Vorblatt

Ziel und Problemlösung:

Der Rahmenbeschluss des Rates 2005/214/JI vom 24.2.2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen (ABl. 2005 L 76, 16) ist bis 22.3.2007 umzusetzen.

Der Rahmenbeschluss des Rates 2006/783/JI vom 6.10.2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen (ABl. 2006 L 328, 59) ist bis 24.11.2008 umzusetzen.

Der vorliegende Gesetzentwurf dient der Umsetzung der beiden Rahmenschlüsse. Er schlägt die Einfügung zweier neuer Abschnitte in das EU-JZG vor (Dritter Abschnitt des III. Hauptstücks, §§ 52 bis 52n, und Vierter Abschnitt des III. Hauptstücks, §§ 53 – 53m).

Inhalt:

Es sollen die innerstaatlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung von in anderen Mitgliedstaaten gefällten Entscheidungen, in welchen vermögensrechtliche Anordnungen bzw. Geldsanktionen ausgesprochen wurden, sowie für die Erwirkung der Vollstreckung solcher Entscheidungen österreichischer Gerichte durch andere Mitgliedstaaten geschaffen werden.

Der Rahmenbeschluss 2005/214/JI findet auf Entscheidungen von Gerichten Anwendung, in welchen Geldsanktionen ausgesprochen wurden; auf Entscheidungen nicht gerichtlicher Behörden nur insoweit, als gegen eine solche Entscheidung ein in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann.

Im Rahmen des EU-JZG umgesetzt werden soll jedoch nur die Vollstreckung jener Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten, die von einem Gericht oder einer anderen Justizbehörde, insbesondere einer Staatsanwaltschaft, gefällt worden sind; Entscheidungen anderer Justizbehörden als Gerichte sollen überdies nur vollstreckt werden können, wenn der Betroffene die Möglichkeit hatte, die Sache vor ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht zu bringen. Nur solche Entscheidungen sollen daher durch die ordentlichen Gerichte vollstreckt werden.

Entscheidungen von Verwaltungsbehörden anderer Mitgliedstaaten sollen dagegen – soweit sie die genannte Voraussetzung erfüllen – von den Bezirksverwaltungsbehörden vollstreckt werden; die dafür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen sollen im Verwaltungsverfahrensrecht geschaffen werden.

Der Rahmenbeschluss 2006/783/JI findet nur auf gerichtliche Entscheidungen Anwendung, in welchen vermögensrechtliche Anordnungen ausgesprochen wurden.

Die nach den Rahmenbeschlüssen zulässigen Ablehnungsgründe sollen zur Gänze in das österreichische Recht übernommen werden.

Die Vollstreckung erfolgt im Wesentlichen auf der Grundlage der Angaben, die in den sogenannten Bescheinigungen enthalten sind, die dem EU-JZG als Anhänge V und VI angeschlossen werden sollen.

Die Vollstreckung richtet sich grundsätzlich nach österreichischem Recht. Eine Anpassung der ausländischen vermögensrechtlichen Anordnung ist naturgemäß nicht möglich. Eine Anpassung der ausländischen Geldsanktion auf das nach österreichischem Recht für eine Straftat derselben Art vorgesehene Höchstmaß kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe infolge Uneinbringlichkeit der Geldstrafe kommt nur in Betracht, wenn dies auch nach dem Recht des Entscheidungsstaates zulässig ist.

Der Erlös aus der Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, in welchen Geldsanktionen ausgesprochen wurden, fällt grundsätzlich dem Bund zu, der auch die Kosten der Vollstreckung zu tragen hat. Dies gilt auch für durch die Vollstreckung ausländischer vermögensrechtlicher Anordnungen hereingebrachte Vermögenswerte; betragen diese jedoch 10 000 Euro oder mehr, so sind sie im Verhältnis 50 : 50 zwischen dem Entscheidungs- und dem Vollstreckungsstaat aufzuteilen (sog. asset sharing).

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Der Erlös aus der Vollstreckung von Geldsanktionen fließt – wie erwähnt – grundsätzlich dem Vollstreckungsstaat zu. Österreich wird sowohl Entscheidungs-, als auch Vollstreckungsstaat sein, wobei von einem ausgeglichenen Ergebnis ausgegangen werden kann.

Der Erlös aus der Vollstreckung von Entscheidungen, in welchen vermögensrechtliche Anordnungen ausgesprochen wurden, ist zwischen dem Entscheidungs- und dem Vollstreckungsstaat aufzuteilen, sofern ein Schwellenwert von 10.000 Euro erreicht bzw. überschritten wird. Im Hinblick darauf wird Österreich als Entscheidungsstaat Anspruch auf Überweisung von 50 % der durch die Vollstreckung einer inländischen Entscheidung erlangten Vermögenswerte haben, was derzeit in der Regel nicht der Fall ist.

Im Hinblick darauf ist davon auszugehen, dass das vorliegende Gesetzesvorhaben im Ergebnis voraussichtlich keine budgetären Auswirkungen haben wird.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Vorlage dient der Umsetzung folgender EU-Rechtsakte:

Rahmenbeschluss des Rates 2005/214/JI vom 24.2.2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen (ABl. 2005 L 76, 16); und

Rahmenbeschluss des Rates 2006/783/JI vom 6.10.2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen (ABl. 2006 L 328, 59).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 des Bundes-Verfassungsgesetzes.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

1. Seit der Tagung des Europäischen Rates in Tampere (15./16.10.1999) erfolgt der Ausbau der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen innerhalb der Europäischen Union nach der Maxime der gegenseitigen Anerkennung (und Vollstreckung) gerichtlicher Entscheidungen. Zunächst hat der Rat im Jahre 2000 ein Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen beschlossen (ABl. 2001 C12, 10); darin werden 23 Maßnahmen unterschiedlicher Priorität angeführt.

Die ersten Rechtsakte, die auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung beruhen, waren der Rahmenbeschluss des Rates 2002/584/JI vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. 2002 L 190, 1) und der Rahmenbeschluss des Rates 2003/577/JI vom 22. Juli 2003 über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln in der Europäischen Union (ABl. 2003 L 196, 45). Beide Rechtsakte sind von Österreich durch das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I. Nr. 36/2004, umgesetzt worden.

Der dritte vom Rat angenommene Rechtsakt ist der Rahmenbeschluss des Rates 2005/214/JI vom 24.2.2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen (ABl. 2005 L 76, 16). Dieser Rahmenbeschluss ist bis 22.3.2007 umzusetzen.

Der vierte und letzte bisher vom Rat formell angenommene Rechtsakt ist der Rahmenbeschluss des Rates 2006/783/JI vom 6.10.2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen (ABl. 2006 L 328, 59). Dieser Rahmenbeschluss ist bis 24.11.2008 umzusetzen.

Inzwischen hat der Rat über zwei weitere Rahmenbeschlüsse zur gegenseitigen Anerkennung eine „allgemeine Ausrichtung“ erzielt, und zwar im Juni 2006 unter österreichischem Ratsvorsitz über die Europäische Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten und zuletzt am 15.2.2007 über den von Österreich gemeinsam mit Finnland und Schweden vorgelegten Vorschlag betreffend die Vollstreckung von Freiheitsstrafen. Mit der formellen Annahme dieser Rahmenbeschlüsse ist in nächster Zeit zu rechnen.

2. Das vorliegende Gesetzesvorhaben dient der Umsetzung der Rahmenbeschlüsse 2005/214/JI und 2006/783/JI.

Vorgeschlagen wird die Einfügung zweier neuer Abschnitte in das EU-JZG (Dritter Abschnitt des III. Hauptstücks, §§ 52 bis 52n, und Vierter Abschnitt des III. Hauptstücks, §§ 53 bis 53m). Damit sollen die innerstaatlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung von in anderen Mitgliedstaaten gefällten Entscheidungen, in welchen Geldsanktionen oder vermögensrechtliche Anordnungen ausgesprochen worden sind, sowie für die Erwirkung der Vollstreckung derartiger Entscheidungen österreichischer Gerichte durch andere Mitgliedstaaten geschaffen werden.

3. Der Rahmenbeschluss 2005/214/JI findet auf Entscheidungen von Gerichten Anwendung; auf Entscheidungen nicht gerichtlicher Behörden nur insoweit, als gegen eine solche Entscheidung ein in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann.

Im Rahmen des EU-JZG umgesetzt werden soll jedoch nur die Vollstreckung jener Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten, die von einem Gericht oder einer anderen Justizbehörde, insbesondere einer Staatsanwaltschaft, gefällt worden sind; Entscheidungen anderer Justizbehörden als Gerichte sollen überdies nur vollstreckt werden können, wenn der Betroffene die Möglichkeit hatte, die Sache vor ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht zu bringen. Nur solche Entscheidungen sollen daher durch die ordentlichen Gerichte vollstreckt werden.

Entscheidungen von Verwaltungsbehörden anderer Mitgliedstaaten sollen dagegen – soweit sie die genannte Voraussetzung erfüllen – von den Bezirksverwaltungsbehörden vollstreckt werden; die dafür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen sollen im Verwaltungsverfahrensrecht geschaffen werden. Zu diesem Zweck hat das Bundeskanzleramt im Jänner 2007 einen Entwurf zu einem EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz (EU-VStVG) der allgemeinen Begutachtung unterzogen (8/ME XXIII. GP).

Die vorgeschlagene getrennte Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2005/214 entspricht dem in Österreich bestehenden dualen System, in dem Kriminalstrafrecht und Verwaltungsstrafrecht unverbunden nebeneinander stehen. Das gewählte Modell der organisatorischen Abgrenzung, die an die Stellung der ersuchenden Behörde als Justiz- oder Verwaltungsbehörde anknüpft, ist einer materiellen Abgrenzung vorzuziehen, weil die Beurteilung der Frage, ob das der Entscheidung zugrunde liegende Delikt nach österreichischen Recht gerichtlich oder verwaltungsrechtlich strafbar ist, der ausländischen Behörde nicht zumutbar ist und überdies das Vorliegen der beiderseitigen Strafbarkeit voraussetzt, die hinsichtlich der Listendelikte nicht erforderlich ist.

Für die Befassung der Bezirksverwaltungsbehörden mit der Vollstreckung von Entscheidungen ausländischer Verwaltungsbehörden spricht deren bestehende Erfahrung auf der Grundlage des Vertrages vom 31. Mai 1988 zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die Amts -und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990. Die Rolle der Verwaltungsbehörden bei der Vollstreckung ausländischer Entscheidungen soll dabei nicht auf eine rein nominelle Zuständigkeit (ohne inhaltliche Entscheidungsbefugnisse) beschränkt sein; vielmehr haben diese nach dem vorgeschlagenen System etwa das Vorliegen allfälliger Ablehnungsgründe zu prüfen.

Für die vorgeschlagene getrennte Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI spricht weiters der Umstand, dass auch innerhalb des Justizbereichs unterschiedliche Einheiten mit der Entscheidung über die Vollstreckung und mit der Eintreibung befasst sind (Gericht erster Instanz – Einbringungsstelle beim Oberlandesgericht), sodass durch eine einheitliche Umsetzung keine Synergieeffekte zu erwarten wären. Schließlich wäre eine einheitliche Umsetzung nur hinsichtlich der Vollstreckung ausländischer Entscheidungen denkbar. Im Falle der Vollstreckung von Entscheidungen österreichischer Verwaltungsbehörden aber würde die Befassung eines österreichischen ordentlichen Gerichts jedenfalls keine Sinne machen, sodass die völlige Konzentration der Amts- und Rechtshilfe bei einer Behörde ohnehin nicht durchgehalten werden könnte. Für die Gewinnung von Expertise in diesem Bereich erscheint es aber vorteilhaft zu sein, beide Seiten (eingehende und ausgehende Ersuchen) zu kennen.

4. Der Rahmenbeschluss 2006/783/JI findet nur auf gerichtliche Entscheidungen Anwendung.

5. Die nach den beiden Rahmenbeschlüssen zulässigen Ablehnungsgründe sollen zur Gänze in das österreichische Recht übernommen werden. So soll die beiderseitige Strafbarkeit zu prüfen sein, soweit es sich nicht um eine Tat handelt, die unter eine der ausdrücklich angeführten Kategorien von Delikten fällt. Weitere vorgeschlagene Gründe für die Unzulässigkeit der Vollstreckung sind beispielsweise das Verbot der Doppelbestrafung und -verfolgung, ein inländischer Tatort, Verjährung und, im Fall der Vollstreckung von Entscheidungen, in welchen Geldsanktionen ausgesprochen wurden, ein zu vollstreckender Betrag von weniger als 70 Euro. Schließlich soll die Möglichkeit bestehen, die Vollstreckung zu verweigern, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Entscheidung unter Verletzung von Grundrechten oder wesentlicher Rechtsgrundsätze gemäß Art. 6 EUV oder unter Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs in einem Abwesenheitsverfahren ergangen ist.

6. Die Vollstreckung erfolgt im Wesentlichen auf der Grundlage der Angaben, die in den Formblättern, den sogenannten Bescheinigungen, enthalten sind, die im Anhang zu den Rahmenbeschlüssen enthalten sind und dem EU-JZG als Anhänge V und VI angeschlossen werden sollen.

Hinsichtlich des Geschäftswegs ist grundsätzlich der unmittelbare Behördenverkehr vorgesehen. Allerdings besteht die Möglichkeit der Einschaltung von Zentralbehörden für die administrative Übermittlung und Entgegennahme der Entscheidungen und zur Unterstützung der zuständigen Behörden. Es wird vorgeschlagen, dass Österreich von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht.

Das inländische Verfahren zur Vollstreckung einer Entscheidung, mit welcher eine Geldsanktion oder eine vermögensrechtliche Anordnung ausgesprochen wurde, soll grundsätzlich der Regelung in § 67 ARHG folgen. Eine Anpassung der ausländischen Geldsanktion auf das nach österreichischem Recht für eine Straftat derselben Art vorgesehene Höchstmaß kommt allerdings (anders als nach § 65 Abs. 1 ARHG) nur in Ausnahmefällen in Betracht. In der Regel wird der im Inland zu vollstreckende Betrag in der in der ausländischen Entscheidung ausgesprochenen Höhe festzusetzen sein. Eine Anpassung der ausländischen vermögensrechtlichen Anordnung kommt naturgemäß nicht in Betracht.

Die Vollstreckung richtet sich grundsätzlich nach österreichischem Recht. Die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe infolge Uneinbringlichkeit der Geldstrafe kommt jedoch nur in Betracht, wenn dies auch nach dem Recht des Entscheidungsstaates zulässig ist.

Der Erlös aus der Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, in welchen Geldsanktionen ausgesprochen wurden, fällt grundsätzlich dem Bund zu, der auch die Kosten der Vollstreckung zu tragen hat. Dies gilt auch für durch die Vollstreckung ausländischer vermögensrechtlicher Anordnungen hereingebrachte Vermögenswerte; betragen diese jedoch 10 000 Euro oder mehr, so sind sie im Verhältnis 50 : 50 zwischen dem Entscheidungs- und dem Vollstreckungsstaat aufzuteilen (sog. asset sharing).

7. Der vorliegende Entwurf gründet weitestgehend auf den Begutachtungsentwurf des Bundesministeriums für Justiz vom Februar 2006 (BMJ-L318.024/0001-II 2/2006, 392/ME XXII. GP); einzelne Anregungen in Stellungnahmen sind aufgenommen worden.

Besonderer Teil

Zu Ziffer 2 (§ 1 Abs. 1):

Durch die vorgeschlagene Ergänzung des ersten Satzes von § 1 Abs. 1 soll im Hinblick auf die durch das am 1.1.2006 in Kraft getretene Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, BGBl I Nr. 151/2005, geschaffene Rechtslage klargestellt werden, dass das EU-JZG auch auf die Zusammenarbeit in Strafverfahren gegen Verbände im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 VbVG Anwendung findet.

Die vorgeschlagene Ergänzung von § 1 Abs. 1 Z 1 ist eine Folge der §§ 52 ff. und 53 ff., die die Vollstreckung von vermögensrechtlichen Anordnungen bzw. von Geldsanktionen regeln.

Zu Ziffern 3 und 4 (§ 2 Z 6 und 7):

Durch die vorgeschlagenen Ergänzungen der Ziffern 6 und 7 sollen die bestehenden Definitionen der Begriffe „Entscheidungsstaat“ und „Vollstreckungsstaat“ um die in den Rahmenbeschlüssen enthaltenen Umschreibungen ergänzt werden: Entscheidungsstaat soll in Umsetzung von Art. 1 lit. c des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI jener Staat sein, dessen Gericht oder andere Justizbehörde eine Geldsanktion verhängt hat; in Umsetzung von Art. 2 lit. a des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI jener Staat, dessen Gericht eine vermögensrechtliche Anordnung erlassen hat; unter dem Vollstreckungsstaat soll entsprechend Art. 1 lit. d des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI und Art. 2 lit. b des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI jener Staat zu verstehen sein, der aufgrund bestimmter Anknüpfungspunkte mit der Vollstreckung einer Entscheidung, in welcher eine Geldsanktion oder eine vermögensrechtliche Anordnung ausgesprochen wurde, befasst werden kann.

Zu Ziffer 6 (§§ 52 bis 52n):

Der Entwurf schlägt vor, den Abschnitt über die Vollstreckung vermögensrechtlicher Anordnungen – der der Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI dient – in zwei Unterabschnitte zu unterteilen: der erste Unterabschnitt regelt die Vollstreckung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten durch Österreich (§§ 52 bis 52j), der zweite die Erwirkung der Vollstreckung österreichischer Entscheidungen in einem anderen Mitgliedstaat (§§ 52k bis 52n). Diese Teilung entspricht der vielfach im ARHG sowie (bei den Bestimmungen über den Europäischen Haftbefehl) auch im EU-JZG bestehenden Struktur und soll die Anwendung durch die österreichischen Gerichte erleichtern.

Zu § 52 (Voraussetzungen)

§ 52 umschreibt die (positiven) materiellen Voraussetzungen für die Vollstreckung vermögensrechtlicher Anordnungen anderer Mitgliedstaaten (zu den negativen Voraussetzungen siehe § 52a).

Der Entwurf schlägt vor, dass vermögensrechtliche Anordnungen, die von einem Gericht des Entscheidungsstaates rechtskräftig ausgesprochen wurden, zu vollstrecken sind (Abs. 1, entspricht Art. 1 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI).

Abs. 2 enthält die Definition der vermögensrechtlichen Anordnungen. Es handelt sich dabei um nach Durchführung eines strafgerichtlichen Verfahrens ausgesprochene Entscheidungen, die auf den Entzug von Geldbeträgen oder Gegenständen (Verfall und Einziehung; §§ 20b und 26 StGB) oder eines an deren Stelle tretenden Geldbetrages (Abschöpfung der Bereicherung; § 20 StGB) gerichtet sind. Durch die Verwendung des Begriffs „strafgerichtliches Verfahren“ anstelle von „Strafverfahren“ soll sichergestellt werden, dass auch das selbstständige (objektive) Einziehungsverfahren nach § 445 StPO erfasst ist.

Zu § 52a (Unzulässigkeit der Vollstreckung)

§ 52a führt jene Umstände an, die eine Vollstreckung der Entscheidung eines anderen Mitgliedstaates unzulässig machen (negative materielle Voraussetzungen). Es wird vorgeschlagen, die im Rahmenbeschluss 2006/783 eingeräumten Gründe (Art. 1 Abs. 2, 6 Abs. 1 und 3 und 8) weitgehend in das österreichische Recht zu übernehmen. Das Vorliegen solcher Gründe ist dabei in der Regel (lediglich) an Hand der Angaben in der Bescheinigung zu prüfen.

Der Unzulässigkeitsgrund nach Abs. 1 Z 1 (inländischer Tatort) entspricht Art. 8 Abs. 2 lit. f (in Verbindung mit Art. 2 lit. h) des Rahmenbeschlusses.

Der Unzulässigkeitsgrund nach Abs. 1 Z 2 basiert auf dem Verbot der Doppelbestrafung und -verfolgung (ne bis in idem, vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. a des Rahmenbeschlusses). Im Rahmenbeschluss wird in allgemeiner Form auf die Unzulässigkeit der Vollstreckung für den Fall abgestellt, dass sie dem Grundsatz ne bis in idem zuwiderlaufen würde. Der betreffende Verweis wurde zwecks Gewährleistung der Rechtssicherheit entsprechend § 53a Z 3 ausformuliert. Er ist im Sinne der Rechtsprechung des EuGH auszulegen.

Eine Vollstreckung ist aus dem Grund der mangelnden beiderseitigen Strafbarkeit nach Z 3 nur dann unzulässig, wenn die der Entscheidung zu Grunde liegende Handlung von der zuständigen Behörde des Entscheidungsstaates in der Bescheinigung (§ 52c und Anhang V) nicht einer der in Anhang I Teil A angeführten Kategorien von Straftaten zugeordnet wurde (vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. b des Rahmenbeschlusses). Die Zuordnung der Tat zu einer der Kategorien ist nur über Einwand des Betroffenen, bei offenkundiger Unrichtigkeit auch von Amts wegen zu prüfen (siehe § 52c Abs. 2 Z 3).

Die betreffende Liste von Straftaten-Kategorien entspricht jener, die auch schon im Rahmenbeschluss des Rates über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten, ABl. L 190 vom 18.7.2003, enthalten ist und in Anhang I zum EU-JZG übernommen wurde (nach dem Entwurf nunmehr Anhang I Teil A).

Der in Z 4 vorgeschlagene Unzulässigkeitsgrund der Vollstreckungsverjährung gründet sich auf Art. 8 Abs. 2 lit. h des Rahmenbeschlusses.

Der Unzulässigkeitsgrund nach Z 5 beruht auf dem Umstand, dass die Bestimmungen des österreichischen Gnadenrechts auf die zu vollstreckende Entscheidung eines anderen Mitgliedstaates anwendbar sind (vgl. Art. 13 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses). Er besteht nur für den Fall, dass sich die dem Betroffenen im Inland gewährte Amnestie oder Begnadigung auch auf die vermögensrechtliche Anordnung bezieht.

Die in Abs. 1 Z 6 und 7 vorgeschlagenen Unzulässigkeitsgründe der Immunität und der Rechte gutgläubiger Dritter gründen sich auf Art. 8 Abs. 2 lit. c und d des Rahmenbeschlusses.

