273 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (231 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafgesetzbuch und das Jugendgerichtsgesetz 1988 geändert werden (Strafprozessreformbegleitgesetz I)

Der vorliegende Entwurf enthält Änderungen der StPO, des StGB, des JGG und des FinStrG, die der Anpassung dieser Gesetze an die mit dem Strafprozessreformgesetz, BGBl. I Nr. 19/2004, geschaffene neue Systematik des einheitlichen Ermittlungsverfahrens dienen. Die Änderungen im Haupt- und Rechtsmittelverfahren der StPO sollen sicherstellen, dass ein reibungsloser Übergang vom Ermittlungsverfahren in das Hauptverfahren stattfindet, das nach der neuen Grundsatzbestimmung des § 13 Abs. 1 den Schwerpunkt des Verfahrens bilden soll. Obwohl in erster Linie begriffliche Anpassungen vorgenommen werden, schlägt der Entwurf auch eine Reihe von Bestimmungen vor, die sich als Fortsetzung der verbesserten Rechtsstellung von Opfern und Beschuldigten im Ermittlungsverfahren verstehen. Eine umfassende Reform des Haupt- und Rechtsmittelverfahrens, insbesondere auch eine Reform der Laienbeteiligung im Strafverfahren soll jedoch einem gesonderten Reformschritt vorbehalten bleiben.

Mit dem Strafprozessreformgesetz, BGBl. I Nr. 19/2004, wurde das Vorverfahren der StPO, also der Verfahrensabschnitt, der sich der Klärung des Verdachts einer Straftat bis hin zur Erhebung der Anklage widmet (1. bis 3. Teil samt 1. und 2. Abschnitt des 4. Teils der StPO) grundlegend erneuert. Das einheitliche, in Zusammenarbeit von Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft zu führende Ermittlungsverfahren, das an die Stelle der bisherigen Vorerhebungen und der Voruntersuchung tritt, hat Auswirkungen auf eine Reihe von Bestimmungen des Haupt- und Rechtsmittelverfahrens der StPO, des StGB und des JGG, die auf dem Idealbild des früheren Verfahrens, der gerichtlichen Voruntersuchung aufbauen. Es werden daher die Anpassungen vorgeschlagen, die notwendig sind, um eine reibungslose Umsetzung des Strafprozessreformgesetzes sicherzustellen. Daneben sollen sich verbesserte Beteiligungsrechte auch im Stadium der Hauptverhandlung (klare Regelung des Beweisantragsrechts) und des Rechtsmittelverfahrens (Nichtigkeitsbeschwerde des Privatbeteiligten, dessen Beweisantrag in der Hauptverhandlung abgewiesen wurde) niederschlagen.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 30. Oktober 2007 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Sonja Ablinger die Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Johann Maier, Mag. Albert Steinhauser, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Bettina Stadlbauer, Barbara Riener, Mag. Gernot Darmann, Otto Pendl und Dr. Robert Aspöck sowie die Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Mag. Heribert Donnerbauer einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Artikel I Z 12a (§ 106 Abs. 2 StPO):

Die Absicht des Gesetzgebers (vgl 25 d. Beilagen XXII. GP 143), wonach über die Behauptung von Rechtsverletzungen sowohl bei Bewilligung als auch bei Anordnung oder Durchführung ein- und derselben Ermittlungsmaßnahme das Beschwerdegericht abzusprechen hätte und die Geltendmachung von Rechtsverletzungen bei Anordnung oder Durchführung nur innerhalb der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen die Bewilligung zulässig sein soll, wird – wie der Oberste Gerichtshof in seiner Stellungnahme vom 30. August 2007 ausgeführt hat - mit der derzeitigen Formulierung nicht erreicht. Da nämlich von Betroffenen gegen eine gerichtliche Bewilligung stets „Beschwerde ... erhoben werden kann“, maW eine Beschwerde stets zulässig ist (§§ 35 Abs 2, 87 Abs 1 StPO; ob die Beschwerde Erfolg haben wird, kann nicht – auf den Zeitpunkt des Einspruchs bezogene – Zulässigkeitsvoraussetzung für diesen sein), wäre umgekehrt Einspruch stets unzulässig und das Wort „insoweit“ unsinnig. Dass aber über Einspruchsgründe dann, wenn tatsächlich Beschwerde erhoben wird, das Beschwerdegericht anlässlich der Erledigung der Beschwerde (mit-) zu entscheiden hat, bringt § 106 Abs 2 StPO nicht zum Ausdruck. Dazu bedarf es einer § 498 Abs. 3 StPO vergleichbaren Vorschrift, wie sie nun vorgeschlagen wird.

