236 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP
Bericht
des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie
über die Regierungsvorlage (144 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 - UWG geändert wird (UWG-Novelle 2007)
Die UWG-Novelle 2007 trägt ausschließlich den Erfordernissen einer rechtzeitigen Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (RL-UGP), ABl. Nr. L 149 vom 11.06.2005 S 22, (CELEX Nr.: 32005L0029) Rechnung. Darüber hinausgehende Änderungen oder Ergänzungen des UWG bleiben der geplanten Gesamtreform des UWG vorbehalten. Der vorliegende Gesetzentwurf setzt folglich im Wesentlichen die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken dahingehend um, dass im Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbewerb 1984 (UWG) die Bestimmungen über unlautere und insbesondere über irreführende und aggressive Geschäftspraktiken den Vorgaben dieser Richtlinie entsprechend verankert werden. Die RL-UGP war bis zum 12. Juni 2007 umzusetzen. Die UWG-Novelle soll entsprechend den Vorgaben der Richtlinie am 12. Dezember 2007 in Kraft treten.
Ziel der UPG-RL ist eine Angleichung der Vorschriften über unlautere Geschäftspraktiken im Verhältnis zwischen Unternehmen und Verbrauchern in den Mitgliedstaaten. Durch eine besser abgestimmte Rechtslage auf diesem Gebiet soll der Handel im Binnenmarkt weiter erleichtert werden.
Mit der Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken werden insbesondere die Verbote irreführender und aggressiver Geschäftspraktiken klarer und transparenter geregelt. Das ist sowohl für Unternehmer als auch Verbraucher von Vorteil. Durch die Rechtsangleichung wird den österreichischen Unternehmern das Auftreten auf anderen Märkten der Gemeinschaft erleichtert. Die Sicherung eines lauteren Wettbewerbs ist eine wesentliche Grundlage für einen attraktiven Wirtschaftsstandort und dient damit auch der Sicherung der Beschäftigung.
Die Richtlinie wird im UWG selbst (und nicht im KSchG oder etwa im ABGB) umgesetzt, weil das KSchG in seinem Regelungskern Vertragsrecht betrifft, die Richtlinie sich jedoch als Instrument kollektiven Rechtsschutzes versteht.
Der Entwurf regelt – wie schon im geltenden UWG – im Wesentlichen den B2B-Bereich nicht anders als den B2C-Bereich, weil Mitbewerber- und Verbraucherschutz nicht trennbar sind.
Der Begriff der „Handlungen gegen die guten Sitten“ muss in dem von der Richtlinie erfassten Bereich durch „unlautere Geschäftspraktiken“ ersetzt werden.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 10. Oktober 2007 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Wolfgang Zanger, Bettina Hradecsni, Franz Riepl, Veit Schalle, Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Konrad Steindl, Mag. Werner Kogler und Alois Gradauer sowie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein.
Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner und Dkfm. Dr. Hannes Bauer einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:
„Zu Z 1 (Z 6a: § 4 Abs. 2 UWG):
Durch die Neuformulierung der Strafdrohung des § 4 Abs. 1 UWG kommen nicht nur verantwortliche Personen von Druckwerken sondern auch von Rundfunkunternehmen und anderen Medien iSd Mediengesetzes als Transporteure solcher Bekanntmachungen in Form kommerzieller Werbung nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz als Beitragstäter im Sinne des § 12 letzter Fall Strafgesetzbuch in Frage. In § 4 Abs. 2 war daher ebenso eine Anpassung hinsichtlich „Medien“ vorzunehmen.
Zu Z 2 (Z 13a: § 14a UWG):
Das UWG räumt bestimmten Einrichtungen die Befugnis ein, gegen unlautere Handlungen mit Unterlassungsklage vorzugehen. Dieses Instrument der Rechtsdurchsetzung scheitert jedoch in der Praxis zunehmend daran, dass Name bzw. Firma des Unternehmens sowie deren ladungsfähige Adresse nicht bekannt sind. Gerade grob wettbewerbswidrig agierende Anbieter verstecken sich hinter Postfachadressen oder geben nur nicht angemeldete Handy- oder Geheimtelefonnummern bekannt. Diese Vorgangsweise erschwert die Rechtsdurchsetzung. Das liegt weder im Interesse der Mitbewerber noch der Konsumenten, sodass der vorgeschlagene Auskunftsanspruch auch ein wichtiger Beitrag zur Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs sein wird.
Den angeführten klagebefugten Einrichtungen war es aufgrund der bisherigen Rechtslage schwer möglich, von Anbietern von Post- oder Telekommunikationsdiensten Auskünfte über Namen und Anschrift dieser Anbieter zu bekommen, da derartige Auskünfte unter Hinweis auf mögliche Verstöße gegen das Datenschutzgesetz 2000 nicht erteilt wurden. Den klagebefugten Einrichtungen ist in den angeführten Fällen zur Feststellung von Namen und Adresse potentiell unlauter iSd §§ 1, 1a oder § 2 UWG Handelnder erst eine dem Datenschutzgesetz 2000 entsprechende Rechtsgrundlage für einen Auskunftsanspruch einzuräumen.
Durch § 14a Abs. 1 sollte somit verhindert werden, dass sich natürliche oder juristische Personen (Nutzer) hinter Postfächern und Telefonnummern (Festnetztelefon-, Handy- und Geheimnummern, aber auch Mehrwerttelefonnummern), verbergen und sich aufgrund der Nichtangabe ihres Namens und ihrer Anschrift erfolgreich einer Verfolgung entziehen können. Den immer zahlreicher auftretenden Angeboten in Form aggressiver oder irreführender Werbeveranstaltungen bzw. Gewinnankündigungen etc. kann mit dieser neuen Bestimmung besser entgegentreten werden.
Durch die gesetzliche Regelung eines Auskunftsanspruchs bei Postfächern gegenüber der Post AG und allen privaten Anbietern von Postdiensten wird sichergestellt, dass seitens aller Postanbieter bei Postfächern eine Auskunft über die Inhaber und deren zustellfähige Adressen gegeben wird, sofern eine derartige Mitteilung Voraussetzung für die Durchsetzung des Anspruchs bildet.
§ 3 Postgesetz 1997 bleibt von diesem Auskunftsanspruch unberührt.
Weiters erfolgt eine gesetzliche Regelung eines Auskunftsanspruchs gegenüber Telekommunikationsdiensten.
Gemäß § 24 Abs. 3 Telekommunikationsgesetz 2003 hat die RTR-GmbH ein Verzeichnis der Mehrwertdienste-Anbieter zu führen. Gemäß § 103 KEM-V sind folgende Rufnummernbereiche für die Erbringung von Mehrwertdiensten vorgesehen: (0)900, (0)901, (0)930, (0)931, (0)939, (0)810, (0)821, 118 und (0)820. Dementsprechend können diese Rufnummern dann auch abgefragt werden. Nicht umfasst sind daher z. B. (0)800, geographische Rufnummern, etc. Auch diese werden von unseriösen Unternehmen genutzt, um gesetzwidrige Anbote oder Werbung zu befördern.
Weiters kann es trotz zeitnaher Übermittlung der Nutzungsanzeigen auch bei den vorgesehenen Rufnummernbereichen zu zeitlichen Unschärfen kommen. Aus diesen Gründen ist das Verzeichnis der Mehrwertdienste-Anbieter auf der Homepage der RTR-GmbH nicht ausreichend, sondern es bedarf der Ergänzung einer Auskunftspflicht für Telekommunikationsanbieter, wenn die öffentlich zugängliche Information nicht ausreicht, um Namen und Anschrift des Anbieters zu eruieren.
Da nur über die „eingetragenen inländischen Rufnummern“ iSd Bestimmung Auskunft zu erteilen ist, ist hervorzuheben, dass beispielsweise im Falle von nicht registrierten inländischen Telefonnummern eine Auskunft eben nicht möglich ist.
Durch § 14a wird iÜ eine lex specialis zu § 18 Abs. 4 TKG 2003 geschaffen. Dies gilt auch im Verhältnis zu den Strafbestimmungen im TKG 2003, da bei der Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht nach der lex specialis jedenfalls nicht mehr von einem tatbildmäßigen Verhalten gesprochen werden kann, und es daher an der Rechtswidrigkeit der Tat fehlt. Ein Befolgen der Auskunftsverpflichtung kann somit keine verwaltungsstrafrechtlichen Folgen nach dem TKG 2003 nach sich ziehen.
Unter „Nutzern“ sind im Postbereich die Inhaber (natürliche und juristische Personen) von Postfächern und im Telekombereich „Teilnehmer“ iSd § 3 Z 19 TKG 2003 zu verstehen.
Die Auskunft über einen Nutzer, der sich eines Dienstes der Informationsgesellschaft im Sinn des § 16 E-Commerce-Gesetz bedient, richtet sich nach § 18 Abs. 4 dieses Gesetzes.
Mit dem Auskunftsanspruch wird das Recht auf Datenschutz in nicht unerheblichem Maße berührt. Daher kann dieser Anspruch nur unter Einhaltung der Voraussetzungen von Abs. 1 und 2 eingeräumt werden:
Da der Auskunftswerber schriftlich darlegen muss, dass die Kenntnis der gewünschten Informationen eine wesentliche Voraussetzung für die Rechtsverfolgung in den Fällen, wo die klagebefugte Einrichtung eine Klagebefugnis gem. § 14 hat, bildet, ist der schriftliche Antrag an das Post- oder Telekommunikationsunternehmen entsprechend zu begründen. Dem Schriftlichkeitsgebot nach dieser Bestimmung entspricht auch die Übermittlung des Auskunftsbegehrens per Fax, nicht aber die Übermittlung im Wege der elektronischen Post.
Der Auskunftswerber muss auch schriftlich darlegen, dass ein begründeter Verdacht eines lauterkeitsrechtswidrigen Vorgehens nach §§ 1, 1a oder § 2 des betreffenden Unternehmers vorliegt, die Gründe für diesen Verdacht angeben und anführen, dass diese Daten zur Rechtsdurchsetzung benötigt werden. Der um Auskunft ersuchte Anbieter ist nicht zur inhaltlichen oder rechtlichen Prüfung bzw. Beurteilung der Voraussetzungen verpflichtet. Der Auskunftswerber hat auch darzulegen, dass er die jeweiligen Namen und Adressen durch allgemein zugängliche Informationsquellen nicht beschaffen konnte.
Die in der Bestimmung angeführten Anbieter sind zur Herausgabe von bei ihnen gespeicherten Daten (Namen und Anschriften) in schriftlicher Form verpflichtet. Unter Anschrift ist – soweit möglich – die Zustelladresse iSd § 2 Z 4 bis 6 Zustellgesetz zu verstehen. Der Verpflichtete hat diejenigen Namen und Anschriften zur Verfügung zu stellen, die er in seinen Adressenlisten oder Datenbanken aufgezeichnet oder gespeichert hat. Die Auskunft darf nicht verweigert werden, weil derjenige, dessen Name und (zustellfähige) Adresse mitgeteilt werden sollte, in die Übermittlung nicht einwilligt.
Nach § 14a Abs. 1 können die dort angeführten klagebefugten Einrichtungen dieses Auskunftsersuchen stellen. Es handelt sich dabei ausschließlich um die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, die Wirtschaftskammer Österreich, die Landwirtschaftskammer Österreich, den Österreichischen Gewerkschaftsbund, die Bundeswettbewerbsbehörde, den Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb und den Verein für Konsumenteninformation.
Sollte der Diensteanbieter das angeführte Auskunftsbegehren verweigern, so entscheiden über die Berechtigung des Auskunftsbegehrens die Gerichte.
Gemäß § 14a Abs. 3 kann der Auskunftsverpflichtete dem Auskunftswerber angemessene Kosten in Rechnung stellen. Das gilt nicht für die Bundeswettbewerbsbehörde.
Post- und Telekommunikationsunternehmen könnten etwa mit Ersatzansprüchen ihrer Nutzer aufgrund der Auskunftserteilung konfrontiert werden. Daher war klarzustellen, dass die auskunftspflichtigen Post- und Telekommunikationsunternehmen schadlos zu halten sind.
Die Aufbewahrung von Kopien der schriftlichen Auskunftsansuchen für die Dauer von drei Jahren dient Dokumentationszwecken und allenfalls erforderlichen datenschutzrechtlichen Prüfungen.
Zu Z 3 (Z 16a: § 25 Abs. 6):
Das Gericht hat gem. § 25 Abs 3 UWG auf Antrag der obsiegenden Partei über deren Befugnis, das Urteil auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen, zu entscheiden. Voraussetzung ist, dass ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung besteht. Dies wird dann vorliegen, wenn es im Interesse der beteiligen Verkehrskreise liegt, Kenntnis von der Entscheidung über einen bestimmten Wettbewerbsverstoß zu erlangen. Demgegenüber gibt es grundsätzliche Bedenken über derartige Veröffentlichungspflichten im internationalen Kontext. Auch könnte es Missbrauchsfälle geben.
§ 25 Abs 6 UWG ermächtigt das Gericht, auf Antrag der obsiegenden Partei die Kosten der Veröffentlichung des Urteils festzusetzen und deren Ersatz dem Gegner aufzutragen. In der Praxis erwiesen sich zugesprochene Ermächtigungen in einzelnen Fällen als nicht durchführbar, weil zahlungsschwache Prozessgegner die Veröffentlichungskosten nicht tragen konnten und im Ergebnis die Veröffentlichung von der obsiegenden Partei selbst bezahlt werden musste oder – um diesem allfälligen Risiko zu entgehen – von der Veröffentlichung Abstand genommen wurde. Dies führte dazu, dass die Durchsetzung des Veröffentlichungsanspruchs an dem Risiko der Uneinbringlichkeit der Kosten scheiterte.
Um dem entgegenzuwirken, ist es erforderlich, der unterlegenen Partei auf Antrag der obsiegenden Partei die Vorauszahlung der Veröffentlichungskosten binnen vierwöchiger Frist aufzutragen. Dieser Antrag kann von der obsiegenden Partei erst nach Rechtskraft des Urteils gestellt werden, da erst dann die Kosten für die Urteilsveröffentlichung feststehen.
Sollten die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der unterlegenen Partei diese Vorauszahlung nicht zulassen, so hat das Gericht, sofern die unterlegene Partei dies bescheinigt, von der Vorauszahlung abzusehen.
Die Frist wird durch einen Antrag auf Vorauszahlung entweder bis zum Einlangen der Vorauszahlung oder bis zur Abweisung des Antrags gehemmt. Nach erfolgter Veröffentlichung hat die obsiegende Partei die unterlegene Partei darüber einschließlich der aufgewendeten Kosten zu informieren, und, für den Fall, dass die Veröffentlichungskosten den vorausgezahlten Betrag unterschreiten, den Mehrbetrag zurückzuerstatten.“
Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner und Dkfm. Dr. Hannes Bauer mit Stimmenmehrheit angenommen.
Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Herta Mikesch gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2007 10 10
Herta Mikesch Dr. Reinhold Mitterlehner
Berichterstatterin Obmann