Im Falle eines Abwesenheitsurteils (Z 8) ist die Vollstreckung nur dann unzulässig, wenn der Betroffene nicht zur Verhandlung, die zur Einziehungsentscheidung geführt hat, erschienen ist und in dieser auch nicht durch einen Verteidiger vertreten war, es sei denn, dass er von der Verhandlung Kenntnis hatte oder dass er angegeben hat, die vermögensrechtliche Anordnung nicht anzufechten (vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. e des Rahmenbeschlusses). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist an Hand der in der Bescheinigung enthaltenen Angaben zu prüfen. Ein ähnlicher Ablehnungsgrund ist in § 53a Z 10 enthalten. Die Abweichungen beruhen auf den relevanten Bestimmungen der zu Grunde liegenden Rahmenbeschlüsse.

In § 52a Abs. 1 Z 9 wird vorgeschlagen, dass die Vollstreckung unzulässig ist, soweit die vermögensrechtliche Anordnung auf einer über die Bestimmungen der §§ 20 und 20b StGB hinausgehenden erweiterten Einziehung beruht. Diese Bestimmung ist deshalb erforderlich, weil der Vollstreckung auch erweiterte Einziehungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 und 2 des Rahmenbeschlusses des Rates 2005/212/JI vom 24. Februar 2005 über die Einziehung von Erträgen, Tatwerkzeugen und Vermögensgegenständen aus Straftaten, ABl. L 68 vom 15.3.2005, und darüber hinausgehende erweiterte Einziehungen (vgl. Art. 2 lit. d iii) und iv) des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI) unterliegen. Art. 3 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2005/212/JI verpflichtet die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit Geldbeträge oder Gegenstände einer Person ganz oder teilweise eingezogen werden können, wenn:

-       diese für eine Straftat im Rahmen einer kriminellen Vereinigung verurteilt wurde, die von den unter Abs. 1 lit. a leg. cit. genannten Rahmenbeschlüssen erfasst ist; oder

-       die verübte Straftat unter den Rahmenbeschluss 2002/475/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung fällt,

-       sofern es sich um eine Straftat handelt, mit der ein finanzieller Gewinn erzielt werden kann und die im Falle anderer Straftaten mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens 5 bis 10 Jahren bzw. im Fall von Geldwäsche mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens 4 Jahren bedroht ist.

In Abs. 2 werden allerdings drei alternativ formulierte Bedingungen normiert, die die Verpflichtungen aus Abs. 1 einschränken. Die Einziehung ist danach zu ermöglichen,

a)     wenn die Geldbeträge oder Gegenstände aus Straftaten der verurteilten Person stammen, die in einem vor der Verurteilung für die Straftat nach Abs. 1 liegenden (angemessenen) Zeitraum begangen wurden, oder alternativ

b)     wenn die Geldbeträge oder Gegenstände aus ähnlichen Straftaten der verurteilten Person stammen, die in einem vor der Verurteilung für die Straftat nach Abs. 1 liegenden (angemessenen) Zeitraum begangen wurden, oder alternativ

c)     wenn der Wert der Geldbeträge oder Gegenstände in einem Missverhältnis zum rechtmäßigen Einkommen der verurteilten Person steht und das Gericht auf Grund konkreter Tatsachen zur vollen Überzeugung gelangt ist, dass diese Vermögensgegenstände aus Straftaten dieser verurteilten Person stammen.

Art. 3 des Rahmenbeschlusses 2005/212/JI lässt den Mitgliedstaaten somit einen gewissen Handlungsspielraum. Zum einen wird lediglich die teilweise Einziehung von Geldbeträgen oder Gegenständen gefordert, zum anderen werden die Verpflichtungen durch die in Abs. 2 aufgestellten Bedingungen massiv eingeschränkt. Im österreichischen Strafrecht wird den genannten Verpflichtungen durch die §§ 20 und 20 b StGB Rechnung getragen.

Nach Abs. 8 Abs. 2 lit. g des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI kann die Vollstreckung abgelehnt werden, wenn die vermögensrechtliche Anordnung auf einer über den Rahmenbeschluss 2005/212/JI hinausgehenden erweiterten Einziehung beruht. Für den Fall einer erweiterten Einziehung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 und 2 des letzterwähnten Rahmenbeschlusses, die außerhalb des Rahmens der vom Vollstreckungsstaat gewählten Alternative für die Umsetzung liegt, ist die vermögensrechtliche Anordnung nach Art. 8 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses 2005/783/JI zumindest in dem Maße zu vollstrecken, wie es für einen gleichgelagerten innerstaatlichen Fall vorgesehen ist.

Wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Entscheidung unter Verletzung von Grundrechten oder wesentlicher Rechtsgrundsätze im Sinne von Art. 6 EUV zustande gekommen ist (vgl. Art. 1 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses), ist die Vollstreckung nach Abs. 1 Z 10 nur dann abzulehnen, wenn der Betroffene keine Möglichkeit hatte, die betreffenden Einwände vor einem der beiden europäischen Gerichtshöfe vorzubringen. Zur Verifizierung dieses Umstandes wird die zuständige Behörde des Entscheidungsstaates nach § 52c Abs. 2 Z 2 um ergänzende Informationen zu ersuchen sein. Der Unzulässigkeitsgrund wird weitgehend nach dem Vorbild des § 19 Abs. 4 EU-JZG vorgeschlagen; im Unterschied zu diesem soll jedoch die Möglichkeit der Geltendmachung im innerstaatlichen Verfahren nicht genügen, weil es sich hier – anders als bei einem Haftbefehl – um eine Endentscheidung handelt, die ohnehin bereits rechtskräftig sein muss. Die Voraussetzung der „objektiven Anhaltspunkte“ bedeutet, dass eine bloße Behauptung des Betroffenen, die nicht durch entsprechende Beweismittel belegt wird, in der Regel unzureichend sein wird. Ein entsprechender Ablehnungsgrund ist in § 53a Z 11 enthalten.

In Abs. 2 wird klargestellt, dass die Vollstreckung der ausländischen vermögensrechtlichen Anordnung nicht mit der Begründung abgelehnt werden darf, dass das österreichische Recht keine gleichartigen Abgaben oder Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Abgaben-, Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des Entscheidungsstaates (vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. b des Rahmenbeschlusses).

Zu § 52b (Zuständigkeit):

Für die Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat ausgesprochenen vermögensrechtlichen Anordnung soll entsprechend § 67 Abs. 1 ARHG der Gerichtshof erster Instanz sachlich zuständig sein (Abs. 1); dieser wird durch den Vorsitzenden zu entscheiden haben (§ 13 Abs. 3 letzter Satz StPO).

Die vorgeschlagene Regelung der örtlichen Zuständigkeit (Abs. 2) orientiert sich an vergleichbaren Bestimmungen im ARHG (§ 67 Abs. 1), in der StPO (§ 445) und im Mediengesetz (§ 40), für Verbände auch an § 15 VbVG; sie bezieht die in Art. 4 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI enthaltenen Kriterien ein.

Die Abtretung bei Unzuständigkeit (Abs. 3) setzt Art. 4 Abs. 5 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI um. Beim unzuständigen Gericht eingelangte Entscheidungen sollen an das zuständige Gericht abgetreten werden.

Zu § 52c (Verfahren):

§ 52c enthält Regelungen über die einem Vollstreckungsersuchen anzuschließenden Unterlagen, den vorgesehenen Geschäftsweg, das Erfordernis des Anschlusses von Übersetzungen und das rechtliche Gehör (formelle Voraussetzungen).

Wesentlich ist, dass die Vollstreckung grundsätzlich auf der Grundlage der Angaben erfolgt, die in dem Formblatt, der sogenannten Bescheinigung (vgl Anhang V zu diesem Entwurf), enthalten sind (Abs. 1 Z 2). Diesem muss eine Übersetzung in die deutsche Sprache angeschlossen sein, sofern keine Gegenseitigkeit besteht, d.h. sofern der Entscheidungsstaat nicht die Erklärung abgegeben hat, als Vollstreckungsstaat Bescheinigungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren (vgl. § 52k Abs. 2).

Neben der Bescheinigung muss eine Ausfertigung oder Abschrift der zu vollstreckenden Entscheidung übermittelt werden (Abs. 1 Z 1). Die Originalsprache ist immer ausreichend. Eine Übersetzung kann das mit der Vollstreckung befasste Gericht in keinem Fall vom Entscheidungsstaat begehren; erachtet es eine Übersetzung für erforderlich, hat es diese auf eigene Kosten zu veranlassen.

Abs. 2 führt in Umsetzung von Art. 8 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI jene Fälle an, in welchen Konsultationen mit der zuständigen Behörde des Entscheidungsstaates zwecks Erlangung ergänzender Informationen durchzuführen sind. Dafür ist dieser eine angemessene Frist mit dem Beifügen zu setzen, dass bei fruchtlosem Fristablauf die Vollstreckung ganz oder teilweise abgelehnt werden werde. Hervorgehoben sei, dass die Unvollständigkeit der Bescheinigung (Z 1) nur dann zur Durchführung von Konsultationen berechtigt, wenn sie wesentliche Teile derselben betrifft. Ähnliche Regelungen sind in § 53c Abs. 3 enthalten. Die Abweichungen ergeben sich aus den relevanten Bestimmungen der zu Grunde liegenden Rahmenbeschlüsse.

Z 2 statuiert die Verpflichtung zur Durchführung von Konsultationen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass einer der in § 52a Z 1, 2 und 7 bis 10 angeführten Gründe für die Unzulässigkeit der Vollstreckung vorliegt. Es handelt sich dabei um jene Fälle, in welchen die zuständige Behörde des Entscheidungsstaates unter Umständen in der Lage ist, weitere Entscheidungsgrundlagen zu liefern. Die Konsultationen sollen daher vor der Entscheidung über die Vollstreckung erfolgen. Davon zu unterscheiden ist die nach § 52i Z 5 vorgesehene Verpflichtung zur Verständigung der zuständigen Behörde des Entscheidungsstaates von der erfolgten Ablehnung der Vollstreckung, die in sämtlichen Fällen zu erfolgen und eine Begründung zu enthalten haben soll.

Eine Berücksichtigung oder Anrechnung von vom Betroffenen bescheinigten Zahlungen oder eingebrachten Beträgen kommt ebenfalls nur in Betracht, nachdem das Einvernehmen mit der zuständigen Behörde des Entscheidungsstaates hergestellt worden ist (Z 4).

Die für den Europäischen Haftbefehl bestehenden Regelungen über den Geschäftsweg – grundsätzlich unmittelbarer Verkehr, jedoch Möglichkeit der Namhaftmachung einer zentralen Übermittlungsbehörde; Übermittlung auch per Fax oder E-mail; Zuhilfenahme von Eurojust und des Europäischen Justiziellen Netzes (EJN); Vermittlung durch das Bundesministerium für Justiz (§ 14 Abs. 1 bis 5) – können auf die Vollstreckung vermögensrechtlicher Anordnungen sinngemäß angewendet werden (Abs. 3), zumal der Rahmenbeschluss keine abweichenden Bestimmungen enthält und insbesondere die Benennung einer zentralen Übermittlungsbehörde zulässt (vgl. Art. 3 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses).

