817/AB XXIII. GP
Eingelangt am 10.07.2007
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer Wien, am Juli 2007
Parlament
1017 Wien GZ: BMF-310205/0048-I/4/2007
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 815/J vom 10. Mai 2007 der Abgeordneten Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen betreffend „verbotenes Glückspiel in Niederösterreich“ beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:
Zu 1.:
Die Expertinnen und Experten meines Hauses sind sich mit mir des Umstandes bewusst, dass dem Staat bei der Regelung des Glücksspielrechts eine hohe gesellschaftspolitische Verantwortung zukommt, da hier wichtige gesellschaftspolitische Anliegen unmittelbar betroffen sind.
Eine transparente Glücksspielwirtschaft und eine effektive Aufsicht sind die Grundsteine eines gesellschaftlich akzeptierten Glücksspiels. Die österreichische Bundesregierung fühlt sich dabei dem Ziel des Schutzes der Spielerinnen und Spieler in hohem Maße verpflichtet. Aus diesem Grund gilt es, den bereits in der Vergangenheit gepflogenen verantwortungsbewussten Umgang mit dem Glücksspiel auch in Zukunft weiterzuverfolgen. Es gilt dabei, ein unkontrolliertes beziehungsweise aggressives Anheizen der Spielleidenschaft zu vermeiden.
Den vom Bund beauftragten Konzessionären werden daher im Rahmen der Aufsicht umfangreiche Spielerinnen- und Spielerschutzmaßnahmen auferlegt. Diese werden auch laufend auf ihre Einhaltung hin überprüft. Überdies werden sie regelmäßig evaluiert, um sie an die Gegebenheiten des Marktes anzupassen.
Selbstverständlich ist es aus meiner Sicht jedoch nicht ausreichend, lediglich das konzessionierte Glücksspiel zu überwachen. Es dürfen die vorgeschriebenen Maßnahmen zum Schutz der Spielerinnen und Spieler nämlich nicht durch diverse illegale Glücksspielanbieter unterlaufen werden.
Das hier angesprochene „kleine Glücksspiel“ ist in § 4 Abs 2 GSpG definiert. Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten unterliegen demnach nicht dem Glücksspielmonopol, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens darf die vermögensrechtliche Leistung der Spielerin beziehungsweise des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von € 0,50 nicht übersteigen und zweitens darf der Gewinn einen Betrag oder den Gegenwert von € 20,-- nicht übersteigen.
Innerhalb dieser Grenzen ist es kompetenzrechtlich dem Landesgesetzgeber überlassen, ob und unter welchen Voraussetzungen er derartiges kleines Automatenglücksspiel zulässt. Bei seiner Entscheidung darf der Landesgesetzgeber freilich nicht in den Monopolbereich des Bundes eingreifen und muss daher die in § 4 Abs 2 GSpG festgelegten Grenzen beachten.
Meine Expertinnen und Experten sind unbeschadet dieser kompetenzrechtlichen Lage sehr daran interessiert, dass der Schutz der Spielerinnen und Spieler nicht vernachlässigt wird. Sie haben sich daher verstärkt den Dialog mit anderen beteiligten staatlichen Stellen vorgenommen, um die Sensibilität für das Glücksspiel und die Verantwortung bei seiner Überwachung bei sämtlichen Verantwortungsträgerinnen und -trägern bewusst zu machen.
Zu 2.:
Mein Ressort fungiert als Aufsichtsbehörde über das Glücksspielmonopol des Bundes. Als solches überwacht es die Tätigkeit der Konzessionäre, hat die Legistikkompetenz, ist Anlaufstelle für Auslegungsfragen zum GSpG und glücksspielrechtliche Auskünfte anderer Behörden sowie Dritter und erstattet Anzeigen gegen illegale Glücksspielanbieter, sobald es von solchen erfährt.
Die Strafkompetenz und damit die Verantwortung für die effektive Verfolgung illegalen Glücksspiels liegt dagegen ausschließlich bei den Strafverfolgungsbehörden. Dies sind in erster Linie die Bezirksanwaltschaften für strafrechtliche Anzeigen nach § 168 StGB, die der Verantwortung der Staatsanwaltschaften und damit letztlich der Frau Bundesministerin für Justiz unterstehen. In zweiter Linie sind die Bezirksverwaltungsbehörden für die verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung nach dem GSpG verantwortlich.
Meine Expertinnen und Experten haben mit mir den Bedarf nach einer stärkeren Koordinierung der beteiligten Stellen erkannt und aus diesem Grund am 25. und 26. April 2007 die erste österreichische Glücksspielkonferenz veranstaltet. Bei dieser Klausur waren die wichtigsten Akteure im Bereich Glücksspielrecht und Glücksspielaufsicht vertreten; so nahmen neben allen in der Finanzverwaltung betroffenen Stellen das Bundesministerium für Justiz, der Magistrat der Stadt Wien und die Bundespolizeidirektion Wien, die Sicherheitspolizei, das Bundeskriminalamt, die Bundesrechenzentrum GesmbH sowie einige Sachverständige teil. Dieser Prozess der Vernetzung der staatlichen Stellen wird seitens meines Hauses weiter vorangetrieben werden, um auch bei den anderen beteiligten staatlichen Stellen die Sensibilität für die ihnen übertragene Verantwortung zu schärfen.
Zu 3. und 4.:
Verstöße gegen die Grenzen des „kleinen Automatenglücksspiels“ sind Eingriffe in das Glücksspielmonopol des Bundes und lösen daher die Straftatbestände nach § 168 StGB oder nach § 52 GSpG aus. Für eine Bestrafung sind daher die Strafverfolgungsbehörden zuständig. An diese richtet mein Ressort auch laufend Anzeigen. Auf Seiten der Finanzverwaltung werden zur Abgabensicherung – wie in anderen Wirtschaftsbereichen auch – finanzrechtliche Prüfungen durchgeführt.
Zu 5. bis 8.:
Die hier angesprochene Anzeige wegen illegalen Glücksspiels gemäß § 168 StGB ist den Expertinnen und Experten meines Hauses bekannt. Für den Stand der weiteren Verfahrensschritte ist allerdings die Bezirksanwaltschaft beziehungsweise Staatsanwaltschaft und damit das Bundesministerium für Justiz zuständig.
Auf die Illegalität von virtuellen Hundewetten hat mein Haus bereits in der Vergangenheit mehrfach hingewiesen. So wurde die diesbezügliche Rechtsansicht sogar auf der Homepage unter www.bmf.gv.at/steuern/fachinformationen/glücksspiel/FAQs frei zugänglich veröffent-licht. Diese Einschätzung wurde mittlerweile auch durch eine Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates Niederösterreich von 2006 bestätigt.
Inwieweit ein Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vorliegt oder nicht, ist in meinem Haus nicht bekannt und fällt im Übrigen auch nicht in die Bundeskompetenz. Diesbezügliche Erkundigungen wurden mangels bestehender Zuständigkeit nicht eingeholt.
Zu 9.:
Meine Expertinnen und Experten werden mit mir die bereits eingeleiteten Bemühungen in der Verstärkung des Kampfes gegen illegales Glücksspiel fortsetzen und die beteiligten staatlichen Stellen, soweit diese zuständig sind, auch weiterhin zu einem entsprechenden Handeln ermutigen. Überdies soll das GSpG einer umfassenden Evaluierung unterzogen werden und sollen dem Parlament als Ergebnis dieses Evaluierungsprozesses – unter Umständen in mehreren Tranchen – Vorschläge für legistische Verbesserungen zugeleitet werden.
Zu 10.:
Wie bereits ausgeführt liegt das „kleine Automatenspiel“ gemäß § 4 Abs 2 GSpG in der Kompetenz der Länder. Ihnen obliegt die Prüfung und Überwachung der kleinen Automaten. Einschlägige Statistiken müssen daher bei den Landesbehörden eingeholt werden.
