1134/J XXIII. GP

Eingelangt am 04.07.2007
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend „den Verein Neustart und den Entzug der Opferhilfe

 

Der Verein Neustart arbeitet seit 50 Jahren als gemeinnütziger Verein im Dienste der Justiz eng mit dem Bundesministerium für Justiz zusammen und sieht sich selbst als Organisation, die professionelle Sozialarbeit für alle Menschen – ob Täter oder Opfer –  die von Kriminalität betroffen sind, anbietet. Der Arbeitsbereich von Neustart umfasst neben der Bewährungshilfe den Außergerichtlichen Tatausgleich, Haftentlassenenhilfe, Drogenprävention, Schulsozialarbeit, Jugendhilfe, Verbrechensopferhilfe und Prozessbegleitung der Opfer. Im Jahr 2006 betreute Neustart rund 40.000 Klienten, davon waren 9.258 Opfer.

 

Bewährungshilfe verfolgt unter anderem das Ziel der Vermeidung des Rückfalls und ist daher Prävention im Sinne von Opferschutz. Sie steht überdies im Spannungsfeld Täter-Opfer, da auch Täter immer wieder Opfer von Gewalt werden. Bewährungshelfer müssen daher in der Betreuungsarbeit mit den wechselnden Rollen ihrer Klienten zwischen Täter und Opfer umgehen. Mit diesen Erfahrungen ist für Neustart möglich gewesen, sowohl Qualitätsstandards festzulegen, die eine personelle Trennung der Arbeit mit Tätern oder Opfern gewährleisten als auch das erworbene Wissen in der konkreten Unterstützung zu nutzen.

 

Neustart verfügt mittlerweile über 21 Jahre Erfahrung mit Opfern im Rahmen des Außergerichtlichen Tatausgleichs. Hier wurden mehr als 100.000 Opfer unterstützt, die mit dem Täter zu einer Wiedergutmachung kommen wollten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass dies  bei einem Großteil der Opfer ein Anliegen war.

Für Neustart war daher auch die Verbrechensopferhilfe und die Prozessbegleitung der Opfer immer ein Selbstverständlichkeit.

 

In der Praxis hat sich die Sozialarbeit mit Tatverdächtigen, Opfern und Tätern bewährt. Neustart verfügt neben der jahrelangen Erfahrung über die Infrastruktur, die notwendigen und bewährten Kontakte zur Polizei, zu Gericht, Staatsanwaltschaft, Gebietskörperschaften, Spitälern, sozialen Vereinen und anderen mehr.

 

Nach der langen Zusammenarbeit überrascht daher die lapidare ministerielle Ansage, Täter- und Opferarbeit gehörten getrennt ebenso wie die Anordnung, von einem Tag auf den anderen keine Opfer mehr zu betreuen. In der Praxis ist es kaum möglich, kurzfristig mit der Opferbetreuung aufzuhören, da sich immer noch täglich Opfer mit ihren Anliegen an Neustart wenden.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

1.      Warum wurde die Opferhilfe dem „Verein Neustart“ entzogen?

 

2.      Halten sie es für möglich, dass die Betreuung von Opfern durch „Neustart“ auch wichtige Erkenntnisse für die Täterarbeit bringt?

 

a) Wenn ja, wäre es nicht sinnvoll dem „Verein Neustart“ weiter auch im Bereich der Opferhilfe einzusetzen?

 

b) Wenn nein, auf welcher fachlichen Basis kommen sie zu diesem Schluss?

 

3.      Besteht bei einer strikten Trennung von Opferhilfe und Täterarbeit die Gefahr, dass die Opferinteressen und die Resozialisierungsarbeit im Täterbereich gegeneinander ausgespielt werden?

 

4.      Wurde die Arbeit des „Vereins Neustart“ im Bereich der Opferhilfe einer Qualitätsevaluierung unterzogen?

 

a)     Wenn ja durch wen und wie lautet das Ergebnis?

 

b)     Wenn nein, warum wurde das unterlassen bzw. dem „Verein Neustart“ die Opferhilfe entzogen ohne eine Evaluierung vorzunehmen, um eine Entscheidungsbasis zu haben?

 

5.      Ist es richtig, dass im „Verein Neustart“ der Arbeitsbereich Opferhilfe räumlich, organisatorisch, personell und fachlich von der Täterarbeit getrennt war?

 

a)     Wenn ja, warum wurde medial argumentiert, dass die Trennung von Opferhilfe und Täterarbeit Hintergrund des Entzugs der Opferhilfe war?

 

b)     Wenn nein, wo und durch wen ist die räumliche, organisatorische, personelle und fachliche Trennung in der konkreten Arbeit durchbrochen worden?

 

6.      Ist es richtig, dass die überwiegende Klientel im Bereich Opferhilfe des „Vereins Neustart“, Opfer situativer Gewalt waren, hingegen Opfer häuslicher Gewalt von anderen Stellen betreut wurden? Wurde das bei der Entscheidung über den Entzug der Opferhilfe geprüft und berücksichtigt?

 

7.      Mit welchem genauen Auftrag und unter welchen konkreten Rahmenbedingungen wurde der „Weiße Ring“ nunmehr mit der Opferhilfe beauftragt?

 

 

8.      Ist es zutreffend, dass das Budget für die Opferhilfe weiterhin gleich bleibt? Wenn ja, kann damit auch garantiert werden, dass den Opfern weiterhin das gleiche Angebot bzw. Kapazitäten zur Verfügung stehen und es diesbezüglich zu keinen Einschränkungen kommt?

 

9.      Was spricht dagegen, dass es eine Vielfalt an Angebot im Bereich der Opferhilfe gibt und sowohl der „Verein Neustart“, wie auch der „Weiße Ring“ Subventionen diesbezüglich vom Justizministerium erhalten?