Ohne dass dies im Rahmenbeschluss ausdrücklich vorgesehen ist, sieht Abs. 4 die Gewährung des rechtlichen Gehörs vor, sofern dieser im Inland geladen werden kann (ähnlich § 64 Abs. 5 ARHG). Rechtliches Gehör soll nicht nur dem Verurteilten, sondern anderen Personen gewährt werden („von der Entscheidung Betroffenen“), die ein Recht auf die von der vermögensrechtlichen Anordnung umfassten Geldbeträge oder Gegenstände haben oder ein solches geltend machen (z.B. Pfandrecht einer Bank). Eine eigenhändige Zustellung der Ladung ist im Hinblick auf die Bestimmung des § 79 StPO nicht erforderlich. Wenn der Betroffene der Ladung keine Folge leistet, ist im Hinblick auf die ohnehin bestehende Rechtsmittelmöglichkeit (siehe § 52d Abs. 3) ohne seine Anhörung zu entscheiden.

Zu § 52d (Entscheidung)

§ 52d regelt die inländische Vollstreckungsentscheidung. Über die Vollstreckung soll nach Abs. 1 mit Beschluss zu entscheiden sein. Der Beschluss kann auf Übernahme der Vollstreckung, auf teilweise Übernahme oder auf Ablehnung der Vollstreckung lauten.

Wird die Vollstreckung der auf einen Geldbetrag lautenden vermögensrechtlichen Anordnung übernommen, so soll der im Inland zu vollstreckende Betrag in der in dieser ausgesprochenen Höhe festzusetzen sein, wobei bereits geleistete Zahlungen und eingebrachte Beträge anzurechnen sind.

Wird die Vollstreckung der auf einen Geldbetrag lautenden vermögensrechtlichen Anordnung teilweise abgelehnt, so darf das Gericht den zu vollstreckenden Betrag nicht aus Eigenem anpassen. Vielmehr ist die zuständige Behörde des Entscheidungsstaates davon in Kenntnis zu setzen und um eine Mitteilung zu ersuchen, welcher Teil der vermögensrechtlichen Anordnung auf die von der Ablehnung erfassten Handlungen entfällt. Nach Erhalt der Information ist der Geldbetrag um den bekannt gegebenen Teil zu vermindern.

Gegen den Beschluss soll der Staatsanwaltschaft und dem von der Entscheidung Betroffenen ein Rechtmittelrecht zustehen, wobei einer rechtzeitig erhobenen Beschwerde auch der Staatsanwaltschaft aufschiebende Wirkung zukommen soll (Abs. 3). Unter dem „von der Entscheidung Betroffenen“ ist auch hier nicht nur der Verurteilte zu verstehen, sondern auch andere Personen, die ein Recht auf die von der vermögensrechtlichen Anordnung umfassten Geldbeträge oder Gegenstände haben oder ein solches geltend machen.

Die Durchführung der Vollstreckung soll sich nach den Vorschriften des § 408 StPO richten (Abs. 4). Festzuhalten ist, dass eine auf einen Geldbetrag lautende vermögensrechtliche Anordnung für den Fall der Uneinbringlichkeit nach den allgemeinen Regeln unter Rückgriff auf jeden verfügbaren Gegenstand des Betroffenen vollstreckt werden soll.

In Abs. 5 wird vorgeschlagen, dass die zuständige Staatsanwaltschaft dem Bundesministerium für Justiz über die erfolgte Ablehnung der Vollstreckung aus einem der Gründe des § 52a Abs. 1 unter Anschluss einer Beschlussausfertigung zu berichten hat. Dies soll das Bundesministerium für Justiz in die Lage versetzen, der in Art. 22 Abs. 5 des Rahmenbeschlusses festgelegten Pflicht zu entsprechen, dass jeder Mitgliedstaat, der die Anerkennung (und Vollstreckung) einer vermögensrechtlichen Anordnung während eines Kalenderjahres verweigert hat,  den Rat und die Kommission zu Beginn des folgenden Kalenderjahres über die betreffenden Fälle zu unterrichten und eine Begründung für diese Vorgangsweise zu erteilen hat.

Zu § 52e (Aufschub der Vollstreckung)

§ 52e führt in Umsetzung von Art. 10 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI die Gründe an, aus denen die Vollstreckung aufzuschieben ist. Ein obligatorischer Vollstreckungsaufschub soll außer im Fall einer von der Staatsanwaltschaft oder vom Betroffenen gegen den Beschluss nach § 52d Abs. 1 eingelegten Beschwerde (Abs. 1 Z 1) insbesondere dann stattfinden, wenn eine auf einen Geldbetrag lautende vermögensrechtliche Anordnung an mehrere Vollstreckungsstaaten übermittelt wurde und nach Auffassung des Gerichts die Gefahr besteht, dass der sich aus der Vollstreckung ergebende Gesamtwert den in der vermögensrechtlichen Anordnung festgelegten Betrag übersteigen könnte (Abs. 1 Z 2).

Darüber hinaus hat ein Aufschub der Vollstreckung auch für den Fall der Veranlassung einer Übersetzung der vermögensrechtlichen Anordnung zu erfolgen (Abs. 1 5). Eine solche sollte allerdings nur in Ausnahmefällen verfügt werden, nämlich dann, wenn die in der Bescheinigung enthaltenen Angaben eine abschließende Entscheidung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Vollstreckung nicht zulassen und die Übermittlung ergänzender Informationen durch die zuständige Behörde des Entscheidungsstaates diesbezüglich nicht in Betracht kommt. Die Kosten der Anfertigung einer derartigen Übersetzung sind – wie oben erwähnt – vom österreichischen Gericht zu tragen.

Die Entscheidung über den Aufschub steht dem Gericht zu, das für die Entscheidung über die Vollstreckung zuständig ist.

Für die Dauer des Aufschubs sind sämtliche zulässigen Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass die von der vermögensrechtlichen Anordnung erfassten Gegenstände oder Vermögenswerte nach Wegfall des Grundes für den Aufschub nicht mehr zum Zwecke der Vollstreckung der Entscheidung zur Verfügung stehen. Darunter fällt auch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 144a StPO (Abs. 2). Durch den Verweis auf die Bestimmung des § 144a StPO ist klargestellt, dass eine derartige Maßnahme eines Antrags der Staatsanwaltschaft bedarf.

Zu § 52f (Vermögensrechtliche Anordnungen mehrer Mitgliedstaaten)

§  52f behandelt den Fall, dass von zwei oder mehreren Mitgliedstaaten vermögensrechtliche Anordnungen über denselben Gegenstand oder über einen denselben Betroffenen betreffenden Geldbetrag übermittelt werden und dieser im Inland nicht über ausreichende Mittel verfügt, um die Vollstreckung sämtlicher Entscheidungen zu ermöglichen. Dabei werden entsprechend Art. 11 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI Kriterien, wie etwa die Schwere der den vermögensrechtlichen Anordnungen zu Grunde liegenden Straftaten, der Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidungen und der Zeitpunkt von deren Übermittlung, aufgestellt, nach denen zu entscheiden ist, welche vermögensrechtliche Anordnung vollstreckt wird.

Zu § 52g (Erlös aus der Vollstreckung)

§ 52g regelt in Umsetzung von Art. 16 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI die Verfügung über eingezogene Vermögensgegenstände. Sofern es sich dabei um Geldbeträge handelt, sind diese – abweichend von der Regelung des § 64 Abs. 7 ARHG – im Verhältnis 50 : 50 zwischen dem Entscheidungs- und dem Vollstreckungsstaat aufzuteilen, sofern ein Schwellenwert von 10.000 Euro erreicht bzw. überschritten wird (sog. asset sharing, Abs. 1).

Gegenstände, die durch die Vollstreckung der vermögensrechtlichen Anordung erlangt werden, sind nach Abs. 2 grundsätzlich zu verkaufen, wobei über den Ertrag nach Abs. 1 zu verfügen ist. Kommt eine derartige Vorgangsweise nicht in Betracht und stimmt der Entscheidungsstaat der Übermittlung der Gegenstände nicht zu, so fallen diese dem Bund zu.

Wenn die von der vermögensrechtlichen Anordnung umfassten Gegenstände zum österreichischen Kulturerbe gehören, müssen sie entsprechend Art. 16 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses weder verkauft noch an den Entscheidungsstaat übermittelt werden, sondern fallen ebenfalls dem Bund zu (Abs. 4).

Zu § 52h (Einstellung der Vollstreckung)

Art. 15 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI nimmt auf Maßnahmen oder Entscheidungen des Entscheidungsstaates Bezug, die zur Folge haben, dass die Vollstreckbarkeit erlischt oder die Vollstreckung dem Vollstreckungsstaat aus anderen Gründen entzogen wird. In solchen Fällen soll die Vollstreckung im Inland nach § 52h einzustellen sein.

Unter einer Entscheidung oder Maßnahme, auf Grund deren die Vollstreckbarkeit der vermögensrechtlichen Anordnung erlischt, ist etwa eine dem Betroffenen im Entscheidungsstaat gewährte Amnestie oder Begnadigung, aber auch die freiwillige Herausgabe der von der vermögensrechtlichen Anordnung erfassten Geldbeträge oder Gegenstände zu verstehen. Eine Amnestie oder Begnadigung kann nach Art. 13 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses auch durch den Vollstreckungsstaat gewährt werden. Naturgemäß ist die Vollstreckung der Entscheidung auch in einem solchen Fall zu beenden. Ein Grund dafür, dass die Vollstreckung dem Vollstreckungsstaat entzogen wird, kann etwa darin liegen, dass die Entscheidung bereits im Entscheidungsstaat oder in einem anderen Vollstreckungsstaat vollstreckt wurde.

Für die Entscheidung über die Einstellung der Vollstreckung ist der Gerichtshof zuständig, dem die Entscheidung über die Vollstreckung zusteht.

Zu § 52i (Verständigung des Entscheidungsstaates)

Die Art. 8 Abs. 5, 10 Abs. 3 und 4 sowie 17 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI sehen vor, dass die zuständige Behörde des Entscheidungsstaates von bestimmten Maßnahmen und Verfahrensschritten in Kenntnis zu setzen ist. Dies soll in § 52i umgesetzt werden. Eine Verständigungspflicht soll nach Z 2 darüber hinaus für den Fall vorgesehen werden, dass der zu vollstreckende Betrag nach Herstellung des Einvernehmens mit dem Entscheidungsstaat niedriger als mit dem in der vermögensrechtlichen Anordnung ausgesprochenen Betrag festgesetzt wird (vgl. § 52d Abs. 2).

Die Mitteilung über den Aufschub der Vollstreckung (Z 3) und über die gänzliche oder teilweise Ablehnung der Vollstreckung (Z 5) hat dabei jedenfalls eine Angabe der maßgeblichen Gründe zu enthalten; damit soll nicht ausgeschlossen werden, dass die zuständige Behörde des Entscheidungsstaates auch in den anderen Fällen über alle maßgeblichen Umstände in Kenntnis gesetzt werden sollte.

Zu § 52j (Kosten)

Durch die in § 52j vorgeschlagene Bestimmung soll in Umsetzung von Art. 20 des Rahmenbeschlusses klargestellt werden, dass eine Erstattung der Vollstreckungskosten durch den Entscheidungsstaat in der Regel nicht begehrt werden kann. Lediglich im Fall erheblicher oder außergewöhnlicher Kosten kommt eine Aufteilung der durch die Vollstreckung angefallenen Kosten zwischen dem Vollstreckungs- und dem Entscheidungsstaat in Betracht. Zu diesem Zweck ist diesem eine detaillierte Kostenaufstellung zu übermitteln.

In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Erlös aus der Vollstreckung der Entscheidung in der Regel zwischen dem Entscheidungs- und dem Vollstreckungsstaat aufzuteilen ist (§ 52g). Überdies besteht nach den allgemeinen Regelungen die Möglichkeit, die Vollstreckungskosten vom Betroffenen einzutreiben.

Zu § 52k (Befassung eines anderen Mitgliedstaates)

§ 52k regelt das Verfahren zur Erwirkung der Vollstreckung einer Entscheidung eines österreichischen Gerichtes, in welcher eine vermögensrechtliche Anordnung ausgesprochen wurde, durch einen anderen Mitgliedstaat.

Nach Abs. 1 soll vor der „Befassung“ eines anderen Mitgliedstaates (die Verwendung des Wortes „Ersuchen“ wird vermieden, um den Unterschied zur klassischen Rechtshilfe deutlich zu machen) der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Äußerung zu geben sein und dem Betroffenen rechtliches Gehör gewährt werden. Wurde auf eine im Inland ausgesprochene, auf einen Vermögenswert lautende vermögensrechtliche Anordnung bereits ein Teil freiwillig geleistet oder hereingebracht, so wird nur hinsichtlich des Restbetrages Anlass zur Befassung eines anderen Mitgliedstaates bestehen.

Der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaates ist die zu vollstreckende Entscheidung samt einer Bescheinigung (Anhang V) zu übermitteln (Abs. 2). Letzterer muss eine Übersetzung in eine der Amtssprachen des Vollstreckungsstaates angeschlossen sein, sofern dieser nicht die Erklärung abgegeben hat, Bescheinigungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren. Nach Abs. 2 hat die Bundesministerin für Justiz eine Liste jener Staaten zu verlautbaren, die gegenüber dem Generalsekretariat des Rates die Erklärung abgegeben haben, die deutsche Amtssprache zu akzeptieren. Es wird in Aussicht genommen, dass Österreich gegenüber dem Ratssekretariat einen Übersetzungsverzicht auf der Grundlage der Gegenseitigkeit erklären wird. Der Anschluss einer Übersetzung auch der zu vollstreckenden Entscheidung ist nicht erforderlich. Für den Fall, dass eine solche im Inlandsverfahren für den ausländischen Betroffenen allerdings ohnehin bereits angefertigt wurde, ist sie dennoch anzuschließen.

Zum Geschäftsweg genügt auch hier ein Verweis auf § 14 Abs. 1 bis 5 EU-JZG (Abs. 3). Erfolgte die Übermittlung allerdings nicht auf dem Postweg, sondern per Telefax oder E-Mail (§ 14 Abs. 3 EU-JZG), so kann die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaates zur Verifizierung der Echtheit der übermittelten Unterlagen um Nachreichung einer Ausfertigung oder beglaubigten Ablichtung der Einziehungsentscheidung sowie des Originals der Bescheinigung auf dem Postweg ersuchen (vgl. Art. 4 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI).

Zu § 52l (Übermittlung einer vermögensrechtlichen Anordnung an mehrere Vollstreckungsstaaten)

§ 52l führt in Umsetzung von Art. 5 und 14 Abs. 1 und 2 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI jene Voraussetzungen an, unter denen eine auf bestimmte Gegenstände bzw. auf einen Geldbetrag lautende vermögensrechtliche Anordnung abweichend von der allgemeinen Regel, wonach mit dieser jeweils nur ein Vollstreckungsstaat zu befassen ist (Abs. 1), gleichzeitig an mehrere Vollstreckungsstaaten übermittelt werden kann (Abs. 2 und 3). Im Hinblick auf die Gefahr einer Übervollstreckung und den erforderlichen Konsultationsaufwand sollte von dieser Möglichkeit zurückhaltend Gebrauch gemacht werden.

Zu § 52m (Vollstreckung im Inland)

In dieser Bestimmung wird klargestellt, dass die Übermittlung der vermögensrechtlichen Anordnung an einen anderen Mitgliedstaat zum Zwecke der Vollstreckung im Hinblick darauf, dass auch die gleichzeitige Befassung mehrerer Vollstreckungsstaaten zulässig ist (siehe § 52l), nicht zur Folge hat, dass die weitere Vollstreckung im Inland unzulässig ist. Vielmehr kann das inländische Vollstreckungsverfahren in einem derartigen Fall fortgesetzt werden, doch darf der sich aus der Vollstreckung ergebende Gesamtbetrag den in der Einziehungsentscheidung festgelegten Höchstbetrag nicht übersteigen.

Zu § 52n (Verständigung des Vollstreckungsstaates)

§ 52n führt in Umsetzung von Art. 13 Abs. 1, 14 Abs. 3 und 15 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI jene Umstände an, von denen das österreichische Gericht die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaates in Kenntnis zu setzen hat. Darunter fällt insbesondere die bestehende Gefahr einer Vollstreckung über den in der auf einen Geldbetrag lautenden Einziehungsentscheidung festgelegten Betrag sowie deren Wegfall (Z 1), die erfolgte gänzliche oder teilweise Vollstreckung der Entscheidung im Inland oder in einem anderen Vollstreckungsstaat (Z 2) und die nachträgliche Änderung oder Aufhebung der zu vollstreckenden Entscheidung oder ihrer Vollstreckbarkeit (Z 4). Letzteres wird etwa bei einer Amnestie oder Begnadigung, bei Entscheidungen nach § 31a StGB und bei einer Aufhebung oder Änderung der Entscheidung aufgrund eines Antrages auf Wiederaufnahme oder einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes geboten sein.

Zu Z 7 (§ 53 bis 53m):

Der Entwurf schlägt aus den oben (zu Z 6) angeführten Gründen vor, auch den Abschnitt über die Vollstreckung von Geldsanktionen – der der Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI dient – in zwei Unterabschnitte zu unterteilen: der erste Unterabschnitt regelt die Vollstreckung von Entscheidungen anderer Staaten durch Österreich (§§ 53 bis 53j), der zweite die Bewirkung der Vollstreckung österreichischer Entscheidungen in einem anderen Staat (§§ 53k bis 53m).

Zu § 53 (Voraussetzungen)

§ 53 umschreibt die (positiven) materiellen Voraussetzungen für die Vollstreckung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten, in welchen Geldsanktionen verhängt werden, durch die Gerichte (zu den negativen Voraussetzungen siehe § 53a).

Der Entwurf sieht zunächst vor, dass solche Entscheidungen eines Gerichtes eines anderen Mitgliedstaates vollstreckt werden (Abs. 1).

Darüber hinaus sollen auch vollstreckt werden: Entscheidungen einer anderen Justizbehörde (insbesondere einer Staatsanwaltschaft) wegen einer nach dem Recht des Entscheidungsstaates gerichtlich strafbaren Handlung, wenn der Betroffene die Möglichkeit hatte, die Sache vor ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht zu bringen (Abs. 2 Z 1; entspricht Art. 1 lit. a i) und ii) des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI); und Entscheidungen eines auch in Strafsachen zuständigen Gerichtes, das gegen die Entscheidung einer nicht gerichtlichen Behörde wegen einer nach dem Recht des Entscheidungsstaates gerichtlich strafbaren Handlung, Verwaltungsübertretung oder Ordnungswidrigkeit angerufen worden ist (Abs. 2 Z 2, entspricht Art. 1 lit. a iv) des Rahmenbeschlusses).

Die übrigen vom Rahmenbeschluss 2005/214/JI erfassten Fälle sollen in Österreich durch die Verwaltungsbehörden vollstreckt werden (vgl. den im Allgemeinen Teil, Pkt. 3., erwähnten Entwurf zu einem EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz). Dies betrifft Entscheidungen nicht gerichtlicher Behörden (Verwaltungsbehörden), jedoch nur insoweit, als ein Rechtszug an ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht besteht. Der Rahmenbeschluss unterscheidet nach dem Gegenstand der Entscheidung zwischen gerichtlich strafbaren Handlungen einerseits und Verwaltungsübertretungen und Ordnungswidrigkeiten andererseits (vgl. Art. 1 lit. a ii) und iii) des Rahmenbeschlusses). Festzuhalten ist, dass Entscheidungen österreichischer Verwaltungsstrafbehörden im Hinblick auf die bestehende Rechtsmittelmöglichkeit an die Unabhängigen Verwaltungssenate, die Tribunale im Sinne des Art. 6 EMRK darstellen, unter den Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses 2005/214 fallen.

Die – im österreichischen Recht unbekannte – Möglichkeit, dass (in erster Instanz) nicht gerichtliche Behörden  über gerichtlich strafbare Handlungen entscheiden, nimmt auf Besonderheiten des finnischen und schwedischen Rechts Bezug: In diesen Ländern werden wegen gerichtlich strafbarer Handlungen durch die Staatsanwaltschaften oder die Polizeibehörden in einem summarischen Verfahren Geldsanktionen verhängt; gegen eine solche Entscheidung kann ein Gericht angerufen werden, woraufhin ein gerichtliches Strafverfahren eingeleitet wird. Davon zu unterscheiden ist das nach deutschem Recht vorgesehene Ordnungswidrigkeitenverfahren, welchem nicht gerichtlich strafbare Handlungen zu Grunde liegen, wobei eine Rechtsmittelmöglichkeit an das Strafgericht besteht.

Abs. 3 führt in Umsetzung von Art. 1 lit. b des Rahmenbeschlusses die unter den Anwendungsbereich dieses Abschnitts fallenden Geldsanktionen an. Es handelt sich dabei um

-       Geldstrafen oder Geldbußen,

-       in derselben Entscheidung ausgesprochene Opferentschädigungen (nur „compensation orders“, siehe sogleich),

-       Kosten des zur Entscheidung führenden Verfahrens, und

-       in derselben Entscheidung ausgesprochene Verpflichtungen zur Zahlung eines Geldbetrages an eine öffentliche Kasse oder an eine Organisation zur Unterstützung von Opfern.

Unter Geldbußen sind insbesondere die im deutschen Ordnungswidrigkeitenverfahren in erster Instanz von Verwaltungsbehörden verhängten Geldsanktionen zu verstehen, nicht jedoch jene Geldbußen, die von der Staatsanwaltschaft verhängt werden (§ 90c StPO, aber auch § 153a dStPO). Auch gerichtliche Geldbußen nach § 90c StPO sind mangels Vollstreckbarkeit keine Geldbußen im Sinne von § 53 Abs. 2. Für die Vollstreckung von Entscheidungen, in denen Geldbußen ausgesprochen wurden, werden in Österreich im Hinblick auf die Regelung des in der Regel die Bezirksverwaltungsbehörden zuständig sein (siehe auch § 53b Abs. 4).

Die nach § 388 StPO bestimmten Verfahrenskosten fallen ebenfalls nicht unter diese Bestimmung.

Vermögensrechtliche Anordnungen, die nach österreichischem Recht als Abschöpfung der Bereicherung (§ 20 StGB), Einziehung (§ 20b StGB) oder als Verfall (§ 26 StGB) auszusprechen wären, sollen keine Geldsanktionen darstellen. Die gewählte Terminologie entspricht jener des § 64 Abs. 4 ARHG. Wurde in einer Entscheidung sowohl eine Geldsanktion verhängt als auch eine vermögensrechtliche Anordnung getroffen, so kann nur Erstere nach den Bestimmungen dieses Abschnitts vollstreckt werden.

Ebenso wenig erfasst sind Erkenntnisse über privatrechtliche Ansprüche. Dies gilt insbesondere für Opferentschädigungen, die in der Regel Entscheidungen zivilrechtlicher Natur darstellen, die nach der Verordnung 2001/44/EG (EuGVVO, „Brüssel I“, ABl. L 12 vom 16.1.2001) zu vollstrecken sind. Darunter fällt auch der Privatbeteiligtenzuspruch nach § 366 Abs. 2 StPO. Eine Ausnahme stellen im Wesentlichen nur die nach britischem und irischem Recht vorgesehenen Opferentschädigungen („compensation orders“) dar.

Zu § 53a (Unzulässigkeit der Vollstreckung)

§ 53a führt jene Umstände an, die eine Vollstreckung der Entscheidung eines anderen Mitgliedstaates unzulässig machen (negative materielle Voraussetzungen). Es wird vorgeschlagen, die im Rahmenbeschluss 2005/214/JI eingeräumten Gründe (Art. 5, 7, 11, 20) weitgehend in das österreichische Recht zu übernehmen. Das Vorliegen dieser Gründe ist grundsätzlich (lediglich) an Hand der Angaben in der Bescheinigung zu prüfen.

In Z 1 wird ein Schwellenwert von 70 € festgelegt, unterhalb dessen eine Vollstreckung nicht stattzufinden hat (vgl. Art. 7 Abs. 2 lit. h des Rahmenbeschlusses). Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass die Vollstreckung in einem derartigen Fall unverhältnismäßig wäre, weil die Vollstreckungskosten den einzutreibenden Betrag voraussichtlich übersteigen würden.

Der Unzulässigkeitsgrund nach Z 2 entspricht Art. 7 Abs. 2 lit. d des Rahmenbeschlusses.

Der Unzulässigkeitsgrund nach Z 3 basiert auf dem Verbot der Doppelbestrafung und -verfolgung (ne bis in idem, vgl. Art. 7 Abs. 2 lit. a des Rahmenbeschlusses). Festzuhalten ist, dass die Sperrwirkung im Fall einer Inlandsentscheidung bereits mit deren Rechtskraft eintritt. Dagegen ist es für Entscheidungen anderer Staaten – dabei kann es sich um Mitgliedstaaten der EU oder um Drittstaaten handeln – neben der Rechtskraft der Entscheidung erforderlich, dass diese bereits vollstreckt worden ist. Wurde die Entscheidung nur teilweise vollstreckt, so wird für den noch offenen Teil eine Vollstreckung zulässig sein.

Eine Vollstreckung ist aus dem Grund der mangelnden beiderseitigen (gerichtlichen oder verwaltungsrechtlichen) Strafbarkeit nach Z 4 nur dann unzulässig, wenn die der Entscheidung zugrundeliegende Handlung von der zuständigen Behörde des Entscheidungsstaates in der Bescheinigung (§ 53c und Anhang VI) nicht einer der in Anhängen I Teile A oder B angeführten Kategorien von Straftaten zugeordnet wurde (vgl. Art. 7 Abs. 2 lit. b des Rahmenbeschlusses). Die Zuordnung der Tat zu einer der Kategorien ist nur über Einwand des Betroffenen, bei offenkundiger Unrichtigkeit auch von Amts wegen zu prüfen (siehe § 53c Abs. 3 Z 3).

Der Rahmenbeschluss führt in der Liste zunächst jene 32 Kategorien von Straftaten an, die auch schon im Rahmenbeschluss des Rates über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten, ABl. L 190 vom 18.7.2003, enthalten sind und in Anhang I zum EU-JZG übernommen wurden (nach dem Entwurf nunmehr Anhang I Teil A). Diesen 32 Kategorien fügt der Rahmenbeschluss jedoch für die Zwecke der Vollstreckung von Geldsanktionen sieben weitere hinzu, insbesondere Verkehrsordnungswidrigkeiten; diese sollen als Teil B zu Anhang I hinzugefügt werden (unten Z 8).

Die in Anhang I Teil B enthaltene Deliktskategorie Nr. 7 (Straftatbestände, die vom Entscheidungsstaat festgelegt wurden und durch Verpflichtungen abgedeckt sind, die sich aus im Rahmen des EG-Vertrags oder des Titels VI des EU-Vertrags erlassenen Rechtsakten ergeben) ist nicht schon dann als erfüllt anzusehen, wenn es sich um einen Straftatbestand handelt, der der Umsetzung eines EU-Rechtsaktes dient; es muss darüber hinaus die konkrete Tat von der Umsetzungsverpflichtung erfasst sein. Soweit Tatbestände weiter reichen als diese, wird die Deliktskategorie Nr. 7 nicht vorliegen.

Damit die Prüfung dieser Voraussetzungen möglich wird, sind vom Entscheidungsstaat nach dem vorgeschlagenen § 53c Abs. 2 entsprechende Angaben zu fordern: Die Bescheinigung muss Angaben über den Sachverhalt, die von der zuständigen Behörde des Entscheidungsstaats angewandten Rechtsvorschriften und die Bestimmung des auf Grund des EGV oder des EUV erlassenen Instruments enthält, die die Rechtsgrundlage für die Entscheidung darstellt. Diese Bestimmung gründet sich auf eine Erklärung, die Österreich anlässlich der Annahme des Rahmenbeschlusses im Rat abgegeben hat.

Die in Z 5 und 6 vorgeschlagenen Unzulässigkeitsgründe der Strafunmündigkeit und der Verjährung gründen sich auf Art. 7 Abs. 2 lit. c und f des Rahmenbeschlusses. Strafmündigkeit nach österreichischem Recht ist im Sinn von § 1 Z 1 JGG zu verstehen. Unter einer nach österreichischem Recht erfolgten Verjährung ist gegebenenfalls auch eine solche nach dem VStG zu verstehen.

Der Unzulässigkeitsgrund nach Z 7 beruht auf dem Umstand, dass die Bestimmungen des österreichischen Gnadenrechts auf die von einem anderen Mitgliedstaat zu vollstreckende Entscheidung anwendbar sind (vgl. Art. 11 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses).

Die in Z 8 und 9 vorgeschlagenen Unzulässigkeitsgründe der Immunität und des mangelnden rechtlichen Gehörs bei schriftlichem Verfahren gründen sich auf Art. 7 Abs. 2 lit. e und g i) des Rahmenbeschlusses.

Im Falle eines Abwesenheitsurteils (Z 10) ist die Vollstreckung nur unzulässig, wenn der Betroffene von der Verhandlung keine Kenntnis hatte, sofern er nicht erklärt hat, die Entscheidung ungeachtet dessen nicht anzufechten (vgl. Art. 7 Abs. 2 lit. g ii) des Rahmenbeschlusses). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist an Hand der in der Bescheinigung enthaltenen Angaben zu prüfen. Ein ähnlicher Ablehnungsgrund ist in § 52a Abs. 1 Z 8 enthalten; die Abweichungen ergeben sich aus den unterschiedlichen Bestimmungen in den umzusetzenden Rahmenbeschlüssen.

Im Zusammenhang mit den Unzulässigkeitsgründen nach Z 9 und 10 wird darauf hingewiesen, dass die Vollstreckung voraussetzt, dass der Betroffene am ausländischen Verfahren beteiligt war oder von diesem zumindest in Kenntnis gesetzt wurde und die ergangene Entscheidung zugestellt erhalten hat. Liegen Anhaltspunkte vor, dass der Betroffene der Sprache, in der diese abgefasst ist, unkundig ist, so ist der Entscheidung – oder jedenfalls den wesentlichen Passagen – seitens der zuständigen ausländischen Behörde gemäß Art. 52 Abs. 2 SDÜ bzw. Art. 5 Abs. 3 des EU- Rechtshilfeübereinkommens eine Übersetzung anzuschließen. Es ist daher davon auszugehen, dass dem Betroffenen der Inhalt der zu vollstreckenden Entscheidung bekannt ist.

Wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Entscheidung unter Verletzung von Grundrechten oder wesentlicher Rechtsgrundsätze im Sinne von Art. 6 EUV zustande gekommen ist (vgl. Art. 20 Abs. 3 und Erwägungsgrund 5 des Rahmenbeschlusses), ist die Vollstreckung nach Z 11 nur dann abzulehnen, wenn der Betroffene keine Möglichkeit hatte, die betreffenden Einwände vor einem der beiden europäischen Gerichtshöfe vorzubringen. Zur Verifizierung dieses Umstands wird die zuständige Behörde des Entscheidungsstaats nach § 53c Abs. 3 um ergänzende Informationen zu ersuchen sein. Der Unzulässigkeitsgrund wird weitgehend nach dem Vorbild des § 19 Abs. 4 EU-JZG vorgeschlagen; im Unterschied zu diesem soll jedoch die Möglichkeit der Geltendmachung im innerstaatlichen Verfahren hier nicht genügen, weil es sich hier – anders als bei einem Haftbefehl – um eine Endentscheidung handelt, die ohnehin bereits rechtskräftig sein muss. Die Voraussetzung der „objektiven Anhaltspunkte“ bedeutet, dass eine bloße Behauptung des Betroffenen in der Regel unzureichend sein wird. Ist ein Verfahren über eine Menschenrechtsbeschwerde anhängig, so ist ein Aufschub der Vollstreckung durch die Bestimmung des § 53c Abs. 3 in Verbindung mit jener des § 53e Abs. 1 gewährleistet.

Zu § 53b (Zuständigkeit)

Für die Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat ausgesprochenen Geldsanktion soll entsprechend § 67 Abs. 1 ARHG der Gerichtshof erster Instanz sachlich zuständig sein (§ 53b Abs. 1); dieser wird durch den Vorsitzenden zu entscheiden haben (§ 13 Abs. 3 letzter Satz StPO).

Die vorgeschlagene Regelung der örtlichen Zuständigkeit (Abs. 2) orientiert sich an vergleichbaren Bestimmungen im ARHG (§ 55), in der StPO (§ 445) und im Mediengesetz (§ 40), für Verbände auch an § 15 VbVG; sie bezieht auch die in Art. 4 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI enthaltenen Kriterien ein.

Die Abtretung bei Unzuständigkeit (Abs. 3 und 4) setzt Art. 4 Abs. 6 des Rahmenbeschlusses um. Bei der unzuständigen Justizbehörde eingelangte Entscheidungen von Gerichten oder anderer Justizbehörden (Staatsanwaltschaften), gegen die eine Rechtsmittelmöglichkeit an ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht bestand, sollen an das zuständige Gericht abgetreten werden (Abs. 3). Entscheidungen ausländischer Verwaltungsbehörden, die versehentlich an ein österreichisches Gericht übermittelt worden sind, sollen von Amts wegen an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zur Vollstreckung weitergeleitet werden (Abs. 4).

Zu § 53c (Verfahren)

§ 53c enthält Regelungen über die einem Vollstreckungsersuchen anzuschließenden Unterlagen, den vorgesehenen Geschäftsweg, das Erfordernis des Anschlusses von Übersetzungen und das rechtliche Gehör (formelle Voraussetzungen).

Wesentlich ist, dass die Vollstreckung grundsätzlich auf der Grundlage der Angaben erfolgt, die in dem Formblatt, der sogenannten Bescheinigung (vgl. Anhang VI zu diesem Entwurf), enthalten sind (Abs. 1 Z 2). Diesem muss eine Übersetzung in die deutsche Sprache angeschlossen sein, sofern keine Gegenseitigkeit besteht, d.h. sofern der Entscheidungsstaat nicht die Erklärung abgegeben hat, als Vollstreckungsstaat Bescheinigungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren (vgl. § 53k Abs. 2).

Neben der Bescheinigung muss eine Ausfertigung oder Abschrift der zu vollstreckenden Entscheidung übermittelt werden (Abs. 1 Z 1). Die Originalsprache ist immer ausreichend. Eine Übersetzung kann das mit der Vollstreckung befasste Gericht in keinem Fall vom Entscheidungsstaat begehren; erachtet es eine Übersetzung für erforderlich, hat es diese auf eigene Kosten zu veranlassen.

Zu Abs. 2 vgl. oben die Erläuterungen zu § 53a Z 4 (Deliktskategorie Nr. 7).

Abs. 3 führt in Umsetzung von Art. 7 Abs. 3 und 9 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI jene Fälle an, in denen Konsultationen mit der zuständigen Behörde des Entscheidungsstaates zwecks Erlangung ergänzender Informationen durchzuführen sind. Dafür ist dieser eine angemessene Frist mit dem Beifügen zu setzen, dass bei fruchtlosem Fristablauf die Vollstreckung ganz oder teilweise abgelehnt werden werde. Hervorgehoben sei, dass die Unvollständigkeit der Bescheinigung (Z 1) nur dann zur Durchführung von Konsultationen berechtigt, wenn sie wesentliche Teile derselben betrifft.

Z 2 statuiert die Verpflichtung zur Durchführung von Konsultationen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass einer der in § 53a Z 6, 9, 10 und 11 angeführten Gründe für die Unzulässigkeit der Vollstreckung vorliegt. Es handelt sich dabei um jene Fälle, in welchen die zuständige Behörde des Entscheidungsstaates unter Umständen in der Lage ist, weitere Entscheidungsgrundlagen zu liefern. Die Konsultationen sollen daher vor der Entscheidung über die Vollstreckung erfolgen. Davon zu unterscheiden ist die nach § 53i Z 5 vorgesehene Verpflichtung zur Verständigung der zuständigen Behörde des Entscheidungsstaates von der erfolgten Ablehnung der Vollstreckung, die in sämtlichen Fällen zu erfolgen und eine Begründung zu enthalten haben soll.

Eine Berücksichtigung oder Anrechnung von vom Betroffenen bescheinigten Zahlungen oder eingebrachten Beträgen (§ 53d Abs. 2letzter Satz) kommt ebenfalls nur in Betracht, nachdem das Einvernehmen mit der zuständigen Behörde des Entscheidungsstaates hergestellt worden ist (Z 4).

Ähnliche Regelungen sind in § 52c Abs. 2 enthalten; die Abweichungen ergeben sich aus den unterschiedlichen Bestimmungen in den umzusetzenden Rahmenbeschlüssen.

Die für den Europäischen Haftbefehl bestehenden Regelungen über den Geschäftsweg – grundsätzlich unmittelbarer Verkehr, jedoch Möglichkeit der Namhaftmachung einer zentralen Übermittlungsbehörde; Übermittlung auch per Fax oder E-mail; Zuhilfenahme von Eurojust und des Europäischen Justiziellen Netzes (EJN); Vermittlung durch das Bundesministerium für Justiz (§ 14 Abs. 1 bis 5) – können auf die Vollstreckung von Geldsanktionen sinngemäß angewendet werden (Abs. 4), zumal der Rahmenbeschluss keine abweichenden Bestimmungen enthält und insbesondere die Benennung einer zentralen Übermittlungsbehörde zulässt (Art. 2).

Ohne dass dies im Rahmenbeschluss ausdrücklich vorgesehen ist, sieht Abs. 5 die Gewährung des rechtlichen Gehörs an den Betroffenen vor, sofern er im Inland geladen werden kann (vergleichbar § 64 Abs. 5 ARHG). Eine Herabsetzung der ausländischen Geldsanktion über die Bestimmung des § 53d Abs. 2 hinaus kommt nicht in Betracht. Die Befragung des Betroffenen zur Höhe des zu vollstreckenden Betrages und zur Höhe der Tagessätze dient lediglich dazu, eine allenfalls erfolgte Teilzahlung festzustellen bzw. Anhaltspunkte für die Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe zu erhalten. Eine eigenhändige Zustellung der Ladung an den Betroffenen ist im Hinblick auf die Bestimmung des § 79 StPO nicht erforderlich. Wenn dieser der Ladung keine Folge leistet, ist im Hinblick auf die nach § 53d Abs. 4 ohnehin bestehende Rechtsmittelmöglichkeit ohne seine Anhörung zu entscheiden.

Zu § 53d (Entscheidung)

§ 53d regelt die inländische Vollstreckungsentscheidung. Über die Vollstreckung soll nach Abs. 1 mit Beschluss zu entscheiden sein. Der Beschluss kann auf Übernahme der Vollstreckung, auf teilweise Übernahme oder auf Ablehnung der Vollstreckung lauten. Die vorgeschlagene beschlussmäßige Entscheidung ist im Zusammenhang mit der Prüfung des Vorliegens von Ablehnungsgründen (siehe § 53a) erforderlich. Die in Art. 6 des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI enthaltene Regelung, wonach übermittelte Entscheidungen „ohne weitere Formalität“ anzuerkennen sind, bezweckt lediglich den grundsätzlichen Ausschluss der Durchführung eines sog. Anpassungsverfahrens (von den in § 53d Abs. 2 angeführten Ausnahmefällen abgesehen).

Wird die Vollstreckung übernommen, so soll nach Abs. 2 eine Anpassung des zu vollstreckenden Geldbetrags auf das nach österreichischem Recht für eine entsprechende Straftat vorgesehene Höchstmaß anders als nach § 65 Abs. 1 ARHG nur für den Fall in Betracht kommen, dass die der Entscheidung zugrundeliegende Handlung außerhalb des Hoheitsgebiets des Entscheidungsstaats gesetzt wurde und österreichische Gerichtsbarkeit darüber besteht (vgl. Art. 8 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses). In allen übrigen Fällen soll der im Inland zu vollstreckende Betrag mit der in der Entscheidung ausgesprochenen Höhe festzusetzen sein.

Wird die Vollstreckung teilweise (im Hinblick auf einzelne von mehreren Taten) abgelehnt, so darf das Gericht die zu vollstreckende Geldsanktion nicht aus Eigenem anpassen. Vielmehr ist die zuständige Behörde des Entscheidungsstaats entsprechend in Kenntnis zu setzen und um eine Mitteilung zu ersuchen, welcher Teil der Sanktion auf die von der Ablehnung erfassten Handlungen entfällt. Nach Erhalt dieser Information ist die Sanktion um den vom Entscheidungsstaat bekannt gegebenen Teil herabzusetzen.

In Österreich ist zugleich mit dem Ausspruch einer Geldstrafe für deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen (§ 19 Abs. 3 StGB). In vielen anderen Mitgliedstaaten wird die Ersatzfreiheitsstrafe – sofern es eine solche überhaupt gibt – erst in einem späteren Stadium ausgesprochen oder festgesetzt. Für diese Fälle wird in Abs. 3 vorgeschlagen, dass das Gericht in der Entscheidung über die Vollstreckung eine Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe oder Geldbuße festzusetzen hat, sofern eine solche nicht bereits in der zu vollstreckenden Entscheidung festgesetzt wurden. Festzuhalten ist, dass eine derartige Vorgangsweise nur in Betracht kommt, wenn dies in der Bescheinigung für zulässig erklärt worden ist (vgl. Art. 10 des Rahmenbeschlusses). Die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe soll doppelt begrenzt sein: einerseits mit einer allenfalls in der Bescheinigung angegebenen, im Recht des Entscheidungsstaates vorgesehenen Höchstdauer; andererseits mit jener Höhe, die sich nach österreichischem Recht bei der Verhängung einer Geldstrafe für die Tat aus der Anzahl der Tagessätze ergeben würde (§ 19 Abs. 3 StGB) oder die sonst nach österreichischen Recht zu bestimmen wäre. Dadurch sollen jene Fälle erfasst werden, in denen nach österreichischem Recht keine Tagessätze anzuordnen wären (z.B. FinStrG). Diese Lösung scheint einfacher handhabbar als die andere denkbare Lösung, nämlich die im Entscheidungsstaat ausgesprochene Geldstrafe in eine Tagessatzstrafe umzurechnen. Bei Geldsanktionen, die keine Geldstrafen oder Geldbußen sind (vgl. § 53 Abs. 3), ist die Androhung und Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe nicht zulässig. Festzuhalten ist weiters, dass eine ausländische Erzwingungs- oder Beugehaft (z.B. nach § 96 dOWiG) nicht auf der Grundlage der gegenständlichen Bestimmung vollstreckt werden kann.

Gegen den Beschluss soll der Staatsanwaltschaft und dem Betroffenen ein Rechtsmittelrecht zustehen (Abs. 4).

Die Durchführung der Vollstreckung soll sich nach § 409 StPO richten (Abs. 5), also Eintreibung nach dem Gerichtlichen Einbringungsgesetz (GEG) 1962. Es ist wie bei der Eintreibung einer inländischen Geldstrafe vorzugehen, sodass etwa auch die Bestimmung des § 409a StPO anwendbar ist.

In Abs. 6 wird vorgeschlagen, dass die zuständige Staatsanwaltschaft dem Bundesministerium für Justiz über die erfolgte Ablehnung der Vollstreckung aus dem Grunde des § 53a Z 11 (Verletzung von Grundrechten) unter Anschluss einer Beschlussausfertigung zu berichten hat. Dies soll das Bundesministerium für Justiz in die Lage versetzen, der in Art. 20 Abs. 8 des Rahmenbeschlusses festgelegten Pflicht zu entsprechen, dass jeder Mitgliedstaat, der den erwähnten Ablehnungsgrund während eines Kalenderjahres angewandt hat, den Rat und die Kommission zu Beginn des folgenden Kalenderjahrs über die betreffenden Fälle zu unterrichten hat.

Zu § 53e (Aufschub der Vollstreckung)

§ 53e führt die Gründe an, aus denen die Vollstreckung aufzuschieben ist.

Ein Vollstreckungsaufschub ist zunächst im Fall einer von der Staatsanwaltschaft oder vom Betroffenen gegen den Beschluss nach § 53d Abs. 1 eingelegten Beschwerde vorgesehen (Abs. 1 Z 1).

