11/J XXIII. GP

Eingelangt am 30.10.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Stadler und Kollegen

an die Frau Bundesminister für Justiz

betreffend geheimnisvoller Russenkontakte im Dunstkreis der Eurofighter-

„Gegengeschäfte"

Laut „Wirtschaftsblatt" vom 29.9. 2006 fand am Donnerstag, den 2. Februar 2006 im Wiener
„Kursalon Hübner" ein „Russischer Meinungsaustausch" statt.

Auf der vorliegenden Gästeliste scheint der „Vizekanzler der Republik Österreich - Hubert
Gorbach als Schirmherr der Veranstaltung auf. Organisiert wurde das Treffen von der
Werbeagentur „ 100% Communications" der Frau Erika Rumpold, Gattin des BZÖ-
Wahlwerbers Gernot Rumpold. In dem genannten Zeitungsbericht wird ferner angeführt, daß
neben Gorbach auch „Justizministerin Karin Gastinger" anwesend war.

Weiters werden folgende Herren auf der russischen Seite der vorliegenden Gästeliste ange-
führt, die über weite Teile nicht nur das „Who-is-Who" der russischen Oligarchie darstellt,
sondern einige Namen enthält,, die immer wieder in die Nähe der organisierten Kriminalität
gerückt werden:

Präsident Yakov Goldovskiy - Petrochemical Holding AG

Präsident Dmitrij Burjak - Vision International People Group

Andrei Melnichenko - MDM Bank

Gotcha Djabidze - Sibneft Oil Trade Company GmbH

Oleg Wladimirowitsch Deripaska - Präsident des Konzerns „Russisches Aluminium"

„RUSAL"

Sergej Bogdantschikow - Konzernchef von ROSNEFT

Igor Zyuzin - Mechel Steel Group (Metals)

Juriy Kudimov - Natsionalny Reservny Bank

Nikolai Byelykh - NAFTA Moskva (Oil)

Ganz besonders interessant ist der angeführte Gast „Oleg Wladimirowitsch Deripaska,
Präsident des Konzerns „Russisches Aluminium". Deripaska, der sich im israelischen „Exil"
befindet, übernahm die „RUSAL" vom flüchtigen, in Rußland per Haftbefehl gesuchten
Michail Tschernoj, über den „Moscow Times" und „New York Times" berichten, daß seine
Geschäftsaktivitäten auf Betrug, Geldwäsche und Auftragsmorden beruhen.

Auch in der Tageszeitung „Der Standard" vom 22.8.2006 (Seite 15: „Rußland will Alu-
Riesen formen") wird im Zuge der Aluminium-Geschäfte des Deripaska festgestellt:
„Zentrale Figur der übel beleumundete Mikhail Chernoy lange einer der mächtigsten Russen,
der später die bulgarische MobiTel an die Gruppe um den österreichischen Martin Schlaff
veräußerte, der sie seinerseits wiederum 2005 mit einem Gewinn von über 800 Mio. Euro an
die Telekom Austria weiterverkaufte - ein Deal, der, wie kürzlich bekannt wurde, von der
BAWAG mitfinanziert worden ist. "

Ferner geht aus dem zitierten Artikel des „Wirtschaftsblatt" nach Aussage der Frau Rumpold
hervor, daß Deripaska ein Kunde von ihr („100% Communications") ist.

 


Nach vorliegenden Informationen betreute „100% Communications" Oleg Deripaska bei der
Anbahnung der „Entwicklungskooperation in Sachen Dieselmotoren" (siehe genannten
Artikel im „Wirtschaftsblatt") mit dem steirischen Motorenentwickler AVL List.

AVL List gilt im Umfeld des „Magna"-Konzerns als ein zentraler Profiteur der
sagenumwobenen „Eurofighter-Gegengeschäfte" des EADS-Konzerns, welcher wiederum
werbemäßig lange Zeit von Gernot Rumpold („100% Communications") in Österreich betreut
wurde.

Aufgrund der bekannten beruflichen, persönlichen und geschäftlichen Verbindungen einiger
BZÖ-Repräsentanten zum „Magna"- bzw. „EADS"-Konzem einerseits sowie zu russischen
Magnaten und „Investoren" andererseits, stellt der besagte „Russische Meinungsaustausch"
im Lichte des späteren Austritts von Frau Mag. Gastinger aus dem BZÖ und im Vorfeld des
parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur „Eurofighter"-Beschaffung ein
aufklärungswürdiges Ereignis dar.

In diesem Zusammenhang richten daher die unterfertigten Abgeordneten folgende

Anfrage:

1.) Nahmen Sie in Ihrer Funktion als Bundesministerin für Justiz der Republik

Österreich tatsächlich an dem „Russischen Meinungsaustausch" am 2. Februar 2006
im Kursalon Hübner teil? -

Wenn ja, auf wessen Einladung erfolgte Ihre Teilnahme und welchen Beitrag
leisteten Sie als Bundesministerin für Justiz beim „Russischen Meinungsaustausch"?
Wenn nein, in welcher sonstigen Verwendung nahmen Sie an dieser Veranstaltung
teil?

2.) Welche konkreten Ergebnisse erbrachte Ihrer Ansicht nach der „Russische
Meinungsaustausch" für die Republik Österreich?

3.) Wer waren die weiteren Personen von österreichischer Seite, die am „Russischen
Meinungsaustausch teilnahmen?

4.) Waren darunter auch weitere, österreichische politische Funktionsträger anwesend?

Wenn ja, welche Personen handelte es sich?

5.) Ist Ihnen geläufig, ob gegen einen oder mehrere der angeführten Personen im In-
oder Ausland Ermittlungen seitens staatlicher Behörden im Gange sind, bzw.
allfällige Rechtshilfegesuche an die Österreichischen Justizbehörden gerichtet
wurden?

Wenn ja, um welchen Fälle handelt es sich und zu welche Personen sind davon

betroffen?

Wenn nein, warum nicht?

 


6.) Wurden im Zuge oder am Rande des besagten „Russischen Meinungsaustausches"
sogenannte „Gegengeschäfte" zur geplanten „Eurofighter-Beschaffung diskutiert?
Wenn ja, um welche „Gegengeschäfte" handelte es sich und mit welchen
Geschäftspartnern wurden sie diskutiert?

7.) Ist Ihnen als Teilnehmerin an dem „Russischen Meinungsaustausch" geläufig, wer
bzw. welche Institution die Kosten dieser Veranstaltung getragen hat? -

Wenn ja, wer trug die Kosten des „Russischen Meinungsaustausches" am 2. Februar
2006 im Kursalon Hübner?

8.) Halten Sie es für vertretbar als Bundesministerin für Justiz und damalige

Repräsentantin des BZÖ an einer Veranstaltung der BZÖ-nahen Werbeagentur
„100% Communications" mit (ehemals) engen geschäftlichen Beziehungen zum
„EADS"-Konzern teilzunehmen? -

Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?