Zu Artikel I Z 23a (§ 166 StPO).

Durch die vorgeschlagene Änderung soll klargestellt werden, dass die unter Folter zustande gekommene oder sonst durch unerlaubte Einwirkungen gewonnene Aussage nichtig ist, weshalb solche Aussagen als nichtige Beweisaufnahmen Gegenstand der Z 2 des § 281 Abs 1 StPO (§§ 345 Abs 1 Z 3, 468 Abs 1 Z 2a StPO) wären.

Zu Artikel I Z 234b (§ 516 Abs. 4 StPO):

Durch diese Änderung soll klargestellt werden, dass vor Erreichen der Altersgrenze übernommene Mandate weiterhin, und zwar bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens, für das sie erteilt wurden, wahrgenommen werden dürfen.

Zu Artikel III

Zu Artikel III Z 15 lit. b (§ 38 Abs. 2 JGG)

§ 38 Abs. 2 JGG sieht eine Verständigung des gesetzlichen Vertreters eines Jugendlichen bisher nur bei einem Vorgehen gem. §§ 90c Abs. 4, 90d Abs. 1 und 4, 90f Abs. 1 und 3 StPO (§§ 200 Abs. 4, 201 Abs. 4 und 203 Abs. 3 StPO idF BGBL. I Nr. 19/2004), nicht hingegen bei § 35 SMG vor. Eine Verständigungspflicht ist in § 35 Abs. 6 und 7 SMG nur vorgesehen, wenn eine gesundheitsbezogene Maßnahme auferlegt oder die Betreuung durch einen Bewährungshelfer angeordnet wurde. Auch in § 38 Abs. 2 JGG wird nunmehr die Aufnahme des § 35 bzw. 37 SMG vorgeschlagen.

Zu Artikel III Z 21 (§ 46 Abs. 1 JGG)

Nach dem Wortlaut des geltenden § 46 Abs. 1 JGG ist eine Kostentragung des Bundes für eine Entwöhnungsbehandlung, psychotherapeutische oder medizinische Behandlung nur vorgesehen, wenn eine „Weisung“ erteilt wurde. Hat ein Jugendlicher hingegen nach § 203 Abs. 2 StPO idF BGBL. I Nr. 19/2004 die Verpflichtung übernommen, sich einer solchen Behandlung zu unterziehen, ist ein Beitrag des Bundes zu deren Kosten nach dem strengen Wortlaut des Gesetzes nicht möglich. Dies steht jedoch in einem wertungsmäßigen Widerspruch zu den auf die Einkommenssituation von Jugendlichen Bedacht nehmenden Regelungen der §§ 7 Abs. 5 und 45 Abs. 2 JGG iVm § 203 Abs. 2 StPO idF BGBL. I Nr. 19/2004, der durch die vorgeschlagenen Änderungen beseitigt werden soll.

Das Zitat des „Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes“ soll an die richtige Schreibweise angepasst werden („Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes“).

Beide Bestimmungen sind Gegenstand der RV einer Suchtmittelgesetznovelle 2007 und sollen zur Vermeidung mehrfacher Novellierungen des JGG hier aufgenommen werden.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Mag. Heribert Donnerbauer mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Sonja Ablinger gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2007 10 30

                                  Sonja Ablinger                                                       Mag. Heribert Donnerbauer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann