977/AB XXIII. GP

Eingelangt am 09.08.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bundeskanzler

Anfragebeantwortung

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Stoisits, Freundinnen und Freunde haben am 12. Juni 2007 unter der Nr. 954/J an mich eine schriftliche parlamentarische An- frage betreffend rechtsextreme Kommentare im Amtsblatt der Republik gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2:

Ø      Wie stehen Sie zum Verbotsgesetz?

Ø      Wie stehen Sie zu den von rechter und rechtsextremer Seite immer wieder lan- cierten Bemühungen, das Verbotsgesetz abzuschaffen, da es angeblich einen Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung darstelle?

Ich stehe voll, uneingeschränkt und aus Überzeugung zum Verbotsgesetz und sei- nen Regelungen.

Zu den Fragen 3 und 4:

Ø      Erfüllt jemand, der prominenten Neonazi-Anwälten ein offizielles Forum zur Ver- fügung stellt, Ihrer Meinung nach das Anforderungsprofil für den Chefredakteur der republikseigenen Zeitung?

Ø      Wird jemand, der mit Rechtsextremismus offenbar wenig Probleme hat, dem de- mokratischen Anspruch gerecht, den das publizistische Organ einer Republik, die quasi ihrer Verfassung eine antifaschistische ist, erheben muss?


 

Gemäß § 5 Abs. 2 Staatsdruckereigesetz 1996 erfolgt die Bestellung und Abberu- fung des Chefredakteurs der Wiener Zeitung durch die Wiener Zeitung GmbH. Diese Konstruktion wurde im Gesetz bewusst gewählt, um die Unabhängigkeit der Wiener Zeitung zu stärken. Vor der Bestellung und Abberufung hat jedoch der Geschäftsfüh- rer der Wiener Zeitung GmbH vom Bundeskanzler die Zustimmung einzuholen. Die Bestellung des derzeitigen Chefredakteurs der Wiener Zeitung ist unter meinem Vor- gänger erfolgt. Fragen zum Anforderungsprofil haben sich daher damals gestellt und können heute von mir nicht beantwortet werden.

Ansonsten sind die dienstvertraglichen Regelungen zwischen der Wiener Zeitung GmbH und dem Chefredakteur zu berücksichtigen. Ob durch das in der Anfrage beschriebene Verhalten des Chefredakteurs dienstrechtliche Regelungen verletzt wurden, ist durch den Geschäftsführer der Wiener Zeitung GmbH zu beurteilen.

Zu Frage 5:

Ø       Wie beurteilen Sie die Optik für das Ausland, wenn ein Herbert SCHALLER im Amtsblatt der Republik publizieren kann? Wie kommunizieren Sie diesen Sach- verhalt insbesondere den Überlebenden des Holocaust?

Die aufgrund des genannten Artikels entstandene öffentliche Diskussion hat gezeigt, dass die Publikation für das Ansehen des Publikationsorgans und der für seinen In- halt Verantwortlichen negativ ist und von Überlebenden des Holocaust als Abwertung und Angriff empfunden wird.

Zu Frage 6:

Ø       Dr. Unterberger forderte den Verein Gedenkdienst auf, den Widerruf der Kritik in Form eines kostenpflichtigen halbseitigen Inserates in der Wiener Zeitung zu ver- öffentlichen. Wie stehen Sie zu dieser Art der Akquisitionspolitik von Anzeigen im Amtsblatt der Republik?

Nach meinen Informationen ist die Aufforderung von Dr. Unterberger, die Kritik am Chefredakteur durch eine Einschaltung in der Wiener Zeitung zu widerrufen, von Ihm als Privatperson ergangen. Eine Akquisition einer Anzeige durch die Wiener Zeitung GmbH liegt daher nicht vor.


 

 

Zu Frage 7:

Ø       Wie beurteilen Sie den Umstand, dass Dr.  Unterberger einerseits Anwälte Rechtsextremer in der Wiener Zeitung Kommentare schreiben lässt, andererseits Organisationen wie den Verein Gedenkdienst - dessen antifaschistische Gesin- nung ebenso unstrittig ist wie der Wert der Arbeit, die er im In- und Ausland leis- tet - durch die Androhung kostspieliger rechtlicher Schritte dazu bringen will, sei- ne Kritik nicht mehr offen zu äußern? In welcher Form ist dies mit dem Grundsatz der freien Meinungsäußerung vereinbar?

Ohne dass ich hier eine Entscheidung zum Grundrecht auf Freiheit der Meinungs- äußerung zu treffen habe, halte ich es für notwendig, dass die Wiener Zeitung Objektivität und Sachlichkeit als Maßstab ihrer Berichterstattung anlegt. Dies wird dazu dienen ein möglicherweise beeinträchtigtes Vertrauen von Teilen ihrer Leserschaft wieder herzustellen.

Zu Frage 8:

Ø       Angesichts der Tatsache, dass Dr. Unterberger keinerlei Bereitschaft erkennen lässt, seinen Fehler einzugestehen und daraus entsprechende Konsequenzen abzuleiten: Welche Schritte gedenken Sie zu unternehmen, um ähnlichen Vor- fällen künftig vorzubeugen?

Aufgrund des Gesetzes ist die Funktion des Bundeskanzlers auf die Wahrnehmung der Eigentümerschaft, auf das Nominierungsrecht von Aufsichtsräten und auf die Wahrnehmung der Herausgeberfunktion beschränkt. Aus guten Gründen - dies ist eine Entscheidung des Gesetzgebers, die ich uneingeschränkt akzeptiere - enthält das Gesetz kein Weisungsrecht und keine unmittelbare Einflussnahme auf die redak- tionelle Tätigkeit durch ein Staatsorgan (siehe auch die Beantwortung zu Frage 3).