1096/J XXIII. GP

Eingelangt am 27.06.2007
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Weinzinger, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesminister für Inneres

 

betreffend Anfragebeantwortung 262/AB "Untersagung von Versammlungen zum Thema 'Aufklärung über das Leid der Pelztiere'"

 

 

In der Anfragebeantwortung 262/AB vom 20.3.2007 machen Sie u.a. folgende Angaben:

 

„Wie auch die Versammlungsbehörde in ihrem Bescheid nachvollziehbar festgehalten hat, finden sich auf der Homepage des Vereins gegen Tierfabriken (VGT) regelmäßig anonyme Bekennerschreiben, welche teilweise gewalttätige Aktionen beschreiben. Die der Untersagung zugrunde gelegten Prognosen betreffend die Gefährdung von Menschen und Sachen resultierten zunächst aus der in der Nacht vom 30.11.2006 auf 01.12.2006 vorgefallenen Sachbeschädigung sowie einem auf der erwähnten Homepage festgestellten Bekennerschreiben, welches eindeutig radikalen Türschützern zuzuordnen war. In diesem Bekennerschreiben wurden die gewalttätigen Aktionen wie folgt beschrieben:

„um die kampagne der tierrechtsbewegung gegen die bekleidungskette kleiderbauer zu unterstützen, haben wir gestern nacht „PELZ = MORD“ in die eingangstür der wiener filiale in der meidlinger hauptstraße geätzt. anschliessend haben wir 3 weitere schaufensterscheiben verätzt und 15 auslagenscheiben eingeschlagen. somit wurden bei der Aktion alle Scheiben beschädigt oder zerstört.    …….    kleiderbauer kann sich auf einen heißen Dezember einstellen! Es gibt nur eine lösung dies zu verhindern: öffentlich bekannt geben, dass kleiderbauer/otto graf und hämmerle komplett aus dem pelzhandel aussteigen!

– den pelzhandel abschaffen!“

Nachdem auf dieser Homepage auch Personen, die nicht dem VGT angehören, nachdrücklich aufgefordert wurden, an der gegen die Firma Kleider-Bauer initiierten Kampagne mitzuwirken, folgerte die Versammlungsbehörde, dass sich radikale Tierschützer an den jeweiligen Aktionen beteiligen und in deren Verlauf Gewalttätigkeiten gegen Angestellte und Einrichtungen dieser Firma setzen könnten...

Nach den Aufzeichnungen der Bundespolizeidirektion Wien kam es in ihrem Bereich im Verlauf von angemeldeten und nicht angemeldeten Kundgebungen des VGT zum Thema „Tierschutz“ zu folgenden Vorfällen:

 02.12.2000

Verletzung eines Kunden vor einem Pelzgeschäft (§ 83 StGB)

23.12.2000

Verletzung eines Angestellten einer Sicherheitsfirma vor einem Pelzgeschäft (§ 83 StGB)

21.11.2002

Besetzung einer Parteizentrale (§ 2 iVm § 19 VersG)

28.04.2003

Hausbesetzung; Verletzung von 7 Personen; Diebstahl (§§ 83, 109/3 und 127 StGB); vorläufige Festnahme von 3 Tierrechtsaktivisten

23.11.2005

Verletzung einer Person bei einer Veranstaltung (§ 83 StGB)

13.07.2006

Hausfriedensbruch durch Besetzung der Büroräumlichkeiten einer Pharmafirma; Verletzung einer Büroangestellten (§§ 83 und 109 StGB)“

 

Den oben angeführten Angaben stehen jedoch folgende Angaben seitens der Tierrechtsorganisation „Verein Gegen Tierfabriken“ gegenüber:

 

„Die Behauptung, auf der Homepage des Verein Gegen Tierfabriken VGT würden regelmäßig anonyme Bekennerschreiben veröffentlicht ist unwahr und grob irreführend.

 

Wahr ist vielmehr, dass auf der Homepage des VGT noch nie geschweige denn regelmäßig irgendwelche anonymen Bekennerschreiben veröffentlicht worden sind. Das vom Innenminister zitierte Bekennerschreiben hat sich niemals auf der Homepage des VGT befunden und hat absolut nichts mit diesem zu tun.

 

Auch die Darstellung von 6 Vorfällen, zu denen es im Lauf von angemeldeten oder nicht angemeldeten Versammlungen des Verein Gegen Tierfabriken VGT gekommen sein soll, ist vollkommen falsch und vorsätzlich irreführend. Dem VGT werden hier Vorfälle angelastet, die entweder absolut nichts mit dem VGT zu tun haben oder bei denen es keinerlei strafrechtliche Anklagen geschweige denn Verurteilungen gab.

 

Die Vorfälle vom 2. 12. 2000, 23. 12. 2000, 23. 11. 2005 und 13. 7. 2006 haben absolut nichts mit dem VGT zu tun. Es gibt keinen Zusammenhang dieser Vorfälle mit dem VGT.

 

Die übrigen beiden Vorfälle waren Aktionen des VGT. Allerdings ist dabei zu betonen:

 

i)                    Es hat sich um keine Demonstrationen gehandelt, wie der Innenminister suggeriert, sondern um Aktionen. Es besteht also kein realer Zusammenhang zum Thema der Anfrage, die nach Beispielen von Vorfällen gefragt hat, bei denen Demonstrationen aus dem Rahmen gerieten und gewalttätig wurden. Und das ist bei keiner einzigen der Hunderten Demonstrationen des VGT bisher der Fall gewesen.

ii)                   Bei keiner dieser beiden Aktionen wurde irgendein Aktivist oder eine Aktivistin des VGT einer strafrechtlich relevanten Handlung bezichtigt oder angeklagt, geschweige denn verurteilt.

iii)                 Die Aktion vom 21. 11. 2002 war eine friedliche Aktion, bei der Aktivisten an der Hauswand und am Balkon eines Hauses Transparente montiert hatten, und einige AktivistInnen waren in den Eingangsbereich gekettet. Es gab dabei keinerlei Auseinandersetzungen mit irgendjemandem, geschweige denn Gewalttaten, und die AktivistInnen verließen nach einiger Zeit freiwillig den Ort. Es gab auch keine strafrechtlichen Anzeigen aufgrund dieser Aktion, geschweige denn Anklagen oder Verurteilungen.

iv)                Das Anführen der Strafrechtsparagraphen durch Innenminister Platter erzielt die Wirkung, dass LeserInnen vermuten, dass bei diesen Aktionen AktivistInnen nach diesen Paragraphen verurteilt worden wären. Das ist, wie gesagt, was den VGT betrifft, jedenfalls nicht der Fall.

 

Durch diese Falschdarstellung des Innenministers wurden sowohl die Öffentlichkeit als auch die PolizeibeamtInnen falsch über den VGT informiert und handeln entsprechend. Bei einer Kundgebung des VGT gegen die industrielle Massentierhaltung von Schweinen am 14. Mai 2007 am Graben in Wien sagte ein leitender Polizeibeamter unverblümt, dass es beim VGT ja auch Leute gäbe, die Scheiben von Geschäften einschlagen und Schlösser verkleben.

 

Durch diese Unwahrheiten des Innenministers wurde offenbar bereits auch die Sicherheitsdirektion Wien getäuscht. In einem Berufungsbescheid von Hofrat Dr. Luczensky vom 11. Mai 2007 gegen die Untersagung einer Tierschutzdemonstration wird tatsächlich behauptet, dass der VGT regelmäßig anonyme Bekennerschreiben zu Anschlägen veröffentlichen würde.“

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

  

ANFRAGE:

 

 

1.      Werden Sie aufgrund der oben angeführten Entgegnungen des Vereins gegen Tierfabriken die von Ihnen angeführten Gründe für die Untersagung von angemeldeten oder nicht angemeldeten Versammlungen des Vereins gegen Tierfabriken überprüfen? Wenn nein, warum nicht?

 

2.      Werden Sie auch die Sicherheitsdirektion Wien über die oben angeführte Entgegnung des Vereins gegen Tierfabriken informieren? Wenn nein, warum nicht?

 

3.      Welche Möglichkeiten räumen Sie in Hinkunft dem Verein gegen Tierfabriken ein, Versammlungen zum Thema „Aufklärung über das Leid der Pelztiere“ vor pelzführenden Geschäften durchzuführen?

 

4.      Am Freitag dem 18. Mai 2007 wurde ein Tierschutzaktivist auf der Mariahilferstrasse 111 von der Polizei festgenommen, nur weil er pelzkritische Flugblätter verteilt hatte. Halten Sie es weiterhin für angemessen, AktivistInnen, die Flugblätter verteilen, von Beamten des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) mit Festnahme zu bedrohen, des Platzes zu verweisen oder gar festnehmen zu lassen? Wenn ja, wie begründen Sie das?

 

5.      Seit den Untersagungen im Dezember 2006 hat der Verein Gegen Tierfabriken weitere derartige Demonstrationen abgehalten, ohne dass es zu den von Ihnen befürchteten Gewalttaten gekommen wäre. Seit April 2007 werden dem Verein Gegen Tierfabriken aber wieder alle Demonstrationen gegen Pelz innerhalb 20 m von pelzführenden Geschäften untersagt. Halten Sie es weiterhin für angemessen, dem Verein gegen Tierfabriken Demonstrationen zur Aufklärung über das Leid der Pelztiere zu untersagen?

 

6.      Befürchten Sie angesichts der oben angeführten Darstellung des Vereins gegen Tierfabriken weiterhin, dass die öffentliche Sicherheit gefährdet sei? Wenn ja, wie begründen Sie das?

 

7.      Gehen Sie weiterhin davon aus, dass sich den genannten Versammlungen militant eingestellte TierschützerInnen anschließen und es wiederum zu schweren Beschädigungen oder sogar zu Angriffen auf die MitarbeiterInnen kommen könnte, die möglicherweise auch von der Exekutive nicht mehr verhindert werden könnten? Wenn ja, worauf begründet sich diese Annahme?