979/AB XXIII. GP

Eingelangt am 09.08.2007

Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bundeskanzler

Anfragebeantwortung

Die Abgeordneten zum Nationalrat Morak, Kolleginnen und Kollegen haben am 28. Juni 2007 unter der Nr. 1111/J an mich eine schriftliche parlamentarische An- frage betreffend Kampagne gegen den Chefredakteur der Wiener Zeitung gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Ø  Wie ist es aus Ihrer Sicht zu bewerten, dass datenschutzrechtlich geschützte Da-   ten über Vertragsbedingungen des Arbeitgebers, an dessen Spitze Sie stehen, in den Medien veröffentlicht wurden?

Generell ist es zu verurteilen, dass personenbezogene Daten entgegen den Bestim- mungen des Datenschutzgesetzes 2000 veröffentlicht werden.

Es ist allerdings im angesprochenen Zusammenhang festzuhalten, dass ich nicht an der Spitze der Wiener Zeitung GmbH stehe, da diese durch einen Geschäftsführer geleitet wird. Dem Bundeskanzler kommt in Bezug auf die Wiener Zeitung GmbH die Funktion zu, in der Gesellschafterversammlung die Eigentümerrechte des Bundes zu wahren. Das Eigentum des Bundes an der Wiener Zeitung GmbH sehe ich jedoch nicht gefährdet, wenn personenbezogene Daten veröffentlicht werden. Es wird Auf-


gabe des Geschäftsführers der Wiener Zeitung GmbH sein, allfällige Verletzungen des Datenschutzgesetzes 2000 im Bereich der Gesellschaft aufzuklären.

Zu Frage 2:

Ø   In welcher Form werden Sie als zuständiger Ressortminister auf die bisher kras- seste Verletzung des Datenschutzes im öffentlichen Bereich reagieren?

Zur Ahndung von Verletzungen des Datenschutzgesetzes 2000 sind die Daten- schutzkommission und die Gerichte zuständig. Im vorliegenden Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Wiener Zeitung nach dem Datenschutzrecht dem pri- vaten Bereich zuzurechnen ist.

Zu Frage 3:

Ø   In welcher Form sind Sie Ihren Schutzpflichten als Arbeitgeber und Herausgeber gemäß Arbeitsrecht gegenüber dem Chefredakteur der Wiener Zeitung" nachge- kommen?

Mir obliegt nicht die Funktion des Arbeitgebers gegenüber Mitarbeitern der Wiener Zeitung GmbH. Diese Funktion hat der Geschäftsführer der Gesellschaft. Nach § 5 iVm § 15 Z 4 Staatsdruckereigesetz 1996 obliegt die Funktion des Herausgebers der Wiener Zeitung dem Bundeskanzler. Zu den Aufgaben des Herausgebers, welche im Mediengesetz normiert sind, gehört es nicht, Arbeitgeberfunktionen wahrzunehmen.

Zu Frage 4:

Ø   Welche Untersuchungen haben Sie eingeleitet, um herauszufinden,  wer aus Ihrem Verantwortungsbereich diese  Verletzung des Datenschutzgesetzes zu verantworten hat?

Mir sind keine Anhaltspunkte bekannt geworden, dass ein Mitarbeiter des Bundes- kanzleramtes für die Veröffentlichung von Passagen des Dienstvertrages des Chef- redakteurs der Wiener Zeitung verantwortlich ist.

Zu Frage 5:

Ø   Welche Konsequenzen werden Sie ziehen, falls sich anhand konkreter Details herausstellen sollte, dass der Vertrag aus dem Bundeskanzleramt an die Öffent- lichkeit gelangt ist?


Die dienstrechtlichen Bestimmungen sehen die entsprechenden Maßnahmen vor, wenn sich ein Mitarbeiter der Verletzung seiner Dienstpflichten schuldig gemacht hat.

Zu Frage 6:

Ø  Beabsichtigen Sie, die Forderungen von SPÖ-Exponenten zu erfüllen und den Chefredakteur der Wiener Zeitung" aus seinem Amt zu entfernen?

Die Anstellung des Chefredakteurs der Wiener Zeitung obliegt dem Geschäftsführer der Wiener Zeitung GmbH ebenso wie die Auflösung seines Dienstverhältnisses. Mir kommt daher keine Zuständigkeit zu, das Dienstverhältnis des Chefredakteurs mit der Wiener Zeitung GmbH aufzulösen. Wenn es solche Forderungen gibt, richten sie sich daher nicht an mich.

Zu den Fragen 7 und 13:

Ø   Garantieren Sie weiterhin die vollkommene redaktionelle Unabhängigkeit der       Wiener Zeitung"?

Ø  Wie gedenken Sie die Unabhängigkeit der Wiener Zeitung" und seines Chefre- 

     dakteurs gegen die Angriffe eines Ihrer Minister zu stärken?

Ich werde in gleicher Weise wie meine Vorgänger die redaktionelle Unabhängigkeit der Wiener Zeitung respektieren.

Zu Frage 8:

Ø  Wie stehen Sie zur Freiheit der Presse?

Die Pressefreiheit war eine der ersten Grundfreiheiten, die die junge Republik Öster- reich durch Beschluss der provisorischen Nationalversammlung vom 30.10.1918 StGBI. Nr. 3 gewährleistet hat. Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, so wie alle anderen Grundrechte auch die Pressefreiheit im höchsten Maße zu gewährleisten.

Zu den Fragen 9, 10 und 12:

Ø Wie stehen Sie zu den Äußerungen von Minister Buchinger gegenüber der Wie- ner Zeitung" und Chefredakteur Unterberger?

Ø Wie stehen Sie zu der Aussage von Minister Buchinger, man dürfe Satiren zur Si- tuation des Landes nicht in einem offiziellen Organ der Republik Österreich" ver- öffentlichen?

Ø Glauben Sie, dass die Äußerungen von Minister Buchinger sowie jene von ande- ren SPÖ-Exponenten dem Unternehmen Wiener Zeitung" zuträglich sind?


Diese Fragen betreffen keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundeskanzleramts und können daher von mir nicht beantwortet werden.

Zu Frage 11:

Ø  Gibt es auch für Sie zwei Arten von Pressefreiheit, eine für im Eigentum der Republik stehende Zeitungen und eine andere für sonstige Medien?

Die Pressefreiheit ist unteilbar, unabhängig von der Struktur des Medieninhabers.

Zu Frage 14:

Ø  Hat der gegenwärtige Chefredakteur der Wiener Zeitung" einen Traum-Dienst- vertrag"?

Den Vertrag mit dem Chefredakteur der Wiener Zeitung hat seinerzeit der Geschäfts- führer der Wiener Zeitung GmbH geschlossen. Er und jene, die beim Vertragsab- schluss mitgewirkt haben, haben die einzelnen Bestimmungen zu verantworten. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich keine inhaltliche Bewertung von privatrechtli- chen Vertragsdetails vornehme, die möglicherweise dem Datenschutz unterliegen.

Zu Frage 15:

Ø  Stimmt es, dass der gegenwärtige Chefredakteur der Wiener Zeitung" einschließ- lich aller Zulagen deutlich weniger verdient als die von sozialdemokratischen Bun- deskanzlern angestellten Chefredakteure?

Ich ersuche um Verständnis dafür, dass ich aus den angeführten Gründen keine De- tails privatrechtlicher Dienstverträge bekannt gebe, um mich nicht dem Vorwurf aus- zusetzen, möglicherweise das Datenschutzgesetz zu verletzen.