775/AB XXIII. GP

Eingelangt am 28.06.2007
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BM für Wirtschaft und Arbeit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                                                           Wien, am  25. Juni 2007

 

                                                                                                                           Geschäftszahl:

                                                                                            BMWA-10.101/0106-IK/1a/2007

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 847/J betreffend „Juristischer Dilettantismus im BMWA – Rückzahlung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung“, welche die Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen am 16. Mai 2007 an mich richteten, stelle ich fest:

 

Antwort zu den Punkten 1 und 3 der Anfrage:

 

Die Prüfung von Gesetzesvorschlägen auf ihre Vereinbarkeit mit den Regelungen der Europäischen Union ist schon alleine aufgrund der geltenden legistischen Richtlinien des Bundeskanzleramts eine Selbstverständlichkeit. Diese wird und wurde von den Juristen und Juristinnen meines Hauses gewissenhaft durchgeführt, so auch im Falle des Beitrages des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit zum Entwurf des Budgetbegleitgesetzes 2003 und in weiterer Folge dem Begutachtungsverfahren unterzogen.

Im Zuge der Begutachtung hat der Verfassungsdienst zur Regelung des § 2 Abs. 8 AMPFG nicht Stellung genommen.

Das (damalige) Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen hat angemerkt, dass der arbeitsmarktpolitische Effekt unterschiedlich eintreten könnte, zugleich aber angemerkt, dass es unwahrscheinlich sei, dass der EuGH eine indirekte Diskriminierung erblicken würde.

 

 

Die Stellungnahmen der Wirtschaftskammer Österreich und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs sind selbstverständlich auch als Stellungnahmen von Interessensvertretungen, die für ihre Mitglieder naturgemäß günstigstmögliche Regelungen erwirken sollen, zu sehen.

Die Prüfung hat daher zum damaligen Zeitpunkt zu Recht ergeben, dass keine Verletzung von EU - Normen vorliegt.

Dies hat auch der Verfassungsgerichtshof ähnlich gesehen. Der Beschwerdeführer hat nämlich zuerst Beschwerde beim VfGH eingelegt. Dieser hat mit Beschluss vom 28.2.2005 die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde an den VwGH abgetreten. Begründet hat dies der VfGH u.a. so:

 

"Soweit die Beschwerde aber verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB. VfSlg. 14842/1997: Arbeitslosenversicherung ein Zweig der Sozialversicherung) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht Erfolg hat:

 

Es besteht ein offenkundiger Sachzusammenhang zwischen dem Ziel der Arbeits-losenversicherung und dem verfassungsrechtlich abgesicherten unterschiedlichen Pensionsalter."

 

Erst der Verwaltungsgerichtshof hat die Interpretation der EG – Richtlinie 79/7 getroffen, die die angesprochenen Konsequenzen hat.

 

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

 

Die Erstellung des Budgets und des Begleitgesetzes stand im Frühjahr 2003 unter großem Zeitdruck, da bereits seit Jahresanfang mit einem Budgetprovisorium gearbeitet werden und die Beschlussfassung noch vor den Parlamentsferien erfolgen musste. In den angesprochenen Novellen waren zudem aber keine Punkte enthalten, die die Interessen der Länder als Gebietskörperschaft berührt hätten.

 

Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

 

Ich sehe keinen Anlass Änderungen bei der Vorgangsweise vorzunehmen, da ja im gegenständlichen Fall der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes dazu keine Anmerkung gemacht und in Folge sogar der VfGH die Behandlung der Beschwerde abgelehnt hat.

 

 

Antwort zu den Punkten  5 bis 7 und 12 der Anfrage:

 

Die Information, dass für Männer über 56 für die Jahre 2004 bis 2006 die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung rückgefordert werden können, ist richtig.

Ein Teil des Einnahmenausfalls von jährlich rund € 104 Mio. der Jahre 2007 und 2008 wird durch die sich - im Vergleich zum Bundesvoranschlag - günstiger ent-wickelnde Wirtschaftslage ausgeglichen. Ein darüber hinaus gehender Ein-nahmenentfall ist - sofern dies zu einem höheren Abgang der zweckgebundenen Gebarung Arbeitsmarkpolitik führt - durch den Bund gemäß § 1 Abs 4 Arbeitsmarktpolitikfinanzierungsgesetz bedeckt.

Nach Schätzungen des Bundesministeriums für Finanzen wird etwa gut die Hälfte dieser geringeren Einnahmen bei den ALV - Beiträgen über erhöhte Einnahmen bei der Einkommen- und Lohnsteuer kompensiert, da ja durch den Entfall des ALV - Beitrages die Steuerbemessungsgrundlage entsprechend erhöht wird, was in Folge zu höheren Steuereinnahmen führt.

 

 

Antwort zu den Punkten 8 bis 11 der Anfrage:

 

Die Anzahl der betroffenen Dienstnehmer beträgt im Jahresdurchschnitt rund 52.000 Personen; der für diese Dienstnehmer ungebührlich entrichtete Beitrag zur Arbeitslosenversicherung beträgt rund € 104 Mio. jährlich.

Für die Jahre 2004 bis 2006 ergibt sich somit ein maximaler Rückforderungsbetrag von bis zu € 312 Mio. Aufgrund des vorhandenen Datenmaterials steht die Anzahl der betroffenen Dienstgeber/innen derzeit nicht zur Verfügung. Auch eine seriöse Aussage über das tatsächliche Ausmaß eingeforderter Rückzahlungen oder der gesamten Rückzahlungsforderungen ist derzeit (noch) nicht möglich, da das Verfahren zur Rückzahlung gegenwärtig im Anlaufen ist.