653 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Konsumentenschutz

über den Antrag 828/A(E) der Abgeordneten Johann Rädler, Mag. Johann Maier, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnung von Lebensmitteln

und

Antrag 38/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herkunftsbezeichnung bei allen Lebensmitteln sowie "Made in the EU"-Kenn­zeichnungssystem

Die Abgeordneten Johann Rädler, Mag. Johann Maier, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen haben den Antrag 828/A(E) am 06. Juni 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Österreich begrüßt das Vorhaben der Europäischen Kommission, dass Europäische Kennzeichnungsrecht für Lebensmittel in der Europäischen Union grundsätzlich zu aktualisieren und zu modernisieren.

Dieses EU-Vorhaben gilt auch als Maßnahme zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU („Lissabon-Strategie“, „Simplification and Better Regulation“). Die Neufassung des EG-Kennzeichnungsrechts sollte zum Ziel haben, das über die Jahre zur Unübersichtlichkeit angewachsene Kennzeichnungsrecht zu vereinfachen, ohne bewerte Kennzeichnungselemente auszuschließen.

Die Rechtsetzung in diesem Bereich soll an die geänderten Bedürfnisse und Erwartungen der Konsumenten hinsichtlich des Informationsgehaltes von Lebensmitteletiketten und hinsichtlich der Kenntlich-machung von nicht verpackten Lebensmitteln angepasst werden. Außerdem soll diese Information den Konsumenten unterstützen, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen. Lebensmittelkennzeichnung ist heutzutage ein wichtiger Weg für Konsumenten, sich über Lebensmittel, die sie kaufen wollen, zu informieren.

Eine Kennzeichnung bzw. Information über Lebensmittel muss deshalb klar, unmissverständlich und deutlich lesbar sein. Sie darf keineswegs täuschen oder irreführen. Laut der derzeit gültigen Regelung muss die Kennzeichnung „deutlich sicht- und lesbar“ erfolgen. In der Praxis sind die vorgeschriebenen Kennzeichnungselemente in einigen Fällen in sehr kleiner Schrift bei schlechtem Kontrast aufgedruckt; dies kann besonders bei älteren oder sehbehinderten Menschen zu großen Problemen führen; sie sind zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung nicht in der Lage die Deklaration ausreichend zu entziffern.

Bei der Beurteilung der Lesbarkeit von Etiketten kommt es nicht allein auf die Schriftgröße an, sondern auch auf Faktoren wie den Kontrast (Schrift-, Hintergrundfarbe), Schriftart, Schriftgröße, Qualität des Verpackungsmaterials, Breite der Zeichen, gewellte Abstände zw. den Zeichen und Zeilen, Reflektion des Verpackungsmaterials und Druckart.

Zum Schutz der Konsumenten und um den durch unterschiedliche Auslegung des Begriffes „deutlich sicht- und lesbar“ entstehende Verzerrung des freien Handels zu verhindern, wäre eine ausreichende Schriftgröße (bei gutem Kontrast) festzulegen.

Das Informationsbedürfnis der Konsumenten hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt, Lebensmittelskandale und -krisen haben das Bewusstsein und das Interesse der Konsumenten an weitergehenden Informationen über Lebensmittel geweckt. Es reicht nicht mehr aus, dem Konsumenten lediglich Angaben zum Produkt zu geben, sondern er fordert vielmehr auch Informationen zu den Rohstoffen, zu Produktionsverfahren in Land- und Lebensmittelwirtschaft oder Angaben zum Erzeugungs- und Her-stellungsort. In vielen Fällen werden solche Informationen heute schon auf freiwilliger Basis gegeben.

Laut diversen Veröffentlichungen in den Medien und laut Anfragen von Konsumentinnen und Konsumenten, stellt die Herkunft eines Lebensmittels ein entscheidendes Auswahlkriterium dar.

Laut einer Studie „Konsumentenschutzfragen 2008“ beachten rund 50% der befragten Konsumenten Herkunftsangaben immer oder häufig, weitere 30 % nutzen diese Information manchmal.

Weitere Gründe, die für eine verpflichtende Kennzeichnung des Herkunftslandes unter genau festgelegten Bedingungen, wie z.B. Beachtung des Irreführungsverbotes sprechen, sind:

-       Wahlmöglichkeit für Konsumentinnen und Konsumenten und Möglichkeit, ökologische Konsequenzen in ihre Kaufentscheidung mit einzubeziehen

-       Hervorhebung regionaler Produkte

-       Rechtfertigung höherer Preise regionaler Produkte

-       Stärkung der lokalen Produktion und Verarbeitung.“

 

Die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen haben den Antrag 38/A(E) am 29. November 2006 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Gewerkschaft Agrar-Nahrung-Genuss (ANG) und die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) haben sich bereits vor zwei Jahren aktiv und erfolgreich an der von der EFFAT (Europäischen Gewerkschaftsorganisation für die Beschäftigten in der Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung) gestarteten Kampagne „Show the country“ beteiligt.

Grundsätzliches Ziel dieser europäischen Kampagne war die Sicherung der Arbeitsplätze in der europäischen Lebensmittelerzeugung und des Schutzes der Konsumenteninteressen vor Irreführung und Täuschung. In Österreich ging es dabei konkret auch um die Erhaltung regionaler Arbeitsplätze. Dafür wurden tausende Unterstützungserklärungen gesammelt.

Die zentrale Forderung dieser europaweiten Kampagne lautete, dass das Herstellungsland und der Name des Herstellers auf allen Lebensmitteln angegeben werden muss.

Grundlage war ein im Juni 2004 von der EFFAT beschlossenes ausführliches Positionspapier zur Frage des EU-Systems zur Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln und deren Rohstoffe.

Für die Angabe des Herstellungslandes auf neuen Lebensmitteln inklusive deren Rohstoffe gibt es viele positive Gründe

-       Information der KonsumentInnen, um betrügerische Praktiken zu vermeiden,

-       Rückverfolgbarkeit der Lebensmittel und deren Rohstoffe,

-       Beachtung der EU-Sozialnormen,

-       Beachtung der EU-Normen zur Lebensmittelsicherheit,

-       Stärkung der regionalen Produktion und Verarbeitung,

-       Unterstützung von Initiativen zur Aufrechterhaltung von Arbeitsplätzen in Europa,

-       Förderung der Vielfalt von europäischen Lebensmitteln sowie

-       Schutz vor unlauterem Wettbewerb.

Überdies fehlt für Europa ein „Made in the EU“-Kennzeichnungssystem. Dafür gibt es in der EU zurzeit nicht einmal eine Rechtsgrundlage. Regeln für die Herkunftsbezeichnung sind jedoch außerhalb der EU sehr wohl verbreitet (z.B. USA, Japan, Taiwan, Hongkong, China) und erfolgreich.

Die Einführung eines derartigen Kennzeichnungssystems hätte laut EFFAT ebenfalls mehrere positive Auswirkungen:

-       es würde die europäische Produktion und folglich die Aufrechterhaltung von Arbeitsplätzen in Europa unterstützen;

-       durch die Hervorhebung der Bedeutung sozialer Normen könnte auch verhindert werden, dass die Lebensmittelproduktion in Ländern mit niedrigen Sozialkosten verlagert und die dort produzierten Lebensmitteln gleichzeitig zu überhöhten Preisen auf den europäischen Märkten verkauft werden;

-       es würde regionale europäische Lebensmittel zu etwas besonderem machen und damit die höhere Preise für regionale Lebensmittel rechtfertigen und ein Gegengewicht zur Kaufkraft der Supermarktketten darstellen;

-       es würde durch die Förderung des Verkaufs regionaler Lebensmittel (etwa durch klare Kennzeichnung), Bauern, Lebensmittelerzeuger und KonsumentInnen einander näher bringen sowie durch die Verkürzung der Transportphase zur Entwicklung einer nachhaltigen Lebensmittel-Produktion beitragen und

-       es würde im gesamten EU-Binnenmarkt für mehr Einheitlichkeit und Klarheit sorgen.

Die Antragsteller halten daher eine Kennzeichnung von Lebensmitteln und deren Rohstoffe durch verpflichtende Angabe des Herstellungslandes vor allem im Hinblick auf soziale Aspekte und Nachhaltigkeit für sinnvoll, da damit auch die Einhaltung sozialer, ökologischer und konsumentenpolitischer Normen sowie angemessene Arbeitsbedingungen der ArbeitnehmerInnen garantiert werden. Darüber hinaus ist diese Kennzeichnung auch im Interesse der österreichischen Landwirtschaft.

Ein Label „Made in the EU“ wird als Ergänzung zu den bestehenden Herkunfts-Kennzeichnungs-Systemen ebenfalls positive Effekte hervorrufen. So könnte beispielsweise die Entwicklung einer „Made in the EU-Kennzeichnung“ den neuen Mitgliedsstaaten helfen, ihre Lebensmittel in Drittstaaten erfolgreich zu vermarkten.

Die Forderung nach Kennzeichnung des Herstellerlandes und einer „Made in the EU“- Herkunftsbezeichnung auf Lebensmitteln ist daher sowohl im Interesse der KonsumentInnen als auch der Beschäftigten in der Lebensmittelerzeugung und des Lebensmittelhandels. Diese Forderung ist auch eine klare konsumentenpolitische Reaktion auf den globalen Lebensmittelhandel.“

 

Der Ausschuss für Konsumentenschutz hat die gegenständlichen Entschließunusanträge in seiner Sitzung am 01. Juli 2008 in Verhandlung genommen. Einstimmig wurde beschlossen, den Entschließungsantrag 828/A(E) der Debatte und Abstimmung zugrunde zu legen. Als Berichterstatterin für den Entschließungsantrag 828/A(E) fungierte Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer, für den Entschließungsantrag 38/A(E) Abgeordnete Mag. Gertraud Knoll. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Gertrude Aubauer, Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Sigisbert Dolinschek, Anna Höllerer, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Mag. Elisabeth Grossmann, Bernhard Vock, Norbert Sieber, Bettina Hradecsni sowie die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Johann Maier.

 

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Der Entschließungsantrag 38/A(E) gilt somit als miterledigt.

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Konsumentenschutz somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2008 07 01

                          Mag. Gertrude Aubauer                                                       Mag. Johann Maier

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann