351 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) (233 der Beilagen)

Die vier Genfer Abkommen zum Schutz der Opfer des Krieges vom 12. August 1949 (im Folgenden: Genfer Abkommen) wurden nach verfassungsmäßiger Genehmigung durch den Nationalrat vom Bundespräsidenten ratifiziert und sind, nachdem die Ratifikationsurkunde am 27. August 1953 beim Schweizer Bundesrat hinterlegt worden ist, gegenüber Österreich am 27. Februar 1954 in Kraft getreten. Die Genfer Abkommen sind:

I. Das Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der bewaffneten Kräfte im Felde vom 12. August 1949,

II. das Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der bewaffneten Kräfte zur See vom 12. August 1949,

III. das Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen vom 12. August 1949 und

IV. das Abkommen über den Schutz der Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949.

Die Genfer Abkommen wurden in BGBl. Nr. 155/1953 verlautbart.

Die Protokolle I und II zu den Genfer Abkommen aus 1977 wurden nach verfassungsmäßiger Genehmigung durch den Nationalrat vom Bundespräsidenten ratifiziert und sind, nachdem die Ratifikationsurkunde am 13. August 1982 beim Schweizer Bundesrat hinterlegt worden ist, gegenüber Österreich am 13. Februar 1983 in Kraft getreten. Die Protokolle I und II sind:

I. das Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll I) und

II. das Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll II).

Diese Protokolle wurden in BGBl. Nr. 527/1982 verlautbart.

Das Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über die Annahme eines zusätzlichen Schutzzeichens (Protokoll III) wurde am 8. Dezember 2005 von der diplomatischen Konferenz der Vertragsparteien der Genfer Abkommen in Genf angenommen und ist am 14. Jänner 2007 objektiv in Kraft getreten. Das Protokoll III wurde von der Republik Österreich unterzeichnet, aber bislang noch nicht ratifiziert.

Der Schutz des Namens und des Zeichens des Roten Kreuzes ist in Österreich derzeit im Bundesgesetz vom 27. Juni 1962 über den Schutz des Zeichens und des Namens des Roten Kreuzes (Rotkreuzschutzgesetz), BGBl. Nr. 196/1962, geregelt. Dieses Gesetz trug insbesondere den Erfordernissen der Art. 23 bis 26, 38 bis 44, 53 und 54 des I. Genfer Abkommens, der Art. 41 bis 45 des II. Genfer Abkommens sowie der Art. 18, 20, 21 und 22 des IV. Genfer Abkommens Rechnung.

Seit dem Inkrafttreten des Rotkreuzschutzgesetzes im Jahr 1962 hat sich das humanitäre Völkerrecht stetig weiterentwickelt. Insbesondere die Annahme der beiden Protokolle zu den Genfer Abkommen im Jahr 1977 sowie des Protokoll III im Jahr 2005 haben diese Entwicklung vorangetrieben.

Mit dem Protokoll III wurde ein zusätzliches geschütztes Zeichen, der „Rote Kristall“ eingeführt, der von nationalen Rotkreuzgesellschaften, von der Internationalen Förderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften sowie vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz unter bestimmten Umständen als Schutzzeichen verwendet werden bzw. von nationalen Gesellschaften als Kennzeichen gewählt werden kann. Der „Rote Kristall“ genießt dabei denselben Schutz wie die Zeichen des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes. Die Republik Österreich beabsichtigt, das Protokoll III zu ratifizieren. Mit dem vorliegenden Gesetz wird die innerstaatliche Grundlage für den Schutz des neuen Zeichens geschaffen und damit die Umsetzung des Protokoll III gewährleistet.

Neue Entwicklungen für die Vertragsstaaten der Genfer Abkommen haben sich auch aus den seit 1962 von den Internationalen Konferenzen vom Roten Kreuz und Roten Halbmond (im Folgenden: Rotkreuzkonferenzen) gefassten Beschlüssen ergeben. Bereits im Rotkreuzschutzgesetz 1962 wurde festgestellt, dass sich die Aufgaben des Österreichischen Roten Kreuzes aus den Genfer Abkommen von 1949 und den Beschlüssen der Internationalen Rotkreuzkonferenzen ergeben. Die Teilnehmer der Internationalen Rotkreuzkonferenzen sind die Vertragsstaaten der Genfer Abkommen (sohin auch die Republik Österreich), die nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften sowie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften; jeder Teilnehmer hat eine Stimme. Die Beschlüsse der Internationalen Rotkreuzkonferenzen werden somit von den Vertragsstaaten der Genfer Abkommen, die Teil der Internationalen Rotkreuzkonferenzen sind, mitgetragen. Die Beschlüsse sind daher sowohl für den Gesetzgeber als auch für die Vollziehung beachtlich.

Aufgrund dieser Entwicklungen wurde auf internationaler Ebene von der Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften ein Musterrotkreuzgesetz entworfen, das vielen der neuen Anforderungen gerecht wird. Dieses Musterrotkreuzgesetz wurde bereits im November 1999 bei der Internationalen Rotkreuzkonferenz in Genf präsentiert („Musterrotkreuzgesetz 1999“). Im offiziellen Bericht über die Ergebnisse der Konferenz heißt es dazu:

         „Nationale Gesellschaften haben ein einzigartiges Mandat, welches durch die Staaten in den Genfer Konventionen, in den Statuten der Bewegung und in anderen Beschlüssen der Internationalen Konferenz festgelegt ist. Nationale Gesellschaften üben in ihren Ländern zugunsten der Behörden öffentliche Funktionen im humanitären Bereich aus. Es ist im allgemeinen Interesse der Staaten, diese Funktionen wirksam zu schützen um zu gewährleisten, dass die nationalen Gesellschaften der Staaten weiterhin in der Lage sind, diese Funktionen unter den Bedingungen, welche die Staaten schaffen und die in internationalen Verträgen und Beschlüssen der Rotkreuzkonferenz, eingeschlossen der Rotkreuzgrundsätze, festgelegt sind, auszuüben.

         Um die nationalen Gesellschaften darin zu unterstützen, den Rotkreuzgrundsätzen treu zu bleiben, ist ein Zugeständnis der Regierungen in Gesetzesform notwendig. Dieses hat sicherzustellen, dass es nur eine Rotkreuz- oder Rothalbmondgesellschaft pro Land gibt, welche für alle offen steht, dass diese beim Empfang von Zuwendungen keinen steuerlichen Hindernissen unterliegt, dass ihr Name und ihre Zeichen nicht missbraucht werden, dass führende religiöse, finanzielle oder politische Kräfte die Gesellschaft nicht dahingehend beeinflussen, andere Interessen als jene der am meisten Verwundbaren zu vertreten, usw.“ (Übersetzung des Österreichischen Roten Kreuzes)

Neben den angeführten Entwicklungen auf rechtlicher Ebene haben in der Praxis vor allem zahlreiche missbräuchliche Verwendungen des Rotkreuzzeichens gezeigt, dass durch die vorhandenen rechtlichen Bestimmungen offenbar kein ausreichender Schutz mehr gewährleistet werden kann.

Die Vertreter der Österreichischen Bundesregierung haben aus diesem Grund auf der 27. Internationalen Rotkreuzkonferenz 1999 in einer Verpflichtungserklärung („Pledge“) Folgendes zugesagt:

         “to undertake a review of the legislation currently in force regulating the status of the Austrian Red Cross and the protection of the Red Cross emblem (Red Cross Protection Law), with a view to adapt the law to current needs. This shall be done in close cooperation with the Austrian Red Cross. In this connection, the Draft Model Red Cross/ Red Crescent Law will be duly taken into consideration.“

         [„eine Überprüfung des derzeit geltenden Gesetzes über den Status des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Rotkreuzzeichens durchzuführen, im Hinblick darauf, das Gesetz an die aktuellen Bedürfnisse anzupassen. Dies soll in enger Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Roten Kreuz getan werden. In diesem Zusammenhang wird das Musterrotkreuzgesetz (der Konferenz, Anm.) entsprechend in Betracht gezogen werden.“]

Des weiteren wurde im Jahr 2006 vom „Advisory Service of International Humanitarian Law“ des IKRK ein aktualisiertes Musterrotkreuzgesetz (Musterrotkreuzgesetz 2006) präsentiert, in welchem nun auch das Zeichen des „Roten Kristalls“ berücksichtigt wird.

Mit dem vorliegenden Gesetz werden auch verschiedene Bestimmungen über das Österreichische Rote Kreuz, die v.a. aus historischen Gründen keine entsprechende formelle Rechtsgrundlage haben, kodifiziert, wie z.B. die Ermächtigung zur Führung des Bundeswappens mit dem Roten Kreuz am Brustschild (die durch kaiserlichen Erlass erteilt und seitdem lediglich behördlich bestätigt worden war) oder die traditionelle und mittlerweile im Postgesetz, BGBl. I Nr. 18/1998 in der jeweils geltenden Fassung, bestätigte Durchführung des Rotkreuz-Vermisstensuchdienstes.

Zusammenfassend sind daher folgende Bedürfnisse anzuführen, welchen mit der Schaffung eines neuen Rotkreuzgesetzes Rechnung getragen werden soll:

           1. Umsetzung des von der Republik Österreich mitbeschlossenen internationalen Musterrotkreuzgesetzes;

           2. Berücksichtigung der seit 1962 geschaffenen, relevanten völkerrechtlichen Instrumente (Protokolle zu den Genfer Abkommen von 1949) und insbesondere Berücksichtigung und innerstaatliche Umsetzung des Protokoll III; international kann Österreich damit eine positive Vorbildwirkung im humanitären Bereich zeigen;

           3. Reaktion auf die in der Vergangenheit hohe Zahl von Missbräuchen des Zeichens des Roten Kreuzes durch Schaffung eines adäquaten, zeitgemäßen gesetzlichen Schutzes;

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 27. November 2007 in Verhandlung genommen.

Die Abgeordneten August Wöginger, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Die Regierungsvorlage hat das Datum des Inkrafttretens zunächst offen gelassen, weil der parlamentarische Zeitplan noch nicht geklärt war. Nunmehr wird vorgeschlagen, dass das RKG mit 1. Februar 2008 in Kraft tritt.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten August Wöginger, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen einstimmig angenommen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2007 11 27

                               August Wöginger                                                        Mag. Andreas Schieder

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann