763/AB XXIII. GP

Eingelangt am 27.06.2007
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                         Wien, am      Juni 2007

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0043-I/4/2007

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 745/J vom 27. April 2007 der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen, betreffend Weltbank und Rodungen im Kongo, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Das Thema stand nicht auf der Tagesordnung und wurde daher auch nicht diskutiert.

 

Zu 2:

Das Thema der Nutzung der Waldressourcen in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) ist überaus wichtig. Die Weltbank spielt in diesem Bereich aber eine vorbildliche Rolle. Es gibt einen weltweiten Prozess, der von mehreren internationalen Partnern vorangetrieben wird, sodass es nicht angezeigt war, das Thema in dieser Situation anzusprechen.

 

Die Linie der Weltbank ist hauptsächlich durch drei Faktoren geprägt:

 

1.      Ihre Wald-Strategie aus dem Jahre 2002, die auf Armutsreduktion, Integration der Wälder in Strukturen der nachhaltigen Entwicklung und auf den Schutz der natürlichen Umwelt abzielt.

2.      Die Weltbank war Co-Organisator und Co-Sponsor der International Conference on Sustainable Management of Forest in the Democratic Republic of Congo im Februar 2007 in Brüssel. Weitere Träger dieser Konferenz waren die Europäische Kommission, DFID, Cooperation Francaise, Belgian Development Cooperation und die Regierung der DRK. Sie brachte ungeteilte Unterstützung der Priority-Agenda der Regierung der DRK zum Schutz ihres Waldbestandes zum Ausdruck und empfahl, das Thema auf die Tagesordnung des G8-Gipfels im Juni in Deutschland zu setzen.

Die Priority Agenda der DRK bezieht sich auf eine Herausforderung von globaler Bedeutung in Form der Beseitigung chaotischer Verhältnisse im zweitgrößten Regenwald der Erde; kombiniert mit extremer Armut, Postkonflikt-Problematik und schlechter Governance. Die Weltbank hat diese typische Entwicklungsproblematik erster Ordnung früh erkannt.

Die Priority Agenda beinhaltet die Aufhebung von 25 Millionen illegalen Waldnutzungskonzessionen (das "Moratorium"), ein bisher im Weltmaßstab noch nie dagewesener Schritt, wofür die DRK breite Unterstützung benötigt. Die Waldreserven der DRK müssen als globales öffentliches Gut betrachtet und behandelt werden und nur wenige Institutionen bringen die Voraussetzungen mit, damit umzugehen. Der Weltbank kommt dabei eine wesentliche Rolle zu; nicht zuletzt aufgrund der UN-Sicherheitsratsresolution 1457 (2003), die internationale Finanzinstitutionen aufruft, angepasste nationale Strukturen und Institutionen zu schaffen, um die Ausbeutung natürlicher Ressourcen zu kontrollieren. 

Die Erklärung von Brüssel hebt ausdrücklich das positive Engagement der Weltbank für die Sicherung des Waldes in der DRK hervor. Die Inhalte der Erklärung von Brüssel sind die Strategie, mit der die Weltbank an das Thema herangeht.

 

  1. Durchführung einer sehr rezenten Studie (Forests in Post-Conflict Democratic Republic of Congo – Analysis of a Priority Agenda, 2007), die sich mit den konkreten Bedingungen, strategischen Ansätzen und Maßnahmen der Umsetzung der Priority Agenda befasst. Ein Unterfangen dieses Ausmaßes erfordert systematisches und schrittweises Herangehen. Diese Studie wurde in intensiver Zusammenarbeit zwischen einer Reihe anerkannter internationaler Institutionen und Organisationen erstellt, die ihr eine kaum in Zweifel zu ziehende autoritative Kraft gibt. Neben der  Weltbank nahmen teil: Center for International Forestry Research (CIFOR), Centre International de Recherche Agronomique pour le Développement (CIRAD), African Wildlife Foundation (AWF), Conseil National des ONG de Développement du Congo (CNONGD), Conservation International (CI), Groupe de Travail Forêts (GTF), Ligue Nationale des Pygmées du Congo (LINAPYCO), Niederländische Enwicklungsorganisation (SNV), Réseau des Partenaires pour l’Environnement au Congo (REPEC), Wildlife Conservation Society (WCS), Woods Hole Research Center (WHRC), World Agroforestry Centre (ICRAF) and World Wide Fund for Nature (WWF).

Auch diese Studie steht für den Ansatz und das Engagement der Weltbank in dieser Frage.

 

Aufgrund dieser strategischen Grundlagen und der Art und Weise der Integration der Weltbank in den breiten Prozess zum Schutz der Waldreserven in der DRK darf ich behaupten, dass sich die Weltbank auf dem richtigen Weg befindet und es keinen Anlass gab, sie zu einem anders gearteten  Engagement aufzufordern.