Die Konzessionäre des Bundes im Bereich des Glücksspiels betreiben in den angefragten Bundesländern einerseits in den Casinostandorten der Casinos Austria AG aufgestellte Spielautomaten und andererseits Outlets mit so genannten Video-Lotterieterminals, die einen öffentlichen Zugang zu den Elektronischen Lotterien der Österreichischen Lotterien GmbH eröffnen. Beide Spielformen werden von zahlreichen Maßnahmen zum Schutz der Spielerinnen und Spieler begleitet. Mit Stand Dezember 2006 sind folgende Geräte in Betrieb:
NIEDERÖSTERREICH:
Große Automaten in der Spielbank Baden: 282
VLT-Terminals für Elektronische Lotterien
an den Standorten Ebreichsdorf, Bruck/Leitha und Zwettl 250
WIEN:
Große Automaten in der Spielbank Wien: 179
VLT-Terminals für Elektronische Lotterien
am Standort Donauplex 82
STEIERMARK:
Große Automaten in der Spielbank Graz: 125
VLT-Terminals für Elektronische Lotterien keine
KÄRNTEN:
Große Automaten in der Spielbank Velden: 173
VLT-Terminals für Elektronische Lotterien keine
Zu 11.:
Grundsätzlich liegen keine Kontrollkompetenzen betreffend das kleine Automatenglücksspiel beim Bund, da das kleine Automatenglücksspiel im Glücksspielgesetz aus dem Monopol ausgenommen ist. Es obliegt damit landesgesetzlichen Regelungen, ob das kleine Automatenglücksspiel erlaubt ist oder nicht. Ist es erlaubt, dann wird ein Konzessionsbescheid durch die Bezirksverwaltungsbehörden erteilt. Die Prüfung der Einhaltung obliegt daher den Bezirksverwaltungsbehörden.
Mein Ressort erstattet aber regelmäßig Anzeigen an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden und hat überdies verstärkt begonnen, mit den Landesbehörden in einen Dialog zu treten, um schon im Vorhinein restriktivere Bewilligungen durch diese aufgrund einer gesteigerten Sensibilität für die Grenzen des § 4 Abs 2 GSpG zu erreichen.
Zu 12.:
Das Vorschreiben technischer Einrichtungen im Rahmen des kleinen Glücksspiels obliegt nach geltender Rechtslage den Landesbehörden im Rahmen ihrer Bescheidbewilligungskompetenz.
Ob die geltende Rechtslage hier fortentwickelt werden soll, wird im Rahmen der eingeleiteten Evaluierung des GSpG seitens der Expertinnen und Experten meines Hauses gerade geprüft. Dazu sind umfangreiche Analysen erforderlich. So sollen etwa zunächst die bestehenden europäischen Modelle erhoben und näher studiert werden, um zu ergründen, wie ein Best Practice Modell für Österreich ausschauen könnte und ob dessen Implementierung machbar und sinnvoll erscheint.
Zu 13.:
Als ein Modellfall wird immer wieder Italien genannt, das eine neue elektronische Anbindung der Automaten an ein staatliches Kontrollnetz eingeführt haben soll. Dieses Modell befindet sich allerdings erst in der Anfangsphase. Es ist daher zu prüfen, ob es schon genug Erprobungsdaten für ausreichende Rückschlüsse gibt. Ich habe meine Expertinnen und Experten aber jedenfalls gebeten, sich dieses Modell – auch vor Ort – näher anzuschauen.
Auch auf europäischer Ebene ist im Übrigen – angesichts ähnlicher Problemfelder – der Erfahrungsaustausch über Lösungsmodelle zur besseren Überwachung von Automaten gerade erst angelaufen. Wir stehen hier daher sicher erst am Beginn der notwendigen Diskussion.
