Abweichende persönliche Stellungnahme
gemäß § 42 Abs. 5 GOG
der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Dr. Ruperta Lichtenecker
zum Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 276/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert wird (221 der Beilagen)
Der vorgeschlagene Novellierungsentwurf zum IG-L verfestigt die Einflussnahme des Verkehrsministers auf Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit. Die Grünen sprachen sich bereits gegen das 2005 eingeführte Vetorecht des Verkehrsministers gegen länger als 3 Monate dauernde Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen und Schnellstraßen aus. Das Immissionsschutzgesetz ist dem Gesundheits- und Umweltschutz verpflichtet, eine Mitsprache des Verkehrsministers bei Vollziehung des IG-L durch die Landeshauptleute ist sachlich nicht geboten.
Nunmehr soll der Verkehrsminister auch mitbestimmend für eine Verordnung über Kriterien der Verhängung und Rücknahme eines flexiblen Tempolimits werden. Neben die bereits bestehende Ermächtigung zu Verkehrsbeschränkungen wird auch die Möglichkeit geschaffen, flexible Tempolimits zu verhängen, nämlich dort, wo es Verkehrsbeeinflussungsanlagen gibt.
Aus Sicht der Grünen sind fixe Tempolimits den flexiblen Tempolimits vorzuziehen, weil sie erwiesenermaßen um 40% mehr Schadstoffreduktion bringen (siehe Entwurf für ein Tiroler IG-L Programm, Umweltbundesamt im Auftrag des Amtes der Tiroler Landesregierung, Sommer 2007, S 62). Auch die konkreten Erfahrungen in Oberösterreich sprechen dafür (Presseaussendung von Landesrat Rudolf Anschober vom September 2007):
„Seit 5. Jänner 2007 ist die Tempo100-Verordnung auf einem ca. 13 km langen Teilstück der A1 in Kraft. Nun liegen die Evaluierungsergebnisse der ersten sechs Monate vor: Durch die Maßnahme wurden im ersten Halbjahr 2007 bereits 1167 Tonnen CO2, 9 Tonnen Stickoxid und 0,9 Tonnen Dieselrußpartikel eingespart. Die NO2-Belastung verringerte sich an der Messstelle Enns-Kristein um 9 µg/m3 (von 63 µg/m³ auf 54 µg/m³).
Zusätzlich bewirkte Tempo 100 auch eine Abnahme der Lärmbelastung (um 2 dB) sowie einen leichten Rückgang der Anzahl der Unfälle. Die Evaluierung beweist – Tempo 100 wirkt.“
Sowohl in Tirol als auch in Oberösterreich konnte festgestellt werden, dass die überwiegende Zahl der LenkerInnen die Geschwindigkeitsbeschränkung einhält. Hier ist unseres Erachtens ein gewisser Gewöhnungseffekt maßgeblich, der im Fall flexibler Tempolimits kaum zum Tragen kommt.
Auf Nachfrage im Ausschuss bestätigte das Umweltressort, dass das „flexible Tempolimit“ lediglich ein Angebot an die Landeshauptleute ist. Die Verordnungsermächtigung für fixe Tempolimits gelte nach wie vor, unabhängig davon, ob am konkreten Straßenabschnitt eine Verkehrsbeeinflussungsanlage besteht oder nicht. Freilich ist diese Option faktisch (realpolitisch) durch das nach wie vor bestehende Vetorecht des Verkehrsministers (ab drei Monaten Geltungsdauer) eingeschränkt.