768/AB XXIII. GP
Eingelangt am 27.06.2007
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur
Anfragebeantwortung
Bundesministerium
für
Unterricht, Kunst und Kultur
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
Geschäftszahl: BMUKK-10.000/0071-III/4a/2007
Wien, 25. Juni 2007
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 809/J-NR/2007 betreffend entwicklungspolitische Aktivitäten, die die Abg. Petra Bayr und GenossInnen am 3. Mai 2007 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
Einleitend ist festzuhalten, dass das Entwicklungszusammenarbeitsgesetz (EZA-G), BGBl. I Nr. 49/2002 idgF., die Vollziehung der im Gesetz geregelten Materien grundsätzlich der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten überträgt und insbesondere § 28 EZA-G ihre Koordinationsbefugnis für die internationale Entwicklungspolitik regelt. Dies betrifft auch die Umsetzung des Kohärenzgebotes (siehe näher unten zu Frage 8). In diesem Sinne liegt die Hauptzuständigkeit zur Beantwortung der gegenständlichen Anfrage bei der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten.
Zu Fragen 1 bis 6, 11 und 12:
Bezogen auf den Wirkungsbereich des nunmehrigen Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur wurden im Jahr 2006 Entwicklungszusammenarbeitsprojekte vor allem in folgenden Bereichen durchgeführt:
- Bildungskooperation: Kulturkontakt wie zB. Unterstützung und Reform des Bildungswesens, Wirtschaftliche Bildung und Übungsfirmen, Förderung der berufsbildenden Ausbildung,
- Bildungskooperation: DaF(Deutsch als Fremdsprache)-Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung,
- Bildungskooperation: Entsendungen von Lehrerinnen und Lehrern sowie Lehrer-Expertinnen und –Experten/Bildungsbeauftragte,
- Übernahme von Personalkosten für Vorstudienlehrgänge,
- Unterstützung von Schulen (ua. auch Sanierung und Ausstattung),
- Förderung von EZA-Organisationen (entwicklungspolitische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit),
- Kultur-/Kunstförderung und –kooperation: Kulturkontakt,
- Schulpartnerschaften.
„Official Development Assistance“:
Für diese Projekte wurden im Jahr 2006 insgesamt 15 094 536 € (vorläufiges Ergebnis) an anrechenbaren „Official Development Assistance“-Beiträgen geleistet. Davon entfielen
- 610 847 € auf den Bereich „Bildungskooperation: Kulturkontakt“,
- 107 450 € auf den Bereich „Bildungskooperation: DaF-Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung“,
- 9 589 432 € auf den Bereich „Bildungskooperation: Entsendungen von Lehrkräften/Bildungsbeauftragten“,
- 4 547 714 € auf den Bereich „Übernahme von Personalkosten für Vorstudienlehrgänge“,
- 86 730 € auf den Bereich „Unterstützung von Schulen“,
- 54 528 € auf den Bereich „Förderung von EZA-Organisationen“,
- 97 835 € auf den Bereich „Kultur-/Kunstförderung und –kooperation: Kulturkontakt“.
Bilaterale Bildungskooperation mit Südost- und Osteuropa – Kulturkontakt Austria:
Die im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen, politischen und sozialen Veränderungen und den Bestrebungen zur europäischen Integration in den Ländern Ost-/Südosteuropas stehenden Reformen in den Bildungssystemen sollen durch die Arbeit der österreichischen Beauftragten für Bildungskooperation im voruniversitären Bereich unterstützt werden.
Die bilateralen Kooperationsaktivitäten des Ressorts mit Südost- und Osteuropa werden vornehmlich durch Kulturkontakt Austria abgewickelt. Die Projekte werden über ein Netzwerk an sog. K-education Projektbüros in Belgrad, Bukarest, Chisinau, Odessa, Podgorica, Sarajewo, Skopje, Sofia, Tirana, Zagreb, St. Petersburg umgesetzt. Die Büros werden von österreichischen Beauftragten für Bildungskooperation, direkt entsandt durch das Ressort, geleitet (siehe dazu auch die Ausführungen zu Lehrkräften, Bildungsbeauftragte). Partner sind ua. lokale Ministerien, Institutionen der regionalen Bildungsverwaltung, Agenturen für Berufsbildung, Schulen sowie Expertinnen und Experten.
Die inhaltlichen Schwerpunkte der Projekte liegen in der Förderung neuer Lehr- und Lernformen (ua. Projektunterricht, offene Lehr-/Lernformen, soziales Lernen, aber auch Themenbereiche wie Demokratieerziehung, Umwelterziehung, Menschenrechtserziehung, Interkulturelles Lernen, Bildung für nachhaltige Entwicklung), der Reform der Berufsbildung (ua. Anpassung der schulischen Ausbildungsangebote an die Bedürfnisse der sich verändernden Arbeitsmärkte, besonders in den Bereichen Wirtschaftsausbildung [zB. ECO-NET: Einführung von Übungsfirmen zur Förderung einer praxisnahen Wirtschaftsausbildung und Entrepreneurship], Tourismus [zB. TOUR-REG: Verbesserung der Tourismusausbildung in Südosteuropa] und Landwirtschaft [zB. Agri-AL – Förderung der landwirtschaftlichen Ausbildung in Albanien]) sowie der Reform der Bildungsverwaltung (Bildungsmanagement, Schulentwicklung und Qualitätsmanagement). Aus Mitteln des Ressorts wurden für diese Aktivitäten projektebezogen, vornehmlich im Jahr 2006, 1 442 815 € zur Verfügung gestellt.
Regionale Bildungskooperation mit den Ländern des Westbalkans:
Im Zuge der Umsetzung der Entwicklungskooperation ist weiters auf Aktivitäten im Rahmen der regionalen Bildungskooperation mit den Ländern des Westbalkans (Task Force Bildung und Jugend des Stabilitätspaktes für Südosteuropa/Education Reform Initiative of South Eastern Europe - ERI SEE) hinzuweisen, für welche im Jahr 2006 aus Mitteln des Ressorts 121 300 € zur Verfügung gestellt worden sind:
Österreich hat durch das Ressort seit 1999 die Führung der Task Force Bildung und Jugend des Stabilitätspaktes für Südosteuropa inne, mit der zentralen Aufgabe den Bildungsreformprozess in Südosteuropa zu unterstützen. Im Jahr 2003 wurde in einem durch die Task Force initiierten Memorandum of Understanding aller Bildungsministerinnen und Bildungsminister Südosteuropas (und der Republik Moldau) die Verpflichtung zur regionalen Zusammenarbeit und zur europäischen Dimension der Bildungsreformen (Lissabon) bekräftigt. Diese Zusammenarbeit gestaltet sich seit 2003 im Rahmen des institutionalisierten politischen Netzwerkes der „Education Reform Initiative of South Eastern Europe“, kurz: ERI SEE (Chair – derzeit Kroatien, Co-Chair – BMUKK sowie Montenegro), welche auf Initiative der Task Force gegründet wurde.
Die Task Force hat eine Neufassung (Erneuerung und Erweiterung) des Memorandums of Understanding initiiert und betreut auch den Adoptionsprozess (Eckpunkte sind ua. der Mehrwert des unterschiedlichen EU-Status der Länder des Westbalkans sowie der EU-Mitgliedschaft von zwei der Gründungsmitglieder von ERI SEE – Bulgarien und Rumänien, die Auslaufphase des Stabilitätspaktes, die bis 2008 mit der vollständigen Übergabe aller Agenden an die Region abgeschlossen wird, sowie das als Nachfolgestruktur geplante, durch die Region getragene Regional Cooperation Council – RCC, welches ERI SEE mit den Bildungsagenden beauftragen wird). Das Memorandum wurde anlässlich der 22. Ständigen Konferenz Europäischer Bildungsministerinnen und Bildungsminister des Europarates am 4. Mai 2007 in Istanbul durch alle Bildungs- und Forschungsministerinnen und -minister Südosteuropas (bis auf derzeit Moldau und Serbien) unterzeichnet.
Entsendungen von Lehrkräften/Bildungsbeauftragten:
Neben den an höheren Schulen und in der Lehrerfortbildung tätigen entsandten Lehrkräften wirken in den Reformstaaten Ost- und Südosteuropas Beauftragte für Bildungskooperation, um diese Staaten bei den Reformen im Bildungssektor (schulischer Bereich) zu unterstützen. Die Aktivitäten der Bildungsbeauftragten orientieren sich an den Interessen der jeweiligen Partnerländer, den Interessen Österreichs und an einer klaren europäischen Dimension und werden laufend dem Stand der Entwicklung in den Reformstaaten angepasst. Dieses Kooperationsmodell wird vom Ressort in enger Zusammenarbeit mit Kulturkontakt Austria realisiert (siehe dazu auch die Ausführungen zur bilateralen Bildungskooperation mit Südost- und Osteuropa – Kulturkontakt Austria). Entsandte österreichische Lehrkräfte wirken auch an den Österreichischen Schulen in Istanbul (St. Georgs-Kolleg) und in Guatemala City (Instituto Austriaco Guatemalteco). Diese Einrichtungen sind Schulen der Begegnung von Kulturen und Sprachen und kommen praktisch ausschließlich Kindern der Gastländer zugute. Der Unterricht erfolgt im Wesentlichen auf Deutsch mit bilingualen und muttersprachlichen Elementen des Gastlandes vor dessen kulturellem Hintergrund. Der Unterricht weckt bei den Schülerinnen und Schülern Verständnis für Politik, Wirtschaft und Kultur in Österreich und im Gastland vor einem internationalen Hintergrund. Ein wesentlicher Grundsatz ist dabei die Erziehung zu Demokratie und Menschenrechten. Zusätzlich zu den angegebenen ODA-Beiträgen sind im Jahr 2006 Ausgaben für Entsendungen vornehmlich in Länder Südosteuropas in der Höhe von 501 688 € angefallen.
Unterstützung von Schulen:
Im Bereich „Unterstützung von Schulen“ sind zusätzlich zu den angegebenen ODA-Beiträgen für Schulprojekte/Kulturaustauschmaßnahmen (ua. binationales Jugendorchester, Internationale Werkstattwochen, ACT-Active Citizenship Training, Kindermuseum Jerewan) im Jahr 2006 Mittel des Ressorts in der Höhe von 121 134 € zur Verfügung gestellt worden.
Entwicklungspolitische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit:
Die Aufgaben der entwicklungspolitischen Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit an österreichischen Schulen werden in Zusammenarbeit mit Komment abgewickelt (Fördervertrag, Prüfung der Projekte durch einen Fachbeirat). Im Jahr 2006 bildeten die inhaltlichen Schwerpunkte
- die nachhaltige Auseinandersetzung mit den Millennium Development Goals,
- eine Schwerpunktsetzung zu Lateinamerika (anlässlich des EU-Lateinamerikagipfels im Rahmen der österreichischen EU-Präsidentschaft),
- der Faire Handel und vor allem
- im schulischen Bereich die Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung und Initiativen zur Stärkung des Globalen Lernens.
Drei Projekte wurden vom Fachbeirat zur Förderung empfohlen und mit Komment abgewickelt (Südwind Agentur: „Weltsicht entwickeln“ - Workshopreihe zu Globalem Lernen, Global Education Week; ÖKO-HIMAL: www.8goals4future.at; WWF Österreich: Leben auf Kosten anderer).
Kultur-/Kunstförderung und –kooperation:
Im Bereich „Kultur-/Kunstförderung und –kooperation“ ist für 2006 bei den eingangs angeführten ODA-Beiträgen mit Kulturschaffenden aus Albanien, Belarus, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Georgien, Mazedonien, Moldau, Serbien (inkl. Kosovo) und der Ukraine weiters noch ein Sachaufwand für Stipendiatinnen und Stipendiaten (Wohnungskosten, Ateliermieten, Veranstaltungskosten) in der Höhe von 111 000 € angefallen.
Schulpartnerschaften und sonstige Schulausstattungs-, Schulerrichtungs-, und Ausbildungsprojekte:
Für sonstige Schulausstattungs-, Schulerrichtungs-, Schulpartnerschafts- und Ausbildungsprojekte (ua. Renovierung und Ausstattung der beiden Grundschulen in Shishkat und Ghulkin im District Gilgit, Northern Areas, Pakistan; Renovierung der sanitären Anlagen und der Fußböden in der HTL Skender Lurasi in Suva Reka – Kosovo, Casa Felice 2006 - Ermöglichung des Schulbesuchs für Straßenkinder in Rumänien, Stipendienprojekte für Ost- und Südosteuropa - Schulpartnerschaften und -renovierungen sowie Schülerinnen- und Schüleraustausch) ist im Jahr 2006 ein Betrag im Ausmaß von 1 129 400 € zur Verfügung gestellt worden.
