1095/J XXIII. GP
Eingelangt am 27.06.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Broukal
und GenossInnen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend generelle Anweisungen zur Vollziehungen des Asylgesetzes, des
Fremdenpolizeigesetzes sowie des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes -
Handbuch zum Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz im Besonderen
Am 23. Juni 2007 hat „Der Standard" folgenden Artikel veröffentlicht:
„Platters
geheimes "Handbuch" Umstrittene Anweisungen, um
Niederlassungsbewilligungen
zu erschweren
Benedikt Sauer
Innsbruck/Wien
- Wer in Österreich einen Aufenthaltstitel
erhalten will, muss nicht nur, wie
vorgeschrieben, ein Einkommen in Höhe der
Mindestpension vorweisen, sondern zusätzlich Einkünfte
in Höhe der Miete. Das Gesetz sieht zwar eine solche
Anrechnung der Miete nicht vor. Die Behörden
ziehen die Miete
dennoch zusätzlich zum Einkommen für ihre Bemessungsgrundlage heran, weil
sie
vom Innenministerium in einem geheimen "Handbuch" dazu angehalten werden.
Wie eine
Reihe von Beispielen, die dem Standard im Detail vorliegen, zeigt, kann sich
die
ministeriell angeordnete Vorgangsweise als entscheidende Hürde erweisen. Bei fünf vorliegenden
Fällen, über deren
Erstanträge die Fremdenbehörden in Innsbruck, Innsbruck-Land
und Reutte sowie
das Innenministerium entschieden, handelt es sich um Staatsbürger aus
Nigeria, Ghana, Ägypten und
aus der Türkei.
In
allen fünf Fällen wurde die Miete zusätzlich angerechnet. Dreimal war deshalb
das
nachgewiesene Einkommen zu niedrig, die Anträge wurden abgewiesen. Etwa das Ansuchen
einer
Nigerianerin, die zur Familie ihres Onkels
nach Tirol ziehen wollte. Die Familie mit zwei Kindern, der
Vater ist mittlerweile Österreicher, hat ein Einkommen (plus
Familienbeihilfe) von 1.843,86 Euro. Der
Behörde war dies zu wenig. Weil auch die
Wohnungsmiete von 388 Euro in die
Bemessungsgrundlage einbezogen wurde, fehlten 296,17 Euro.
Einem 21-jährigen Türken, der
zu seiner Familie ins Tiroler Außerfern ziehen
wollte, fehlten 152,45
Euro für einen positiven Bescheid, weil die Behörde die Mietkosten von 200 Euro
angerechnet hat.
Der Innsbrucker Anwalt Paul Delazer hält dies für
gesetzlich nicht korrekt. Im Niederlassungsgesetz,
so Delazer, sei
einer EU-Richtlinie entsprechend festgehalten, dass ein Einkommen in Höhe der
Mindestpension nachzuweisen sei (Ausgleichszulagenrichtsätze nach ASVG). Damit seien Essen,
Verpflegung und auch Unterkunft abgedeckt.
Weitergabe verboten
Vom Standard
kontaktierte Beamte, die mit den angeführten Fällen betraut sind, berufen sich
unisono auf das Innenministerium: "Von
dort bekommen wir die Anweisungen." Diese sind in einem
nicht-öffentlichen "Handbuch zum
Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz" enthalten. Dessen
"Weitergabe, Vervielfältigung oder Veröffentlichung ist untersagt". Darin
steht etwa unter
"Berechnung":
"Mietbelastungen (...) schmälern die zur Verfügung
stehenden Unterhaltsmittel".
Anwalt Delazer wundert sich, wieso das Ministerium das
Handbuch, das einem Erlass gleichkomme,
nicht wie andere Ministerien veröffentliche: "Was gibt es zu
verbergen?". Ministeriumssprecher Rudolf
Gollia sagt:
"Erlässe sind interne Anweisungen, die
nur den Vollzug regeln. Sie sind nicht
rechtsetzend. Wenn dem so wäre,
wäre dies rechtswidrig".
Delazer: "Um dies prüfen
zu können,
müssen sie zugänglich sein."
Sollte diese
Darstellung inhaltlich treffend sein, so besteht der Anlass zur Sorge, dass die
Gesetze des Fremdenrechtspaketes 2005 durch interne Weisungen restriktiv bzw.
gesetzwidrig interpretiert und die
vollziehenden Beamten zu restriktiven bzw. gesetzwidrigen
Vorgangsweisen angehalten werden.
Wurde dieser
Sachverhalt vorsätzlich und wissentlich gesetzt und wurden Beamte
tatsächlich
zu gesetzwidrigen
Vorgangsweisen angehalten, steht auch der Verdacht des
Amtsmissbrauches im Raum.
Schließlich
zeigt dieser Umstand auf, wie notwendig die im Regierungsübereinkommen und
von der
Sozialdemokratie geforderte Evaluierung des Fremdenrechtspaketes ist.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für
Inneres
nachstehende
Anfrage:
1.
Welche allgemeinen Anweisungen - gleichgültig wie immer diese
tituliert werden
(Erlässe,
Handbücher, Schulungsbücher, Weisungen etc.) - haben Sie oder Ihr
Ressort
betreffend die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 erteilt?
2. Welche davon sind in welcher Form veröffentlicht worden?
3.
Welche sind nicht veröffentlicht worden und warum sind diese nicht
veröffentlicht
worden?
4. Wie lautet der Text (Volltext!) dieser Anweisungen?
5.
Welche allgemeinen Anweisungen - gleichgültig wie immer diese
tituliert werden
(Erlässe,
Handbücher, Schulungsbücher, Weisungen etc.) - haben Sie oder Ihr
Ressort
betreffend die Vollziehung des Fremdenpolizeigesetzes 2005 erteilt?
6. Welche davon sind in welcher Form veröffentlicht worden?
7.
Welche sind nicht veröffentlicht worden und warum sind diese nicht
veröffentlicht
worden?
8. Wie lautet der Text (Volltext!) dieser Anweisungen?
9.
Welche allgemeinen Anweisungen - gleichgültig wie immer diese
tituliert werden
(Erlässe,
Handbücher, Schulungsbücher, Weisungen etc.) - haben Sie oder Ihr
Ressort
betreffend die Vollziehung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetes erteilt?
10. Welche davon sind in welcher Form veröffentlicht worden?
11.
Welche sind nicht veröffentlicht worden und warum sind diese nicht
veröffentlicht
worden?
12. Wie lautet der Text (Volltext!) dieser Anweisungen?
13.
Im Speziellen:
Existiert das im Artikel des „Der Standard" dargestellte Handbuch,
mit
welchem Bestimmungen betreffend die
Niederlassungsbewilligung interpretiert werden,
und wie lautet dieses im Volltext, falls diese Frage nicht bei Frage 9
beantwortet wurde?
14. Wenn ja, wer hat dieses Handbuch verfasst?
15. Wurde es Ihnen zur Kenntnis gebracht?
16. Haben Sie dieses genehmigt?
17.
Bei Beschlussfassung des Fremdenrechtspaketes wurde besonderer Wert
darauf gelegt,
dass rasch eine
umfassende Schulung der mit der Vollziehung beschäftigten
MitarbeiterInnen erfolgen soll.
Welche
Schulungsmaßnahmen wurde von Seiten des Ressorts für diese Personen
im
Detail angeboten?
18. Welche
Schulungsunterlagen wurden diesen Personen zur Verfügung gestellt und wie
lauten diese im Volltext?
19.
Betreffend das Asylgesetz ist es auffällig, dass 40 Prozent der
erstinstanzlichen
Bescheide durch den
Unabhängigen Bundesasylsenat aufgehoben werden.
Welche Maßnahmen haben Sie oder Ihr Ressort getroffen, um die
Qualität der
erstinstanzlichen Bescheide zu heben?
20.
Welche Maßnahmen haben Sie oder Ihr Ressort getroffen, damit die
jeweils untere
Instanz die
Spruchpraxis der oberen Instanz akzeptiert, um diese 40 Prozent
Berichtigungsquote deutlich absenken zu können?
21. Gemeinsames Ziel ist es, die Asylverfahren deutlich zu verkürzen.
Wie
beurteilen Sie angesichts der langen Dauer der Asylverfahren in Österreich
die
hohe Aufhebungsquote
in der II. Instanz?
22.
Welche
Probleme bzw. Härtefälle wurden an Sie oder Ihr Ressort betreffend
die
Vollziehung des Asylgesetzes 2005
herangetragen bzw. wurden Ihnen von Amts wegen
bekannt?
23.
Welche Aktivitäten haben Sie unternommen, um diese Probleme bzw.
Härtefälle zu
lösen?
24.
Welche
Probleme bzw. Härtefälle wurden an Sie oder Ihr Ressort betreffend
die
Vollziehung des Fremdenpolizeigesetzes 2005
herangetragen bzw. wurden Ihnen von
Amts wegen bekannt?
25.
Welche Aktivitäten haben Sie unternommen, um diese Probleme bzw.
Härtefälle zu
lösen?
26.
Welche
Probleme bzw. Härtefälle wurden an Sie oder Ihr Ressort betreffend
die
Vollziehung des Niederlassungs- und
Aufenthaltsgesetzes herangetragen bzw. wurden
Ihnen von Amts wegen bekannt?
27.
Welche Aktivitäten haben Sie unternommen, um diese Probleme bzw.
Härtefälle zu
lösen?
28. Haben sich aus der Problemanalyse
betreffend das Fremdenrechtspaket 2005 Hinweise
ergeben, dass neben
der Vollziehung auch betroffene Gesetzespassagen geändert
werden sollten?
Wenn ja, welche?