Ein  Aufschub der Vollstreckung hat darüber hinaus entsprechend Art. 16 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses für den Fall der Veranlassung einer Übersetzung der Entscheidung, mit der eine Geldsanktion ausgesprochen wurde, zu erfolgen (Abs. 1 Z 2). Eine solche sollte allerdings nur in Ausnahmefällen verfügt werden, nämlich dann, wenn die in der Bescheinigung enthaltenen Angaben eine abschließende Entscheidung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Vollstreckung nicht zulassen und die Übermittlung ergänzender Informationen durch die zuständige Behörde des Entscheidungsstaates diesbezüglich nicht in Betracht kommt. Die Kosten der Anfertigung einer derartigen Übersetzung sind – wie oben erwähnt – vom österreichischen Gericht zu tragen.

Die Entscheidung über den Aufschub steht dem Gericht zu, dass für die Entscheidung über die Vollstreckung zuständig ist. Für die Dauer des Aufschubs sind sämtliche zulässigen Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass der einzubringende Geldbetrag nach Wegfall des Grundes für den Aufschub nicht mehr zum Zwecke der Vollstreckung der Entscheidung zur Verfügung steht. Konkret ist darunter das Zurückbehaltungsrecht nach § 5 GEG zu verstehen.

Zu § 53f (Erlös aus der Vollstreckung)

Nach § 53f fällt der Erlös aus der Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, in welchen Geldsanktionen verhängt wurden, dem Bund zu, sofern nicht zwischen dem Entscheidungs- und dem Vollstreckungsstaat eine anderslautende Vereinbarung getroffen wurde (vgl. Art. 13 des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI). Dadurch soll ein Anreiz für die Vollstreckung der ausländischen Entscheidung geschaffen werden. Eine solche Vereinbarung wird über entsprechendes Ersuchen des Entscheidungsstaates in der Regel im Fall von Opferentschädigungen (§ 53 Abs. 2 Z 2), nicht jedoch im Fall von Geldstrafen, Geldbußen und Verfahrenskosten (§ 53 Abs. 2 Z 1 und 3), zu treffen sein. Im Fall vom Geldbeträgen zu Gunsten von Organisationen zur Opferunterstützung (§ 53 Abs. 2 Z 4) wird der Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung durch Österreich als Vollstreckungsstaat nur für den Fall in Betracht kommen, dass eine entsprechende Organisation im Inland nicht existiert.

Zu § 53g (Ersatzfreiheitsstrafe)

Erweist sich die Geldstrafe oder Geldbuße als uneinbringlich, so ist der Vollzug der in der zu vollstreckenden Entscheidung oder im Beschluss über die Vollstreckung (§ 53d Abs. 4) festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe anzuordnen.

Zu § 53h (Einstellung der Vollstreckung)

Art. 12 des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI nimmt auf Maßnahmen oder Entscheidungen des Entscheidungsstaates Bezug, die zur Folge haben, dass die Vollstreckbarkeit erlischt oder die Vollstreckung aus anderen Gründen dem Vollstreckungsstaat entzogen wird. In solchen Fällen soll die Vollstreckung im Inland nach § 53h einzustellen sein. Für die Entscheidung über die Einstellung der Vollstreckung ist der Gerichtshof zuständig, dem die Entscheidung über die Vollstreckung zusteht.

Zu § 53i (Verständigung des Entscheidungsstaates)

Art. 14 des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI sieht vor, dass die zuständige Behörde des Entscheidungsstaates von bestimmten Maßnahmen und Verfahrensschritten in Kenntnis zu setzen ist. Dies soll in § 53i umgesetzt werden. Die Mitteilung über die gänzliche oder teilweise Ablehnung der Vollstreckung (Z 5) hat dabei jedenfalls eine Angabe der maßgeblichen Gründe zu enthalten; damit soll nicht ausgeschlossen werden, dass auch in den anderen Fällen die zuständige Behörde des Entscheidungsstaates über alle maßgeblichen Umstände in Kenntnis gesetzt werden sollte.

Über die Bestimmungen des Rahmenbeschlusses hinaus wird eine Verständigung auch für den Fall vorgesehen, dass die Entscheidung mangels Einbringlichkeit im Inland nicht vollstreckt werden kann (Z 6); auf diesen Fall nimmt der Rahmenbeschluss nicht Bezug.

Zu § 53j (Kosten)

Durch die in § 53j vorgeschlagene Bestimmung soll in Umsetzung von Art. 17 des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI klargestellt werden, dass die Erstattung der Vollstreckungskosten durch den Entscheidungsstaat nicht begehrt werden kann. In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Erlös aus der Vollstreckung der Entscheidung grundsätzlich dem Bund zufällt (§ 53f). Überdies besteht entsprechend den allgemeinen Regelungen die Möglichkeit, die Vollstreckungskosten vom Betroffenen einzutreiben.

Zu § 53k (Befassung eines anderen Mitgliedstaates)

§ 53k regelt das Verfahren zur Erwirkung der Vollstreckung einer  Entscheidung eines österreichischen Gerichts durch einen anderen Mitgliedstaat.

Nach Abs. 1 soll vor der „Befassung“ eines anderen Mitgliedstaates (die Verwendung des Wortes „Ersuchen“ wird vermieden, um den Unterschied zur klassischen Rechtshilfe deutlich zu machen) der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Äußerung zu geben sein und dem Betroffenen rechtliches Gehör gewährt werden, sofern er im Inland geladen werden kann. Wurde auf eine im Inland ausgesprochene Geldsanktion bereits ein Teil gezahlt oder hereingebracht, so wird nur hinsichtlich des Restbetrages Anlass zur Befassung eines anderen Mitgliedsstaates bestehen.

Der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaates  ist die zu vollstreckende Entscheidung samt einer Bescheinigung (Anhang VI) zu übermitteln (Abs. 2). Letzterer muss eine Übersetzung in eine der Amtssprachen des Vollstreckungsstaates angeschlossen sein, sofern dieser nicht die Erklärung abgegeben hat, Bescheinigungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren. Nach Abs. 2 hat die Bundesministerin für Justiz eine Liste jener Staaten zu verlautbaren, die gegenüber dem Generalsekretariat des Rates die Erklärung abgegeben haben, die deutsche Amtssprache zu akzeptieren. Es wird in Aussicht genommen, dass Österreich gegenüber dem Ratssekretariat einen gegenseitigen Übersetzungsverzicht erklären wird. Der Anschluss einer Übersetzung auch der zu vollstreckenden Entscheidung ist nicht erforderlich. Für den Fall, dass eine solche im Inlandsverfahren für den ausländischen Betroffenen allerdings ohnehin bereits angefertigt wurde, ist sie dennoch anzuschließen.

Zum Geschäftsweg genügt auch hier ein Verweis auf § 14 Abs. 1 bis 5 EU-JZG (Abs. 3). Erfolgte die Übermittlung allerdings nicht auf dem Postweg, sondern per Telefax oder E-Mail (§ 14 Abs. 3 EU-JZG), so kann die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaates zur Verifizierung der Echtheit der übermittelten Unterlagen um Nachreichung einer Ausfertigung oder beglaubigten Ablichtung der zu vollstreckenden Entscheidung sowie des Originals der Bescheinigung auf dem Postweg ersuchen (vgl. Art. 4 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses 2006/214/JI).

Nach Art. 4 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses darf der Entscheidungsstaat jeweils nur einen anderen Mitgliedstaat mit der Vollstreckung befassen. Diese Bestimmung wird in Abs. 4 umgesetzt.

Zu § 53l (Widerruf der Befassung)

Vom Umstand, dass der Betroffene auf Grund der Entscheidung bereits eine (Teil-) Zahlung geleistet hat sowie von einer nachträglichen Änderung oder Aufhebung der zu vollstreckenden Entscheidung oder ihrer Vollstreckbarkeit soll die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaates unverzüglich in Kenntnis zu setzen sein (§ 53l; vgl. Art. 11, 12 und 15 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI). Letzteres wird etwa bei einer Amnestie oder Begnadigung, bei Entscheidungen nach § 31a StGB, bei einer Aufhebung oder Änderung der Entscheidung aufgrund eines Antrages auf Wiederaufnahme oder einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes geboten sein.

Zu § 53m (Vollstreckung im Inland)

Wurde ein anderer Mitgliedstaat mit der Vollstreckung einer inländischen Entscheidung befasst, so soll deren Vollstreckung im Inland grundsätzlich ausgeschlossen sein (Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI).

Abweichend von dieser allgemeinen Regel soll Österreich in den Abs. 2 angeführten Fällen das Recht zur Vollstreckung der Entscheidung bzw. deren Fortsetzung wieder erlangen. Die wichtigsten Fälle sind die Verweigerung der Vollstreckung (Z 4), soweit diese nicht unter Berufung auf den Grundsatz ne bis in idem erfolgt ist, und die Begnadigung oder Amnestie im Vollstreckungsstaat (Z 2), die keine Bindungswirkung für den Entscheidungsstaat auslöst. Die vorgeschlagene Bestimmung hält sich eng an die Vorgaben in Art. 15 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses, fügt den dort enthaltenen Fällen aber wieder die Uneinbringlichkeit hinzu (Z 3).

Zu Z 8 (Titel des Fünften Abschnitts des III. Hauptstücks):

Der Titel des Fünften Abschnitts des III. Hauptstücks lautet derzeit „Erwirkung der Vollstreckung“. Dadurch wird der Eindruck erweckt, dass der betreffende Abschnitt auch die Erwirkung der Vollstreckung inländischer Sicherstellungsentscheidungen und vermögensrechtlicher Anordnungen sowie Geldsanktionen regelt, was allerdings unzutreffend ist. Vielmehr behandelt der Fünfte Abschnitt ausschließlich die Erwirkung der Vollstreckung von Freiheitsstrafen und mit Freiheitsentzug verbundenen vorbeugenden Maßnahmen. Dies soll durch die vorgeschlagene Ergänzung des Titels klargestellt werden.

Zu Z 9 (§ 77 Abs. 12):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten. Der Rahmenbeschluss 2005/214 ist mit 22.3.2007 umzusetzen (Art. 20 Abs. 3). Der Rahmenbeschluss 2006/783/JI ist mit 24.11.2008 umzusetzen (Art. 22 Abs. 1). Es wird ein In-Kraft-Treten zum 1.3.2007 vorgeschlagen.

Zu Z 10 (Anhang I):

Der bisher geltende Anhang I führt jene Liste von 32 Deliktskategorien an, bei denen die Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit im Zusammenhang mit dem Europäischen Haftbefehl ausgeschlossen ist. Der nun umzusetzende Rahmenbeschluss 2005/214 führt in seinem Art. 5 Abs. 1 insgesamt 39 Deliktskategorien an, nämlich die selben 32 wie beim Europäischen Haftbefehl und sieben weitere.

Es wird vorgeschlagen, die bisherigen 32 Kategorien in einen Teil A und die sieben zusätzlichen in einen neu anzufügenden Teil B aufzunehmen.

Zu Z 11 (Anhang V):

Bei Anhang V handelt es sich um das Formblatt nach Art. 4 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI, auf dessen Grundlage die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung erfolgt, die sogenannte Bescheinigung.

Zu Z 12 (Anhang VI):

Bei Anhang VI handelt es sich um das Formblatt nach Art. 4 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI, auf dessen Grundlage die Vollstreckung der Geldsanktion erfolgt, die sogenannte Bescheinigung.