847/AB XXIII. GP

Eingelangt am 17.07.2007
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

        

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

                                                                                                                               Geschäftszahl:  BMUKK-10.000/0081-III/4a/2007

                                                                                           

                                                                                                                                       

                                                                                                                         Wien, 13. Juli 2007

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 872/J-NR/2007 betreffend Zurücknahme des Lehrbehelfes „Biomedizin: Die Genetik des Menschen“, die die Abg. Theresia Haidlmayr, Freundinnen und Freunde am 30. Mai 2007 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Fragen 1 und 4:

Das Themenheft, das das Biologiebuch „Biologie compact“ zum Thema Biomedizin und Genetik ergänzt, wurde aufgrund von positiven Gutachten als für den Unterrichtsgebrauch für die 8. Klasse an allgemein bildenden höheren Schulen im Unterrichtsgegenstand Biologie und Umweltkunde geeignet erklärt.

 

Der Lehrplan für die allgemein bildende höhere Schule für die 8. Klasse sieht im Unterrichtsgegenstand Biologie und Umweltkunde ua. folgende Themen vor:

-     Weltverständnis und Naturerkenntnis [Zelle: Vertiefung des Wissens über die zytologischen und molekularen Grundlagen der Vererbung; Genetik: Verstehen der biochemischen Vorgänge bei der Proteinsynthese (Transkription, Translation, Regulation der Genaktivität); Kennen der Vererbungsregeln; Einblick in die Humangenetik; Wissen um gentechnische Verfahren und deren mögliche Auswirkungen (Landwirtschaft, Medizin, Gesellschaft u. a.) erwerben; Entwicklung einer verantwortungsbewussten Haltung gegenüber gentechnischen Eingriffen (Wissenschaftsethik, Bioethik) fördern];

-     Biologie und Produktion [Einblicke in die Anwendung der genetischen Forschung in Tier- und Pflanzenzucht sowie in gentechnische Verfahren (ausgewählte Beispiele aus Medizin, Landwirtschaft u. a.) gewinnen].

 

Das Themenheft „Biomedizin: Die Genetik des Menschen“ ist als Beiheft zum Biologiebuch „Biologie compact“ konzipiert, deshalb wird im Themenheft nicht wiederholt, was im Biologiebuch ausführlich beschreiben ist. Bei der Erstellung des Themenheftes wurde auch Kontakt mit der Deutschen und Österreichischen Klinefelter-Syndrom Vereinigung e.V. aufgenommen. Das Themenheft nimmt erstmalig an der „Aktion Unentgeltliche Schulbücher“ im Schuljahr 2007/08 teil.

 

Die Lehrkräfte haben in eigenständiger und verantwortlicher Unterrichts- und Erziehungsarbeit die Aufgabe der österreichischen Schule zu erfüllen und entsprechend den jeweiligen Lehrplänen den Lehrstoff dem Stand der Wissenschaft entsprechend zu vermitteln, eine gemeinsame Bildungswirkung aller Unterrichtsgegenstände anzustreben, den Unterricht anschaulich und gegenwartsbezogen zu gestalten sowie die Schüler zur Selbsttätigkeit und zur Mitarbeit in der Gemeinschaft anzuleiten (§ 17 des Schulunterrichtsgesetzes). Die Lehrkräfte haben entsprechend § 14 des Schulunterrichtsgesetzes über Inhalt, Art und Einsatz von Unterrichtsmitteln, die als Hilfsmittel der Unterstützung oder der Bewältigung von Teilaufgaben des Unterrichtes dienen, nach ihrer fachkundlichen gewissenhaften Prüfung zu entscheiden. Im Sinne der grundsätzlichen Eigenverantwortlichkeit der Schulen im Rahmen ihrer pädagogischen Arbeit liegt es hinsichtlich der konkreten Unterrichts- und Erziehungsarbeit auch im gebundenen Ermessen der Pädagogin bzw. des Pädagogen, welche Unterrichtsmittel er bzw. sie für den Einsatz im Unterricht als geeignet erachtet.

 

Sowohl Herr Univ.-Prof. Dr. Hengstschläger als auch der Verlag haben sehr betroffen auf die geäußerte Kritik reagiert, denn es lag weder in der Absicht von Herrn Univ.-Prof. Dr. Hengstschläger noch in der des Verlages, Menschen mit Behinderung in diskriminierender Weise darzustellen. Der Verlag öbvhpt teilte daher mit, dass die Auslieferung des Heftes gestoppt und die gesamte Auflage makuliert wird. Erst nach gründlicher Überarbeitung wird ein Neudruck des Themenhefts vorgenommen.

