491 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Konsumentenschutz

über den Antrag 650/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abzockseiten im Internet (Online Betrug)

Die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 13. März 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Mit scheinbar kostenlosen Internetangeboten werden immer mehr ahnungslose Internetuser (Menschen aller Schichten und Altersklassen) abgezockt. Die meisten User bekommen gar nicht mit, dass sie beispielsweise mit einem falschen Klick ein Abo abgeschlossen haben. Besonders betroffen sind Minderjährige und in Folge deren Eltern, die mit Forderungen (Rechnungen) konfrontiert werden.

Mit vermeintlich kostenlosen Angeboten werden sie auf die Test- und Verbraucherseiten gelockt und aufgefordert, ihre Anschrift, Telefonnummer oder E-Mail-Adresse in ein Formular einzutragen und dies mit einem Klick auf einem Button zu bestätigen. In diesem Moment schnappt die Internetfalle zu – der Kunde hat ein kostenpflichtiges Abo für zwölf oder mehr Monate abgeschlossen. Die Konsumenten, die reinfallen, bekommen dann von dem Anbieter – etwa für Tests mit Fragen für die Führerscheinprüfung – eine Rechnung geschickt. Bei anderen Rechnungen geht es beispielsweise um SMS-Pakete, Ahnenforschung, Lebensalter-Prognosen, Musik- oder Filmdownloads, Gewinnspiele oder auch Tauschbörsen. Aber auch für einmalige Dienstleistungen soll bezahlt werden (z.B. Ermittlung von Stammbäumen oder Berechnung von Lebenserwartungen).

In Deutschland erreichten die Schäden 2007 bereits mehrstellige Millionensummen, durchschnittlich sollten Betroffene 120 Euro zahlen (Umfrage vzbv in Deutschland), aber es gab auch Rechnungen zwischen 200 und 500 Euro. Viele der Abgezockten waren minderjährig. Weigerten sich betroffene Konsumenten zu zahlen, schalteten diese dubiosen Anbieter meist Inkassobüros und dann Rechtsanwälte ein, die Drohbriefe mit Fristsetzung und Klagsdrohung schreiben. Auch dies ist Teil dieses „Geschäftsmodells“. Die meisten Anbieter kommen aus dem Ausland. Allein die Schmidtlein GbR betreibt Dutzende Internetseiten mit vermeintlich kostenlosen Serviceangeboten in Österreich, Deutschland und in der Schweiz, und zwar mit verschiedenen Tricks. Alle Internetseiten sind recht ähnlich aufgemacht.

Aufgrund dieser zahllosen Vorfälle wurde von zahlreichen europäischen Konsumentenorganisationen u.ä. gefordert, dass online abgeschlossene Verträge nur gültig werden dürfen, wenn diese von den Internetusern mit einer extra E-Mail bestätigt werden.

Aktuelle inländische Prozesserfolge sollen nicht über die weiter bestehenden Probleme und die europaweit organisierte Konsumententäuschung hinwegtäuschen.

-       Webseiten mit versteckten Preisangaben sind unzulässig, weil sie irreführend sind. Preis und Aufklärung über das Rücktrittsrecht müssen klar angegeben sein. Das bestätigte im vorigen Dezember das Oberlandesgericht Wien der AK. Die AK hatte Anfang 2007 eine Klage gegen IS Internet Service AG, vormals Xentria, eingebracht. Der Anbieter war auf mehreren Webseiten, z.B. mit vermeintlich kostenlosen SMS und Lebensprognosen. Aber: Die Seiten entpuppten sich als Kostenfallen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

-       Nach einer Entscheidung des Landgerichts Hanau (Deutschland) stellt ein Verstecken des Preises für die Inanspruchnahme eines Online-Angebots einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und damit auch gegen das Wettbewerbsrecht dar. Dies entschied das Gericht im Rahmen eines jetzt veröffentlichten Urteils vom 7. Dezember 2007 (Az. 9 O 870/07).

         In seinem Urteil findet das LG Hanau deutliche Worte gegen eine derartige Darstellung des Preises. Diese verstoße gegen den Grundsatz der Preisklarheit und Preiswahrheit des § 1 der Preisangabenverordnung (PreisangabenV). Danach muss der Preis dem Angebot oder der Werbung eindeutig zugeordnet sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder wahrnehmbar sein. Dem könne im Internet zwar auch dadurch nachgekommen werden, dass ein Sternchenhinweis gesetzt werde. Allerdings erfordere dies, dass der Nutzer klar und unmissverständlich auf die Entgeltpflicht und die Höhe des Entgelts hingewiesen wird. Diese Anforderungen erfüllten jedoch die Angebote der Beklagten nicht (heise.de 03.03.2008).

-       Soweit eine Zahlungspflicht bei einem Web-Angebot in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) versteckt ist, kann diese Klausel überraschend und somit unwirksam sein. Dies hat das Amtsgericht München in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (Az. 161 C 23695/06) entschieden.

-       Wegen irreführender Angebote im Internet erwirkte 2007 die Deutsche Wettbewerbszentrale ein beispielgebendes Urteil – das Landgericht Darmstadt verurteilte die Gebrüder Schmidtlein GbR zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von insgesamt 24.000,-- € (Urteil vom 08.05.2007, Az. 12 O 532/06 – nicht rechtskräftig).

-       In Österreich hat der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des BMSK Unterlassungsklagen nach § 14 UWG (Irreführung), § 28a KSchG (Verstoß gegen Informationspflichten und Rücktrittsrechte im Fernabsatz) und § 28 KSchG (Verwendung unzulässiger AGB) gegen mehrere weitere Internetfirmen eingebracht, die mit „Gratis“-Angeboten warben, dann aber die Konsumenten mit Rechnungen für kostenpflichtige Dienstleistungen überraschten (Quelle: Europakonsument online):

Rechtskräftige UWG-Urteile (Unterlassungsklagen) zeigen auch die Schwächen des europäischen Konsumentenschutzrechts auf. Denn es verpflichtet zwar das betroffene Unternehmen, seine Internetseiten künftig zu verändern. Konkrete Folgen für bereits geschädigte KonsumentInnen hat diese Entscheidung allerdings nicht, es beinhaltet auch keine Rückzahlungsverpflichtung. Geschädigte müssen sich gegen unberechtigte Forderungen individuell zur Wehr setzen und selbst klagen. Ein UWG-Urteil stellt auch keine Bestrafung rechtswidrigen Verhaltens dar, da es lediglich beschreibt, wie das Unternehmen sich künftig zu verhalten hat. Das ist so effektiv, wie wenn man einen Bankräuber laufen lässt und ein Gericht ihm hinterher ruft: „Mach das nie wieder“ (Quelle vzbv).“

 

Der Ausschuss für Konsumentenschutz hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 26. März 2008 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Anita Fleckl die Abgeordneten Werner Neubauer, Sigisbert Dolinschek, Johann Rädler, Bettina Hradecsni, Anna Höllerer, Ing. Hermann Schultes sowie der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Johann Maier.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Bettina Hradecsni, Harald Vilimsky, Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Bettina Hradecsni, Harald Vilimsky, Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen einstimmig angenommen.

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Anita Fleckl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Konsumentenschutz somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2008 03 26

                                    Anita Fleckl                                                                 Mag. Johann Maier

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann