968/AB XXIII. GP

Eingelangt am 06.08.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bundeskanzler

Anfragebeantwortung

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Maier, Kolleginnen und Kollegen haben am 6. Juni 2007 unter der Nr. 944/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Variete- und Revueveranstaltungen - GoGo-Bar o.ä. - Frauenhandel und Zwangsprostitution gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 - 3,5,11,12

Ø        Wie viele von derartigen genehmigten Veranstaltungen" gab es nach Informati-onen Ihres des Frauenressorts mit Stichtag 01.01.2007 in Österreich (Aufschlüs- selung auf Bundesländer)?

Ø        Werden Sie - wenn dies nicht bekannt ist - eine Übersicht über die Anzahl der von den Bundesländern genehmigten Veranstaltungen" in denen Frauen künstlerisch" (z.B. als TänzerInnen) tätig sind, in Auftrag geben?

Ø        Werden Sie in diesem Sinne gegenüber den Bundesländern darauf drängen, eine derartige Übersicht zu veranlassen und diese ständig am laufenden zu halten (z.B. über die Verbindungsstelle der Bundesländer)?

Ø        Welche Probleme der dort (oft zwangs-) beschäftigten Frauen sind dem Frauen- ressort bekannt geworden?

Ø        Wie beurteilen Sie aus kriminal- und gesundheitspolizeilichen Überlegungen die höchst unterschiedliche Genehmigungspraxis derartiger Veranstaltungen durch die zuständigen Landesbehörden?

Ø        Werden aus Ihrer Sicht die unterschiedlich geführten Genehmigungsverfahren den in der Einleitung dieser Anfrage dargestellten Problemstellungen gerecht? Wenn nein, was werden Sie als Frauenministerin vorschlagen?

Die Genehmigung von Veranstaltungen dieser Art fällt in die Kompetenz der Länder,


Informationen dazu liegen derzeit nicht vor. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass im Rahmen des am 28. März 2007 von der Bundesregierung beschlossenen Natio- nalen Aktionsplans gegen Menschenhandel von der Task Force Menschenhandel eine eigene Unterarbeitsgruppe zur Thematik Prostitution unter der Leitung des Bun- deskanzleramtes, Sektion Frauenangelegenheiten und Gleichstellung, eingerichtet wurde.

Diese Unterarbeitsgruppe Prostitution hat die Aufgabe, für den Bereich der freiwilli- gen Prostitution den Ist-Zustand in Österreich zu erheben, Problembereiche aufzu- zeigen und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten. Neben thematisch betroffenen Ministerien sind auch VertreterInnen der Bundesländer Mitglieder der Unterarbeits- gruppe Prostitution sowie die Vertreterin einer auf dieses Themengebiet spezialisier- ten NGO. Der Bericht der Unterarbeitsgruppe Prostitution wird voraussichtlich im März 2008 vorliegen.

Das Aufzeigen von versteckter Prostitution und den damit zusammenhängenden Problematiken ist von der IST-Zustandserhebung mitumfasst.

Zu den Fragen 4 und 6

Ø     Welche  Kriminalitäts-  und/oder Sicherheitsprobleme (insbesondere  Probleme nach dem StGB, SMG, Fremdengesetz, Niederlassungsgesetz, Asylgesetz etc.) sind dem Frauenressort in den letzten Jahren bei derartigen Veranstaltungen bzw. in Betrieben mit Veranstaltungen dieser Art bekannt geworden (Aufschlüs- selung auf Bundesländer)?

Ø     Ist dem Frauenressort bekannt, wie viele der dort beschäftigten Frauen in den letzten vier Jahren als Illegale" festgenommen, in Schubhaft genommen und abgeschoben wurden (Aufschlüsselung auf Jahre) ?

Es liegen mir keine, über die vom Bundesministerium für Inneres zu Anfrage 3805/J- XXII.GP des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen, bereits übermittelten Informationen hinausgehende Details vor.

Zu Frage 7

Ø       Ist dem Frauenressort bekannt, wie viele dieser Frauen in den letzten Jahren als Zwangsprostituierte" in Betrieben mit derartigen Veranstaltungen tätig sein muss- ten?

Wie mir mitgeteilt wurde, sind dazu keine polizeilichen Schätzungen bekannt.



Zu Frage 8

Ø     Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass in derartigen Betrieben TänzerInnen" bzw. KünstlerInnen" in Wirklichkeit - ohne entsprechende Schutzmaßnahmen und Ge- sundheitskontrollen - u.a. auch der Prostitution nachgehen bzw. zu dieser ge- zwungen werden?

Ich erachte zunächst eine Unterscheidung zwischen freiwilliger Prostitution (im Sinne von frei von Zwang, Gewalt und Ausbeutung im strafrechtlichen Sinne) und den ver- schiedenen Erscheinungsformen der kriminellen sexuellen Ausbeutung für notwen- dig, um den unterschiedlichen Situationen und Schutzbedürfnissen der jeweils be- troffenen Personengruppen gerecht zu werden.

Welche konkreten Verbesserungen notwendig und möglich sind, um den Schutzbe- dürfnissen der freiwillig in der Prostitution arbeitenden Frauen (und Männern) gerecht zu werden und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um Gesundheitsrisiken entgegenzuwirken, wird im Rahmen der Unterarbeitsgruppe Prostitution erarbeitet. Über die Einbindung der Länder sollen auch die genannten Erscheinungsformen der Prostitution beleuchtet und Lösungsmöglichkeiten erarbeitet werden.

Die Task Force Menschenhandel, die vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten geleitet wird und in der das Bundeskanzleramt, Sek- tion für Frauenangelegenheiten und Gleichstellung, Mitglied ist, bemüht sich laufend um eine Verbesserung der prekären Situation von Frauen, die sexuell ausgebeutet werden. Insbesondere eine Verbesserung der Identifizierung von Opfern von Frauen- handel (und der damit notwendigen Unterscheidung zur freiwilligen Prostitution) ist der Task Force dabei ein besonderes Anliegen.

Das Bundeskanzleramt finanziert darüber hinaus gemeinsam mit dem Bundesminis- terium für Inneres eine Interventionsstelle für Betroffene von Frauenhandel (IBF), die eng mit den involvierten staatlichen Behörden (auch in den Bundesländern) und pri- vaten Einrichtungen kooperiert. Opfern von Frauenhandel kann auf diese Weise um- fassende Unterstützung angeboten werden - Unterstützung bei der Beantragung einer Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen, aber auch psychologische, juristische und gesundheitsbezogene Beratung sowie Unterstützung bei der Integra- tion oder aber auch bei der Repatriierung.


Zu Frage 9

Ø       Werden Sie dafür eintreten, dass Frauen - die beispielsweise durch die Polizei aus der Zwangsprostitution befreit werden - zumindest ein befristetes Aufent- haltsrecht bekommen und nicht sofort abgeschoben werden? Wenn nein, warum nicht?

Nach § 72 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen", besteht bereits die gesetzliche Möglichkeit, Opfern von Frauenhandel humanitären Aufenthalt zu gewähren. Diese Möglichkeit besteht auch in Fällen, in denen es dem Opfer nicht möglich ist, bei der polizeilichen oder staats- anwaltschaftlichen Ermittlung zu kooperieren und in Gerichtsverfahren als Zeugin auszusagen.

Zu Frage 10

Ø         Wie beurteilen Sie die Entwicklung von derartigen Veranstaltungen" in den öster- reichischen Bundesländern, gerade in Anbetracht des nun erfolgten Beitritts wei- terer Staaten zur EU (Bulgarien und Rumänien) und Visaerleichterungen gegen- über einigen Drittstaaten?

Mit dieser Entwicklung steht zu erwarten, dass Angehörige dieser Staaten durch die damit im Zusammenhang stehende rechtliche Besserstellung einer geringeren Aus- beutungsgefahr unterliegen.

Zu Frage 13

Ø        Sehen Sie in Anbetracht dieser Problemstellungen einen legislativen Handlungs- bedarf auf Länder- oder Bundesebene (z.B. in Form eines Art 15 a BVG-Verein- barung)? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, was soll geregelt werden?

Für einen legislativen Handlungsbedarf hinsichtlich jener Frauen, die freiwillig aber ohne die notwendige sozialrechtliche und gesundheitliche Absicherung bei derartigen Veranstaltungen arbeiten, möchte ich den Ergebnissen der Unterarbeitsgruppe Pros- titution nicht vorgreifen. Es ist Teil der Aufgabe der Unterarbeitsgruppe Prostitution, konkrete Vorschläge zu erarbeiten, wie die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Personen, die freiwillig in der Prostitution arbeiten, verbessert werden können. Legis- lative Maßnahmen fallen ebenso darunter, wie notwendige Begleitmaßnahmen.

Die Problemstellung, dass bei den genannten Veranstaltungen aber auch Opfer von Frauenhandel sexuell ausgebeutet werden, wird bei der nächsten Sitzung der Task Force mit den LändervertreterInnen thematisiert werden.

Zu Frage 14

Ø       Sind diese Künstlerinnen" bei derartigen Veranstaltungen aus Sicht des Frauen- ressorts selbständig" oder unselbständig" tätig?

Dies kann nicht generell beantwortet werden. Ob ein selbständiges oder unselbstän- diges Arbeitsverhältnis vorliegt, muss unter Prüfung der konkreten Arbeitsbedingun- gen fallspezifisch geprüft werden.

Zu den Fragen 15 und 16

Ø      Welche Auswirkungen sehen Sie in der Entscheidung des Arbeits- und Sozialge- richtes Linz, in der diese Tätigkeit als normales Arbeitsverhältnis - nämlich als Ar- beitskräfteüberlassung - qualifiziert wurde?

Ø      Werden Sie zur Klarstellung dieser Fragen mit dem BMWA Kontakt aufnehmen?

Die Fragestellung hinsichtlich der Entscheidung des Arbeits- und Sozialgerichts Linz ist zu wenig spezifiziert, um darauf konkret antworten zu können. Aber es wird darauf hingewiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals klargestellt hat, dass Tabletänzerinnen, Kellnerinnen, Animierdamen, etc. in der Regel unter solchen Umständen arbeiten, dass grundsätzlich von einem Dienstverhältnis auszugehen ist.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ist sowohl in der Unterarbeitsgrup- pe Prostitution als auch in der Task Force Menschenhandel Mitglied und wird damit in die geplante Behandlung der angesprochenen Problemstellung in den genannten beiden Gremien eingebunden sein.