 

Zu Frage 2:

In Bezug auf andere Unterrichtsbehelfe in Schulen ist nichts bekannt.

 

Zu Frage 3:

Entsprechend § 15 iVm. § 14 Abs. 2 und 5 des Schulunterrichtsgesetzes hat der zuständige Bundesminister zum Zweck der Eignungserklärung von Unterrichtsmitteln Sachverständige in Gutachterkommissionen zu berufen, die für einen oder mehrere Unterrichtsgegenstände einer oder mehrerer Schularten zuständig sind. Die näheren Bestimmungen über die Zahl der Mitglieder und den Geschäftsbereich der einzelnen Kommissionen sowie die Geschäftsbehandlung regelt die Verordnung über die Gutachterkommissionen zur Eignungserklärung von Unterrichtsmittel, BGBl. Nr. 348/1994, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 248/1998. Die Anforderungen hinsichtlich zu approbierender Unterrichtsmittel können entsprechend § 9 Abs. 1 der genannten Verordnung in Bezug auf das zu beschließende Gutachten wie folgt umschrieben werden:

-     Feststellung hinsichtlich der Erfüllung der Erfordernisse gemäß § 14 Abs. 2 des Schulunterrichtsgesetzes, insbesondere hinsichtlich

-     der Übereinstimmung mit der vom Lehrplan vorgeschriebenen Bildungs- und Lehraufgabe sowie den didaktischen Zielsetzungen und den wesentlichen Inhalten des Lehrstoffes,

-     der Berücksichtigung des Grundsatzes der Selbsttätigkeit der Schülerin bzw. des Schülers und der aktiven Teilnahme der Schülerin bzw. des Schülers am Unterricht,

-     der Berücksichtigung des Grundsatzes der Anpassung des Schwierigkeitsgrades an das Auffassungsvermögen der Schülerin bzw. des Schülers (Schülerinnen- bzw. Schüleradäquatheit des Unterrichtsmittels in Bezug auf Aufnahmekapazität, Alter, Interessen, Bedürfnisse und Möglichkeiten der Schülerinnen bzw. Schüler),

-     der sachlichen Richtigkeit des Inhaltes und seiner Übereinstimmung mit dem jeweiligen Stand des betreffenden Wissensgebietes, unter Berücksichtigung der den Sachbereich berührenden Normen im Sinne des Normengesetzes, BGBl. Nr. 240/1971, und der sonstigen technischen Vorschriften,

-     der ausreichenden Berücksichtigung der Lebenswelt der Schülerinnen bzw. der Schüler sowie ihrer zukünftigen Arbeitswelt einschließlich der spezifischen österreichischen und europäischen Verhältnisse,

-     der staatsbürgerlichen Erziehung der Schülerinnen und Schüler, der Vermittlung demokratischer Einstellungen sowie der geltenden Rechtsvorschriften und der Anleitung zu selbsttätigem Handeln der Schülerinnen und Schüler,

-     der sprachlichen Gestaltung und der guten Lesbarkeit (unter Einschluss der didaktischen Elemente der optischen Darstellung),

-     der Zweckmäßigkeit vom Standpunkt des Materials, der Darstellung und der sonstigen Ausstattung und

-     der Gleichbehandlung von Frauen und Männern und der Erziehung zur partnerschaftlichen Gestaltung der gesellschaftlichen Entwicklungen;

-     Beurteilung, ob das Unterrichtsmittel

-     in der vorliegenden Fassung geeignet oder

-     unter der Auflage von Änderungen geeignet oder

-     nicht geeignet erscheint.

 

Die Gutachterkommissionen werden dahingehend informiert, dass bei der Begutachtung vermehrt Bedacht darauf genommen wird, ob Abbildungen oder Beschreibungen diskriminierenden Charakter beinhalten könnten.

 

Zu Fragen 5 bis 7:

Eingangs darf auf die Ausführungen zu Fragen 1 und 4 verwiesen werden. Im Übrigen nehmen die vorliegenden Fragen auf die Geschäftsführung des Schulbuchverlages bzw. die Gestaltung des Verhältnisses zwischen Schulbuchverlag und Herrn Univ.-Prof. Dr. Hengstschläger Bezug und betreffen damit keinen Gegenstand der Vollziehung. Das entsprechend der verfassungsrechtlichen Grundlagen bestehende Interpellationsrecht kann nicht so verstanden werden, dass Handlungen ausschließlich von Unternehmensorganen zur „Geschäftsführung“ des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur im Sinne des Art. 52 Abs. 1 B-VG zählen.

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.