930/AB XXIII. GP
Eingelangt am 01.08.2007
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BM für Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung

DR. ERWIN BUCHINGER Bundesminister
Frau
Präsidentin des Nationalrates (5-fach)
Parlament
1010 Wien
GZ: BMSK-40001/0045-IV/9/2007 Wien, 31. Juli 2007
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 878/J der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde wie folgt:
Frage 1:
Menschen mit schwerer Behinderung ist der Zugang zum, sowie der Verbleib im Erwerbsleben trotz fachlicher Eignung mangels individuellen Unterstützungsangebots erschwert.
Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz soll die bedarfsgerechte, selbstbestimmte, selbstorganisierte und gleichberechtigte Teilhabe am Erwerbsleben von Menschen mit einer schweren Funktionsbeeinträchtigung ermöglichen. Assistenznehmer/innen erhalten jene personale Unterstützung, die zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit oder zur Absolvierung einer Ausbildung erforderlich ist.
Die Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz wird in der Regel über Assistenz-Servicestellen, wie z.B. die Wiener Assistenzgenossenschaft, abgewickelt. Assistenznehmer/innen können für die Organisation der Persönlichen Arbeitsassistenz diese Assistenz-Servicestellen in Anspruch nehmen. Die Persönlichen Assistenten/innen stehen in einem Arbeitsverhältnis zu diesen Assistenzgenossenschaften und werden nach dem Kollektivvertrag der Berufsvereinigung von Arbeitgebern für Gesundheits- und Sozialberufe (BAGS) entlohnt.
Die Betreuung der Assistenznehmer/innen im Rahmen der Persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz erfolgt am bzw. auf dem Weg vom und zum Arbeitsplatz. Durch die Persönliche Assistenz werden jene Betreuungsleistungen gefördert, die über die Betreuung im Rahmen des Hausbetreuungsgesetzes (HBeG) hinausgehen.
Angelegenheiten des Hausbetreuungsgesetzes fallen grundsätzlich in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit.
Dennoch sei aber aus ho Sicht angemerkt, dass Betreuungsverhältnisse für die Betreuung in Privathaushalten nur dann vom Geltungsbereich des Hausbetreuungsgesetzes erfasst werden, wenn die in § 1 HBeG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu zählen insbesondere, neben der Erfüllung des Mindestalters der Betreuungskräfte, des Bezuges eines Pflegegeldes zumindest der Stufe 3 nach bundes- oder landesgesetzlichen Bestimmungen bzw. der Stufen 1 und 2 bei Vorliegen einer nachweislichen demenziellen Erkrankung, der Aufnahme in die Hausgemeinschaft sowie der Erfüllung der vereinbarten Mindestarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche und der vereinbarten Höchstarbeitszeit von 128 Stunden in zwei aufeinander folgenden Wochen auch die von den Betreuungskräften zulässigerweise erbringbaren Betreuungstätigkeiten, die man nach den Materialien zum Hausbetreuungsgesetz im wesentlichen mit Tätigkeiten der Haushaltsführung für die zu betreuende Person sowie mit der Unterstützung bei der Lebensführung umschreiben kann; jedenfalls vom Tätigkeitsbereich der Betreuungskräfte nach dem HBeG ausgenommen sind dabei die dem gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Pflegehilfe nach den Bestimmungen des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) vorbehaltenen Tätigkeiten. Für die Frage, ob ein Betreuungsverhältnis im Sinne des HBeG vorliegt, wird sohin eine inhaltliche Prüfung des vertraglich vereinbarten Betreuungsverhältnisses nach Maßgabe der gesetzlichen Voraussetzungen erforderlich sein.
Es kommt jedenfalls für die Beurteilung der Frage, ob ein unter das HBeG subsumierbares Betreuungsverhältnis vorliegt, nicht auf die Bezeichnung des zu Grunde liegenden Vertragsverhältnisses als Betreuungs- oder Assistenzvertrag an. Vielmehr kommt es auf das Ergebnis der inhaltlichen Prüfung des Betreuungsverhältnisses an.
Es kann daher die Frage, ob Assistenznehmerinnen – also Menschen mit Behinderungen - die persönliche Assistenz als Betreuungsform wählen, grundsätzlich von den Regelungen des Hausbetreuungsgesetzes betroffen sind, in dieser Allgemeinheit nicht abschließend beantwortet werden, sondern es ist eine Beurteilung im Einzelfall nach Maßgabe der konkreten vertraglichen Vereinbarung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 1 HBeG vorzunehmen.
Frage 2:
Hierzu wird festgehalten, dass nach § 21b Abs. 2 Z 1 Bundespflegegeldgesetz (BPGG) nur dann eine Zuwendung zum Zweck der 24-Stunden-Betreuung in privaten Haushalten gewährt werden kann, wenn die Voraussetzungen des § 21b Abs. 2 BPGG erfüllt sind, wozu insbesondere das Vorliegen einer Betreuung nach § 1 Abs. 1 des Hausbetreuungsgesetzes, die Feststellung des Bedarfes einer 24-Stunden-Betreuung sowie ein Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach dem Bundes- oder einem Landespflegegeldgesetz gehören. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschusses nach § 21b BPGG vorliegen, ist im Rahmen des Ansuchens auf den Zuschuss durch die Abgabe der in den Förderrichtlinien zu § 21b BPGG normierten entsprechenden Erklärungen, Bestätigungen bzw. die Erbringung der nötigen Nachweise zu ermitteln.
In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass nach § 21b Abs. 2 Z 5 BPGG aus Gründen der Qualitätssicherung in der 24-Stunden-Betreuung ab 1. Juli 2008 auch auf das Vorliegen einer theoretischen Ausbildung der Betreuungskräfte, die im wesentlichen jener einer/eines Heimhelferin/Heimhelfers nach der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Sozialbetreuungsberufe, BGBl. I Nr. 55/2005, entspricht, abgestellt wird. D. h., dass hinsichtlich der Gewährung einer Förderung zur 24-Stunden-Betreuung das Anleiten und Ausbilden (Anlernen) der Betreuungskraft durch die betreuungsbedürftige Person selbst ab dem 1. Juli 2008 nicht mehr hinreichen wird.
Es kann sohin auch die Frage, ob Assistenznehmerinnen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Förderung nach § 21b BPGG erfüllen, in dieser Allgemeinheit nicht abschließend beantwortet werden; werden jedoch die entsprechenden Erklärungen, Bestätigungen und Nachweise gemäß den Förderrichtlinien zu § 21b BPGG erbracht, so wäre die Förderung solcher Assistenz-/Betreuungsverhältnisse durchaus möglich. Es sei jedoch an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass die primäre Kompetenz betreffend die Förderung persönlicher Assistenz bei den Ländern gelegen ist.
Frage 3:
Die Persönliche Assistenz bezieht sich nur auf die Betreuung am Arbeitsplatz und wird im Rahmen der Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung gefördert. Eine darüber hinaus gehende Betreuung ist im Rahmen der gesetzlich geregelten 24-Stunden-Betreuung möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Erwin Buchinger eh.