844/AB XXIII. GP
Eingelangt am 16.07.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.
Bundeskanzler
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Öllinger, Freundinnen und Freunde haben am 30. Mai 2007 unter der Nr. 868/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Wiener Zeitung -Wiener Journal gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:
ØZu welchen Konditionen (Übernahme der Beschäftigten, Weiterführung als eigen- ständige Publikation usw.) hat die „Wiener Zeitung" 2002 das „Wiener Journal" erworben (wir ersuchen um eine detaillierte Darstellung)?
ØWelchen Kaufpreis (bzw. Abdeckung von Verbindlichkeiten) hat die „Wiener Zei- tung" für das „ Wiener Journal" bezahlt?
Aus dem im Bundeskanzleramt aufliegenden Gutachten vom 24 September 2002 eines Wirtschaftsprüfers „zur Ermittlung des positiven Verkehrswertes der Wiener Journal Zeitschriftenverlag GmbH zum 31. Dezember 2001" ergibt sich, dass die „Wiener Zeitung GmbH" zunächst im Dezember 2001 dem „Wiener Journal Zeit- schriftenverlag" ein Darlehen in der Höhe von 1 Mio. Schilling mit der Zusicherung des Verkaufes der Rechte am „Wiener Journal" gewährt hat, damit die „Wiener Jour- nal Zeitschriftenverlag GmbH" eine ausgeglichene Bilanz erstellen kann.
Am 27. Dezember 2001 wurde zwischen der „Wiener Zeitung GmbH" einerseits und der „Wiener Journal Zeitschriftenverlag GmbH" sowie dem „Verein Wiener Journal" (damaliger Alleineigentümer dieser GmbH) andererseits die Vereinbarung über den Erwerb der Rechte geschlossen.
Am 9. September 2002 hat die „Wiener Zeitung GmbH" durch notariellen Abtretungs- vertrag alle Geschäftsanteile der „Wiener Journal Zeitschriftenverlag GmbH" vom „Verein Wiener Journal" um einen Euro gekauft. Gleichzeitig wurde der Kauf der Rechte am „Wiener Journal" vom 27. Dezember 2001 rückabgewickelt und das Dar- lehen vom Dezember 2001 an die „Wiener Journal Zeitschriftenverlag GmbH" wurde in einen Gesellschafterzuschuss der Wiener Zeitung GmbH umgewandelt und auf 1,6 Mio. Schilling erhöht.
Mit Vertrag vom 29. September 2002 ist die „Wiener Journal Zeitschriftenverlag GmbH" als übertragende Gesellschaft mit der „Wiener Zeitung GmbH" als überneh- mende Gesellschaft zum Stichtag 31. Dezember 2001 verschmolzen worden. Die Verschmelzung erfolgt auf Grundlage des zuvor erwähnten Gutachtens des Wirt- schaftsprüfers „zur Ermittlung des positiven Verkehrswertes der Wiener Journal Zeit- schriftenverlag GmbH" zum 31. Dezember 2001".
Im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2002 der „Wiener Zeitung GmbH" scheint ein Verlustvortrag der „Wiener Journal Zeitschriften GmbH" von minus € 100.742,18 auf.
Insgesamt wurden daher für das „Wiener Journal" 1,6 Mio. Schilling bezahlt, wobei eine von der Stadt Wien an die „Wiener Journal Zeitschriftenverlag GmbH" in Aus- sicht gestellte und schließlich nach der Verschmelzung der „Wiener Zeitung GmbH" gezahlte Förderung von 1 Mio. Schilling zu berücksichtigen ist. Der restliche Betrag wurde durch steuerrechtliche Vorteile durch Übernahme der Verluste der „Wiener Journal Zeitschriftenverlag GmbH" im Rahmen der „Wiener Zeitung GmbH" ausge- glichen.
Zu Frage 3:
Ø Hat die Geschäftsführung der „Wiener Zeitung" vor dem Erwerb eine Marktprogno- se vorgelegt? Wenn ja, wie lautet diese? Wenn nein, welche Gründe für den Er- werb wurden von der Geschäftsführung geltend gemacht?
Nach Mitteilung des Geschäftsführers der „Wiener Zeitung GmbH" sollten im 300. Jahr des Bestandes der Wiener Zeitung durch den Kauf des „Wiener Journals" neue Lesergruppen erschlossen werden, da das „Wiener Journal" ein auf jüngere Zielgruppen orientiertes ausgerichtetes Trendmedium war. Weiters sollte ein zusätz- liches Standbein für die „Wiener Zeitung GmbH" geschaffen werden.
Zu Frage 4:
Ø Wie viele KäuferInnen (AbonnentInnen) hatte das „Wiener Journal" zum Zeitpunkt der Übernahme?
Laut Gutachten des Wirtschaftsprüfers „zur Ermittlung des positiven Verkehrswertes der Wiener Journal Zeitschriftenverlag GmbH" zum 31. Dezember 2001" betrug der Abonnentenstock des „Wiener Journals" rund 4.000, wobei aber nur 1.000 Abonnen- ten bezahlten. Knapp 500 Stück pro Auflage wurden laut Mitteilung des Geschäfts- führers der „Wiener Zeitung GmbH" über Einzelverschleißstellen verkauft.
