, dass eine Nichtteilnahme an diesen paneuropäischen Projekten für die jeweiligen Forschungsbereiche sicher nachteilig ist.
Zu Frage 8: Da jedes dieser Projekte in seiner Art einmalig ist, ist eine Duplikation nicht zu befürchten. Die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der Infrastrukturen, die unterschiedlichen Interessen der potentiellen Nutzer/innen und nicht zuletzt die Freiheit der Forscher/innen, ihre Themen selbst zu bestimmen, haben bisher keine Notwendigkeit für eine kostenaufwändige Analyse gezeigt. Eine österreichweite Erhebung allfälliger Interessen, welche im April und Mai dieses Jahres stattfand, hat keine Überschneidungen oder sonstige Interessenkonflikte gezeigt.
Zu Frage 9: Alle Projekte in den Naturwissenschaften haben eine Größenordnung, die die üblichen Projektfinanzierungen (bei weitem) übersteigt und können – auch wegen ihres internationalen Charakters – nur unter Beteiligung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung (oder in einigen wenigen Fällen anderer Ressorts) in die Umsetzungsphase treten. Als Ansprechpartner fungieren die beiden österreichischen Delegierten, deren Koordinaten sowohl über den ESFRI-Bericht, als auch über die ministeriumseigene Internetpräsenz einfach zugänglich sind bzw. im Zuge der Information über das 7. Rahmenprogramm zeitgerecht allen einschlägigen Institutionen und Organisationen zugänglich gemacht wurden.
Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 740/J-NR/2007 durch den Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie verwiesen.
Zu Frage 10: Der ESFRI-Report wurde vom Ressort breitestmöglich zur Stellungnahme und Interessensbekundung ausgesandt. Auf der Grundlage der eingegangenen Antworten und der konkreten Entwicklungen in der ca. dreijährigen Pilotphase können ab etwa 2009/2010 Kostenschätzungen für die spätere Beteiligung abgegeben werden und – falls budgetär notwendig – mit genauerer Kenntnis der österreichischen Forschungskapazitäten und der möglichen österreichischen Beiträge auch eine Prioritätenreihung vorgenommen werden.
Zu Frage 11: Da die Projekte nicht eine Art Wunschliste, sondern Ausdruck der Fähigkeit bestimmter Forschungsbereiche sind, um grenzüberschreitend in großen Gruppen kooperieren zu können, und der Prozess über mehrere Jahre lief, war entsprechend den Usancen in der wissenschaftlichen Forschung und dem zentralen Ziel, nur die besten Projekte mit der stärksten Unterstützung aus der europäischen Forschungscommunity zu finden, eine zentrale Steuerung nicht im Sinne der Projektidee. Spitzenforschung lebt immer und überall zunächst von Eigeninitiative. Wer den Diskussionsprozess der vergangenen etwa fünf Jahre nicht selbst mitverfolgt und aktiv mitgestaltet hat, wäre auch in Zukunft kaum ein geeigneter Partner für die höchsten und schwierigsten wissenschaftlichen Herausforderungen.
Zu Frage 12: In Österreich existieren keine derartigen Einrichtungen, somit besteht die Gefahr der Duplikation nicht. Der einzige Spareffekt besteht in Nichtbeteiligung und bedingt automatisch einen Qualitätsverlust des Forschungsstandorts Österreich.
Zu Frage 13: Internationale UN-Organisationen betreiben – in der Regel – keine Infrastrukturen, wie sie in der ESFRI-Liste enthalten sind. Die allfällige Teilnahme als Beobachter wäre eine weitere Bestätigung der Attraktivität der Projekte und der Führungsrolle Europas. Dass Mitgliedsbeiträge Österreichs zu internationalen Organisationen (zu einem geringen Teil) auch in die ESFRI-Projekte fließen können, kann nicht ausgeschlossen werden, ist aber angesichts der insgesamt notwendigen Projektmittel, der Beteiligung vieler Partner und der weiterhin bestehenden anderen Aufgaben der internationalen Organisationen kaum relevant. Zu Frage 14: Die Empfehlungen zeigen lediglich, dass sich alle Beteiligten ihrer hohen Verantwortung, aber auch der Schwierigkeiten, die bei diesem erstmaligen und weltweit einmaligen Unternehmen normal und zu erwarten waren, bewusst sind und der Prozess, genau so wie der Bericht, eine stete Weiterentwicklung erfahren wird. Die Punkte sind alle von Relevanz, wenn auch nicht von gleicher Wichtigkeit. Unabhängig von Detailverbesserungen steht und fällt die europäische Führungsposition in vielen Forschungsbereichen mit der Verwirklichung des Anspruchs an die Stellung Europas in der Welt und dafür ist die ESFRI-Roadmap eine wichtige Hilfe für Entscheidungsträger/innen.
Zu Frage 15: Durch den völlig unterschiedlichen Charakter der einzelnen ESFRI-Projekte (z.B. in den Sozial- und Naturwissenschaften) ist eine generelle Antwort, aber auch eine zentrale Steuerung, wenig sinnvoll. Es ist im Einzelfall – und vom jeweils zuständigen Ressort – zu beurteilen, ob eine Beteiligung sinnvoll möglich und eine gezielte Forschungsförderung notwendig ist oder nicht.
Aus derzeitiger Sicht ist das zentrale Problem der Teilnahme Österreichs an den Projekten – neben der erforderlichen Human- und Forschungskapazitäten – die Frage der Aufbringung der Bau- und Betriebskosten für die Infrastrukturen. Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung wird seine Verpflichtungen in bewährter Weise wahrnehmen, die Beteiligung Österreichs an Großforschungseinrichtungen im Hinblick auf den Nutzen für den Forschungsstandort Österreich genauestens prüfen und auf der Grundlage der vorhandenen Kapazitäten und Ressourcen weiterentwickeln. Da in diesem Bereich keine Zersplitterung von Kompetenzen vorhanden ist und auch die projektbezogene Antragsforschung, wie sie im FWF und der FFG bereits bestens gebündelt sind, von ESFRI nicht berührt wird, ist für eine Zusammenführung von Forschungsagenden im Bereich Grundlagenforschung weder eine sachliche noch politische Begründung gegeben. Die derzeitige Aufteilung aller forschungsbezogenen Agenden auf mehrere Ressorts, ist eine innerösterreichische Spezialität und jedenfalls keine Frage, die für die europaweite Stärkung von weltweit konkurrenzfähiger Forschungsinfrastruktur von Bedeutung ist.
Der Bundesminister:
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Dr. Johannes Hahn e.h.