Für 2007/2008 können derzeit noch keine Aussagen getroffen werden. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 17 verwiesen.
Zu Fragen 7 und 8:
Das EZA-G enthält in § 1 Abs. 5 ein für die gesamte Vollziehung des Bundes verpflichtendes Kohärenzgebot, wonach „der Bund [....] die Ziele und Prinzipien der Entwicklungspolitik bei den von ihm verfolgten Politikbereichen, welche die Entwicklungsländer berühren können [berücksichtigt]“. Das zentrale Instrument zur Umsetzung dieses Kohärenzgebotes ist die gemäß § 23 EZA-G erfolgende jährliche Fortschreibung des Dreijahresprogramms, das mit anderen mit EZA befassten Ressorts abgestimmt und im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen der Bundesregierung vorzulegen ist. Weiters werden sämtliche Gesetzesvorschläge mit EZA-relevanten Inhalten vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten unter dem Gesichtspunkt der entwicklungspolitischen Kohärenz überprüft. Zum Thema Kohärenz finden darüber hinaus regelmäßig Gesprächsrunden zwischen dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten und anderen Ressorts statt
Zu Frage 9:
Auf Grund des Aufgabenbereiches des Ressorts werden im Besonderen die Anliegen von Kindern und Jugendlichen im Bildungsbereich berücksichtigt.
Zu Frage 10:
Entwicklungspolitische Aktivitäten werden entsprechend dem jeweiligen Aufgabenbereich der Organisationseinheiten des Ressorts (zB. „Entwicklungspolitische Bildungsarbeit an österreichischen Schulen“, „Bilaterale Angelegenheiten“) mit dem dort vorhandenen Personal und im Rahmen des Förderbudgets der Organisationseinheiten wahrgenommen.
Zu Fragen 13 bis 16:
Die Österreichische UNESCO-Kommission (ÖUK) ist als Nationalagentur für UNESCO-Angelegenheiten ein Bindeglied der innerösterreichischen Koordination aber auch in der Koordination zwischen dem Sekretariat der UNESCO und österreichischen Institutionen und vice versa tätig. Als konstitutionelle Partner sind die Nationalkommissionen einerseits das nationale Organ der UNESCO in einem Mitgliedsstaat, andererseits vertreten sie den jeweiligen Mitgliedsstaat gegenüber der UNESCO. Das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten ist für die Angelegenheiten der kulturellen Auslandsbeziehungen, für die Vertretung der Republik Österreich gegenüber der UNESCO und für den Verkehr mit der UNESCO zuständig. Es nimmt – ebenso wie das für Unterricht, Kunst und Kultur zuständige Bundesministerium – die Vertretung des Bundes in der ÖUK wahr. Die ÖUK ist in erster Linie eine Koordinationsstelle in allen Programmbereichen der UNESCO. Die ÖUK erarbeitet österreichische Beiträge, hilft bei der Vermittlung von Expertinnen und Experten, veranstaltet Fachseminare und Tagungen (die gegebenenfalls von der ADA gefördert werden), auch in Zusammenarbeit mit Behörden und anderen Institutionen und gibt Publikationen heraus. Das Ressort ist im Vorstand der ÖUK im Bereich Bildung durch Frau MR Dr. Stromberger, im Bereich Kultur durch Frau OR Dr. Steiner sowie im Bereich Kunst durch Herrn MR Mag. Riedl vertreten. Ziel der UNESCO ist es, durch Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Völkern in Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Wahrung des Friedens und der Sicherheit beizutragen, „um in der ganzen Welt die Achtung vor Recht und Gerechtigkeit, vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten zu stärken, die den Völkern der Welt ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder Religion durch die Charta der Vereinten Nationen bestätigt worden sind“ (Näheres unter http://www.unesco.at/user/index_flash.htm).
Zu Frage 17:
Auch hier ist auf die primäre Zuständigkeit und Koordinationsfunktion der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten hinzuweisen. Im Übrigen ist seitens des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur beabsichtigt, die eingangs genannten Ressortprojekte im Rahmen der budgetären Möglichkeiten fortzusetzen.
Die Bundesministerin:
Dr. Claudia Schmied eh.