Zu Frage 5:
Ø Wie viele KäuferInnen (AbonnentInnen) hatte das „Wiener Journal" zum Zeitpunkt der Einstellung als eigenständige Publikation?
Nach der Verschmelzung der Wiener Zeitung GmbH mit der „Wiener Journal Zeit- schriftenverlag GmbH" wurde das „Wiener Journal" nicht mehr selbständig verkauft, sondern der Wiener Zeitung beigelegt.
Zu Frage 6:
Ø Welche Kosten sind durch die Einstellung als eigenständige Publikation angefal- len?
Laut Mitteilung des Geschäftsführers der „Wiener Zeitung GmbH" sind mit der Ein- stellung keine Kosten angefallen.
Zu den Fragen 7 und 8:
ØWelche Inserateneinnahmen hatte das „Wiener Journal" zum Zeitpunkt der Über- nahme 2002?
ØWelche Inserateneinnahmen hatte das „Wiener Journal" zum Zeitpunkt der Ein- stellung als eigenständige Publikation?
Laut Mitteilung des Geschäftsführers der „Wiener Zeitung GmbH" können Aussagen in dieser Richtung erst ab dem Zeitpunkt der Übernahme der „Wiener Journal Zeit- schriftenverlag GmbH" gemacht werden. Durch den Inseratenverkauf im „Wiener Journal" wurden im ersten Rumpfgeschäftsjahr 2002 € 15.000, im Jahr 2003 rund € 90.000, im Jahr 2004 rund € 150.000, im Jahr 2005 rund € 147.000 und im Jahr 2006 rund € 150.000 erlöst.
Zu den Fragen 9 und 10:
ØAus welchen Gründen hat der Eigentümer, die Republik Österreich, vertreten durch das Bundeskanzleramt, der Übernahme bzw. dem Kauf des „Wiener Jour- nal" zugestimmt?
ØHat der Eigentümervertreter Bundeskanzleramt den Ankauf des „Wiener Journal" durch irgendwelche Handlungen befördert?
Der vom Bundeskanzler bestellte Eigentümervertreter der „Wiener Zeitung GmbH" wurde vom Geschäftsführer weder beim Kauf des „Wiener Journals", noch bei der Übernahme der Anteile an der „Wiener Journal Zeitschriftenverlag GmbH" befasst. Erst bei der Verschmelzung der „Wiener Journal Zeitschriftenverlag GmbH" mit der „Wiener Zeitung GmbH" war eine Befassung des Eigentümervertreters gesetzlich erforderlich. Zu diesem Zeitpunkt waren aber sowohl die Übernahme der Geschäfts- anteile, als auch der Kauf des „Wiener Journals" rechtlich abgeschlossen.
Zu Frage 11:
Ø Zu welchen Konditionen wurde 2005 der Vertrag mit dem neuen Chefredakteur der „Wiener Zeitung", Andreas Unterberger, abgeschlossen (bitte um detaillierte Darstellung)?
Der Abschluss des Dienstvertrages mit dem Chefredakteur erfolgte durch den Ge- schäftsführer der Wiener Zeitung GmbH. Laut Mitteilung des Geschäftsführers ist der Vertrag an die Vertragsschablonenverordnung der Bundesregierung angelehnt und wurde entsprechend dem Journalistenkollektivvertrag abgeschlossen. Der Vertrag ist auf 5 Jahre befristet und endet somit Ende April 2010. Hinsichtlich der Höhe des Ent-
gelts verweise ich auf die bereits in mehreren Medien veröffentlichen Beträge von €122.250 brutto im Jahr.
Zu Frage 12:
Ø Worin unterscheiden sich die Konditionen dieses Vertrages von denen seines Vor- gängers Bochskanl?
Laut Mitteilung des Geschäftsführers der Wiener Zeitung GmbH lagen die Bezüge von Chefredakteur Bochskanl über den Bezügen von Chefredakteur Dr. Unterberger. Das Dienstverhältnis von Chefredakteur Bochskanl war unbefristet, er hatte einen er- höhten Kündigungsschutz.
Zu Frage 13:
Ø Planen Sie Maßnahmen, um die Eigenständigkeit und Meinungsfreiheit der Re- daktion der „Wiener Zeitung" zu stärken?
Aufgrund des Staatsdruckereigesetzes 1996 ist die Funktion des Bundeskanzlers auf die Wahrnehmung der Eigentümerschaft und auf das Nominierungsrecht von Auf- sichtsräten bei der Wiener Zeitung GmbH eingeschränkt und auf die Herausgeber- funktion beschränkt. Diese Konstruktion wurde im Gesetz bewusst gewählt, um die Unabhängigkeit der Wiener Zeitung zu stärken. Aus guten Gründen - dies ist eine Entscheidung des Gesetzgebers, die ich uneingeschränkt akzeptiere - enthält daher das Gesetz kein Weisungsrecht und keine Einflussnahme auf die redaktionelle Tätig- keit durch ein Staatsorgan.