Hinsichtlich des zeitlichen Horizonts der Implementierung einer möglichen neuen Überwachungsstruktur haben mich meine Expertinnen und Experten darauf hingewiesen, dass nach ihrer Einschätzung aufgrund der umfangreichen organisatorischen und finanziellen Begleitmaßnahmen allerdings jedenfalls erst eine mittelfristige Umsetzung wahrscheinlich erscheint.
Zu 14. und 15.:
Die Ausnahme des kleinen Automatenglücksspiels aus dem Bundesmonopol ist im Hinblick auf effiziente und effektive Kontrolle dann kein Hindernis, wenn die Strafverfolgungsbehörden ihre Verantwortung wahrnehmen.
Dennoch sind meine Expertinnen und Experten im Rahmen des bereits angesprochenen verstärkten Dialoges mit allen beteiligten Stellen insbesondere mit den Landesbehörden in Wien in engem Kontakt betreffend die Verstärkung der Aufsicht über das kleine Automatenglücksspiel. Die diesbezüglichen konkreten Gespräche sollen in einem späteren Schritt auf alle Landesbehörden ausgedehnt werden. Es ist mir dabei auch ein Anliegen, die Koordinierung der beteiligten staatlichen Stellen weiter zu verstärken.
Zu 16.:
Die Spielbanken sind Standorte des Konzessionärs, die den in der Fragstellung bereits angesprochenen strengen Aufsichtsmaßnahmen meines Hauses unterliegen: Zugangs-beschränkungen und Sperrmöglichkeiten sind dabei Beispiele für die von meinem Ressort auferlegten Maßnahmen zum Schutz der Spielerinnen und Spieler.
Für kleine Glücksspielautomaten obliegt es den Landesbehörden derartige Regelungen vorzuschreiben. Bei Sportwetten gelten die allgemeinen zivil- und strafrechtlichen Schutzbestimmungen des Rechtsverkehrs.
Zu 17.:
Im Rahmen des Monopols gibt es auf Anbieterseite nur die Konzessionäre des Bundes, für die die umfassenden Spielerschutzauflagen meines Ressorts uneingeschränkt gelten.
Der gesetzliche Rahmen des GSpG betreffend das kleine Automatenglücksspiel der Länder wird seitens der Expertinnen und Experten meines Hauses gerade einer Evaluierung unterzogen, um gegebenenfalls durch legistische Maßnahmen eine Anpassung an die Entwicklungen des Standes der Technik und des Marktverhaltens vorzunehmen. Dazu wird auch auf die Erfahrungen der Landesbehörden zurückgegriffen werden.
Zu 18.:
Der Konzessionär wird von meinem Ressort als Aufsichtsbehörde bereits im Vorfeld dazu angehalten, sein Angebot mit hohen Spielerinnen- und Spielerschutzmaßnahmen zu begleiten. Diese Maßnahmen werden als Auflagen direkt vorgeschrieben. Sie mindern somit den Abgabenertrag schon im Vorhinein. Ich stelle dazu auch klar, dass mein Haus im vorliegenden Konnex zwischen Einnahmensicherung und Schutz der Spielerinnen und Spieler nicht an einem maximalen Abgabenertrag interessiert ist, sondern penibel auf die Erfordernisse des Schutzes der Spielerinnen und Spieler achtet. Ich fühle mich persönlich dem Prinzip des verantwortungsvollen Umgangs mit dem Glücksspiel in besonderem Maße verpflichtet.
Zu 19.:
Zum hier angesprochenen Sachverhalt läuft derzeit ein Mahnverfahren der Europäischen Kommission, mit welchem die europarechtliche Haltbarkeit der Regelung geprüft wird. Die Gespräche zwischen der Europäischen Kommission und den Expertinnen und Experten meines Hauses sind noch im Laufen.
Zu 20.:
Es liegen in meinem Ressort keine in dieser Frage angesprochenen Erhebungen oder Studien vor.
Mit freundlichen Grüßen