474 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Umweltausschusses

über den Antrag 590/A(E) der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klärung des völkerrechtlichen Status des Melk-Abkommens sowie die weiteren Schritte zu seiner Umsetzung

Die Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 31. Jänner 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

 

„Am 14.12.2006 wurde mit Zustimmung aller Parteien eine Entschließung verabschiedet, wonach die Bundesregierung an die Regierung der Tschechischen Republik als Vertragspartnerin des Melker Protokolls herantreten und mit der erfolgten Kollaudierung des AKW Temelin umgehend den Nachweis der Umsetzung aller offenen Sicherheitsmaßnahmen wie im Anhang I des Melk-Abkommens (BGBl. 2001/266) festgelegt einfordern sollte. Für den Fall, dass ein solcher Nachweis nicht erbracht werden sollte, wurden internationale Rechtsschritte verlangt.

 

Die Bundesregierung kam der Entschließung am 4.6.2007 nach, indem sie die tschechische Vertragsseite in einem Schreiben offiziell auf die Verletzung des Melk-Abkommens aufmerksam machte und seine Einhaltung einforderte. In anschließenden Verhandlungen der Regierungschefs wurde die weitere Behandlung der Problematik der Umsetzung des Melk-Abkommens im Rahmen einer bilateralen parlamentarischen Kommission angeregt.

 

Die Kommission nahm im Juli 2007 ihre Tätigkeit auf. Auf Expertenebene konnten einige der weniger relevanten Sicherheitspunkte des Anhang I des Melk-Abkommens  einer abschließenden Klärung zugeführt werden. Die wichtigsten Sicherheitspunkte, welche auch wiederholt Eingang in internationale Berichte gefunden haben, bleiben hingegen nach wie vor ungelöst.

 

Die österreichische Seite geht, gestützt durch mehrere Gutachten, von der völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Melk-Abkommens aus. Die tschechische Seite äußerte hingegen bereits im Vorfeld und auch im Rahmen der ersten Sitzung der bilateralen parlamentarischen Kommission Zweifel an der völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Melk-Abkommens. Von der tschechischen Seite wurden bisher keine völkerrechtlichen Gutachten zu diesem Thema präsentiert.

 

Aufgrund terminlicher Probleme auf der tschechischen Seite konnte diese grundlegende Frage erst im Rahmen der dritten Sitzung der bilateralen Kommission am 17. Dezember 2007 behandelt werden. Die Position der tschechischen Seite wurde von Minister Cyril Svoboda präsentiert. Nach seinen Aussagen sieht die tschechische Regierung das Melk-Abkommen nicht als völkerrechtlich verbindlich an. Eine Voraussetzung für die völkerrechtliche Verbindlichkeit wäre die von Anfang an bekundete diesbezügliche Absicht beider Vertragsparteien. Eine solche Absicht wäre jedoch von der tschechischen Seite angeblich niemals vorhanden gewesen.

 

Diese Darstellung steht im Widerspruch zu den bekannten Fakten aus den Verhandlungen des Melk-Abkommens. Von beiden Vertragsseiten wurde von Anfang an die völkerrechtliche Verbindlichkeit des Abkommens angestrebt, welche durch die Verankerung im Beitrittsvertrag und der damit verbundenen Einklagbarkeit vor dem Europäischen Gerichtshof abgesichert werden sollte. Dieses Vorhaben scheiterte schließlich am Widerstand einiger EU-Länder.

 

Angesichts der Tatsache, dass die Suche nach einem Streitbeilegungsmechanismus die zentrale Aufgabe der bilateralen Kommission Temelin darstellt, entzieht die Position der tschechischen Seite zur völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Melk-Abkommens der weiteren Tätigkeit der Kommission ihre rechtliche Basis.

 

Die einwandfreie Klärung der Frage der völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Melk-Abkommens stellt daher eine Voraussetzung für die weiteren Schritte zu seiner Umsetzung sowie auch für die Einleitung in der Entschließung vom 14. Dezember 2006 genannten internationalen Rechtsschritte.

 

Aus den oben genannten Gründen sowie in Kenntnis der Notwendigkeit einer raschen Umsetzung des Melk-Abkommens im Interesse der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung besteht dringender Handlungsbedarf.“

 

Der Umweltausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 04. März 2008 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker die Abgeordneten Karlheinz Kopf, Werner Neubauer, Walter Schopf, Veit Schalle, Petra Bayr, Lutz Weinzinger sowie der Bundesminister Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2008-03-04

                        Dr. Ruperta Lichtenecker                                           Dr. Eva Glawischnig-Piesczek

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau