194 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über die Regierungsvorlage (139 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz, das ORF-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden

Die Änderungen im Privatfernsehgesetz zielen auf die Ermöglichung einer Ausschreibung für mobiles terrestrisches Fernsehen ab. Angesichts der im Wege der analogen Abschaltung freiwerdenden Frequenzen und der im Rahmen der RRC 06 in Genf erzielten Verhandlungsergebnisse soll durch die vorliegende Novelle eine sinnvolle Ergänzung der bestehenden Digitalisierungsstrategie um die Möglichkeit einer effizienten Nutzung des Spektrums für mobile Angebote geschaffen werden.

Während die Bestimmungen der §§ 21 ff PrTV-G betreffend die Digitalisierung des analogen terrestrischen Fernsehens auf eine umfassende und vielfältige Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit frei empfangbaren Fernsehprogrammen im Format DVB-T zugeschnitten sind, bedarf es hinsichtlich der Ermöglichung von mobilem terrestrischem Fernsehen eines differenzierten Zugangs. Dieser soll zwar für ein Basispaket an Programmen ähnliche Vorgaben zur Programmbelegung vorsehen wie bei DVB-T, sich im Übrigen jedoch vorwiegend an einem möglichst konsumentenfreundlichen Konzept orientieren.

Wesentlich für diesen Ansatz ist die Einbindung von Mobilfunkanbietern oder anderen Unternehmen in ihrer Rolle als Vermittler zwischen Multiplex-Betreiber, Rundfunkveranstaltern und Endkunden. Erst durch diese Zusammenarbeit, die insbesondere eine entsprechende Marktdurchdringung mit Empfangsgeräten (z.B. Mobiltelefonen) für den Empfang von mobilem terrestrischem Fernsehen ermöglichen wird, scheint ein erfolgversprechendes Szenario für eine Markteinführung von mobilem terrestrischem Fernsehen in Österreich möglich. Das Gesetz trägt dieser Rolle durch die Einführung des sogenannten „Programmaggregators“ Rechnung.

Das grundsätzliche System der Lizenzierung eines sogenannten Multiplex, wie es auch im Bereich des „herkömmlichen“ digitalen terrestrischen Fernsehens im Format DVB-T zur Anwendung kommt, wird auch für das mobile terrestrische Fernsehen beibehalten. Das Begutachtungsverfahren hat gezeigt, dass eine Verpflichtung zur Sicherstellung einer teilweisen freien Empfangbarkeit im Sinne eines gänzlich kostenlosen Zugangs zum Signal nicht geeignet ist, die notwendigen Investitionen in Content und Infrastruktur zu refinanzieren. Im Hinblick auf die Finanzierung des Netzausbaus und im Lichte lizenzrechtlicher Fragen ist daher eine sogenannte Grundverschlüsselung für alle Programme, wie sie auch aus der digitalen Satellitenübertragung bekannt ist, grundsätzlich als gleichwertige Alternative zur unverschlüsselten Übertragung zulässig. Der Entwurf geht nunmehr davon aus, dass eine Zweiteilung der verfügbaren Datenrate vorzunehmen sein wird. In einem sogenannten „Basispaket“ sollen eine Anzahl von Programmen ausgestrahlt werden, die allen Empfängern (Abonnenten) gleichermaßen und unabhängig vom jeweiligen Programmaggregator zur Verfügung stehen müssen. Die Zugangsberechtigungserteilung für das Basispaket wird in der Regel durch einen Programmaggregator zu entsprechenden Bedingungen erfolgen. Denkbar sind insbesondere vertragliche Lösungen im Wege eines Abonnements oder etwa im Wege von Prepaid-Karten. In Hinblick auf vertragsungebundene Endgeräte (sogenannte „unconnected devices“), die auch nicht notwendigerweise Mobiltelefone sein werden, ist im Lichte wettbewerbsrechtlicher Überlegungen davon auszugehen, dass die Freischaltung von Programmen des Basispakets ohne jegliche weitere Bedingungen oder vertragliche Bindungen möglich sein muss. Auch hier bietet sich wiederum ein Prepaid-Modell an, welches über den Multiplex-Betreiber direkt oder von ihm beauftragte Dritte (Händler, Programmaggregatoren etc.) erhältlich sein muss. Darüber hinausgehend soll auch entsprechender „Premium Content“ im Wege spezifischer Programmpakete, die von Programmaggregator zu Programmaggregator variieren können, verschlüsselt ausgestrahlt werden können, wofür eine zusätzliche, nunmehr programmaggregatorspezifische Berechtigung erforderlich sein wird. Durch die Ermöglichung der Ausstrahlung der Programme gegen Entgelt könnte wiederum neben der Finanzierung des Netzausbaus eine Vorfinanzierung von Empfangsgeräten durch die Programmaggregatoren erfolgen und somit eine weite Verbreitung von Endgeräten erzielt werden.

Wesentliches Kriterium für die Multiplex-Zulassungserteilung ist neben der Erreichung eines möglichst hohen Versorgungsgrades die Vorlage eines für die Konsumenten nutzerfreundlichen Konzepts, worunter insbesondere entsprechende Angebote der Programmaggregatoren zur Marktdurchdringung mit Endgeräten und günstige Preise für den Empfang der Programme zu verstehen sein werden. Gesetzliche Vorgaben zur Programmbelegung werden dem Multiplex-Betreiber konsequenterweise lediglich im Hinblick auf das Basispaket gemacht. Im Wege eines „Beauty-Contests“ ist jenem Bewerber der Vorzug einzuräumen, der eine größere Anzahl an meinungsvielfältigen Programmen im Basispaket vorsieht.

Im Übrigen beinhaltet der Entwurf einige legistische Anpassungen, insbesondere im Hinblick auf die Einführung des Programmaggregators (Anzeigepflicht, Adressat einer Verpflichtung zur Aussetzung der Weiterverbreitung).

Im Hinblick auf den Österreichischen Rundfunk bedarf es einiger korrespondierender Anpassungen. Insbesondere soll – ohne Finanzierung aus Mitteln des Programmentgelts (§ 31 ORF-G) – auch die Veranstaltung von eigens auf die mobile Nutzung zugeschnittenen Fernsehprogrammen ermöglicht werden.

Die Ergänzungen im KommAustria-Gesetz dehnen das bestehende Regime der Werbeaufsicht auf diese neuen ORF-Programme aus.

 

Der Verfassungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 28. Juni und am 3. Juli 2007 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstattersin die Abgeordneten Franz Morak, Dr. Elisabeth Hlavac, Sigisbert Dolinschek, Dr. Robert Aspöck, Dieter Brosz und Dr. Josef Cap sowie die Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Josef Cap und Franz Morak einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„ Zu § 25a Abs. 2 Z 1 PrTV-G:

Mit der Änderung wird klargestellt, dass als ein Auswahlkriterium beim Aufbau der Plattform auch darauf Rücksicht zu nehmen ist, dass die neue Übertragungsplattform möglichst von allen Bevölkerungsteilen genutzt werden kann und der Fokus nicht nur auf die Ballungszentren gelegt werden soll. Durch die Formulierung „möglichst“ ist auch darauf Bedacht genommen, dass bei der Zielerreichung die Frage der Wirtschaftlichkeit des Ausbaus vor allem auch deswegen mit zu berücksichtigen ist, da dem Multiplexbetreiber gleichzeitig ein nutzerfreundliches Konzept im Hinblick auf die Zugangskosten abverlangt wird.

Zu § 25a Abs. 5 Z 6 PrTV-G:

Die Änderung dient einerseits der Klarstellung, dass auf das Angebot bundesweiter terrestrischer Programme des Jahres 2007 abgestellt wird. Die Regelung gilt nur befristet bis Ende 2009, so dass der Markt nach Ablauf der Frist bis zum Außerkrafttreten dieser Bestimmung selbst bestimmt, ob noch Bedarf nach diesen Programmen besteht. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass in Hinblick auf die unverhältnismäßig hohen Kosten der regionalisierten Programmzubringung bei den regionalen Programmfenstern am ehesten an eine Rotationslösung zu denken ist, wobei die Entscheidung hierüber vom Multiplex-Betreiber gemeinsam mit den Programmaggregatoren und dem Österreichischen Rundfunk zu treffen sein wird.

Zu § 25a Abs. 9 und 10 PrTV-G:

Die Änderung in § 25a Abs. 9 sorgt für Klarstellung, dass nicht nur bei Verletzung von Auflagen sondern auch im Falle eines Verstoßes gegen insbesondere die ausdrücklichen Regelungen des Abs. 7 und 8 ein Rechtsverletzungsverfahren einzuleiten ist und wie auch in anderen Bereichen des Rundfunkrechts die Regulierungsbehörde dem Multiplexbetreiber eine spezifischen „Sanierungs-“ Auftrag erteilen kann. Ebenso ist es auch für diese Konstellation notwendig, im äußersten Fall als wirksame Sanktion zunächst einen Auftrag vorzusehen, den rechtmäßigen Zustand wieder herzustellen und im Falle weiteren Fehlverhaltens das Verfahren zum Entzug der Zulassung einleiten zu können.

Das in Abs. 10 neu aufgenommene Feststellungsverfahren vor der Regulierungsbehörde ist auch im Zusammenhalt mit der gemäß Abs. 5 Z 3 zu erteilenden Auflage zu verstehen, nach der die Vergabe der Datenrate durch den Multiplex-Betreiber in einem transparenten Verfahren und unter Einbeziehung der betroffenen Rundfunkveranstalter und Programmaggregatoren sowie der Regulierungsbehörde zu erfolgen hat. Natürlich ist die Erstellung eines (möglichst attraktiven) Basispaketes durch die Programmaggregatoren wesentlich für den Erfolg des mobilen terrestrischen Fernsehens. Gleichermaßen tragen aber auch die Rundfunkveranstalter durch ihre Eigenschaft als Inhalteanbieter maßgeblich zum Gelingen bei. Die Einfügung eines Anzeigeverfahrens dient insofern einem angemessenen Interessensausgleich als in einem objektivierten Verfahren einerseits dem Anliegen nach entsprechender Flexibilität bei der Belegung und bei der Datenrate ebenso Rechnung getragen werden soll, wie der  Sorge der Rundfunkveranstalter, dass diese Flexibilität zu ihren Lasten gehen könnte. In dem letztgenannten Sinn heben schon die Erläuterungen zur Regierungsvorlage hervor, dass jede Änderung der Programmbelegung sachlich gerechtfertigt sein muss und unter der Kontrolle der Regulierungsbehörde steht. Dies wird nunmehr ausdrücklich in einem eigenen Verfahren geregelt. Eine ähnliche Rolle kommt der Regulierungsbehörde schon bei der Erteilung der Zulassung zu, indem sie prüft, inwieweit das vorgelegte Konzept den gesetzlichen Prämissen entspricht und ob auch die Kriterien der Z 3 erfüllt sind.

Zu § 64 Abs. 1 Z 3 und § 69 Abs. 7 PrTV-G:

Die Änderung dient der Ergänzung der Verwaltungsstrafbestimmung um die neu geschaffene Anzeigepflicht der Programmaggregatoren. Im Lichte des Art. 7 Abs. 1 EMRK ist ein rückwirkendes In-Kraft-Treten ausgeschlossen. Zum Außerkrafttreten des § 25a Abs. 5 Z 6 ist auf die Begründung zu § 25a Abs. 5 Z 6 PrTV-G zu verweisen; mit Ablauf des 31. Dezember 2009 entfallen die „Must-Carry-If“-Verpflichtungen.

Zu § 9b Abs. 1 ORF-G:

Die Änderung in § 9b Abs. 1 ORF-G dient der inhaltlichen Beschränkung bei einem der beiden speziell für die mobile Nutzung aufbereiteten Fernsehprogramme. Mit der Ergänzung soll klargestellt werden, dass eines der beiden „Mobil-TV-Programme“ nur aus neu aufbereiteten und allenfalls anders zusammengestellten Inhalten des bereits über Satellit ausgestrahlten Programmangebots bestehen kann. Dieses ist derzeit inhaltlich (vgl. das Impressum auf www.tw1.at) auf Tourismus, Wetter und Reise als Sparten beschränkt. Durch die Bezugnahme auf das Inkrafttretensdatum und das in diesem Zeitpunkt vom ORF gemäß § 9 veranstaltete Programm ist klargestellt, dass es ausgeschlossen wäre, ein weiteres (dann zweites) Programm nach § 9 ORF-G zu gestalten und dieses über DVB-H zu verwerten. Vielmehr kommt es auf das inhaltliche Angebot des bereits nach § 9 veranstalteten Programms an. Andererseits wird auch antizipiert, dass das derzeit gestaltete Programm eine Ergänzung in Richtung eines vermehrten Angebots an Information erfahren soll. Die entsprechenden Inhalte des dann (gegenüber dem derzeitigen Angebot) inhaltlich geänderten Programms sind dann im Wege der Ausstrahlung von DVB-H neu aufzubereiten und zu verwerten. Es würde diesfalls nicht genügen, nur die Inhalte des bisherigen Themenspektrums (Wetter, Reise, Tourismus) zur Ausstrahlung zu bringen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sich Änderungen des Themenschwerpunktes auf dem nach § 9 veranstalteten Programm in Richtung Information zwingend auch auf das Angebot des einen Fernsehprogramms nach § 9b auswirken müssen. An dem Verbot der Finanzierung aus Programmentgelt ändert diese Ergänzung hingegen nichts.

Zu § 9b Abs. 4 ORF-G:

Die Ergänzung dient der Sicherstellung, dass die Vorschrift des § 10 Abs. 14, wonach Sendungen, die sich ihrem Inhalt nach überwiegend an unmündige Minderjährige richten, keine Aufrufe für Mehrwertdienste beinhalten dürfen, auch für die gemäß § 9b veranstalteten Programme (mobiles terrestrisches Fernsehen) gilt.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Josef Cap und Franz Morak einstimmig angenommen.

 

Ferner beschloss der Verfassungsausschuss mit Stimmenmehrheit folgende Feststellungen:

Der Ausschuss stellt fest, dass gemäß Regierungsprogramm nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben TW1 ehest möglich zu einem öffentlich rechtlich finanzierten Spartenkanal umgewandelt werden soll, dessen Programm insbesondere Information, Kultur und Wissenschaft umfassen soll.

Darüber hinaus stellt der Ausschuss fest, dass im Sinne des Regierungsprogramms beginnend mit Tagungsbeginn des Nationalrates im Herbst 2007 unter Erarbeitung von Eckpunkten die Umsetzung der unabhängigen konvergenten Medien- und Telekommunikationsbehörde in Angriff genommen wird. Es sollte dabei beim Inkrafttreten vor allem auf einen reibungslosen Übergang vom bisherigen Organisationsmodell auf eine neue Struktur geachtet werden.

Der Ausschuss geht davon aus, dass mit der Beschlussfassung der Novelle zum Privatfernsehgesetz, zum ORF-Gesetz und zum KommAustria-Gesetz zur Einführung von mobilem terrestrischem Fernsehen im Nationalrat unverzüglich Gespräche der beiden Koalitionsparteien beginnen, um ein Konzept zur Umsetzung einer unabhängigen Medienbehörde zu erstellen.

Der Ausschuss kommt überein, dass bei der Neugestaltung der Behördenstruktur insbesondere auch zu prüfen sein wird, welche Organisationsform und Mechanismen geeignet sein könnten, um beispielsweise eine rasche und effiziente Frequenzzuteilung, die Regulierung inhaltlicher Anforderungen an den ORF und an private Betreiber, die nicht diskriminierende Vergabe von Förderungen im Medienbereich und die Rechtsaufsicht über die Einhaltung des öffentlich rechtlichen Auftrages des ORF unter Einbeziehung einer Gebührenevaluierung zu gewährleisten. Diesbezüglich sind auch Überlegungen anzustellen, in wieweit die Postregulierung und die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften in diese Behördenstruktur einzubeziehen sein sollen.

Zudem hat nach Ansicht des Ausschusses das Konzept Vorschläge zu den Modalitäten der Bestellung der Mitglieder und über die Zusammensetzung der Behörde sowie zum Instanzenzug gegen die Entscheidungen der Medienbehörde (dabei wird auch auf die Ergebnisse der Arbeit der Expertengruppe zur Staatsreform Rücksicht zu nehmen sein) zu enthalten.

Der Ausschuss geht davon aus, dass die Bundesregierung überein kommt, ehest möglich dem Parlament einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, um ein rasches Inkrafttreten der Bestimmungen über die neue Behörde sicherzustellen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2007 07 03

                             Dr. Elisabeth Hlavac                                                        Dr. Peter Sonnberger

                                 Berichterstatterin                                                               Obmann-Stellvertreter