 

Die manchmal geäußerte Kritik, die Weltbank fördere durch eine Politik der Exportorientierung die illegale Waldausbeutung des Kongo, ist nicht zutreffend. Die Weltbank tritt klar für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und –nutzung im Sinne der Armutsreduktion ein. Der Export illegal und unter den Bedingungen nicht-nachhaltiger Bewirtschaftung geschlägerter Tropenhölzer wird von der Weltbank selbstverständlich nicht befürwortet. Ein völliger Verzicht auf den Export von Holz, auch unter den Bedingungen nachhaltiger Ressourcenbewirtschaftung, wäre jedoch nicht im Sinne der Armutsreduktion.

 

Zu 3.:

Ich halte die Erklärung von Brüssel und die Priority Agenda der DRK für den geeigneten Ansatz, um eine nachhaltige Waldbewirtschaftung im Kongo herbeizuführen. Deren Umsetzung stellt eine große Herausforderung dar. Das Thema ist ausgesprochen komplex und steht in direktem Zusammenhang mit den Grundproblemen der DRK. Es mangelt auf allen Ebenen an den grundlegendsten Strukturen der Verwaltung, an funktionierender Rechtsstaatlichkeit, an demokratischer Kontrolle, an effektiven Institutionen sowie an gemeinde- und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Die Verankerung der Regierung in Kinshasa ist fragil und alle vorhandenen Strukturen nehmen mit der Entfernung von der Hauptstadt rapide ab. In weiten Teilen Zentral- und Ostkongos herrscht ein Macht- und Verwaltungsvakuum, das einen geeigneten Tummelplatz für "War Lords" und nationale wie internationale Profiteure darstellt. Dies ist das eigentliche Problem, das den illegalen und nicht-nachhaltigen Holzschlägerungen und Brandrodungen im Kongo zugrunde liegt. Es kommt darauf an, auch in den entlegeneren Provinzen eine effektive Staatsmacht, funktionierende Institutionen und eine organisierte Zivilgesellschaft zu etablieren, um eine nachhaltige und armutsorientierte regulierende Politik zu implementieren. Genau aus diesem Grund zielt die soeben im Genehmigungsprozess befindliche Länderstrategie der Weltbank, basierend auf dem partizipatorisch erstellten Poverty Reduction Strategy Paper der DRK, vorrangig auf Good Governance und Institutionenaufbau, die Festigung des Friedens und auf die Entwicklung der zivilgesellschaftlichen und Gemeindeebene ab. Auch andere internationale Geber sind auf dieser Ebene schon aktiv.

 

Zudem ist es wichtig, die Waldreserven der DRK auch als globales öffentliches Gut zu verstehen und zu entwickeln. Auch das ist ein äußerst schwieriges Unterfangen, weil es weltweit noch keine erprobten Strukturen für globale öffentliche Güter gibt. Demnach geht es hier um das Ingangsetzen eines breiten internationalen Prozesses, der entsprechende internationale Aufmerksamkeit und Verantwortlichkeit etabliert. Jenen NGOs, die dazu beitragen, diese internationale Aufmerksamkeit zu erzeugen, gebührt mein Dank. Die internationale Konferenz von Brüssel war ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

 

Zu 4.:

Diese Position wurde in erster Linie aufgrund entwicklungspolitischer Überlegungen geformt. Das grundlegende Problem ist ein entwicklungspolitisches, das ökologische Problem ist eine Resultante.

 

Mein Haus verfügt über eine gute entwicklungspolitische Expertise mit Erfahrung in der Region. Außerdem ist der belgische Exekutivdirektor unserer Stimmrechtsgruppe in der Weltbank in dieser Angelegenheit äußerst gut informiert und engagiert.

 

Zu 5.:

Die in der DRK tätigen internationalen und nationalen Geberorganisationen müssen ihre Länderstrategien besonders betreffend Good Governance, Rechtsstaatlichkeit und Institutionenaufbau vorantreiben. Gleichzeitig müssen der Brüsseler Prozess weitergeführt und die Brüsseler Erklärung implementiert werden. Die Verwirklichung des Moratoriums kann nur mittelfristig erreicht werden, es muss jedoch permanent auf der Policy-Agenda der DRK gehalten werden, wozu ein ständiger politischer Dialog nötig ist. Der Europäischen

Kommission kommt in dieser Beziehung eine wichtige Rolle zu. Die Weltbank (IDA) wird bei der Vergabe politik-basierender Kredite (Budgethilfe) eine sanfte Konditionalität im Sinne der Verwirklichung der eigenen Politiken der Regierung der DRK anwenden.

 

Mit freundlichen Grüßen